1930 / 297 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Dec 1930 18:00:01 GMT) scan diff

geblich öffentlich gegebenen Mitteilungen. Sie sagen: „Der Land⸗

tag wolle daher beschließen“, und dleses „Daher“ hat nach meiner Erklärung, wie Sie zugeben müssen, gar keinen Sinn mehr. (Sehr

gut! bei den Sazialdemokraten.) Aber ich glaube, Sie werden eine Revision Ihrer sagen wir einmal Voreingenommenheit nicht vornehmen wollen, und ich müßte auch sagen: in diesem Augenblick würde ich das als etwas unangenehmes empfinden. Deswegen ist es mir auch schon lieber, wenn es dabei bleibt.

Ich würde auf diese Dinge gar nicht mehr zurückgekommen sein, wenn der Kampf, wie das gestern hier durchaus zutreffend festgestellt worden ist, nicht auch jetzt noch tobte und wenn nicht die Aussicht vorhanden wäre, daß der Kampf um den Remarque⸗ Film auch noch weiter die deutsche Oeffentlichkeit beschäftigen wird.

Darum möchte ich einige irrige Behauptungen insbesondere des Herrn Kollegen Dr. von Winterfeld zurückweisen. Herr Kollege Dr. von Winterfeld hat gemeint, daß wir im preußischen Innenministerium unsere Stellungnahme bekanntgegeben hätten enigegen einem Gutachten des Auswärtigen Amtes. Ich kann dabei die Frage an ihn richten: Welches Gutachten meint er? (Heiterkeit.) Denn vom Auswärtigen Amt lagen bekanntlich zwei Gutachten vor: ein Gutachten, das, glaube ich, der Filmprüfstelle zu seiner Beschlufassung gedient hat, und ein Gutachten, das der

Oberprüfstelle erstattet worden ist. (Zuruf bei den Deutschnatio⸗ nalen: Das meinten wir!) Aber nicht wahr? gegen dieses zweite Gutachten konnte sich die auch angebliche Stellung⸗ nahme des preußischen Innenministeriums um deswillen nicht richten, weil dieses Gutachten erst später bekanntgeworden ist. (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Ich soll schon am Vor⸗ mittags des betreffenden Donnerstags gegen das Gutachten Stellung genommen haben, das nachmittags erst bekannt wurde. (Zuruf bei den Deutschnationalen.) Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht nur bei Herrn Schwecht und Herrn Dr. von Winterfeld, sondern auch in der Oeffentlichkeit der Irrtum verbreitet, daß die erste Instanz, die über die Aufführung des Films zu befinden hatte, eine preußische Angelegenheit gewesen sei. Das ist insofern richtig, als die erste Instanz, die Filmprüf⸗ stelle sagen wir einmal in Preußen domiziliert. Eine andere ist in München. Die in Rede stehende ist in Berlin eingerichtet. Aber das ist auch das einzig „Preußische“ an ihr. Diese Film⸗ prüfstelle gehört in ihrer Tätigkeit und ihrer Beaufsichtigung zum Reich, und diese Reichseinrichtung, die Filmstelle, hat den Film für die Aufführung freigegeben. Ihre Blätter, Herr Kollege von Winterfeld, stellen die Dinge in der Oeffentlichkeit so dar, als ob das „rote“ Preußen den Film in Berlin zur Aufführung gebracht habe und daß das „rote“ Preußen ihn unter allen Umständen aufrechterhalten wolle. (Zn⸗ ruf von den Deutschnationalen.) So ist es nicht. (Erneuter Zu⸗ ruf bei den Deutschnationalen.) Ich könnte diese Blätter vor⸗ legen. Ich wiederhole, daß diese Filmprüfstelle eine Reichsein⸗ richtung ist und daß auf die Entschließung dieser Filmprüfstelle von keiner preußischen Regierungsstelle Einfluß ausgeübt worden ist. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten Zuruf bei den Deutschnationalen.) Darauf komme ich jetzt. Herr Kollege von Winterfeld, ich möchte Ihnen überhaupt den Rat geben, wenn Sie Uranträge und große Anfragen formu⸗ lieren, (Zuruf bei den Deutschnationalen: Nicht so schul⸗ meisterlich!) Nein, das sage ich aus kollegialer Rücksichtnahme, Naus Rücksichtnahme auf die politische Reputation des Herrn Kollegen von Winterfeld. Ich werde ihm das nachher noch im einzelnen beweisen. Also, wenn Sie solche Interpellationen formulieren, dann, Herr Kollege von Winterfeld, erkundigen Sie sich doch, bitte, über den Sachverhalt! Es ist ja doch nicht so, wie Sie und Herr Kollege Schwecht in der vorgestrigen Sitzung es dar⸗ gelegt haben, daß schon bei der ersten Aufführung die Besucher empört ihrem Unmut Luft gemacht hätten. (Zuruf bei den Deutschnationalen.) Nein, die erste Aufführung ist ohne jede Störung vonstatten gegangen, und auch bei der zweiten Auf⸗ führung hat sich nicht der geringste Widerspruch ergeben. Wer empört ist, wer sich von seinem Gefühl leiten läßt, der fängt nicht erst weiße Mäuse ein (große Heiterkeit), der holt nicht erst Blind⸗ schleichen heran. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten und in

er Mitte.) Wenn sich bei der dritten Aufführung diese Szenen mit Stinkbomben und weißen Mäusen ereigneten, dann können Sie niemand im Lande davon überzeugen, daß die Empörung, die bei dieser Aufführung zum Ausdruck kam, natürlich und echt ge⸗ wesen sei. (Na, na! rechts. Sehr wahr! bei den Sozialdemo⸗ kraten und in der Mitte.)

