1931 / 53 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Mar 1931 18:00:01 GMT) scan diff

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Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 53 vom 4. März 1931. S. 2.

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eine starre Anwendung der gesetzlichen Vorschriften entstehen könnten. Den beteiligten ilreschaztstreisen⸗ ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Die Wirtschaftspartei hatte für das Brot⸗ gesetz eine neue Vorschrift beantragt, wona Brot im Sinne dieses Gesetzes nur Großbrot sein sollte. r Reichs⸗ haushaltsausschuß hat diesen Antrag erweitert, indem er daraus Großbrot über 200 Gramm machte. In dieser Form wird der Antrag angenommen. .

Ein Antrag der Kommunisten, die durch die Stützungsaktion aufgespeicherten 600 000 Tonnen Getreide unentgektlich an Erwerbslose, Sozialrentner und sonstige Bedürftige abzugeben und zur Verabreichung eines Frühstücks an alle Kinder der notleidenden Bevölkerungsschichten zu ver⸗ wenden, wird in namentlicher Abstimmung mit 318 gegen 66 Stimmen der Kommunisten abgelehnt.

Eine große Reihe von Anträgen ver chiedener Parteien wird an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Die Anträge beziehen sich auf Verpflichtung des Reiches, der Länder und Gemeinden, ihren Bedarf an Agrarprodukten im Inland zu decken, auf evtl. Senkung von Eingangs⸗ zöllen, auf Wiedereinführung der Einfuhrscheine für Rinder, Schweine und Schafe und Fleisch von diesen, auf aßnahmen für die Rentabilität der bäuerlichen Veredelungsproduktion, Vorbeugung der Schweineeinfuhr, Förderung der landwirt⸗ schaftlichen Selbsthilfe auf allen landwirtschaftlichen Gebieten, auf Pachtzinsstundungen für die Unterpächter und Klein⸗ pächter, auf Senkung der Preise für künstliche Düngemittel, auf Durchführung der geplanten Zuckerkontin entierung im Einvernehmen mit den landwirtschaftlichen pitzenorgani⸗ sationen, auf Ausdehnung der Beimischungspflicht von Spiritus zu Treibstoffen, unter Berücksichtigung der technischen Verhältnisse der Kraftwagenindustrie, auf Aenderung des Fleischbeschaugesetzes behufs Ausschluß einer Zweitunter⸗ suchung bei eingeführtem Fleisch.

Eine weitere Reihe von Anträgen, die sich mit der Be⸗ schäftigung ausländischer Arbeiter auf dem Lande, mit Maß⸗ nahmen gegen die vagabondierenden polnischen Wander⸗ arbeiter, mit der Einschränkung der eteseng polnischer Arbeiter und mit der Erhöhung des Getreidedeputats für Landarbeiter im Gefolge des Brotgesetzes beschäftigen, wird gleichfalls der Ausschußberatung überwiesen.

Das Haus geht über zur 2. Beratung des Initrativgesetzentwurfs der Sozialdemo⸗ sraten Dr. Breitscheid und . en. wonach das Gefrierfleischkontingent wieder zu elassen werden soll. Der Handelspolitische Ausschuß hat den Antrag in der Form angenommen: „Zur Versorgung der minder⸗ bemittelten Bevölkerung mit billigem Fleisch wird mit Rück⸗ wirkung vom 1. März 1931 an jährlich ein Kontingent von 50 000 Tonnen Gefrierfleisch zollfrei zur Einfuhr zugelassen.“ Der Ausschußbeschluß bestimmt ferner, daß die Durch⸗ führungsbestimmungen die Reichsregierung nach Anhörung eines Reichstagsausschusses zu erlassen hat und Sicherungen getroffen werden sollen, daß das Gefrierfleisch auf dem Wege vom Importeur zum Verbraucher nicht ungerechtfertigt ver⸗ teuert wird. Endlich sollen bei dem Transport von Gefrier⸗ fleisch nach Deutschland deutsche Schiffe den Vorzug erhalten.

Die Volkskonservativen Graf Westarp und Gen. beantragen, die Zulassung des zollfreien Gefrier⸗ leisches erst vom 1. Juli dieses Jahres ab eintreten zu assen.

Dem Haushaltsausschuß lagen Anträge von den Deutschnationalen und den National 4 4 listen sowie dem Christlichsozialen olks⸗ dienst wegen Verbilligung des Frsschfteich e⸗ für die minderbemittelte Bevölkerung vor. Der Haushaltsausschuß beantragt in einer Entschliezung, daß der Preis des ver⸗ billigten im allgemeinen nicht höher sein darf als der bisherige Preis des zollfreien Gefrierfleisches und daß der Kreis der Bezieher von verbilligtem Frischfleisch die Sozial⸗ und Kleinrentner sowie die Fürsorgeberechtigten um⸗ fassen soll.

Die Kommunisten Stoecker und Gen. endlich beantragen in einer Entschließung, daß mit sofortiger Wir⸗ kung die zollfreie Einfuhr eines Ge ierfleischkontingents von mindestens 120 000 Tonnen im Jahre wieder zugelassen werde.

Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Schiele: Meine Damen und Herren! Niemand in diesem Hohen Hause, der die Linie meiner Politik verfolgt hat, wird es mir verdenken, wenn ich mit aller Grundsätzlichkeit gegen den hier eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Einfuhr von Ge⸗ frierfleisch Stellung nehme. (Abgeordneter Torgler: Was heißt Grundsätzlichkeit, wenn die Arbeiter hungern!) Weder vom Standpunkt der Versorgungslage, noch vom Standpunkt der Preis⸗ entwicklung, vom Standpunkt der Produktion, vom landwirtschaft⸗ lichen Standpunkt und schließlich auch vom sozialpolitischen Stand⸗ punkt gesehen ist diese Vorlage nach meinem Empfinden zu recht⸗ fertigen. (Sehr richtig! rechts. Widerspruch bei den Kommu⸗

nisten.) Betrachten wir doch einmal die Entwicklung der Fleisch⸗

versorgung. Die Fleischproduktion ist größer als vor dem Krieg. (Hört, hört! rechts.) Der Bestand an Rindern hat den Vor⸗ kriegsstand erreicht; die Zahl der Kühe und Schweine hat ihn sogar beträchtlich überschritten. (Lebhafte Rufe rechts: Hört, hört!) Der Fleischanfall aus gewerblichen Schlachtungen betrug im Jahre 1930 2 800 000 Tonnen, im Jahre 1929 2 790 000 Tonnen und im Jahre 1930 2 710 000 Tonnen. Er ist also gegenwärtig höher als vor dem Krieg. (Sehr wahr! rechts.) Der Konsum hat sich auf der bisherigen Höhe gehalten, und zwar auf rund 52 Kilo⸗ gramm pro Kopf der Bevölkerung. (Zuruf von den Kommunisten: Wer kann sich denn Fleisch kaufen?)

