1931 / 60 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Mar 1931 18:00:01 GMT) scan diff

beschaffen. Außerdem wird der

8 Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 60 vom 12. März 1931.

beziehung in den § 14 Abs. 1 in keiner Weise einen Zwang zur Durchführung des Abschnittes B bedeute, weil die Erweiterung daran gebunden sei, daß die in §§ 15 17 bezeichneten Beträge zur Verfügung stünden.“ Ich nehme an, daß die Reichsregierung auch diese Erklärung wiederholt und zu Protokoll gibt. Nach eingehender Debatte wurde mit Mehrheit beschlossen, den räumlichen Bereich für die Entschuldung, wie er in §.1 Abs. 1 umgrenzt ist, zu ergänzen durch Einbeziehung der Provinz Schieswig⸗Holstein, der östlich der Elbe gelegenen Teile der Pro⸗ vinz Sachsen und der Länder Sachsen, Anhalt und Oldenbuig. Ein eingehend begründeter Antrag Bayerns, die bayerische Ost⸗ renze mit einzubeziehen, fand keine hinreichende Unterstützung. ie Reichsregierung hat dagegen geltend gemacht, daß sie zu ihrem Bedauern nicht in der Lage sei, diesem Antrage zuzustimmen, daß das bayerische Ostgrenzgebiet in keinem räumlichen Zusammen⸗ hange mit dem jetzigen und künftigen Entschuldungsgebiete stehe. Was nun die Entschuldung selbst anlangt, so ist sie gegen⸗ über bisher und gegenüber dem Entwurf von 1930 auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Der Bedarf der Entschul⸗ dungsdarlehen ist in der Begründung auf 850 Millionen Mark geschätzt. Die Finanzierung dieses Kredit⸗ bedarfs ist gestützt auf den heute ebenfalls zur Verabschiedung vorliegenden Gesetzentwurf über die Industrie⸗ bank. Ueber ihn wird gesondert berichtet werden. Ich habe daher nur insoweit auf ihn einzugehen, als er im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Osthilfegesetz steht. Darnach sind aus der Aufbringungsumlage, verteilt auf die Jahre 1931 1936, ins⸗ gesamt 500 Millionen Mark für die Entschuldung bereitzustellen. Darüber hinaus kann die Bank weitere Mittel durch Anleihen Reichsfinanzminister ermächtigt, gemeinsam mit der zuständigen Landesregierung Bürgschaften für Entschuldungszwecke bis zur Höhe von 250 Millionen Mark zu über⸗ nehmen. Es ist beabsichtigt, die Entschuldung innerhalb dreier Jahre durchzuführen. Die Erhevung der 500 Millionen Aufbringungs⸗ umlage ist aber auf die Jahre 1931 bis 1936 verteilt. Ob die Industriebank die benötigten Anleihemittel innerhalb dieser Zeit aufbringt, hängt von der Lage des Kapitalmarktes ab. Sie soll daher im Vorgriff auf Umlage wie auf Anleihe kurzfristige Mittel sich beschaffen. Um ihr dieses und die Aufnahme einer Anleihe zu erleichtern, übernehmen Reich und Land Ausfallbürgschaften

gegenüber der Bank bis zu 4 des im Einzelfalle gewährten Dar⸗

lehens. 1“] Um die Leistungen der Schuldner möglichst niedrig

zu bemessen, ist Fenes bestimmt: t

In das Leistungs⸗ und

1. Der Industriebank ist als Verzinsung der 500 Mill. Mark Aufbringungsumlage nur eine Verzinsung von 1 v. H. zugestanden.

2. Zur Verbilligung der Verzinsung fremder Gelder und zur Deckung der der Bank entstehenden Geldbeschaffungs⸗ und Verwaltungskosten gewährt das Reich für die Wahre 1931 bis 1937 an die Bank je nach Bedarf einen Zuschuß bis zu jährlich 36 Mill. Mark.

Schuldverhältnis der Schuldner ist zu⸗

gunsten der Schuldner, zugunsten der Bank und zugunsten von 8 den

Schuldner insofern, als Zins⸗ und Tilgungssatz, ganz gleich

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Privatbank wurde in den Ausschüssen stark in

Soli⸗ der wo⸗ her die Bank das Geld hat und wie hoch sie die aufgenommenen Gelder verzinsen muß, einheitlich festgesetzt sind auf 5 v. H. für die ersten 5 Jahre, auf 6 vö. für die weiteren Jahre. Der Til⸗ gungsplan ist auf 30 Jahre aufgestellt. Die Solidarität der Schuldner zugunsten der Bank besteht darin, daß sämtliche Schuldner untereinander für der Ausfälle haften, die die Bank an der Gesamtheit der Entschuldungsdarlehen erleidet. Doch ist die Haftung insofern beschränkt, als die Leistung des Schuldners in den ersten 5 jährlich nicht mit mehr als 0,5 vH. in den weiteren Jahren nicht mit mehr als 0,6 vH. seines Ent⸗ S e. haftet und die Gesamthaftung des Schuldners 0 vH. seines Entschuldungsdarlehens nicht übersteigen darf. Die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit dieser Solidarhaft gegenüber einer weifel gezogen.