Nun soll sich die Polizei vor den Film gestellt haben. Sie können das so ausdrücken; ich polemisiere gegen diese Formulierung durchaus nicht. Aber ich möchte Ihnen doch folgendes sagen: Die Polizei hat bei dem Schutz von öffentlichen Aufführungen nicht danach zu fragen, ob ein Theaterstück oder ein Film diesem oder jenem gefällt oder mißfällt, sondern die Polizei hat dafür zu sorgen, daß die Ruhe nicht gestört wird, sie hat dafür zu sorgen, daß Hausfriedensbrecher sofort die richtige Lektion bekommen. (Lebhafte Zustimmung bei den Soziakdemokraten.) Wohin würde es führen, wenn die Polizei nicht gegen die Ruhestörer einge⸗ schritten wäre? Denn ginge es heute gegen einen Film, der gewissen Volkskreisen in Deutschland nicht gefällt und ich kon⸗ zediere Ihnen das durchaus über dessen politische Wirkung man verschiedener Meinung sein kann —. Aber vielleicht ginge es morgen schon gegen das Auftreten eines Sängers oder einer Sängerin, die nicht Reichsdeutsche sind, vielleicht übermorgen gegen ein Drama von Schiller, in dem pazifistische Stellen vorkommen.

Gestern sind von verschiedenen Stellen Zitate aus Wallen⸗ steins Lager angeführt worden. Im Drama „Die Piccolomini“ gibt es eine Stelle: „Der Krieg ist ein roh’ gewaltsam’' Hand⸗ werk“. Wenn es nun plötzlich jemand einfallen würde, diese Stelle als Feigheit oder „pazifistische Knochenerweichung“ auszu⸗ legen und zu randalieren?

Es gibt ja wohl auch nationalsozialistische Schülerbünde, Herr Haake oder Herr Kube? (Abg. Haake: Da können Sie sich nächstens mal anmelden! Große Heiterkeit.) Wie dann, wenn es plötzlich einem solchen Schülerbund einfallen würde, die Stelle aus der Schillerschen Glocke zu streichen: „Holder Friede, süße Eintracht, weile, weile freundlich über dieser Stadt!“ (Große Heiterkeit links.) Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren,

uis heißt es auch: Wehre den An ünen, znd die blaue olizei

Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 297 vom 20. Dezember 1930. S. 2.

in Preußen kapituliert nicht vor weißen Mäusen (sehr gut! bei den Sozialdem. und in der Mitte); davon dürfen Sie überzeugt sein.

Ich möchte Ihnen dazu noch folgendes sagen. Wenn die Herren von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei bei diesen Demonstrationen in der Art, die ber ihnen sonst üblich ist, den Mund recht voll genommen und davon gesprochen haben: Herr Hitler steht vor den Toren Berlins, so möchte ich den Herren von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, die Mitglieder dieses Hauses sind, die Anregung geben, Herrn Hitler einzuladen, hereinzukommen, die Füße könnten ihm sonst kalt werden (Heiterkeit); es steht sich nicht gut lange bei dieser Jahreszeit vor Berlin. (Große Heiterkeit.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist dann davon gesprochen worden, daß wir, um der Aufführung vor dem Minister eine größere Folie zu geben, befohlen hätten, daß sich auch Polizeioffiziere an der Vorführung des amerikanischen Films beteiligen sollten. Ich stelle hier vor der Oeffentlichkeit fest, daß ich eine solche Anweisung nicht erteilt habe, daß mir gar nicht bekannt war, wer außer dem Polizeipräsidenten von Berlin und mir an dieser Aufführung teilgenommen hat; von einem

Kommando kann also nicht die Rede sein.

Damit kann ich diesen Gegenstand verlassen, weil ich noch sehr vieles vor Ihnen zu erörtern habe. (Zuruf rechts.) Herr Kollege Schwecht, ich habe nicht den Vorzug englisch zu verstehen; also die englische Begleitsprache des Films habe ich erstens an sich nicht verstanden. Mir ist von Teilnehmern an dieser Vorführung gesagt worden, daß außerdem der englische Begleittext, das ameri⸗ kanische Englisch, sehr schwer zu verstehen war. Was aber den Gesamteindruck anlangt, so kann ich nur das wiederholen, was ich dem Herrn Ministerpräsidenten als meinen persönlichen Ein⸗ druck von dieser Aufführung mitgeteilt habe. Der Film ist ein hohes Lied auf deutsche Kameradschaft und deutsche Tapferkeit. (Widerspruch rechts. Sehr richtig! links.) Ich habe den Film nicht entworfen und nicht gedreht. Ich hätte einige, auch nach meiner Meinung geschmacklose Bilder aus ihm gestrichen. Aber es kommt doch auf den Gesamteindruck an, und diesen Ge⸗ samteindruck möchte ich in die Worte zusammenfassen, mit denen ich hier von dieser Stelle zu Ihnen gesprochen habe. (Zurufe rechts.) Daran haben Sie doch nicht gezweifelt, daß ich so zu dem Film stand. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volks⸗Partei: Durch die rote Brille sieht es so aus!) Aber ich habe angesichts der Geschäftslage des Hauses nicht die Absicht, meine Redezeit ausschließlich auf diesen Gegenstand zu verwenden, sondern möchte mich auch den anderen Fragen zuwenden, die in der Debatte be⸗ rührt worden sind.