Die Preise aber sind unter der Entwicklung, die ich nur an⸗ gedeutet habe, ständig zurückgegangen. (Sehr richtig! rechts.) Für Kühe beträgt der Preis heute 36 Reichsmark pro Zentner, während er im Januar 1930 40 Reichsmark und vor dem Kriege 46 Reichs⸗ mark betrug. (Hört, hört! rechts.) Für Schweine hatten wir im Januar 1930 einen Preis von 83 Reichsmark für den Zentner; im Januar 1931 war der Preis 57 Reichsmark, und gegenwärtig ist er nur etwa 50 bis 52 Reichsmark. (Lebhafte Rufe rechts: Hört, hört! Zuruf von den Kommunisten: Das ist eine erfreu⸗ liche Preisentwicklung!)

Während die Wiedereinführung eines zollfreien Gefrierfleisch⸗

kontingents vom Standpunkt der Versorgungslage nicht zu recht⸗ Meine Herren, mit solchen unzusammenhängenden Momenten und

fertigen ist (Widerspruch bei den Kommunisten), bedeutet sie für

die Landwirtschaft und namentlich für die bäuerliche Viehwirt⸗ schaft einen schweren Schlag. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Endlich find wir im letzten Jahr so weit gekommen, daß wir sagen können: die Getreidewirtschaft wird leidlich in Ordnung kommen, sie entwickelt sich in einer Richtung, von der wir an⸗ nehmen können, daß die kommende Kampagne gesund vorbereitet wird. Aber die gesamte Tendenz der Agrarpolitik dieser Reichs⸗ regierung geht ja das wird immer verkannt (Zuruf von den Kommunisten: Auf Aushungern des Volkes!) nicht nach der Richtung der Kartoffel⸗ und Getreidewirtschaft schlechthin, sondern sie ist gerade durch das Gesetz zum Schutze der Landwirtschaft vom April des verflossenen Jahres in der Richtung einer Pflege der Beredlungswirtschaft begonnen worden. (Sehr richtig! rechts.) Die Reichsregierung ist davon ausgegangen, daß die Veredlungs⸗ wirtschaft auf den freien Markt Produkte im Werte von 6 Mil⸗ liarden Reichsmark bringt und daß die Getreidewirtschaft und die Kartoffelwirtschaft zusammen nur Produkte im Werte von 2 Milliarden Reichsmark auf den Markt bringen. Das ist also stets der Ausgangspunkt der gesamten Politik gewesen, um dem Gros der deutschen Landwirtschaft und im wesentlichen dem Bauerntum zu Hilfe zu kommen. Zu diesem Zwecke haben wir auch Verhandlungen mit anderen Ländern eingeleitet. Es ist Ihnen bekannt, daß wir den schwedischen Handelsvertrag nach der Richtung einer besonderen Pflege der bäuerlichen Landwirt⸗ schaft hin korrigiert haben. Es ist Ihnen bekannt, daß die Ver⸗ handlungen mit Finnland zu einem guten Ende geführt worden sind und nun den Ausgangspunkt bilden für eine Entwicklung auf dem Gebiete der Rindviehwirtschaft.

Wenn Sie den vorliegenden Antrag annehmen, so leiten Sie damit wieder die entgegengesetzte Politik ein (lebhafte Zustim⸗ mung rechts), und zwar aus Motiven, die keiner verantworten kann. (Sehr gut! rechts.) Ich weiß sehr wohl, daß man bereit sein kann, sozialpolitische Motive für diese Frage ins Feld zu führen, und würdige diese sozialpolitischen Motive schlechthin. Aber sie sind einseitig gesehen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Sehr richtig! rechts.) Es gibt in der Landwirtschaft heute Kreise, die, wie Professor Münzinger nachgewiesen hat, auch der Sozialpolitik ganz besonders bedürftig sind (Abgeordneter Moericke: Die kaufen sich auch gern ein Stück billiges Fleisch!), die nach sozialer Richtung hin einer besonderen Pflege bedürfen. Wenn wir hier die Not der Minderbemittelten besonders berück⸗ sichtigen wollen und das war ja der Sinn dieser sozialpoli⸗ tischen Aufgabe der Hingabe des Gefrierfleischkontingents —, wenn wir diese Sachlage berücksichtigen und nicht eine Politik treiben wollen, durch die wir einem Stande unserer Bevölkerung etwas geben, dem anderen aber wieder etwas nehmen wollen (Zuruf von den Kommunisten: Das tun Sie doch!), dann bleibt nichts anderes übrig, als dem Gedankengang der Reichsregierung zu folgen, daß diejenigen, die wirklich als Minderbemittelte in denjenigen Kreisen, in denen das Kontingent bisher verabfolgt worden ist, sitzen, auch entsprechend entschädigt werden, daß man unter Wahrung der Rechte der wirklich Minderbemittelten diesen einen gewissen Bonus zuteil werden läßt, damit sie damit Frisch⸗ fleisch verbilligt kaufen können. Das ist und bleibt der wirklich klare Sinn einer sozialpolitischen Aufgabe, deren sich die Reichs⸗ regierung bereits angenommen hat, und ich bedaure aufs leb⸗ hafteste, daß dieser Antrag im Volkswirtschaftlichen Ausschuß und vor allen Dingen im Haushaltsausschuß bisher abgelehnt worden ist. (Sehr wahr! rechts.)

