1931 / 31 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Feb 1931 18:00:01 GMT) scan diff

Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 31 vom 6. Februar 1931.

2. 4.

des vorigen Jahres korrigiert worden. Wir haben inzwischen erleben müssen, daß infolge des Anwachsens der radikalen Strö⸗ mungen unsere Kreditbedingungen um 20 bis 25 vH verteuert

Wir können auch darauf möchte ich einmal mit aller Deut⸗ lichkeit hinweisen sicherlich keine billigeren Kreditbedingungen deadurch schaffen, daß wir die Gesetzgebung engagieren. Dadurch, daß wir dekretieren: die Kreditinstitute dürfen nicht mehr als 4 vH Debetzinsen nehmen, können wir auf diesem Gebiete nichts bessern. Es ist doch selbstverständlich, daß Kredit⸗ und Debetzinsen in unmittelbarer Wechselwirkung zueinander stehen. Es ist doch nicht so, wie man sich das scheinbar draußen im Lande vielfach vorstellt, als wenn das Geld, das Großbanken, Sparkassen, Ge⸗ nossenschaften und Privatbankiers ausleihen, das eigene Geld dieser

Institute und Persönlichkeiten wäre, sondern das ist doch zum ganz

berwiegenden Teil das Geld der Sparer, das von diesen ein⸗ gelegt wird. Deswegen steht natürlich der Zinssatz, den die Banken und Kreditinstitute von ihren Schuldnern nehmen müssen, in unmittelbarer Verbindung mit dem Zinssatz, den sie ihren eigenen Gläubigern gewähreun, und da die Banken und Sparkassen

elbstverständlich Unkosten haben (Zuruf: Sie rivalisieren mit⸗ einander!) Ja, und zwar ganz gehörig! Dadurchewird ja aber

ne Entwicklung in der Richtung, wie wir sie wünschen, nicht herbeigeführt. Sie rivalisieren eben leider in sehr unwirtschaft⸗ lichen Methoden (Zuruf: Das meinte ich!), dann sind wir einig —, indem sie einander mit Zinsangeboten an ihre Glaubiger überbieten.

Wenn man also einmal unterstellt, daß die Sparkassen und Banken vielleicht 3 vH des von ihnen ausgeliehenen Geldes allein brauchen, um ihre Unkosten zu decken, dann würde ein Debetzinssatz von 4 vH dahin führen, daß diese Kreditinstitute ihren eigenen Gläubigern, den Sparern, nur 1 vH Zinsen geben könnten. Ja, meine Damen und Herren, wer würde denn dann in Deutschland noch sparen? (Sehr gut!) Dann würde man ja das Sparkapital in Deutschland noch mehr verknappen, als es bisher schon ge⸗ schehen ist, und dann würden die Pläne, unsere Wirtschaft von der Kreditseite her zu beleben, erst recht undurchführbar sein. Und wenn wir schon in Deutschland selbst unseren Sparern was ich für gänzlich ausgeschlossen halte einen Zinssatz vorschreiben würden, mit dem sie zufrieden sein müßten, so können wir doch den Amerikanern und den sonstigen Ausländern, die uns in den letzten Jahren 19 Milliarden geliehen haben, unmöglich vor⸗ schreiben, zu welchem Zinssatze sie unserer Wirtschaft Geld zur Verfügung stellen sollen. Das ist doch ein vollständig unmöglicher Gedanke. (Zuruf links: Wo sind die Nazi?)

Nein, meine Damen und Herren, man kann den Zinsfatz in Deutschland nur dadurch verbilligen, daß man bei den in⸗ und ausländischen Sparern und Gläubigern das Vertrauen in die Be⸗ ständigkeit der deutschen Verhältnisse erhöht. (Lebhafte Zu⸗ stimmung bei den Regierungsparteien.) Das ist die einzige Möglichkeit, Kapital nach Deutschland hereinzuziehen und die Kapitalflucht aus Deutschland zu verhindern. Solange diejeunigen, die Besitz haben und sparen können, befürchten müssen, daß bei uns ein Umsturz vor der Tür steht, werden wir leider Gottes die traurige Erscheinung haben, daß es Menschen gibt, die versuchen, das, was sie haben, zu retten, indem sie es verstecken und ver⸗ heimlichen. (Lebhafte Zustimmung.) Deshalb besteht auch hier nur eine praktische Methode: Bertrauen zu den deutschen Berhältnissen zu schaffen (Zustimmung bei den Re⸗ gierungsparteien), dann wird auf dem Kreditgebiete sicherlich eine Besserung eintreten. (Zuruf rechts. Gegenrufe bei der Sozialdemokratischen Partei und der Deutschen Staatspartei.)

1 Insofern ist es zweifellos so, daß die revolutionäre Phrafe, mit der draußen im Lande gearbeitet wird, geradezu ein Ver⸗ brechen an unserem deutschen Volke ist. (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien. Zuruf rechts: Hörsing!)

Es muß hinzukommen, daß wir uns auch bei unseren öffent⸗ lichen Baunten und bei den Geldausgaben überhaupt einer größeren Einfachheit und Sparsfamkeit befleißigen (lebhafte Zustimmung), damit wir in unserer Wirtschaft weniger Kapital verbrauchen. Meine Damen und Herren, auch in der privaten Wirtschaft und bei deren Rationalisierung hat man nach meiner Meinung vielfach Geld fehl am Platze ausgegeben (sehr richtig!) und sich vielfach auch zu großartig eingerichtet. Es ist notwendig, in Anbetracht der starken Verschuldung an das Aus⸗ land, die dadurch eingetreten ist, hierauf hinzuweisen. (Zuruf rechts.) Das ist doch nicht auf Anraten der Regierung geschehen! Ich wüßte nicht, wann sie einen folchen Rat erteilt haben sollte.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wenn wir nnseren Kapitalbedarf auf diefe Weise vermindern, wird es möglich fein, zu befferen Zinsbedingungen zu kommen. Wird aber weiter in der bisherigen Weise Kapital verschwendet, so ist es klar, daß der Zins hoch bleibt. (Sehr richtig!) Ich möchte dabei meinerfeits aussprechen, daß wir, wie ich auch in früheren Jahren hier schon warnend hervorgehoben habe, die ausländischen Anleihen, die wir noch brauchen, nicht so verwenden dürfen, wie wir sie in den letzten Jahren verwandt haben. (Zuruf rechts.) Das habe ich schon vor 2 Jahren an diefer Stelle gesagt, Herr Abgeordneter. . Es ist falsch, wenn wir uns den Anschein geben, als wenn wir ein reiches Land wären und unbegrenzte Kapitalien zur Ver⸗ fügung hätten. Die Anleihen, die wir in Zukunft aufnehmen müssen deshalb in erster Linie dazu verwendet werden, die ku rz⸗ fristigen ausländischen Gelder, die wir aufge⸗ nommen haben, in langfristige au konvertieren,; denn die kurzfristigen Gelder, die in unfever Wirtschaft umlaufen und aus dem Austand gekvmmen find, sind eine nicht unwefentliche Gefahr für unsfere Verhältnisse. Ich bin überzeugt, daß auch in der Abdeckung der kurzfristigen ausländischen Gelder eine der wesentlichsten Voraussetzungen dafür liegt, daß wir an eine Revision des Joung⸗Planes herangehen können, die für unsere wirtschaftliche Gesundung von entscheidender Bedentung ist. Wir dürfen, wenn wir die notwendige Revifion des Poung⸗ Planes einmal anfassen wollen, nicht den gleichen Fehler begehen,