Da kommeV ich zunächst auf die Klagen, die ebenfalls von den Herren der Deutschnationaͤlen Volkspartei vorgetragen worden sind, daß nämlich die Preußische Regierung es daran habe fehlen lassen, in Oberschlesien eine große nationale Front herzustellen. Von der Berechtigung derartiger Klagen kann gar keine Rede sein. Ich glaube auch, daß die Preußische Regierung der Mühe enthoben war, in Oberschlesien künstlich eine nationale Front herzustellen. (Sehr richtig! links.) richte nicht trügen, die mir von Männern gegeben sind, die die

Dinge in Oberschlesien aus ständiger Beobachtung kennen, dann war diese nationale Front hergestellt von den Nationalsozialisten

bis zu den Kommunisten. Ihr hat sich niemand entzogen; da bedurfte es gar keiner behördlichen Einwirkung. diesem Anlaß wieder Maßnahmen der preußischen Verwaltungs⸗ behörden kritisiert haben, dann kommt dabei, gelinde gesagt, eben das zum Ausdruck, was ich dem Herrn Kollegen von Winterfeld gegenüber schon hervorgehoben, wenn Sie wollen, auch schon kritisiert habe, nämlich daß die Herren, wenn sie Uranträge for⸗ mulieren, sich um die tatsächlichen Verhältnisse gar nicht kümmern, sondern nur ihrer Voreingenommen⸗ heit gegen politische Verwaltungsstellen in Preußen Folge geben. Uns liegt auch zur Beschlußfassung ein Urantrag der Herren von der Deutschnationalen Volkspartei vor: Der Landtag wolle beschließen: Das Staatsministerium wird ersucht, den Herrn Minister des Innern zu veranlassen, das Verbot des Re⸗ gierungspräsidenten in Oppeln sofort aufzuheben. Der Herr Re⸗ gierungspräsident in Oppeln Lukaschek hat nämlich Anfang De⸗ zember ein Demonstrationsverbot erlassen, das zum Zweck hatte, die Umzüge der verschiedensten Gruppen politischer und wirt⸗ schaftlicher Art für eine Weile zu unterbinden. Der Herr Re⸗ gierungspräsident in Oppeln hatte dieses Verbot nicht früher herausgebracht, bevor er sich des Einverständnisses der Vertreter sämtlicher politischer Parteien vergewissert hat. (Hört, hört! im Zentrum und links. Zurufe bei den Kommunisten: Nicht der Kommunisten! Schwindel! Glocke des Präsi⸗ denfen.) Ich lege Wert auf die Feststellung, daß Herr Kollege Kasper für die Kommunistische Partei das Ein⸗ verständnis abgelehnt hat. Aber ich habe mich mit dieser Be⸗ merkung auch gar nicht an die Kommunistische Partei, sondern an die Herren von der Deutschnationalen Volkspartei gewendet. (Zuruf bei den Kommunisten: Sie haben gesagt: Alle Parteien haben zugestimmt!) Ich nehme Akt von Ihrer Erklärung: Die Kommunisten nicht. (Zurufe bei den Kommunisten: Das hätten Sie gleich sagen können!)

Der Ordnungsruf muß rückgängig gemacht werden! (Heiterkeit.) Nein, wenn der Ordnungsruf dafür erteilt worden ist, daß mir eine bewußte Unwahrheit vorgeworfen wurde ich glaube, der Zuruf lautete „Lüge“ —, ich habe es ja nicht nötig, den Herrn Präsidenten in Schutz zu nehmen —, dann ist dieser Ordnungsruf doch zu Recht erteilt worden. Mir ist berichtet worden, daß alle Parteien an der entsprechenden Beratung teil⸗ genommen haben. (Zuruf des Abgeordneten Kasper. Glocke des Präsidenten.) Gegenüber der Formulierung des deutschnatio⸗ nalen Urantrags möchte ich außer der eben gegebenen Mitteilung noch folgende Stelle aus einem Bericht des Regierungspräsidenten hervorheben:

Bezeichnend hierbei ist, daß mir gerade aus Rechtskreisen im allgemeinen Befriedigung darüber geäußert wurde, daß endlich dem freien Umherziehen aller möglichen Berbände und Vereine auf der Straße ein Ende gesetzt würde.

Und nun, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Deutschnationalen Volkspartei, noch eins. Eines Ihrer Organe in Schlesien, die „Schlesische Zeitung“, hatte, unterrichtet von dem

Denn wenn die Be⸗

Wenn Sie aus

8

Oppelner Korrespondenten, das Verbot nach dem früheren Einstellung entsprechend, als mit den nationai fordernissen der damaligen Zeit nicht in Einklang 8n zeichnet und erklärt, daß die oberschlesische Bevölkerung Verständnis aufbringen könne. Dann kam aber über N Erleuchtung, und am nächsten Tage brachte die 8 Zeitung“ eine Meldung, daß das Verbot Verständniz ganzen oberschlesischen Bevölkerung gefunden hat. (dön links.) Der zweite Artikel in der „Schlesischen Zeitung“ Verständnis aufbrachte, lautet so: 8 LVporsicht bei polnischen Herausforderungen! b & Gleiwitz, 2. Dexen Die Bekanntmachung über das Demonstration kommt nicht überraschend, sondern war geweihten Kreisen erwartet worden. Sie läßt sich aus he. gängen der letzten Wochen begründen. Die einmütig wegung, die alle Kreise der deutschen Bevölkerung . schlesiens angesichts der Gewalttaten der Aufständischen die ostoberschlesischen Deutschen erfaßt hat, hat auf der pol⸗ Seite das Bestreben hervorgerufen, nach Möglichte Gegenstücken angeblichen deutschen Terrors in Westoberse aufzuwarten. Da es an derartigen Gegenstücken bisher m. besteht der dringende Verdacht, daß die Polen ven Zwischenfälle herauszufordern, um sie dann in ihrem 8⸗ auszunutzen. Anzeichen hierfür ließen sich bereits wieh⸗ bemerken. Die beste Gelegenheit zu solchen Unternehn bietet sich natürlich bei großen Menschenansammlunge eine gewisse Erregung der Massen herrscht. Das schreibt das angesehenste deutschnationale Blatt. Un diesen vernünftigen Auslassungen vergleichen Sie nun einn heftige Sprache⸗ im Urantrag der Herren Deutschnationale Die deutschen Regierungsstellen sollten sich darüber frem der Wille zur nationalen Behauptung im deutschen Volk lebt und daß diesem Willen in wirksamen Massenkundget Ausdruck verliehen werden soll. Ich glaube also, ich war durchaus im Recht, wenn ich den ha Deutschnationalen den Rat gab, bei der Formulierung diese träge sich doch ein wenig mehr der Vorsicht zu befleißigen; diese Formulierung mehr mit der Stimmung in Einklam bringen, die den tatsächlichen Verhältnissen in Oberschlesie spricht. (Sehr richtig! links.)