Ich muß mich aber noch aus einem anderen Grunde gegen den zur Debatte stehenden Antrag wenden. Würde dieser Antrag Gesetz, so würden wir auch gesamtwirtschaftlich betrachtet von dem klaren Wege abweichen, den die Reichsregierung in voller Einmütigkeit und systematisch zu beschreiten begonnen hat und den sie fortzusetzen gewillt ist. (Sehr gut! rechts.) Erst vor wenigen Tagen hat der Herr Reichsbankpräsident Dr. Luther in seiner Rede in Leipzig diese Politik dahin zusammengefaßt, daß wir aus Gründen unserer Zahlungsbilanz, das heißt also auch aus reparationspolitischen Gründen gezwungen sind, Maß⸗ regeln zur Herabsetzung unserer Einfuhr zu ergreifen. Die ge⸗ samte Politik der Reichsregierung das hat auch der Herr Reichskanzler mehrfach betont geht davon aus, daß man alle Produktionsmöglichkeiten im eigenen Lande ausschöpfen und ent⸗ sprechend an Einfuhr sparen soll, und geht darauf hinaus, daß das auch die Grundlage einer gesunden Außenpolitik ist. Wenn wir hier auf agrarpolitischem Gebiete einmal dafür gesorgt haben, daß wir im eigenen Lande die Fleischproduktion so weit fördern, daß wir in der Lage sind, unser eigenes Volk ganz selbständig zu ernähren, und wenn wir darüber hinaus, um die Preise nicht noch weiter absinken zu lassen, große Mengen von Rindern und Schweinen mit Hilfe der Einfuhrscheine exportiert haben, so sehe ich in diesen Tatsachen wahrhaftig keinen Grund dafür, heute die Gefrierfleischeinfuhr wieder zu gestatten. (Zuruf von den Kom⸗ munisten: Warum geben Sie kein billiges Frischfleisch?)

Ich komme also nach Abwägung all der genannten Momente zu dem Gesamturteil, daß die Annahme des vorliegenden An⸗ trages für die Reichsregierung eine Unmöglichkeit darstellt. (Zustimmung rechts. Abg. Hoernle: Was ist mit Ihren Ver⸗ sprechungen vom 14. April?)

Ich frage auch diejenigen, die im April vorigen Jahres der Aufhebung des Gefrierfleischkontingents zugestimmt haben, warum sie nunmehr glauben, seine Wiedereinführung ohne Vorliegen triftiger Gründe verantworten zu können. (Zuruf von den Kom⸗ munisten: Millionen Erwerbslose!) Ist etwa das der Grund, daß inzwischen die Preise für Rinder um 10 Mark und die für Schweine um 15 Mark den Zentner gefallen sind und daß in⸗ zwischen eine Ueberproduktion auf der ganzen Linie vorhanden ist? (Zuruf von den Kommunisten: Nein, aber die 5 Millionen Er⸗ werslosen!) Ist diese Politik zu verantworten? Ich frage: Ist eine derartige Politik schließlich vereinbar mit der (Abgeord⸗ neter Moericke: Sie haben die Leute damals betrogen! Glocke) Ich sage dies besonders im Hinblick darauf, daß ein etwa wieder vollständiger Reichstag zweifellos den heutigen Beschluß wieder umwerfen wird. Soll denn das Ganze ein Experiment sein, das in wenigen Wochen wieder nach der entgegengesetzten Seite korrigiert wird? Wer soll sich denn darauf einstellen von

der Konsumentenseite her, von der Seite der Schiffahrt, von der

Seite der Landwirtschaft und von der Seite der Regierung her.

so wenig sorgfältig aufgebaut, kommen wir unter keinen U ständen zum Ziel. Ich bitte Sie daher, den Gesetzentwurf Sozialdemokratie abzulehnen. (Beifall bei der Deutschen Lau volkpartei.) Abg. Hepp (Landvoll) dankt dem Minister für seine man fte Ablehnung des so 57 Antrags und betont, d eine Freunde beese hrmag gleichfalls ablehnten. Er beda die äußerste Rechte bei der Behandlung der agrarpoliti Anträge völlig versage. xo habe man auch bald die Erwerbslosigkeit im Bar tand. Nur eine lebensfähige produktive Seeeieaft. so bet Redner, vor allem ein gesunder Bauernstand, ist die Vor sepungz für die Gesundung der deutschen Wirtschaft. Wir set keine anlassung, aus unsachlichen, aus politischen Gründen j plötzlich das frierfleischkonkingent wieder herzustellen. Me Herren von der Staatspartei, so wie Sie es tun, kann man ke Bauernpolitik treiben. Auch die * vom Zentrum möcht dringend bitten, sich doch heute ihrer agrarischen Bindunger entsinnen und sich mit uns zur Ablehnung dieses sozialdem kratischen Antrags zu bekennen. Die Preiszahlen von heute Rinder und Schweine liegen unter den Zahlen d Jahres 1913, obwohl der Fleisch hen esser ist als damals. den Rindern 148 eine Preisdifferenz von 30 bis 40 vH geg über 1913 vorhanden. Das Gefrierfleisch wird auf etwa ein halb Dutzend Mösserer Märkte kommen und sich dort zweifellos à Konkurrenz für das Frischfleisch sehr bemerkbar machen. Unt ugrundelegung des Großhandelsindex wird man für 1930 all i Kühen zu einem Verlust von 280 Millionen kommen. 2 Redner weist dann weiter auf die ungeheuer großen Verluste der Milchwirtschaft, in der Käserei und in der Geflügelwirtsch hin. Die Konkurrenz des ausländischen 5] wird s nicht etwa lediglich auf die deutsche Rindviehzucht und Schwein haltung auswirken. Die Prognose für die Schweinefleischprei entwicklung kann nur als außerordentlich ungünstig bezeichn werden. Unter der besonderen Konkurrenz des ausländischen G frierfleisches werden sich die Schweinefleischpreise ganz zwang läufig nach unten entwickeln. eerade von den östlichen Ran aaten . uns in dieser Beziehung schwere Gefahren. 2 rankfurter Markt z. B. hat gerade in den letzten Monaten um der Einfuhr litauischer Schweine sehr zu leiden. Dadurch e stehen der Landwirtschaft ganz ungeheure Verluste. Den polnisch Handelsvertrag, dessen baldiger Abschluß von manchen Seit angestrebt wird, werden wir mit allen Mitteln bekämpfen ihn ablehnen. Die durch diesen Vertrag besonders von eeiten d olnischen Schweines der deutschen Landwirtschaft drohende G. fohr würde durch die Gefrierf nur noch verschä werden. Das Jahr 1931 wird hier voraussichtlich mit eins Verlust von 220 bis 225 Millionen abschneiden. Der Gesam verlust der Landwirtschaft 2 das Jahr 1931 dürfte die Sum von einer Milliarde Mark erreichen, ohne daß damit sämtlik Landwirschesat⸗ e Produkte berücksichtigt werden. Wir erkenn die ernsthafte Absicht der Reichsregierung an, durch das Agrs baesbeee der Landwirtschaft zu Felsen⸗ unter der Voraussetzun die Möglichkeiten, die in die Hand der Reichsregierung gel⸗ werden, vor allem im Sinne einer Besserung der Erv an genutzt und die bäuerliche Veredelungswirtschaft in Angriff g nommen wird. Diejenigen Kreise, die dem Antrag wegen Gefrierfleischkontingents etwa zustimmen, beschwören eine u. geheuer Froße vesh herauf. So können wir keine Agrarpoli treiben, wenn auf der einen Seite der ernsthafte Versuch untt nommen wird, der 8B1“ zu helfen, auf der anden Seite aber ihr das dringend Notwendige entzogen wird, was braucht, um sich gegen ausländische Konkurrenz zu erhalten. e. der So Fahemeranch. Partei kommt lediglich gru kapita Fseifen uslandskreisen zugute. Sie unterstützen die ochkapita Uischen Unternehmungen des Auslandes, wenn sie n hhrem Antrag dazu beitragen