den wir begangen haben, als es sich um die Aenderung des Dawes⸗Planes handelte, daß unsere Verhandlungskeiter in Paris oder im Haag zu einer Zeit verhandeln mußten, in der die

Kassenverh ältniffe des Rei aurig we n, daß man von

der Hand in den Mund leben mußte und von den ausländischen Gläubigern abhing. Es geht auch nicht an, daß wir in Ver⸗ handlungen hineingehen, solange unsere Verhältnisse im Reich, in den Ländern und in den Gemeinden nicht in Ordnung sind. (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.) Auch wenn es Opfer erfordert es muß diese Ordnung herbeigeführt werden, sonst kann mit Aussicht auf Erfolg nicht verhandelt werden.

Ich bin der Meinung, daß die Welt in zunehmendem Maße einsehen wird und einsehen muß, daß es einfach unmöglich ist, daß ein Volk wie das deutsche, dem man seine Auslandswerte genommen hat, auf die Dauer ohne jede Gegenleistung derartige riesige Beträge an das Ausland zahlt. (Zurufe bei der Deutsch⸗ nationalen Volkspartei.) Das ist nicht die Folge des Poung⸗ Planes, sondern die Folge dessen, daß wir den Krieg verloren haben. (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien.) Ich glaube, Sie werden nicht bestreiten, Herr Abgeordneter Oelze, daß, wenn der Noung⸗Plan nicht angenommen wäre, dann unter der Herrschaft des Dawes⸗Planes heute das leidende deutsche Bolk ja jährlich noch 700 bis 900 Millionen Mark mehr zahlen müßte. Das ist doch gar keine Frage. (Erneute Zurufe bei der Deutsch⸗ nationalen Volkspartei.) Das Moratorium können wir auch unter dem Young⸗Plan verlangen, wenn wir es wollen; aber es ist fraglich, ob das eine geeignete Politik wäre, das zu tun. Unter dem Dawes⸗Plan hätte im übrigen der Ausländer darüber zu entscheiden gehabt, ob Deutschland ein Moratorium gewährt wer⸗ den sollte, während unter dem YNoung⸗Plan die deuntsche Regierung selbst darüber befindet. Das scheint mir vom nationalen Stand⸗ punkt nicht gerade eine Verschlechterung zu sein!

Meine Damen und Herren, wenn auch nur theoretisch eine Möglichkeit bestehen sollte, daß wir die Reparationen wie bisher weiterzahlen, so wäre die erste Borausfetzung dafür, daß uns das Ausland noch in ganz anderem Umfange als bisher deutsche Waren abnimmt. Nun begegnet man im Auslande immer wieder der Einstellung, daß sich ja die deutsche Handelsbilanz in den letzten Jahren so erfreulich entwickelt habe, daß wir die Reparationen sehr bald aus eigener Kraft würden leisten können. Es trifft zu, daß sich die deutsche Handelsbilanz in den letzten Jahren alljährlich um etwa 1,5 Milliarden verbessert hat. Wir sind in diesem Jahre zum ersten Mal in Höhe von etwa 1,6 Mil⸗ liarden Mark aktiv. Mit diesem Ueberschuß unserer Ausfuhr über die Einfuhr können wir aber üunserer Reparationsverpflich⸗ tung nicht genügen. Wir haben außer den politischen Schulden in Höhe von 1,8 Milliarden Mark noch alljährlich etwa 1,2 Mil⸗ liarden Mark für Verzinfung und Amortisation der aufgenom⸗ menen privaten Anleihen zu zahlen. Wir müssen also danernd mindestens 3 Milliarden Ueberschuß aus der Handelsbilanz haben, wenn wir ohne Aufnahme immer neuer Auslandsschulden unsere Verpflichtungen abdecken wollen. Soweit sind wir noch lange nicht. Die Dinge liegen doch so, daß die Verbesserung unserer Handels⸗ bilanz in den beiden letzten Jahren doch wesentlich darauf zurück⸗ zuführen ist, daß wir uns in einer Krise befinden, daß wir für unsere Industrie weniger Nohstoffe gebraucht haben. Das ist keine natürliche Entwickkung, und wir können nicht davon aus⸗ gehen, daß sich die Steigerung unserer Handelsbilanz in gleichem Maße wie bisher vollziehen wird. Es ist selbstverständlich, daß die privaten Schulden unter allen Umständen den politischen Schulden vorgehen müssen. (Zustimmung.) Es ist deshalb un⸗

leisten.