Meine sehr perehrten Damen und Herren, der Herr! von Winterfeld hat dann einige Betrachtungen seiner Redep Verhältnis des Reichsbanners zur Polizei widmet. Ich glaube, es trägt zur Vereinfachung der 60 bei, aber auch zur Klärung der Situation, wenn ich bei der lassungen, die ich dem Gegenstand widmen möchte, auch die si Anfrage bespreche, die Herr Abg. Gieseler dem Staatsministen unterbreitet hat. Der Herr Abg. Gieseler verweist auf eime die nach der Tilsiter Zeitung der Landtagsabgeordnete Weid gehalten haben soll. Herr Abg. Weidemann soll nach Zeitungsbericht erklärt haben, es ständen für die „Ham schlacht“ 70 000 Schutzpolizeibeamte, 1 Million bemef Reichsbannerleute und 5 Millionen freigewerkschaftlich 1 sierte Arbeiter zur Verfügung. (Zuruf rechts.) Ich bi⸗ Zensor über Landtagsabgeordnete. Ich müßte Sie sonst ar ins Gebet nehmen, Herr Gieseler. Wenn Herr Abg. Weideng das wirklich gesagt hat, dann, glaube ich, wäre es sehr inten zu erfahren, wie das Reichsbanner bewaffnet worden ist, un Ausrüstungsgegenstände dem Reichsbanner zur Verfügung Ich lege Wert auf folgende Erklärung, und ich bitte, daß! Erklärung von Ihnen allen aufmerksam angehört wird:

Der Schutz des Staates und der Schutz staatlichen Einrichtungen ist Aufgabe der stut lichen Organe. An diesem Grundsatz wir Preußen nicht gerüttelt. Wer dem Aufmarsch geit Rechtsorganisationen in gewissen politischen Situationen dars marsch anderer Verbände gegenübersetzt, um dem Ausland ö⸗ über ein wahres Bild von der Volksmeinung in Deutschlen vermitteln, um zu verhindern, daß einseitige Auffassunge Ausland Platz greifen, der ist für eine derartige Korrektmr falschen Auffassung der Staatsregierung, Ressort, sehr willkommen. Aber zur Auffüllungt Schutzpolizei braucht die Polizei keine Hil kräfte, weder aus dem Reichsbanner, noch irgendeiner Organisation. (Bravo! bei den 5

demokraten.) Was wäre ich für ein elender Stümper, meinet

ehrten Damen und Herren, wenn ich als Polizeiminister imd würde, daß die Schutzpolizei in ihrer heutigen Organisatt ihrer Ausrüstung und Dienstauffassung nicht genügen wüm alle gewaltsamen Bestrebungen, ob sie von u von links oder von der Mitte kommen, im Keim zu erft Wenn ich für diesen schweren Winter mich erst nach Hilfsm in sogenannten Wehrverbänden umsehen müßte —, was war für eine seelische Wirkung, die eine solche Maßnahme i Reihen der Polizeibeamten erzielen würde! (Zuruf rech

Ich stelle das vor dem ganzen Lande fest, um keinen 8

darüber aufkommen zu lassen, daß die Polizei sich stark fühlt, allen Beunruhigungen gegenüber die staatliche Aus geltend zu machen.

Bei der Gelegenheit noch eine andere Erklärung. Die Fahne“ hat sich in einer ihrer letzten Nummern im Datum und Märchen früher erzählt, als es in diesem Monat gestatt sollte. Sie hat der Oeffentlichkeit das Weihnachtsmärche getischt, daß ich im sozialdemokratischen Parteivorstand m dem Polizeipräsidenten Grzesinski unterhalten habe und mit

die Aussichten des nächsten Winters sehr skeptisch geäußer 2 Sie hat weiter erzählt, daß ich die Polizei für unzuverlässig 2

„weil sie in Berlin kommunistisch, im Lande nationalsost

durchseucht sei“ usw. Einer Berichtigung, die verschiedene

tungen gebracht haben und die ihr zugesandt wurde, hat die⸗ Fahne“ keinen Glauben geschenkt. Ich weiß nicht, ob glaubwürdiger bin als die Blätter. Aber auch auf die

hin, daß ich das Los, das den Blättern beschieden ist, teilen⸗

erkläre ich, daß alle Mitteilungen rein aus den Fingern!

sind. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Ich 8 anderthalb Jahren an einer Sitzung des sozialdemor

1. Parteivorstandes nicht teilgenommen. Ich bin so sehr

besonders me

und Staatsanzeiger Nr. 297 vom 20. Dezember 1930. S. 3

e„ Dienstauffassung, der guten Organisation, der Schlagfertig⸗ Schlagbereitschaft der preußischen Polizei überzeugt, 6 es geradezu wie eine Unwahrheit, ganz abgesehen von der giesmacherei, anmuten müßte, wenn ich in irgendeinem Zirtel 2— 3 anderes erklären würde. Nein, es kann gar nicht davon 1ne de sein, daß die Schutzpolizei in Berlin etwa kommunistisch zurchseucht wäre. Wenn auch hier und dort ein Schutzpolizei⸗ *₰ mier kommunistisch gewählt hat, in einer anderen Stadt nionalsozialistisch, letzten Endes werden die Schutzpolizeibeamten as tun, was ihnen von der Leitung, von ihren Vorgesetzten be⸗ jab en wird. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.)