der Einfuhr ausländischen Gefrie v. nach Deutschland die Wege zu ebnen. (Zuruf der Sozik emokraten: Das ist falsche Beweisführung!) Wir müssen 1 aller Entschiedenheit gegen den Antrag ankämpfen, und wir werd auch weiter versuchen, deutschen Landwirtschaft zu helfen. Abg. Gera Vp.): Der sozialdemokratische A. trag ist geeignet, die Grundlagen der Landwirtschaft ün zerstöre Besonders Süddeutschland leidet unter der eigenen Ueberprod tion auf dem Viehmarkt. Der Antrag der Sozialdemokraten! draußen deshalb große Erregung hervorgerufen. f leicchein uhr hat früher eine gewisse Berechtigung gehabt. Hes ist dies nicht mehr vorhanden. an kann nicht einerseits Hebung und Förderung des Bauernstandes fordern, andersch aber die Existenzgrundlagen dieses Standes wieder erschüttern.]

Abg. Hoernle (Komm.) wendet sich gegen die vom Minif gegen die Einfuhr vorgebrachten gesundheitlichen Gründe. England lebe die Mehrheit der Bevölkerung von eingeführt Mfisch ohne daß jemals eine Seuche ausgebrochen sei.

inister sollte lieber einmal untersuchen, warum 37 vH Schlachtkühe auf dem Berliner Markt tuberkulös sind. Die hauptete Ueberproduktion⸗ 85 in Wahrheit nur eine Folge des 1 geheuren Hungerelends. Der sozia demokratische Antrag sei ei reichlich scheinheilige Angelegenheit, denn die Sozialdemocr habe dem Brotraubminister Schiele das Vertrau ausgesprochen. Den Erwerbslosen komme es gar nicht darauf! Gefrierfleisch aus Argentinien zu essen, sie 5 einverstanden, wenn das Frischfleisch entsprechend verbilligt wer wie es der Haushaltsausschuß mit Zustimmung der Sozialdern kraten beschlossen habe. Daß dieser Antrag 100 Millionen ko könne kein Grund zur Ablehnung sein, solange man 800 Million für Heer und Marine habe.

Abg. Schneidewind (Wirtsch. P.) stimmt den Aus⸗ rungen des Ministers zu. Im letzten Jahr seien durch die E kuhrscheine 36 000 Rinder aus⸗ c8 rt worden und trotzdem hätt wir noch einen großen Neber gehabt. Es kann nicht stritten werden, daß die Fleischpreise beim Preissturz am meitt gesunken sind. (Widerspruch links.) Sie können bei uns Rheinland bestes Ochsenfett für 30 Pfennig das Pfund in e Menge haben. In Kaiserslautern wurde nämlich eine erstklaf Wurst für 20 Pfennig das Pfund verkauft. (Hört, hört!) ³ der riesigen Ueberproduktion in Deutschland ist das Gefrierflei kontingent nicht tragbar. Wie lehnen den sozialdemokratisch Antrag ab. 1

Abg. Meyer zu Belm (D. Vp.): Die Bauernnot ist! leeres Geschwätz, wie hier behauptet worden ist. Wenn das Gefr⸗ fleisch wieder eingeführt wird, nuß der kleine Bauer sein let Schwein verkaufen. Ob die Rechte hier ist oder nicht, davon laf wir uns in keiner Weise beeinflussen. Wir stimmen geschlo gegen den Antrag der Sozialdemokraten.

Abg. Meyer⸗Hannover (D.⸗Hannov. P.): Gerade der kle Besitz h es, der durch die Gefrierfleischeinfuhr geschädigt vm denn an der Schweinezucht ist in erster Linie der kleine Lande beteiligt. Wo soll dann noch die Rentabilität der Schweines herkommen? Man kann es nicht verstehen, daß der Verdienst ausländischen Farmern zugewiesen werden soll. Der Antrag! abgelehnt werden im Nesrese des deutschen Bauernstandes.

Abg. Dr. Fehr⸗München (D. Bauernp.): Wenn die a. meine Auffassung, daß unsere Agrarpolitik vor allem die klei Bauern schützen soll, nicht auf dem Hapier stehen bleiben kann man bei dem Ueberschuß an Vieh und Fleisch im Inlz⸗ nicht noch Fleisch einführen. Eine noch weitergehende Fleisch billigung, als schon jetzt besteht, würde die Not des Bauernsta⸗ aufs Höchste Dann müsse der Bauer sein Letztes kaufen, um nur Barmittel zu bekommen. Wir müssen mindeß die jetzigen Preise halten. Es handelt sich nicht nur um Bagatelle, wenn 50 000 Tonnen Fleisch eingeführt werden, wir selbst Ueberschuß haben. Ein psycholog isches Moment! nicht 82 acht gelaffen werden, daß die Gefrierfleischeinfuhr den Bieh⸗ und Pleischmärkten mit sinkender Preistendenz

Treibe man diese Agrarpolitik weitgge

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Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 33 vom 4. März 1931.

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ür andere Produkte sich auswirken wird. Gewiß sind wir auch fürar. daß die Ilebih nüenten mit billigem Fleisch versorgt werden, aber dazu gibt es andere Mittel als die Gefrierfleit

einfuhr. Unsere Reparationspolitik erfordert es, daß wir Devisen sparen. Wenn das Gesetz heute angenommen würde, könnte es bei der Rückkehr der ien bald wieder aufgehoben werden.