Der Erfolg auf dem Gebiet einer befriedigenden Reparations⸗ regelung hängt aber auch weiter davon ab, daß sich unser ganzes Bolk viel stärker als bisher zu einer gemeinsamen Haltung in dieser Frage entschließt. (Sehr wahr! beim Zentrum, bei den So⸗ zialdemokraten und der Deutschen Staatspartei.) Durch Lamen⸗ tieren allein können wir auf diesem Gebiet gar nichts erreichen. Gerade in Notzeiten, wie den heutigen, ist die Geschlossenheit des Bolkes und das Verantwortungsgefühl aller politischen Rich⸗ tungen die erste Vorausfetzung dafür, daß die Regierung einen Erfolg erzielen kann und daß die Besserung der Verhältnisse wirk⸗ lich eintritt, die wir alle wünschen. Diese Geschlossenheit des Volkes hat uns leider in den letzten Jahren in ganz besonderem Maße gefehlt, und darin liegt eine der Hauptursachen für unsere Schwierigkeiten. Unsere Lage erscheint mir, wenn ich fie nach jeder Richtung hin prüfe und auch in Verbindung mit der Lage der Weltwirtschaft betrachte, durchaus nicht hoffnungslos. Es gibt Anzeichen internationaler und nationaler Art genug dafür, daß eine allmähliche Besserung sich durchsetzt. Die Borausfetzung aber dafür, daß diese Besserungsmöglichkeiten für Deutschland wirklich ausgenutzt werden können, scheint mir die zu sein, daß sich alle verantmwortungsbewußten Elemente unseres Volkes ohne Unter⸗ schied der politischen Richtung endlich einmal zusammenfinden, um den Defaitisten und politischen Abenteurern, die unser Land durch⸗ ziehen und mit ihrer verlogenen Propaganda die Seele unseres Bolkes vergiften, die Tür zu weisen. (Lebhafte Zustimmung beim Zentrum, bei der Deutschen Staatspartei und den Sozialdemo⸗ kraten.) Die Rettung kommt nicht wie irgendein Wunder von außerhalb, sondern es hängt von uns ab, ob wir unser Schicksal

meistern. (Lebhafter Beifall. 8 häüch 8b

5 . 1“ 8 ö 8

202. Sitzung am 5. Febrnar 1931, 12.20 Uhr. (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger*.) Zu Beginn der heutigen Plenar itzung des Preußischen Landtags sich Abg. Donners lien P.) in ** Erklärung gegen den Abg. Maßen (Zentr.) wegen eines Streites, der zwischen beiden Abgeordneten anläßlich der Aussprache zum Wohlfahrtsetat über den Krefelder Milchhof entstanden war. Er verweist darauf, daß bereits in der Krefelder Tagespresse der Milch⸗ Aan Mrissen sech weil er das freie Gewerbe aus⸗ alte, Er, der Keduer, habe sich in der Beurteilung der Mil des Krefelder hauptsfächlich auf Freunde des Abg. Madeh und erhalte seine Verurteilung des Kreselder Milchhofes

8 Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Dr. Steiger: Herr Abgeordueter Krischick hat in der Pleuarsitzung am 31. Januar eine Erklärung abgegeben über die Angelegeuheit, betreffend Namhaftmachung von Siedlern, die bei Nacht und Nebel den Hof vertassen haben, welche Angelegenheit in der

29) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervor Re der Herren Minister, die im Pereahs wiedergegeben sind

möglich, daß wir dauernd politische Zahlungen in diesem Umfange

Sitzung am 29. Januar verhandelt wurde. Ich war micht unten, richtet, daß eine Erklärung abgegeben wird und habe erst gestem abend bei VBorlage des Stenogramms davon Kenntnis erhalten Herrn Abgeordneten Krischick habe ich benachrichtigt, daß ich heug zu seiner Erklärung vom 31. vorigen Monats Stellung nehmen werde.

Aus der bestimmten Erinnerung meiner Mitarbeiter und der meinigen ist am 24. Mai, zwei Tage nach der in Frage stehenden Sitzung, ein Schreiben an den Herrn Abgeordneten Krischick ab⸗ gegangen, in dem ausdrücklich steht: „Meine Bitte, die ich in der Sitzung ausgesprochen habe usw.“. Auf dieses Schreiben habe 4 keine Antwort erhalten, auch nicht auf die Erinnerung. Das habe ich nicht als eine Unhöflichkeit angesehen, sondern als das Un⸗ vermögen des Herrn Abgeordneten Krischick, meinem Zuruf gs. mäß die in Frage stehenden Angaben zu machen. .

Der Herr Abgeordnete Krischick hat in der Erklärung am 31. vorigen Monats durch Vorlage des Stenogramms den W⸗ weis erbracht, daß er leine Korrektur daran vorgenommen hat Am 29. Januar habe ich ausgesprochen: „Entweder wir haben uns alle geirrt oder das Stenogramm ist geändert.“ Gegenübe der Ausführung des Herrn Abgeordueten Krischick, daß ich durt die letztere Bemerkung seine Bauernehre angegriffen habe, stelle

ich ausdrücktich fest, daß die Aenderung des Stenogramms iich

als entehrend angesehen werden kann, wie es mir der Herr Diret⸗

tor des Landtags heute morgen bestätigt hat. Es kann also durch

meine Aeußerung auch die Ehre des Herrn Krischick nicht am gegriffen sein, was mir ohnehin fern gelegen hätte.

Nun muß ich aber feststellen, daß ich am 29. Jannar in der Eile über die Zusammenhänge nicht vollkommen mehr unter⸗ richtet war. Es ist tatsächlich so, daß der Herr Abgeordneße Krischick am 22. Mai das folgende gesagt hat:

„Da sollte man doch endlich einmal nachsehen, woran das und wohin die Millionen gehen, wenn nachher die Siedler jns Elend geraten.“

(Zuruf des Landwirtschaftsministers.) Herr Krischick fährt f „Ich darf es Ihnen vielleicht nachher fagen, damit Sie darauf achten, daß derartige Dinge, die befürchtet werden, nicht ein⸗ treten.“

Aus meinem Zuruf, auf den von Herrn Krischick die Be⸗ merkung ftel „Ich darf es Ihnen vielleicht nachher sagen“, gehe deutlich hervor, daß ich an den Herrn Abgeordneten Krischick eine Anfrage gerichtet habe.

Ich habe sodann in der nun folgenden Rede wörtlich gefagt. „Wenn aber Herr Abgeordneter Krischick ausgeführt hat, daß die Siedler in Ostpreußen bei Nacht und Nebel von ihren Stellen weggingen, so bitte ich ihn, mir auzugeben, wo das gewesen ist.“

(Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Ich fuhr dann fort: „Das wäre mir sehr angenehm. Wir haben davon nich geändert.“*

Aus diesem Zusammenhange geht alfo hervor, daß Herr Ab⸗ geordneter Krischick in Aussicht gestellt hat, mir Angaben zau machen.