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch auf diese

Erllärung lege ich Gewicht: Sollte ich zu der Auffassung gelangen, ein Schutzpolizeibeamter, ganz gleich welchen Dienstgrades, eese Verläßlichkeit nicht aufbringt, daß er in seinem Dienste nicht die Auffassung betätigt, daß er ein Orgau in der Hand seiner Vorgesetzten ist, dann gibt es kein langes Fackeln, keine langen handlungen, sondern dann wird der Mann kaltgestellt und dem Dienst entlassen. (Sehr richtig! und Bravo! bei den aldemokraten und in der Mitte.) Da ich bei einer Berichtigung war, die an die Adresse der „Roten Fahne“ gerichtet war, möchte ich hier noch eine persönliche Bemerkung machen, aber nicht, um mich gegen Verleumdungen oder Verdächtigungen zu schützen, sondern um der Sache einen Dienst zu leisten. Unter dem Datum des 24. Oktober brachte die „Rote Fahne“ eine Notiz folgenden Inhalts:

Auf die Gefahr hin, von dem wohlanständigen „Vorwärts“ in

der Lindenstraße niedriger Rachegefühle geziehen zu werden,

empfehlen wir Herrn Zörgiebel, sich rechtzeitig, wie sein Freund Severing, in Dänemark nahe an an der deutschen Grenze ein Gut zu erwerben.

Denn es liegt hinreichender Grund vor, Herr Zörgiebel, der⸗

einst vor das Volksgericht Sowjetdeurschlands gestellt zu werden. (beiterkeit.) Dazu habe ich zunächst zu erklären, daß ich vor dem

2

(Lolksgericht Sowjetdeutschlands keine Sorge habe; dieses Gericht

werde ich nicht mehr erleben. (Heiterkeit.) Aber ich habe auch

Avor den entsprechenden Gerichten des „dritten Reiches“ keine

Angst. Ich erwerbe kein Gut in Dänemark oder in der Schweiz, sondern ich bleibe hier! (Lebhaftes Bravoy! bei den Regierungs⸗ parteien Zuruf rechts.) Nein, Herr Abgeordneter Haake, das bestätige ich Ihnen: Sie brauchen mich nicht zu suchen; ich kaufe mir auch keine blauen Brillen, ich bleibe dann schon lieber bei den oten. (Heiterkeit.)

Ich habe mich bereit erklärt, die beiden großen Anfragen,

die gestern von der Sozialdemokratischen Partei und der Kommu⸗

nistiscchen Partei eingebracht worden sind, im Laufe der Be⸗ sprechung hier zu beantworten. Aber, meine Herren von den

antragstellenden Parteien, diese Erklärung bezog sich eigentlich

mur auf die Fragen prinzipieller Art. Im einzelnen kann ich das,

was zur Begründung der Anfragen angeführt ist, heute nicht untersuchen; das bedarf einer Umfrage bei den entsprechenden Regierungsstellen. Ich glaubte aber, es könnte zur Beruhigung im Lande beitragen, wenn ich auf diese Anfragen schon heute

veingehe.

Zur Großen Anfrage der Herren von der Sozialdemokratischen Partei möchte ich folgendes sagen. Das Staatsministerium ist der Minung, daß die Polizei inihrer heutigen Orga⸗ isation in diesen Wintermonaten bestehen bleiben muß, daß i diesen Wintermonaten größere, ja auch kleinere Veränderungen icht zweckmäßig sind. Wir werden deswegen jetzt an der Grund⸗ einrichtung der Polizei nichts ändern. (Zuruf bei den Kommu⸗ isten: Sie haben sie gut eingedrillt!) „Eingedrillt“ ist ein harter Ausdruck. Nur gut erzogen. (Heiterkeit.) Aber das soll

vmnicht heißen, daß wir die heutige Organisation als etwas Un⸗

abänderliches und Unverbesserliches ansehen. Heute schon wollen swir uns bemühen, die polizeilichen Formationen im Lande so beweglich zu gestalten, daß sie, wenn sie von kommunalen Stellen zur Verstärkung kommunaler Polizeikräfte angefordert werden, lihren Dienst ausführen können. Aber von einer Eingliederung der kommunalen Polizei in die staatliche oder von einer Um⸗ swandlung der kommunalen Polizei in die staatliche kann nach den bekannten Auflagen, die uns die Interalliierten mit Bezug auf die Polizei gemacht hatten, nicht die Rede sein —, ich könnte hin⸗ zufügen: leider nicht die Rede sein. Denn auch mir läge es durch⸗