Wir haben aber aus politischen Gründen keine Veranlassung, diesen Herren den Schutz der Landwirtschaft so billig zu machen.

Bergmann (Soz.): Der armen Bevölkerung kann nicht soviel Frischfleisch zugeführt werden, daß sie davon satt werden kann. Für das Gefrierfleisch ist kein Ersatz gegeben. Das In⸗ stitut für Konjunkturforschung hat nachgewiesen, daß zur Zeit der

Gefrierfleischeinfuhr der Rinderpreis höher war als jetzt, wo wir keine Gefrierfleischeinfuhr haben. Die veterinärpolizeilichen Ein⸗ wendungen gegen die Einfuhr sind nur Borwand, um für die Landwirtschaft etwas herausholen zu können. Oder ist auch schon ein einziger Fall von Erkrankungen, Fleischvergiftung oder der⸗ gleichen durch eingeführtes Gefrierfleisch vorgelkommen? Die Konsumgenossenschaften sind bei der Verteilung des Gefrier⸗ fleischkontingents keineswegs bevorzugt worden, im Gegenteil, auf die Genossenschaften entfielen fünfzehn Prozent, auf das freie Gewerbe 85 Prozent des Kontingents. Die Genossenschaften haben an dem Gefrierfleisch keine besonderen Gewinne gemacht, die Ueberschüsse daraus können die Herren Fleischermeister geschenkt bekommen. Die Verbilligung des Fleisches für die minder⸗ bemittelte Bevölkerung durch die Gefrierfleischeinfuhr hat sich auf 35 Prozent belaufen. Billiges Fleisch brauchen wir. Daß die Sozialdemokraten den Antrag nicht aus sachlichen Gründen ge⸗ stellt hätten, iit eine bedauerliche Unterstellung. Herrn Schneide⸗ wind frage ich, wo es denn ein Pfund Wurst für 20 Pfennig gibt. Herr Schneidewind gibt keine Auskunft, er hat also etwas behauptet, wofür er keine Unterlagen hat. Es wäre ganz gut, wenn unser Kölner Parteiorgan ankündigen könnte, daß es bei Herrn Fleischermeister Schneidewind ein Pfund Wurst für 20 Pfennig gibt. (Heiterkeit.) Ueber den Vorschlag, den Er⸗ werbslosen Nahrungsmittel in natura zu geben, weil dann der Landwirt seine Bokräte an Kartoffeln usw. loswerden würde, muß ich mich wundern, denn was macht der Erwerbslose mit seinen npaar Mark? Er kauft ja schon dafür Kartoffeln, Marga⸗ rine und andere Nahrungsmittel. Wenn das Kontingent von 50 000 Tonnen niedrig erscheint, so würden wir nichts dagegen haben, wenn die Herren eine Erhöhung beantragen würden. Die Landwirtschaft wird durch die Einfuhr des Gefrierfleisches jeden⸗ falls nicht geschädigt.

Abg. Freybe (Wirtsch. P.): Seit August vorigen Jahres sind nach der Reichsforschungsstelle die Ladenpreise für Fleisch um 18,6 Pfg. gefallen. Die Konsumvereine sind bevorzugt worden, denn bei Herabsetzung des Gefrierfleischkontingents haben sie ihren Anteil behalten. Wir wollen doch einmal ehrlich sein! (Stürmische Heiterkeit und Beifall links.) Nicht nur sondern jeder Ministerialrat kann sich Gefrierfleisch besorgen. Wir wollen einmal ehrlich sein. (Erneute stürmische Heiterkeit.) Man kann der Landwirtschaft nicht zumuten, ihre Produktion umzustellen, wenn sie damit rechnen muß, daß die Voraussetzungen bald wieder beseitigt werden. Sie (zu den Sozialdemokraten) wollen das Kon⸗ tingent nur deshalb wieder einführen, weil Ihre Konsumvereine daran verdienen. Wir lehnen das ab, weil wir der Landwirtschaft eine Umstellungsfrist geben wollen.

Abg. Schneidewind (Wirtsch. P.) wird von den Kommu⸗ nisten mit dem Ruf empfangen „Schneidewindsche Zungenwurst“. (Heiterkeit) Der Redner erklärt: Bitte, Herr Bergmann, machen Sie nur Reklame für uns in Köln. Bei uns bekommen Sie schon Fett, Fleisch und Wurstwaren von 30 Pfennig das Pfund an. (Unruhe links.) Und eine Firma in Kaiserslautern verkauft jede Woche 200 Zentner Blutwurst für 20 Pfennig. (Erneute große Unruhe links.)

Damit schließt die Aussprache.

Der volkskonservative Antrag, Gefrierfleisch erst wieder vom 1. Juli an zollfrei hereinzulassen, wird von einer Mehr⸗ heit aus Sozialdemokraten und Kommunisten abgelehnt.

Abgelehnt wird in namentlicher Abstimmung auch der kommunistische Antrag, ein zollfreies Gefrierfleischkontingent von 120 000 t zuzulassen, und zwar mit 316 gegen 68. Stimmen.

Artikel I der Vorlage des Handelspolitischen Ausschusses will vom 1. März an ein zollfreies Gefrierfleisch⸗ ontingent von 50 000 t zulassen. Er wird durch Aus⸗ zählung mit 218 gegen 152 Stimmen der bürgerlichen Par⸗ eien angenommen. Von derselben aus Sozialdemokraten, Kommunisten und Staatspartei und einigen Zentrums⸗ abgeordneten bestehenden Mehrheit wird auch der Rest des Gesetzes in 2. und 3. Lesung angenommen.

Abgelehnt wird nur die vom Ausschuß vorgeschlagene Bestimmung, wonach deutsche Schiffe bei der Einfuhr von Gefrierfleisch bevorzugt werden sollen.

In der namentlichen Schlußabstimmung wird das Ge⸗ etz mit 233 gegen 149 Stimmen bei 4 Enthaltungen an⸗ genommen.

Die Entschließung des Haushaltsausschusses, allen Er⸗ verbslosen, Sozial⸗ und Kleinrentnern Frischfleisch nicht eurer zu verkaufen als früher das zollfreie Gefrierfleisch, wird it 305 gegen 68 Stimmen der Kommunisten abgelehnt.