Diese ich am 29. kann.

In Erlebigung der Tagesorduung überweist das Haus dann eine deutsch⸗volksparteiliche Große Anfrage und einen Urantrag der Dentschnationalen über den Schul⸗ zwischenfall in Frankfurt a. O. anläßlich der Reichsgründungsfeier ohne Aussprache an den Hauptausschuß

In der dann fortgefetzten gemeinsamen allgemeinen Aus⸗ sprache zur 2. Lesung der Haushalte der Ha ndels⸗ und Gewerbeverwaltung sowie der Por⸗ zellaumanufaktur tritt

Abg. Dolezych (D. Nat.) für die Interessen des gewerblichen

Mittelstandes ein. Auch der Wirtschaftsenqueteausschuß habe die Bedeutung dieses Mittelstandes mit seinen über 1 Millionen felbständigen Existenen festgestellt. Den Preisabban könne mar nicht terminmäßig festlegen. Der Versuch der Regierung Brüning einen politischen Preisabbau zu diktieren, habe nichts als eine aber⸗ malige Schädigung des Mittelstandes zur Folge gehabt, weil seim Ankündigung eine Art Käuferstreik entfesseite. Eigenartig sei daß im „Bolkswirt“, dessen Herausgeber der Reichstagsabgeordnete Stolper sei und der angeblich das Privateigentum vertrete, die Gründung von I“ und die Zusammen⸗

Darstellung ergibt, daß an meinen. Ausführungen, die vorigen Monats gemacht habe, nichts geändert werden

arbeit mit den Gewerkschaften angeregt wurde zur „General reinigung im deutschen Einzelhandel“, falls der die Preife nich!t endlich ermäßige. Dabei sei amtlich ermittelt, daß die Verdienst⸗ spanne des gewerblichen Mittelstandes keineswegs 2 hoch sei. Ein * E Basis versucht werden ur erminderung der Belastung des dentschen Mittekstandes. Es sei bedanerkich, doß auch die inde . 8* nehmer wenn es sich um die Interessen des Klein⸗ gewerbes handle. Der Reduer wendet sich noch gegen die Kon⸗ kurrenz der öffentlichen Betriebe für den gewerblichen Mittelstand, insbesondere gegen deren steuerliche Bevorzugung und fordert auch gegenüber den Genossenschaften, vor allem des Konsums, eine gleich mäßige Verteilung der Lasten. (Lebhafte Zustimmung bei den Deutschnationalen.) lie Einführung der progessiven Warenhausbesteuerung würde der Schädigung des Einzekhandels durch die Warenhänuser entgegenwirken. Das Zugabewesen fühn zu eigenartigen Blüten. In einem Bierrestaurant erhalte der ast nach dem fünften Glase Bier eine Rasierklinge. (Heiterkeit) Es sei höchste Zeit, daß auf diesem Gebiete Einheit geboten werde Bei der Ostreise des Peichskanzlers habe man den Vertretern der Wirtschaft wenige Minnten gelassen, ihre Wünsche vorzu⸗ tragen. Der umzler werde auf diese Weise kaumt ein wirk⸗ liches Bild der Wirtschaftsnot im Osten erhalten haben. Eim ünsseukung im Osten sei vor allem für das Gewerbe erforderlich Ostens weit mehr berücksichtigt werden. Freulich sei die 1 haß das Erzdischöfliche Ordinaxiat in Freiburg fürn den gewerb⸗ li 8 Mittelstand eingetreten sei. Die höheren schulen, be⸗ jonders im Osten, müßten erhalten werden. fall bei der Deutschmationalen.) 8 üs G

Abg. Metzinger 9) erklärt, in unserem Bolk sel eine schwerr Spannung politif atfcaftthcher Aet der handen. Die Politische ruhigung könnte gemildert werden, wenn alle, die den guten Willen hätten, mehr an das Valk denker

würden als an die eigenen Juteressen. Die Ursache der Wirt⸗ eftstrffe in Deutschland liege vor allem in dem Verkust des

Lohnkürzung, Kurzarbeit und Stille ien die dres vnatgchaftlschen Beunruhigungsmomeme in rbeiterschaft Jeder müsßcte hereit fein hier das Menschenmöglichste zu tun, um einen Ausgleich zu schaffen. Die seelischen Sorgen der Familien seien 82⸗ minder groß als die wi chen Nüce. müsse ne den 5 ee en

(Fortsetzung in der Zweiten Beilage.)

1

pegen der Preisentwicklung auf dem Weltmarkt. Aber es müsse

üallem auch die kleinen Kartelle, endlich ihre Preisbindungen

wurde, darauf hinzuwirken, daß Sportvereine und alle Maß⸗

die Industrie aus der Front der Unter⸗

lentwurfs hinzuwirken, der eine Senkung der Arbeitszeit in

um Deutschen Reichs

anzeiger und Preußischen St

Berlin, Freitag, den 6. Februar

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

rbeit? Es dürfe nicht auf eine natürliche Besserung gewartet erden, sondern man müsse jetzt schon zugreifen, z. B. durch Irbeitsstreckung. Wenn Unternehmer und Arbeitnehmer gemein⸗ am sich verständigten, hese es möglich sein, durch Arbeitsstreckung hunderttausenden von Erwerbslosen wieder Beschäftigung zu eben. Sollte eine solche freiwillige Verständigung sich nicht er⸗ öglichen lassen, dann müßten Reich und Staat eingreifen und esetzlich die neu erforderliche Arbeitszeit vorschreiben. Er persön⸗ ch ziehe die freiwillige Vereinbarung vor. Arbeitszeitkürzung hedinge allerdings Einkommenkürzung, die aber wieder nur er⸗ räglich sei, wenn eine Verbilligung des Lebens eintrete. B bbau werde sich kaum dekretieren lassen, sondern müsse sich ent⸗ vickln und daher nur gefördert werden. Ein Abgleiten der ebensmittel⸗ und Bekleidungspreise sei bereits erfolgt, vor allem