laus, eine größere Anzahl von Polizeiverwaltungen zu verstaat⸗

lichen. Was wir aber tun können, ist, daß auch die Kommunal⸗ polizei unter eine straffere Aufsicht des Innenministeriums ge⸗ stellt wird, damit insbesondere die in der großen Anfrage beklagten Gewalttaten immer geringer werden. Das möchte ich mit Bezug auf diese Anfrage sagen. Auf die Anfrage der Herren Kasper und Genossen lmöchte ich zunächst erwidern, daß ich die ersten Punkte der An⸗ frage für sehr wenig wahrscheinlich halte. (Zuruf des Abgeord⸗ neten Kasper.) Aber Herr Kasper, Sie werfen ja die Ziffern durcheinander. Ich habe gesagt: die ersten Ziffern Ihrer An⸗ frage. Die erste Ziffer lautet: Itt dem Staatsministerium bekannt, daß von der Berliner Gauleitung der NSDAP. eine Vermittlungsstelle für die Ein stellung von Nationalsozialisten in den thüringischen Polizei⸗ dienst unter Leitung eines Herrn Rutenburg geschaffen wurde? Nein, das ist uns nicht bekannt. (Heiterkeit.) Wir halten es aber auch für sehr unwahrscheinlich. Was würden die thüringischen Nationalsozialisten sagen, wenn sie erfahren würden, daß aus⸗ gerechnet hier in Berlin ein Büro aufgemacht würde, um Polizei⸗ deamte für den thüringischen Polizeidienst zu beschaffen? (Zuruf

des Abg. Kasper.) Herr Kasper, ich kenne die Mentalität dieser

derren; deshalb dürfen Sie mir schon zugestehen, daß diese Frage an Sie und diese Feststellung eine gewisse Berechtigung hat. Und dann lege ich Gewicht auf die Feststellung, daß die preußische Polizeiverwaltung es nicht als ihre Aufgabe ansieht, sich jetzt um 8. Zusammensetzung der thüringischen Polizei besondere orge zu machen. (Sehr gut!)

Dann kommen wir zu den „Abmachunger zwischen Klausener 8. Stennes“. Das ist auch ein Märchen. Eine Abmachung Klausener und Stennes gibt es nicht. Das nehme ich meinen Diensteid. (Heiterkeit. Zurufe bei den Kom⸗ vei. Was soll ein solches Abkommen für einen Sinn ’rene Der Herr Polizeihauptmann a. D. Stennes ist dem

und

+ 9 bekannt als einer der Führer der energischsten xL-— eg . Haben wir einmal Ausdruck gebrauchen 8. W FE für einen Sinn 8 (Heiterkeit.) Was hat es em ba Herrn mit dem Ministerialdirektor indung zu bringen? Glauben Sie wirklich Klausener 88 daß zwischen Herrn Stennes und Herrn

be9 Abkommen zustandekommen könnte dergestalt, daß n2- Sturmabteilungen und preußische Polizei zu ge⸗ LEö““ 8s —2— Im p reußischen Iunen⸗ 8 gilt nicht der Wille eines Ministerialdirektors, sondern

· schen Innenministerium gilt der Wille des Chefs der Behörde. ravo!) Meine Damen und Herren, ich lege Wert auf diese Feststellung, dann aber anch auf die andere, daß Herr Ministerialdirektor Klausener ganz selbstverständlich nie daran ge⸗ dacht hat, mit Herrn Stennes ein Abkommen der Art zu treffen, wie es hier in der Großen Anfrage niedergelegt ist.

Nun führen Sie zur Begründung Ihrer Frage auch einen Ausschnitt aus der nationalsozialistischen Zeitung „Der Angriff“ an. Im „Angriff“ soll gestanden haben ich glaube, es hat wirklich drin gestanden —: (Abg. Kasper: Ja, es hat wirklich drin gestanden! Heiterkeit.)

Sollte man die Sache aber weiter aufbauschen und etwa mit

Parteiverboten gegen die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter⸗

partei winken, so könnten wir sehr deutlich werden. Herr

Severing weiß wohl, was wir meinen. Herr Haake, tun Sie mir doch den Gefallen und sagen Sie Ihrem „Angriff“, daß ich nicht weiß, um was es sich handelt. Ich füge dieser Bitte noch eine weitere hinzu: sagen Sie Ihrer Zeitung, sie solle ruhig deutlicher werden. (Zuruf bei den Nationalsozialisten: Das könnte Ihnen so passen! Große Heiterkeit.) Dagegen bin ich machtlos. Endlich fragt Herr Abgeordneter Kasper:

Erfolgen die militärische feldmarschmäßige Ausrüstung der

Schutzpolizei in Oberschlesien mit Stahlhelmen,

Rucksäcken, Brotbeuteln und die militärischen Geländeübungen,

Scharfschießen und Handgranatenwerfen im Einverständnis mit

dem Ministerium des Innern?

Ich erkläre Ihnen dazu folgendes: Als Anfang Dezember in Oberschlesien eine große Beunruhigung zu verspüren war, die der Sorge galt, daß etwa Insurgenten von der anderen Seite die deutsche Grenze überschreiten könnten, haben wir im Einvernehmen und auf Ersuchen des Oberpräsidenten von Oberschlesien diesem mehrere Hundertschaften aus anderen Orten zur Verfügung ge⸗ stellt. (Bravo! rechts.) Das werden wir auch immer wieder tun; denn wir sind der Meinung, daß der Grenzschutz am besten durch Männer gewährleistet ist, die auf diesen Dienst eingestellt sind. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wenn nun Schutz⸗ polizei aus anderen Orten einrückt und einen schweren Dienst der soeben bezeichneten Art versehen soll, dann können wir den Mann⸗ schaften keine Schneebälle geben (sehr gut!), dann können wir sie nicht mit Papierkugeln ausrüsten, sondern dann müssen sie schon die Gegenstände mitbekommen, die zur Abwehr etwaiger Ueber⸗ fälle erforderlich sind. (Sehr richtig!t) So werdem wir es stets halten. Ich glaube, daß sogar die Kommunistische Partei an dieser Art Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung ein Interesse hat; denn je mehr den ordentlichen Organen der Staatsautorität und der Staatsverwaltung der Schutz des ein⸗ zelnen anvertraut wird, um so weniger braucht man auf Organi⸗ sationen zurückzugreifen, von denen man nicht weiß, wie sie später ihre Tätigkeit nach Beendigung ihrer eigentlichen Mission ausüben werden.