Um 7 ½ Uhr vertagt das Haus die Weiterberatung des innenetats auf Mittwoch 3 Uhr.

Preußischer Landtag. 8 210. Sitzung vom 3. März Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger*.

8 Zu Beginn der heutigen Sitzung macht Präsident Bartels die Mitteilung, daß für den ausgeschiedenen Abg. Dr. Deerberg (D. Nat.) der Landwirt Leurs in das Parlament eingetreten ist.

Das Haus setzt dann die allgemeine Aussprache zur 8. Lesung des Justizetats fort.

Abg. Dr. Kriege (D. Vp.) meint, die Einzelfälle partei⸗ politischer Justizhandhabung, 82 hier -n; worden seien, wären, wenn sie mercfen, gewiß nicht zu billigen, änderten aber trotzdem nicht die Tatsache, daß die Justiz im ganzen gut sei. Nur müsse man eine schärfere s ae. der Angriffe auf die persönliche Ehre verlangen. Der Redner erörtert dann die uristische Studiensorm und wendet sich gegen die Absicht des Kultusministers, das juristische Studium zu verlängern. Völker⸗ recht und internationales Strafrecht sollten zwar einen etwas Preiteren Raum im Studium einnehmen, das bedinge aber keine verlängerung des Studiums, durch die nur den Söhnen der inderbemittelten der Zugang zum juristischen Studium weiter rschwert werde. Für das Referendarexamen empfehle er die süd⸗ deutsche Praxis, bei der rechtzeitig die weniger Begabten aus⸗ heschieden würden, so daß sie noch die Möglichkeit hätten, sich einem anderen Berufe zuzuwenden. Im Hinblick auf die politische Ein⸗ steellung der Regierung würden aber der Einführung des numerus lausus sehr ernste Bedenken entgegenstehen. Der deutsch⸗volks⸗ parteiliche Antrag, die Altersgrenze der Richter von 65 auf

1 *) Mit Ausnahme der e nee hervorgehobenen Reden r Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind

68 Jahre heraufzusetzen, sei diesmal im Hauptausschuß ange⸗ nommen worden. Auch das Plenum müsse ihm zustimmen, weil man die ,— der alten Richter nicht entbehren könne und weil es auch unrichtig sei, daß dadurch eine dreijährige Beförde⸗ 2 erre eintrete, zumal die Jahrgänge zwischen 65 und 68 ren erheblich beh Abgänge aufzuweisen hätten. Es würde mit der Heraufsetzung des richterlichen Dienstalters eine besondere Härte beseitigt, die nur noch für Richter bestehe. Wider⸗ müsse er der Bemerkun des Abg. Heilmann (Soz.) im

usschuß, daß auch die vranenhasten Taten eines Kürten die Regierung nicht wankend machen dürften in ihrer Praxis der Hicshensegicuns von Todesurteilen. Gerade die vielen Lust⸗ und 2 tigen Morde der letzten Zeit zeigten, da wir noch nicht ohne

odesstrafe auskommen könnten. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.)

Abg. Dr. Ponfick (D. Landvolk) betont, für ihn stehe fest, daß heute weite Kreise des Volkes glaubten, die Justiz stehe unter starkem Druck der Regierung. Er persönlich glaube, daß diese Volksmeinung hinsichtlich des Justizministeriums falsch sei. Der Glaube an eine freie Justiz sei aber im Volk erschüttert worden die fortgesetzten Uebergriffe, z. B. der inneren Verwaltung, durch Rechts⸗ und Verfassungsbrüche seitens der inneren Ver⸗ waltung, die etwa gegenüber der Gesinnungsfreiheit der Beamten vorkommen. (Präsident Bartels erteilt dem Redner einen Ord⸗ nungsruf.) Im übrigen gehe das Mißtrauen der Bevölkerung gegen die Junstis wohl im wesentlichen auf Ungeschicklichkeit der Richter oder Mangel an Takt zurück. Er könge es nicht verstehen, daß ein Buch wie die „Gefesselte Justiz“ mehrere Auflagen erleben könne, daß der Staatsanwalt, der sonst so rasch bei der Hand sei, Strafantrag stelle. Im alten Preußen, das nie den 828 bn er⸗ hoben habe, ein demokratischer Freiheitsstaat zu 22 lehnte man mit gewissem Fatalismus die Behauptung einer Klassenjustiz ab. Die

arteipolitische Durchsetzung des heutigen Staates erwecke die Be⸗ ürchtung ständig wachsender Klassenbefangenheit der Richter. s werde großen Taktgefühls der Richter bedürfen trotz alledem die erforderliche innere Freiheit zu bewahren. Die Vorwürfe über Kabinettsjustiz, die sich gegen den absolutistischen Staat mit Recht gerichtet —2 heute zwar geringer geworden; aber es sei doch ein großer Unfug, daß man noch heute im parteipolitischen Staat junge Assessoren, die 8. nicht 8 seien, in Straf⸗ prozessen tätig sein lasse. Diese jungen enschen, die doch be⸗ fördert werden wollten, würden sich vielleicht, bewußt oder unbe⸗ nuß 2,⸗ꝙ von der Auffassung leiten lassen, daß sie keinen Anstoß bei der Regierung erregen dürften. Hier liege auch heute noch die Gefahr der Kabinettsjustiz, ebenso auch bei den übrigen Richtern, die gern befördert werden wollten. Die Justizverwaltung müsse alles tun, um den Glauben zu zerstören, als ob die Art eines Urteils für die Beförderung des Richters maßgebend sei. Bisher sei dieser Glaube nicht restlos zerstört. Die Justiz müsse aber turmhoch über der Verwaltung stehen. Der Redner tritt noch ein 7 Beibehaltung der Todesstrafe. Das Gerede über die Fehlurteile halte er für senümentalen Quatsch. Es sei klar, daß der Richter, der ja auch ein Mensch sei, einmal ein Fehlurteil ällen könne. Aber wichtiger als das icksal des Einzelnen sei, das Rechtsempfinden des Volkes gestärkt werde. Nur aus eigheit vor der 1e Meinung wage man heute in vielen ällen nicht, das richtige Urteil zu fällen. Gegen diese „Kabinetts⸗ justiz“ der Straße wende er sich, zumal sie auch zur Verwahrlosung der Prozeßführung führe. Besonders müßten die Laienrichter mehr geschützt werden vor dem Druck der Straße, Presse und Parlamente. Nicht zu dulden sei das jetzige Vorgehen, daß Laien⸗ richter zum Teil na parteipolitischen Gesichtspunkten ausgewählt würden, die dann bewußt parteipolitisch urteilten. (Lebhafte Zu⸗ stimmung rechts.) Der Redner protestiert noch gegen die Auf⸗ hebung kleiner Amtsgerichte und wünscht größere Zuständigkeit der Amtsgerichte vor allem im Interesse des platten Landes und seiner Anwaltschaft. (Beifall rechts.)