ndlich auch etwas geschehen zur Verbilligung der Mieten sowie der bzialen Beiträge zugunsten der arbeitenden Menschen. Die tärkste Belastung aber liege auf steuerlichem Gebiet. Während 914 der Steuerunkostenfaktor bei den Unternehmungen durch⸗ chnittlich 0,32 vH betrug, sei er 1929 z. B. bei seiner, des Redners, Ronsumgenossenschaft, auf 5 vH des Umsatzes gestiegen. Als der Redner sich dann für die Konsumvereine einsetzt und dabei erklärt, heute sogar führende Männer der Wirtschaftspartei Mitglieder on Konsumvereinen seien, kommt aus der Wirtschaftspartei der zuruf: „Sie wissen doch, daß das Schwindel ist!“ (Vizepräsident r. von Kries ruft den Wirtschaftsparteiler zur Ordnung.) Die Behauptung, so führt der Abg. Metzinger weiter aus, daß die onsumvereine steuerfrei Feien, ist ein Märchen. Meine Ge⸗ ossenschaft hat von ihrem Jahresumsatz von 20 Millionen Reichs⸗ mark eine Million Reichsmark Steuern zahlen müssen, also 5 vH es Umsatzes. Zugleich aber versuchen die mit ller Macht, die Preise niedrig zu halten. Pflicht der Reichs⸗ und taatsregierung ist es, darauf zu achten, daß die Kartelle, vor

ockern und nicht mehr Zuschläge von über 100 vH erheben. Es st untrgbar, daß trotz der Markenartikelverordnung noch viele artelle den zehnprozentigen Preisnachlaß nicht durchgeführt haben.

Die Weiterberatung wird dann unterbrochen zur Vor⸗ nahme von Abstimmungen.

Es wird abgestimmt über den Haushaltder Volks⸗ wohlfahrt. Zu den angefochtenen Titeln wird eine An⸗ zahl von Erhöhungsanträgen abgelehnt, darunter auch der Antrag Stendel (D. Vp.) auf Streichung der 4. Ministerial⸗ direktorenstelle beim Volkswohlfahrtsministerium. Annahme indet eine Reihe von Anträgen des Hauptausschusses, und zwar zunächst zum Kapitel Volksgesundheit und Volkswohl⸗ ahrt. Das Staatsministerium wird u. a. ersucht, die hygienisch⸗einwandfreie Wasserversorgung in den kleinen tädten und in Landgemeinden zu fördern, alle Vorbereitun⸗ en für die schon seit langem notwendige Neuregelung der Fodesursachenstatistik zu treffen, bei der Reichsregierung auf beschleunigte Einbringung eines Reichshebammengesetzes hin⸗ zuwirken, für bessere hygienische Volksbelehrung in den Schulen und namentlich in den Fortbildungsschulen zu sorgen, ine Denkschrift über den Gesundheitszustand der Kinder in den preußischen Volksschulen vorzulegen und auf die Reichs⸗ egierung einzuwirken, daß die in der Notverordnung vom „Dezember 1930 vorgesehene Gebührenfreiheit für Kranken⸗ cheine auf die Familienhilfe ausgedehnt wird. Bei der Ver⸗ eihung von Apothekerkonzessionen soll der Bevorzugungs⸗ rundsatz vor allem auf die Kriegsbeschädigten bzw. Kriegs⸗ teilnehmer angewendet werden. Dem ungeieigichen Arznei⸗ nittelhandel sowie dem Ueberhandnehmen der Drogenschränke nd dem Hausierhandel mit Arzneien soll gesteuert und be⸗ chleunigt die Schaffung eines staatlichen Zentralinstituts zur blanmas gen Erforschung und Bekämpfung der Krebskrank⸗ heit durchgeführt werden. Abgelehnt wurde ein Antrag des Hauptausschusses, worin das Staatsministerium ersucht

nahmen zur Förderung der Leibesübungen sowie der Jugend⸗ pflege auf dem platten Lande besonders unterstützt werden. In weiteren angenommenen Anträgen des Hauptausschusses werden Mittel für die Fürsorge für die Friedensblinden sowie uͤch für die allgemeine Blindenfürsorge verlangt. Ferner wird die endliche Verabschiedung eines Rentnerversorgungs⸗ gesetzes gefordert, damit der schon erheblich verkleinerte Kreis der früheren Kapitalrentner aus der allgemeinen Fürsorge herausgenommen werden kann. Bei der Nachlaßverpflichtung der Kleinrentner sollen die Gemeinden mit möglichster Schonung vorgehen. Für die freiwillige Erziehungshilfe soll der Staat möglichst die gleichen Kosten übernehmen, wie sie in dem Gesetz über die Fürsorgeerziehung vorgesehen sind. Dem Abbau von Fürsorgerinnen soll entgegengewirkt werden. Ein Antrag der Regierungsparteien, der umfangreiche Maß⸗ nahmen auf dem Gebiete der Fürsorgeerziehung verlangt, wie Aufhebung des Schweigeverbots, Abschaffung des Dunkel⸗ arrests usw., wird dem Bevölkerungsausschuß überwiesen. Annahme findet auch ein sozialdemokratischer Antrag, der die Regierung ersucht, in die Eigenversicherung des Staates auch die Arbeitnehmer derjenigen Betriebe und Verwaltungen des Staates einzubeziehen, die der reichsgesetzlichen Unfallversiche⸗ rung noch nicht unterstellt sind (wie z. B. Verwaltungs⸗ arbeiter, Reinemachefrauen, Amtsgehilfen usw.). Ein An⸗ trag Haas⸗Köln (Soz.), zur Verminderung der Erwerbslosig⸗ keit bei der Reichsregierung auf die Vorlage eines Gesetz⸗

den Betrieben auf 40 Stunden für die Woche bei entsprechen⸗ dem Lohnausgleich bringt, wird dem Hauptausschuß über⸗ wiesen, desgleichen ein Antrag Falk (Dem.), der zur Be⸗ kämpfung der Arbeitslosigkeit u. a. die Ostern 1931 die Volks⸗ schule verlassenden Schüler und Schülerinnen zu einer ein⸗ jährigen Berufsvorbereitung in der Berufsschule verpflichten will. Eine Anzahl weiterer Anträge sollen gleichfalls noch einmal im Ausschuß nachgeprüft werden. In ““ Abstimmun wird ein Antrag der Kommunisten, der für die öffentliche Fürsorge hilfsbedürftiger Minderjähriger ein be⸗ sonderes Programm vorschlägt, gegen die Antragsteller ab⸗ gelehnt. Zum Abschnitt Wohnungs⸗ und Siedlungswesen wird eine Anzahl von Anträgen des Hauptausschusses an⸗ genommen. Darin wird das Staatsministerium u. a. ersucht, in stärkerem Maße als bisher den Bau von Eigenheimen zu fördern und zu diesem Zweck auch den Bausparkassen . rung angedeihen zu lassen. Auf die Reichsregierung soll ein⸗ gewirkt werden, daß der Teil des seit langem vorliegenden Entwurfs eines Gesetzes über Depot⸗ und Depositengeschäfte, er auch die Rechtsverhältnisse der Bausparkassen regelt,