Ich möchte mich den Dankesworten anschließen, die der Herr Abgeordnete Falk gestern der Schutzpolizei aus⸗ gesprochen hat, und möchte diesen Dank auf alle Sparten der Polizei ausdehnen, die in den letzten schweren Monaten ihren Dienst in vorbildlicher Weise ausgeübt haben und davon bin ich fest überzeugt auch in den nächsten schweren Monaten ihren Mann stehen werden. (Bravo! bei den Sozialdemokraten, bei der Deutschen Staatspartei und im Zentrum.) Wenn in einer Zeitung oder einer Versammlung gelegentlich angedeutet wird, daß zwar die Mannschaften verfassungstreu seien und nicht schwankten, daß aber bei den Offizieren so manches „angeknabbert“ sei, dann bin ich verpflichtet, an dieser Stelle zu erklären, daß das, was ich in bezug auf die Mannschaften gesagt habe, auch vom Offizierkorps gilt. Auch das Offizierkorps ist staatstren, auch das Offizierkorps wird in jeder Situation im nächsten Winter und in aller Zukunft stets seine vaterländische und seine republikanische Pflicht erfüllen. (Abg. Schulz [Neukölln]: Daran haben Sie ja selbst einige Zweifel!) Nein, daran habe ich keinen Zweifel.

Nun könnte man aber einwenden: ja, dieser Dank, in ein paar Worten ausgedrückt, ist doch eigentlich keine Abgeltung dafür, daß auch den Polizeibeamten am 1. Februar 6 vH ihres Gehalts ein⸗ behalten werden. Als diese Frage im Reichskabinett zur Er⸗ örterung stand, haben wir vom preußischen Staatsministerium ich glaube, Ihnen das sagen zu dürfen, ohne ein Amtsgeheimnis zu verraten alle Register gezogen, um eine Ausnahmebehand⸗ lung für die Polizei zu erwirken. (Zurufe bei den Kommunisten. Zuruf bei den Sozialdemokraten: Ruhe! Erregte Gegenrufe bei den Kommunisten. Glocke des Präsidenten.)

Ich sagte, meine Damen und Herren, daß sich die preußische Staatsregierung bemüht habe, in Verhandlungen mit der Reichs⸗ regierung eine Ausnahmebehandlung für die Polizei zu erwirken. Das ist leider nicht gelungen. Als das feststand, haben wir im preußischen Staatsministerium überlegt, ob es die allgemeine Finanzlage des Staates Preußen ertrüge, wenigstens in einigem den Ausfall in den Gehältern der Exekutiv⸗ beamten wett zu machen. Wir haben diese Frage bejaht und sind bereit, vom 1. Februar an, also von dem Tage, an welchem der allgemeine Gehaltsabbau in Kraft tritt, den Exekutivbeamten wenigstens einen Teil der Abzüge wieder zu ersetzen. (Bravo! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Wir glauben, damit den Beweis erbracht zu haben, daß wir den schweren Dienst der Polizei durchaus zu würdigen wissen. (Abg. Schulz [Neukölln]: Damit sie besser prügeln sollen! Glocke des Präsidenten.) Ich bedaure außerordentlich, daß die A nwen dung des Gummi⸗ knüppels erforderlich ist. Meine Herren von der Kommu⸗ nistischen Partei, Sie werden doch wohl nicht behaupten wollen,

die Schutzpolizeibeamten aus sadistischen Neigungen

die Schutzpolizei prügelt, dann handelt sie in der Regel nach den Weisungen ihrer Vorgesetzten, die dafür verantwortlich sind, daß friedliche Staatsbürger nicht von Rowdis verprügelt werden. Ist es denn nicht wahr, daß Kolonnen auch aus Ihren politischen Reihen, Herr Abgeordneter Kasper, nicht gerade mit geistigen Waffen, sondern mit den Waffen der Barbaren friedliche Staats⸗ bürger überfallen? (Zurufe bei den Kommunisten.) Ist es denn nicht wahr, daß es auch andere Gruppen und Wehrorganisationen gibt, die ihre Mitglieder nicht so diszipliniert halten, um sie vor Roheitsausbrüchen zu bewahren? (Rufe: Reichsbanner!) Kann die Polizei denn ohne irgendeine Waffe dieses Treibens Herr werden? Sie muß also schon prügeln, und wenn ich vor der Wahl stehe, der Polizei Weisungen zu geben, mit dem Gummi⸗ knüppel dreinzuschlagen oder mit der Pistole und dem Karabiner zu schießen, so ist der Gummiknüppel immer noch das erträg⸗ lichere. Daran habe ich keinen Zweifel gelassen und meine Amtsvorgänger oder Amtsnachfolger haben es ebensowenig getan —, daß prügelnde Polizeibeamte, die diese Bezeichnung ver⸗ dienen, die also wehrlose Gefangene noch verprügeln, in den Reihen der Schutzpolizei nicht mehr geduldet werden. (Zurufe bei den Kommunisten: Revier 82) Ich wünsche, daß gerade mit Bezug auf diese Vorfälle meine Erklärung aufgefaßt wird. (Abg. Kasper: In der Polizei wird für die Verurteilten ge⸗ sammelt, es wird gesagt, das wäre ein Fehlurteil!)