Abg. Haa e⸗Liegnitz (Wirtsch. P.) erörtert besonders das Thema Wirtschaft und Justiz. Die Auswirkungen des Hypotheken⸗ e ehe würden die Gerichte vor besonders 8. Aufgaben stellen. Er hoffe, daß sich die Aufwertungsgerichte dessen bewußt seien, daß derjenige, der etwa um gahlungsaufschub bitte, gewöhnlich der Schwächere sein werde gegenüber den Geld⸗ gebern. Vielleicht könne der Minister in entsprechendem Sinne mit den Landgerichtspräsidenten Fühlung nehmen. Notwendig sei dabei eine gleichmäßige Rechtsprechung unter Würdigung der Not des Grund gjibes. damit es nicht zu erheblichen Zwangsvoll⸗ streckungen mme. Vielleicht könnte der Richter ermächtigt werden, die Zwangsvollstreckung etwas hinauszuschieben, wenn andererseits die Gefahr bestehe, daß durch die zwangsweise Bei⸗ treibung der ersten Hypothek die g vee n . Geld⸗ eeber der zweiten und späteren Hypotheken um ihr Geld kommen.

der Redner verlangt weiter die freie Wahl der erichtsvollzieher und lehnt die Beseitigung der kleinen Amtsgerichte besonders für den dünn bevölkerten Osten ab. Die nur geringen der Verwaltung durch solche Zusammenlegungen eien volkswirt⸗ schaftlich verfehlt, weil die Bürger dann erheblich mehr Ausgaben für die Rechtspfle je leisten müßten. Weiter müsse der Minister eine sorgsamere Nachprüfung bei der Gewährung des Armen⸗ rechts anordnen, nachdem die Ausgaben für Armenanwälte bereits über 20 Millionen erreicht hätten. Gegenüber Angriffen des Abg. Grebe (Zentr.) betont der Redner, da die Wirtschaftspartei sich in der Beiahung des Berufsbeamtentums von niemandem übertreffen lasse, anders als Minister ] der doch dem Zentrum angehöre. (Sehr wahr! und ifall bei der Wirt⸗ schaftspartei.)

Justizminister Dr. Schmidt: Meine Damen und Herren! Ich bin aufrichtig dankbar für alle Anregungen, die die Reden des vergangenen Freitag und des heutigen Tages gebracht haben. Ich glaube, ich handle in Ihrem Einverständnis, wenn ich nicht mehr auf alle Einzelheiten eingehe. Das würde zu viel Zeit er⸗ fordern. Wir sitzen immerhin fast vier Tage in den Verhand⸗ lungen des Plenums. Sie können sich aber versichert halten, daß alle hier vorgebrachten Anregungen und Kritiken unsere ernst⸗ hafteste Beachtung finden werden. Da ich annehmen muß, daß die weiteren Redner sich zum großen Teil mit dem Straf⸗ vollzug beschäftigen werden, sei es mir gestattet, einige Ein⸗ führungsworte zu diesem Kapitel, zu sagen.

Das Rechnungsjahr 1930 stand als erstes im Zeichen des neuen Strafvollzugs in Stufen. Am 1. 10. 1929 ist die Ver⸗ ordnung vom 7. 6. 1929 in Kraft getreten; im Kammergerichts⸗ bezirk in ihrem vollen Umfang, d. h. auch mit der Verteilung der Gefangenengruppen (Vorbestrafte, Nichtvorbestrafte, Schwerst⸗ erziehbare, Stufe II, Stufe III usw.) auf besondere Anstalten; in den übrigen Bezirken zunächst nur mit denjenigen Vorschriften, die sich mit der Behandlung der Gefangenen befassen, insbesondere auch mit ihrer Einstufung. Nach beiden Richtungen hin haben die Erfahrungen, die wir in der verstrichenen Zeit sammeln konnten, befriedigt. Wir werden deshalb auf dem beschrittenen Wege fortfahren, insbesondere darangehen, die für Berlin bereits durchgeführte anstaltsmäßige Trennung der Ge⸗ fangenenkategorien auch auf die anderen Be⸗ zirke auszudehnen.

Das verstrichene Jahr hat aber auch beachtliche Kritik ge⸗ bracht. Auf der einen Seite ist eingewendet worden und das klang auch kürzlich im Reichstag bei den Verhandlungen zum

Justizetat an —, daß das neue Verfahren die Schlagkraft

der Strafrechtspflege gefährde, weil es den Ge⸗

fangenen das Leben in der Strafanstalt allzu angenehm mache Auf der anderen Seite ist gesagt worden, es korrumpiere die Gefangenen, weil es sie zur Heuchelei erziehe.