möglichst bald verabschiedet wird, um damit den vielen un⸗ gesunden Neugründungen von Bausparkassen endlich Einhalt zu tun. Bausparverträge sollen von der Versicherungssteuer befreit werden. Mit Rücksicht auf die große Arbeitslosigkeit im Baugewerbe sollen die Richtlinien für die Wohnungs⸗ neubautätigkeit „im Jahre 1931 vom Wohlfahrtsminister schleunigst veröffentlicht werden, damit die interessierten Kreise sich auf die Neubautätigkeit entsprechend der reichs⸗ 25 n- Neuregelung einrichten können. Zur Förderung er Bautätigkeit sollen Maßnahmen getroffen werden, durch die die hohen Baupolizeigebühren herabgesetzt werden, die hohen Straßen⸗ und Kanalkosten durch Ausfüllung der Bau⸗ lücken an fertigen Straßen weitmöglichst eingeschränkt werden und der Apparat für die Genehmigung von Baugesuchen, der in Berlin fast zwanzig Behörden umfassen soll, abgebaut wird und die Baugesuche schnellere Erledigung finden. Das Staats⸗ ministerium soll darauf hinwirken, daß die seitens der Sozial⸗ versicherungsträger, der Sparkassen, Versicherungsgesell⸗ schaften und Hypothekenbanken im Jahre 1931 für Hypo⸗ theken zur Verfügung stehenden Gelder möglichst restlos dem Wohnungsneubau zugeführt werden. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden soll eine Senkung der Anliegerbeiträge besonders zur Pflicht gemacht werden. Ferner wird das Staatsministerium ersucht, unter tigung des Um⸗ standes, daß durch das Notprogramm der Reichsregierung und die von 1931 ab zur Anwendung kommenden Maß⸗ nahmen voraussichtlich Baukosten und auch Mieten der Neu⸗ bauwohnungen wesentlich niedriger sein werden als in den letzten Jahren, den Wohlfahrtsminister zu veranlassen, bei Bauherren, die bei der Vermietung von Wohnungen wegen der untragbaren Höhe der Mieten oder durch die anormale Höhe der Baukosten und Zinslasten sowie durch unzureichende Hauszinssteuerhypotheken in Schwierigkeiten geraten sind oder noch geraten werden, geeignete Maßnahmen zu treffen, um einen dieser ohne eigenes Verschulden in solche Verhältnisse geratenen Bauherren zu verhindern. In namentlicher Abstimmung wird der Antrag Howe (D. Nat.) auf allgemeine Uebertragung der Aufgaben der Mieteini⸗ gungsämter auf die Amtsgerichte bis zum 1. 10. 1931 mit 249 gegen 123 Stimmen abgelehnt. Eine große Anzahl von wohnungspolitischen Anträgen der Deutschnationalen und der Wirtschaftspartei wird der Ausschußberatung überwiesen.

In der fortgesetzten Aussprache zum Handelshaushalt bringt

Abg. Duddins (Komm.) Beschwerden über angebliche Ausbeutung und schlechte Behandlung Jugendlicher vor. Es sei eine Schande, wenn Arbeitsämter die Jugendlichen im Interesse der Agrarier einfach aus dem Rheinland nach Ostpreußen ver⸗ schicten. Mit Recht wehrten sich die Jugendlichen gegen ein solches Verfahren, das der Arbeitsdienstpflicht gleichkomme. Der Redner erklärt, daß das Berufsschulwesen und Berufsausbil⸗ dungswesen ähnlich wie in Sowjetrußland reformiert werden müsse.

Abg. Bayer⸗Waldenburg (D. Vp.) macht auf die besondere Not des dentichen Ostens aufmerksam. Seine Partei werde allen Anträgen auf Erleichterung für den Osten zustimmen. Die Be⸗ völkerung des Ostens hoffe, daß nach der Ostreise des Kanzlers die Hilfe für den Osten recht bald eintritt. Der schlesischen Stein⸗ industrie sei durc Einschränkung der ausländischen Konkurrenz u helfen. Die Preissenkungsaktion sei verfehlt gewesen. Man zurfe bei einer Gegenüberstellung zu den Friedenspreisen die un⸗ geheure Steigerung der Steuern, Löhne usw. nicht vergessen. Bei der Preissenfung müßten alle Faktoren . werden, die die Preise verteuert hätten. (Anhaltende Unterbrechung der Komuninsten.) Gewohnheitsmäßig seien die Löhne durch den staatlichen Schlichter erhöht worden. (Abg. Selbmann [Komm.] wird wegen eines beleidigenden Zurufes zur Ordnung gerufen.) Durch die Festsetzung der Tarife sei die deutsche Wirtschaft ge⸗ knechtet worden. (Gelächter bei den Kommunisten.) Der Ver⸗ gleich mit dem Index zeige, daß eine Uebersetzung bei den Löhnen vorliege. Der Redner kritisiert die Art der Submissionierungen, die einen unberechtigten Preisdruck erzeugt hätten. Die Borg⸗ wirtschaft steigere die Zinshöhe. Die immer wieder zu erhebende Forderung celen langfristige Kredite für das Handwerk. Er be⸗ antrage auch wieder Arbeitsvergebung in kleinen Losen, um auch die wirtschaftlich schwächeren Kreise zu beteiligen. Nicht zu dulden sei die Vermittlung von arbeitslosen Gesellen durch die Arbeits⸗ ämter. Dies laufe auf eine staatliche Sanktion der Schwarz⸗ arbeit hinaus. Von sozialdemokratischer Seite sei in diesem Jahr die Existenzberechtigung des Handwerks verteidigt worden. Es sei begrüßt worden daß das Handwerk die Möglichkeit biete, auch Arbeiterkinder anfseigen zu lassen. Er freue sich dieser Aeuße⸗ rung des Abg. Osterroth, da in ihr eine Bekehrung liege. In diesem Hause sei z. B. 1919 von der Sozialdemokratie ein Antrag der bürgerlichen Parteien auf Wiederaufrichtung des Handwerks und des Mittelstandes in verschiedenen seiner Teile als unan⸗ nehmbar abgelehnt worden. Damals erklärten mehrere sozial⸗ demokratische Redner, daß dem Handwerk niemand helfen könne und die Sozialdemokratie sich als Gegnerin der überalterten Be⸗ triebsform des Handwerks betätigen müsse. Es hieß, daß das Handwerk nur dann noch eine Existenzberechtigung habe, wenn es sich der sozialistischen Wirtschaft mit ihren Soziali⸗ sierungs⸗ und 1“ und ein⸗ gliedere. Seine Freunde hätten demgegenüber immer betont, daß das Handwerk in seiner Selbständigkeit zu erhalten und zu för⸗ dern sei, weil es ein es und wertvolles Glied der Gesamtwirtschaft darstelle. (Lebhaftes Sehr richtigt bei der Deut⸗ schen Volkspartei.) Das Handwerk ziehe und bilde die Kräfte 8 die durch ihre Qualitätsarbeit das Ansehen der deutschen Birtschaft in der Welt mitbegründeten.