Was die Roheitsdelikte, begangen von den ver⸗ schiedensten Organisationen und Gruppen, anlangt, so möchte ich an dieser Stelle eine Ente des „Völkischen Beobachters“ zurück⸗ weisen, eine Mitteilung, die in den letzten Tagen ich glaube gestern gebracht worden ist, daß es mir jetzt darauf ankomme, Material gegen die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei zu sammeln „Belastungsmaterial gegen die NSDAP. gesucht!“. Meine Herren von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter⸗ partei, Sie fangen an, langweilig zu werden; Sie sind nicht mehr so originell, wie sonst. Denn diese Dinge haben im Landtag schon ihre Erörterung erfahren. Die Fragen, die in den Sensations⸗ meldungen des „Völkischen Beobachters“ jetzt aufgebauscht sind, sind doch schon in einer kleinen Anfrage des Herrn Kube be⸗ handelt und vom Ministerium beantwortet worden. Es ist dazu nur zu sagen, daß vor etwa 6 Monaten der Herr Reichsminister des Innern an alle Länderregierungen das Ersuchen gerichtet hat, eine Statistik zu dem Zwecke aufzunehmen, um festzustellen, wie⸗ viel Verurteilungen nationalsozialistischer Parteigänger erfolgt sind. Ich habe damit nichts zu tun gehabt; denn der Reichs⸗ minister des Innern, der diese Statistik angeordnet hat, war nicht ich; und ich habe auch die entsprechenden Erlasse vom preußischen Innenministerium nicht herausgegeben; das war mein Amtsvor⸗ gänger. Also mit neuen Aktionen haben diese Dinge nichts zu tun. Bitte sagen Sie das auch Ihrer Zeitung. Aber ich glaube, auch dann wird das Aufwärmen alter Sensationen nicht aufhören, weil Ihnen neues Material aus meinem Ministerium nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Wenn ich verbieten will, sammle ich nicht erst ganz offen bei den Regierungspräsidenten und Polizeipräsidenten Material; dann genügt ein Entschluß, und dann ist die Aktion herbeigeführt. (Zuruf links: Sie spielen wohl den starken Mann?2) Das hat mit Stärke gar nichts zu tun; das ist nur eine Vereinfachung des Verfahrens. (Zuruf bei den Kommunisten: Aber dieses Verfahren wenden Sie nur gegenüber dem Roten Frontkämpferbunde an!)

Noch etwas über Studenten und Polizei. Ich habe mich gewundert, daß Herr Abgeordneter von Eynern gestern so harte Worte gegen die Polizei gefunden, aber kein Wort gegen die Ausschreitungen der Studenten gesagt hat. Ich glaube, ich stehe nicht in dem Verdacht, ein Gegner der Jugend zu sein, und manchen Studentenulk nehme ich gar nicht so tragisch. Und wenn die Studenten auf den Straßen Berlins singen:

Alle Ringe rollen, Alle Ringe rollen,

1— Nur der kleine Severing nicht (schallende Heiterkeit), so zeugt das zwar nicht von gutem Ge⸗ schmack und verrät nicht gerade besondere Größe, aber darüber errege ich mich nicht. Und wenn die Herren Studenten in Braun⸗ schweig dagegen protestieren, daß mir die Technische Hochschule die Würde eines Ehrendoktors verliehen hat, so läßt mich auch das kalt. Aber gefährlicher ist es schon, wenn der Rektor, der mir das Diplom des Ehrendoktors überreicht hat und nun Professor an der Technischen Hochschule in Berlin ist, an seinen Vorlesungen ge⸗ hindert wird. Dann hört die Gemütlichkeit auf, und es hat mit persönlicher Empfindlichkeit nichts zu tun, wenn die Polizei bei derartigen Exzessen energisch einschreitet. (Sehr gut! links.)

Und nun möchte ich die Herren von der Deutschen Volkspartei, die sich besonders der Studenten angenommen haben, darauf auf⸗ merksam machen, daß nicht nur hier in Berlin und nicht nur in Königsberg diese Ausschreitungen stattgefunden haben, sondern ich glaube, der Herr Kollege von Eynern hat das auch angedeutet fast in allen Universitätsstädten. Es sind insbesondere die nationalsozialistischen Studenten, die mit ihrer Intoleranz und mit ihrer maßlosen Sprache Anlaß zu den Zusammenstößen ge⸗ geben haben. So ist z. B. vor einigen Wochen in Kiel ein Flug⸗ blatt verbreitet worden mit der Frage: „Wer ist Geheimrat Baumgarten?“ Diese Frage wird in dem Flugblatt so beant⸗ wortet:

Geheimrat Baumgarten ist ein Landesverräter, denn er machte während des Weltkrieges einen deutschen Ver⸗ Panrd in einer Druckschrift für den Eintritt Amerikas in den Krieg verantwortlich, . Geheimrat Baumgarten ist ein Philosemit,

denn er arbeitet seit geraumer Zeit in engster Verbindung

mit dem „Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen

Glaubens“ gegen die „Kulturschande“ des Antisemitismus,

d. h. er kämpft mit Fremdstämmigen gegen Deutschblütige, die

sich für die Befreiung unseres Volkes von der jüdischen Welt⸗

pest einsetzen, Geheimrat Baumgarten ist ein Pazifist,

denn er preist in seinen Predigten die Wehrlosigkeit Deutsch⸗

lands als erstrebenswertes Ideal, vernichtet damit den Wehr⸗

willen im deutschen Volke und leistet unseren Feinden wert⸗

volle Dienste.