Zu der Behauptung, daß der Strafvollzug ver⸗ weichlicht werde, habe ich vor 2 Wochen schon im Hauptaus⸗ schuß Stellung genommen. Der Vorwurf trifft uns nicht. Er trägt nur einen Schein der Berechtigung, und zwar dadurch, daß in der Oeffentlichkeit leider immer nur von den Hafterleich⸗ terungen die Rede ist, die die Gefangenen in der II. und III. Stufe gewährt erhalten können, von dem Urlaub z. B. zum Be⸗ such der Familie, oder von dem Kanarienvogel, den sich ein Ge⸗ fangener halten dürfe, oder daß man in illustrierten Zeitungen Bilder von mancher Behaglichkeit in dem Aufenthaltsraum der Gefangenen in der Ausgangsanstalt zu sehen bekommt. Was aber immer dabei übersehen wird, das ist die Frage, wieviele Gefangenen es denn sind, und welche Gefangenen, die solche Vorzüge genießen. (Sehr wahr!) Ich möchte deshalb die Zahlen wiederholen, die ich bereits im Hauptausschuß genannt habe. Wir haben heute rund 30 000 Gefangene in unseren Anstalten. Von ihnen haben rund 20 000 Gefangene weniger als 9 Monate Strafe. Diese scheiden von vornherein für den Stufenstrafvoll⸗ zug aus, der ja erst mit Strafen von mindestens 9 monatiger Dauer beginnt. Für den Stufenstrafvollzug kommen von den 30 000 Gefangenen also nur rund 10 000 Gefangene in Betracht. Und sie bekommen, genau wie die anderen 20 000 zunächst die ganze drückende Schwere des Freiheitsverlustes zu spüren. Nur wenn sie die innere Zugänglichkeit zeigen und die Willensreife beweisen, die wir von einem Gefangenen der zweiten oder dritten Stufe verlangen, werden sie in diese Stufe versetzt, und dann erst kommen sie in den Genuß der Hafterleichterungen und Frei⸗ heiten, die die Stufenverordnung für die Angehörigen dieser beiden Stufen vorsieht. Das sind im ganzen rund 2000 Ge⸗ fangene. Ich wiederhole: 2000 von insgesamt 30 000! Ich glaube, daß schon diese dürren Zahlen zeigen, wie wenig der Vor⸗ wurf berechtigt ist, daß wir uns von übertriebener Empfindsam⸗ keit leiten ließen. Wir denken gar nicht daran, den Rohling, den gewissenlosen Betrüger, den alten Rückfallverbrecher, alle diese Schädlinge der Gesellschaft, zu verhätscheln oder mit Samthand⸗ schuhen anzufassen. Ich weiß mich darin einig, mit allen denen, die die Dreistigkeit und Gefährlichkeit des Berufsverbrechertums unserer Tage mit wachsender Sorge erfüllt. Aber ich weiß mich ebenso einig mit Ihnen darin, daß es unsere vornehmste Auf⸗ gabe ist und bleibt, daß es nicht Sentimentalität, sondern echte Humanität ist, wenn wir denjenigen Gefangenen wieder auf⸗ wärts helfen, die den Willen zur Umkehr haben und ihn durch ernstes Bemühen auch beweisen. (Sehr wahr!)

Ebenso verfehlt ist der Vorwurf gegen das Stufen⸗ system, daß es Heuchelei großziehe. Sein Erziehungsgrund⸗ satz ist: Vertrauen zu schenken, wo sich guter Wille zeigt. Das Schwergewicht nicht auf Vergünstigungen zu legen, sondern auf die Verantwortungsbereitschaft des Gefangenen, und dem Gefangenen, der ehrlich an sich arbeitet, Rechte einzu⸗ räumen, vor allem das Recht zur Mitarbeit in dem sozialen Organismus, zu dem wir die Anstalt ent⸗ wickeln wollen. Das ist ein Feld, auf dem der Gefangene mit bloßer Heuchelei nicht weit kommt. Die sogenannten „Schmuser,, hat es in den Anstalten immer gegeben. Ob sie aber zu ihrem Ziele kommen oder nicht, das hat nichts mit dem Stufensystem zu tun, sondern damit, ob die Beamten auf sie hereinfallen oder nicht. Diese Gefahr ist umso geringer, je eingehender man sich mit der Persönlichkeit der Gefangenen befaßt und je gründlicher die Beamten für ihren Beruf geschult sind, vor allem in psycho⸗ logischer Richtung. Diejenigen Damen und Herren, die unsere Stufenverordnung gelesen haben, werden darin gefunden haben, welchen Nachdruck wir auf die Erforschung der Persönlichkeit der Gefangenen legen. Ich darf in diesem Zusammenhang auch die Einrichtung kriminalbiologischer Forschungs⸗ stellen erwähnen, die unter der Leitung psychiatrisch geschulter Aerzte stehen und deren weiterer Ausbau Schritt halten wird mit der Vermehrung hauptamtlicher Arztstellen in unseren Anstalten.

Ich bin mir aber auch bewußt, daß wir das hohe Ziel, das wir unserem Strasvollzug gesteckt haben, nur mit einer fach⸗ mäßig entsprechend geschulten Beamtenschaft erreichen können. Auch darin sind wir ein gut Stück weitergekommen. Wir haben eine große Zahl von Lehrgängen zur Nachschulung hier in Berlin abgehalten, zu denen jedesmal 50 Aufsichtsbeamte aus allen Provinzen auf jeweils 5 bis 6 Wochen Dauer ab⸗ kommandiert wurden und in denen fleißig gearbeitet worden ist, insbesondere mit dem Ziel, die Beamten mit den Aufgaben des neuen Strafvollzugs und seinen Methoden vertraut zu machen und ihren Gesichtskreis durch den Besuch von Erziehungsheimen, Heil⸗ und Pflegeanstalten, Wohlfahrtseinrichtungen und der⸗ gleichen mehr zu erweitern.

Noch tiefer greifen die Maßnahmen, die für die Heran⸗ bildung eines tüchtigen Beamtennachwuchses in Angriff ge⸗ nommen sind. Durch die neue Verordnung vom 8. Januar d. J. habe ich die Ausbildung der oberen Straf⸗ anstaltsbeamten neu geregelt. Die Ausbildungszeit für die Laufbahn als Strafanstaltsinspektor beträgt künftig 3 Jahre. Der Anwärter muß eine Reihe von Monaten bei der Staats⸗ anwaltschaft, beim Jugendgericht, beim Vormundschaftsgericht, bei den Strafgerichten und beim Beauftragten für Gnadengesuche arbeiten; dann lernt er den Strafvollzugsverwaltungsdienst in allen seinen Zweigen gründlich kennen. Schließlich wird er auf 6 Monate bei der Polizei und im Wohlfahrtsdienst beschäftigt. Dieser Abschnitt ihrer Ausbildung soll den Anwärtern die Zu⸗ sammenhänge von Verwahrlosung und Kriminalität mit den Berhältnissen und Formen des sozialen Lebens durch praktische Anschauung nahebringen, insbesondere sie über die sittlichen und seelischen Hintergründe sozialer Fehlentwicklungen unterrichten und sie durch die unmittelbare Berührung mit sozialer Not vor bürokratischer Enge und Erstarrung bewahren. Am Beginn und am Ende der ganzen Ausbildung steht je ein mehrmonatiger theoretischer Lehrgang, der neben Verwaltungs⸗ und Gesetzes⸗ kunde vor allem Psychologie, Soziologie, Sozialpädagogik und Wohlfahrts⸗ und Fürsorgekun flegen wird