Abg. Kniest (D. Staatsp.) betont, daß die Parteipolitik aus der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit herausbleiben müsse. Die Erwerbslosigkeit set eine rein wirtschaftliche Frage. Der neue Staat habe sich ehrlich bemüht, die deutsche Wirtschaft na dem Kriege wieder aufzubauen. Jetzt, im Zeitalter der Maschine, deren Ausbildung zum erheblichen Teil, neben den Kriegsfolgen, Schuld an der großen Erwerbslosigkeit trage, 1 es notwendig, dafür zu sorgen, daß die Maschine nicht zum Fluch des Menschen werde. Wahrscheinlich müsse man den Ausgleich gegen die große Technisierung darin inden, daß man den arbeitenden Menschen mehr freie Zeit versesfft. Der Redner tritt dann besonders für das Handwerk ein, das der Industrie so wesensverwandt sei, daß man ihm eine gesetzliche Ausnahmestellung bewilligen —v Das gelte vor allem im Sinne einer größeren Bewegungsfreiheit für das Handwerk. Man könne da nicht starr verbieten, daß ein andwerker seinen Lehrling eine Viertelstunde länger, als der arifvertrag erlaube, beschäftige, oder daß ein Kleinhändler am Sonntag einmal irgend etwas verkaufe. Was den Preisabbau anlange, so sorge schon die scharfe Konkurrenz heute dafür, die Preise des gewerblichen Mittelstandes nicht in den Himme wüchsen. Nun dürften aber nicht auch noch die öffentlichen Unter⸗ nehmungen dem Gewerbe Konkurrenz machen, 2-2 Not sich auch darin zeige, daß 50 vH der Mittelstandsbetriebe wegen zu

seringen Verdienstes von der Gewerbesteuer befreit seien. Die andwerklichen Preise seien bedingt durch die Lohntarife und die Geschäftsunkosten. Baue man nun Löhne und Gehälter ab, dann sei auch da der Mittelstand der Leidtragende, weil dann die Kauf⸗ 3 kraft zurückgehe. Da wäre es vielleicht besser gewesen, nicht erst so hohe Löhmne zu zahlen. (Sehr richtig! rechts.) Das Handwerk verlange im Gegensatz zur Landwirtschaft kein Geld von der Re⸗ gierung, weil das Handwerk, wiederum im Gegensatz zu manchen anderen Stellen, die Gelder auch immer zurückzahlen müsse. Das Handwerk verlange nur, daß i die Fristenz und der Dienst an seinen Kunden ermöglicht werde. (Beifall bei der Staatspartei.)

Abg. Perschke (Wirtsch P.) erörtert Wünsche des Hand⸗ werks und bedauert u. a., * man die Ausbildung der Lehrlinge heute geringer einschätze als die sportliche Betätigung der jungen Menschen. Vor allem müsse man die Lehrlinge von der Politibk fernhalten. Die Finanzpolitik der letzten Jahre habe die Wirt⸗ chaft kaputtgesteuert. Die hohen Soziallasten trügen dazu bei,

8 Arbeitslosenheer zu erhöhen. Es sei höchste Zeit, daß einmal die Konkurrenz der öffentlichen Hand eingeschränkt werde und die öffentlichen Betriebe pon den Staatskommissaren daraufhin geprüft würden, wie sie wirtschafteten. Die Reichsverdingungs⸗ ordnung müsse besser beachtet werden, damit nicht solche Fälle sich wiederholten, wie beim Berliner Oberbürgermeister Böß, der, ehe er Aufträge vergeben habe, sich Gelder für wohltätige Zwecke habe bewilligen lassen, um dann als Wohltäter dazustehen. Das Staatsministerium sollte endlich dafür sorgen, daß gewerbliche Räume von der Hauszinssteuer befreit würden. Erst wenn die unerträglichen Lasten abgebaut würden, könne der Preis gesenkt werden. Die Kosten des Preisabbaus dürften nicht einseitig dem Arbeitnehmerstand und dem Mittelstand aufgebürdet werden. Es sei bedauerlich, wenn Reichsminister Schiele bei Schilderung der Notlage der Landwirtschaft den gesamten Einzelhandel als Wucherer hingestellt habe. Das Zentrum habe eine große Menge von Anträgen Sen des Mittelstandes im Ausschuß gestellt, dann aber geteilt abgestimmt. Es bewahrheite sich wieder das alte Sprichwort, das Zentrum ist wie ein Landschinken: außen schwarz, innen rot. (Heiterkeit und Beifall bei der Wirtschafts⸗ partei.) 8

Abg. Lehmann⸗Hirschberg (Soz.) führt aus, wer be⸗ hauptet, daß die Sozialdemokratie gegen die Sozialgesetze ge⸗ stimmt habe, kenne nicht das Bismarck⸗Wort, daß ohne Sozial⸗ demokratie keine Sozialgesetze gekommen wären. Beim Preis⸗ abbau sage man, es 1 einer gewissen Uebergangszeit; beim Lohnabbau nehme man aber keine solchen Rücksichten. Alle, die über die Erwerbslosenunterstützung schimpften, sollten selbst ein⸗ mal auf so kärgliche Ration gesetzt werden. Die Erwerbslosen wollten keine Unterstützung, sondern Arbeit. Nicht die Arbeiter⸗ schaft stehe gegen das Handwerk, sondern der Kapitalismus. Die Behauptung, der Marxismus oder die jetzige Staatsform tragen die Schuld für die Wirtschaftsnot, sei schon deshalb unsinnig, weil doch in Amerika ebenso große Wirtschaftsnot herrsche, die man wirklich nicht dem Marxismus zuschreiben könne. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) 1ö1“

Ein Regierungsvertreter weist hierauf die in der Debatte von verschiedenen Rednern aufgestellte Behauptung als falsch zurück, daß die staatlichen ““ sich bisher nicht an der Preissenkungsaktion beteiligt hätten. Er zählt mehrere Beispiele, vor allem aus westlichen Gebietsteilen, auf, wonach eine neuerliche Strompreissenkung in den Betrieben der Preußischen Elektrizitäts⸗Gesellschaft um 8 bis 10 vH eingetreten sei. Man erwäge darüber hinaus weitere Heal geoeh etwa in der Richtung, daß der über einen bestimmten Minimalbedarf er⸗ folgende Stromverbrauch besonders verbilligt werde, wobei man als Minimalbedarf einen Durchschnittsverbrauch aus der letzten Zeit annehmen wolle. G 8 3

Abg. Jaspert (D. Nat.) wendet sich zunächst gegen die Behauptungen des Abgeordneten Kuttner (Soz.) und des „Vor⸗ wärts“ und erklärt, daß er sich die Anschuldigungen in dem Buch „Gefesselte Justiz“ nie zu eigen gemacht habe. Die, Handlungs⸗ weise des Abgeordneten Kuttner und des „Vorwärts“ sei unfair. Mit der Erklärung des Ministers sei für ihn die EFgelehee erledigt; er habe nur dem Minister Gelegenheit geben wollen, sich zu äußern. Was den Haushalt der Porzellanmanufaktur angehe, so 5 die Entwicklunng der Maufaktur dur aus erfreu⸗ lich. Das sei auch bei den Erfolgen in den Ausstellungen zum Ausdruck gekommen. Notwendig sei, daß das Tempo bei der Erneuerung der Kunstrichtung eingeschränkt werde. Das Ziel sei, dahin zu kommen, daß sich die Manufaktur selbst erhält.

Abg. Lauer (Zentr.) behandelt die Frage des Ausbaues des hauswirtschaftlichen Unterrichts und fragt nach der Zahl der angestellten Handels⸗ und Gewerbelehrer. Besonders schwierig ei das der erwerbslosen Jugend. Wenn hier Pläne seir hasfüͤhre würden, so bürfe das nicht ohne Anhörung des Par⸗ laments geschehen. Beim zusätzlichen Unterricht dürfe man in den Anforderungen nicht zu weit gehen. Unserer Jugend fehlte heute nicht so sehr der Zwang, sondern eine dichtige Gemein⸗ chaftsarbeit. Zu den Erlassen über die Berufsschulpflicht, gegen be auch der Staatsrat Bedenken geäußert habe, müsse sich das Zentrum seine Stellung vorbehalten. Was die Frage der Ge⸗ werbelehrerinnen angehe, so sei hier eine etatsmäßige Stelle für eine Frau in leitender Position notwendig. Ein Unterschied zwischen Lehrerinnen der Berufsschule und der Bee solle nicht gemacht werden. Im Fachschulwesen müßten die Bedürf⸗ nisse des Westens mehr berücksichtigt werden. Trotz aller An⸗ erkennung der Arbeit des Ministeriums um den Ausbau des ge⸗ werblichen Schulwesens müsse das Zentrum doch sagen, daß

manche Wünsche, die seiner gerechten und demokratischen Ein⸗ stellung entsprächen, nicht erfüllt worden seien. Aög. Anny von Kulesza (D. Vp.) erklärt, daß die Antwort des Ministers auf die Große Anfrage der Deutschen Volkspartei nicht befriedigt habe. Man habe die Zahl der höheren Fachschulee von 7 auf 24 erhöht. Jetzt würden diese Fachschulen nicht mehr als vollwertig angesehen. Aus den Richtlinien ginge nicht bei⸗ eiten hervor, daß der Besuch der Fachschulen für die praktische Ausbildung nicht genüge. Die Studentinnen hätten dadurch viel Zeit und viel Geld eingebüßt. Ihre Ueberbürdung durch 60 Wochenstunden und die verschiedenen Ausbildungsstätten, die sie viele Stunden unterwegs festhielten, übersteige alle Grenzen. Der Zwang für die Berliner Studentinnen, die Fachausbildung nur in Potsdam zu absolvieren, sei ein weiteres unerträgliches Er⸗ schwernis. Ihre Parteifreunde hätten gegen den ganzen Aufbau der Schulen stärkste Bedenken. Sie würden sich die Kritik nicht verwehren lassen. Als sie im Hauptausschuß ihr Recht darauf betonten, erklärte der Ministerialdirektor: Wir könnten ja kritisieren, die Regierung brauche sich ja nicht danach zu richten. (Hört, hört! rechts.) Hoffentlich teile der Minister die Einstellung des Ministerialdirektors nicht. Sie vertrage sich mit E““ System keinesfalls. Auch aus den Kreisen der Regierungsparteien seien im Hauptausschuß schon die mitge⸗ teilten Zahlen angegriffen worden. mit der praktischen Aus⸗ bildung der Besucherinnen des berufspädagogischen Instituts könne man nicht einverstanden sein. Das Institut habe selbst keine Räume. So habe man in den 4 höheren Fachschulen diese angemietet und auch 4 seminaristische Lehrerinnen für das Institut bestellt. Das Ergebnis sei also: Der alte Unterrichtsmodus, die⸗ sicben Unterrichtsräume, dieselben Unterrichtsmittel. Nichts habe ich am Lehrgang durch die Eingliederung an das berufspäd⸗ eändert, lediglich höhere Gehälter würden ge⸗

agogische Institut n 1 t, hört! rechts.)

zahlt. (Lebhaftes