Grundsatz der

Reich und Land weitgehend der 0. darität der Schuldner eingebaut. Zugunsten

Der Entschuldungsschuldner wird auch mit der bloßen Zinsen⸗ und

Tilgungsbelastung von 5 bzw. 6 vH. meist noch schwer zu kämpfen

haben, um durchzuhalten. Nicht weniger angegriffen wurde, daß die Schuldner dem Reiche die Kostenzuschüsse, die es jährlich bis zu 36 Mill. Mark an die Bank zahlt, zurückerstatten müssen. An

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sich hätte der Schuldner seine Schuld in 24 oder 25 Jahren zurück⸗ gezahlt. Damit sich aber das Reich bei der Bank für die geleisteten Kostenzuschüsse, die nach dem Finanzierungsplan nach Abwicklung der Entschuldung bei einer Gesamtsumme von 850 Mill. Mark Entschuldungsdarlehen bis zu 202 Mill. Mark betragen, schadlos halten kann, ist die Tilgungszeit auf 30 Jahre festgesetzt. Ein iskalischer Standpunkt, der bei vielen Mitgliedern des Aus⸗

8 fistalih kein Verständnis fand, ziͤmal das Gesetz in § 22 diese Be⸗

träge als Zuschüsse bezeichnet. Ein Antrag, wenigstens die So⸗ lidarhaft bzgl. der Ausfälle zu streichen, fand aber bei der ab⸗

lehnenden Haltung der Reichsregierung keine Mehrheit.

Für Betriebssicherung bleiben nicht sehr erhebliche Mittel übrig, da aus den für 1931—1937 je vorgesehenen 36 Mill.

Mark des § 22 zunächst die schon öu“ Zuschüsse des Reichs

u den Kosten der Bank abgehen. Nach den Schätzungen der eichsregierung bleiben für die Betriebssicherung zur Verfügung 1932 15 Mill. Mark 1933 10 Mill. Mark

und dann nichts mehr. Und von diesen Beträgen gehen mindestens

in der ersten Zeit, noch die Kosten für die Öststelle und die Landstellen ab, das sind zur Zeit an persönlichen und sächlichen Kosten jährlich rund 2,5 Mill. Mark. Die Reichsregierung glaubte einen gewissen Ausgleich dadurch zu schaffen, daß auf ihren An⸗ trag die 36 Mill. Mark noch ein weiteres Jahr, also auch noch

für 1937 vom Reiche zur Verfügung gestellt werden, insgesamt

also für Verbilligungszuschüsse an die Bank sicherung insgesamt 288 Mill. Mark.

und für Betriebs⸗

Aus der Zweckbestimmung für die Betriebssicherung,

die Maßnahmen der verschiedensten Art enthält, ist als neu und

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besonders bedeutungsvoll hervorzuheben der Zweck zur Hebung der Wirtschaft von Entschuldungsbetrieben. Auf die von

Entschuldung, Landabverkauf und Siedlung ist besonderer Wert

Zahre 1932 1936 sind 200 Millionen zur Beßftgung gestellt.

elegt. Die Ausschüsse haben in dem bezüglichen § 24 diese edanken und Ziele noch schärfer herausgearbeitet. Für die hierfür je 50 Mill. Mark, im ganzen Hieraus können in be⸗

sonderen Fällen noch Mittel zur Aufforstung landwirtschaftlicher nicht mehr nutzbarer Flächen gegeben werden.

Voraussetzung, daß

Was das Bersehäen der Entschuldung anlangt, so hat sie zur die Betriebe sanierungsbedürftig, sanierungs⸗

fähig und sanierungswürdig sind. Auch Klein⸗ und Mittelbetriebe haben daran Teil und die Reichsregierung hat an der Hand von

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Zahlen nachgewiesen, daß dies in sehr beträchtlichem Maße der Fall ist. Für sie können überdies erleichternde Bestimmungen ge⸗ troffen werden. Dies gilt auch für Pachtbetriebe. Dem Ziele,

den Betrieb wirtschaftlich rentabel zu machen, dient nach durch⸗ geführter Entschuldung außer der sch

über den Betriebssicherungsfonds 8 beratung

on angeführten Bestimmung

eine

fortlaufende Betriebs⸗ Ein Vollstreckungsschutz

und Ueberwachung. ist nach

den wenig günstigen Erfahrungen, die damit gemacht wurden, nicht wieder aufgenommen.

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Einer besonderen Erwähnung bedürfen noch die Haftungs⸗ verbände. Ein Teil der Landwirtschaft hat auf diese um des⸗

willen besonderen Wert gelegt, weil sie ein erhöhtes Mitwir⸗

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evee en keine

kungsrecht bei der Entschuldung anstrebt, dies aber nur zuge⸗ standen erhalten konnte, wenn eine erhöhte Verantwortung der Schuldner damit verbunden ist. In den Ausschüssen haben die 1 kei einhellig zustimmende Aufnahme ge⸗ unden. Da die Einrichtung aber nur fakultativ ist

und zwangsweise nur auf Antrag der Landwirtschaftskammer ein⸗ geführt an kann, haben die Ausschüsse geglaubt, diese Mög⸗ ichkeit der Landwirtschaft offen halten zu sollen. Mit der Ein⸗ richtung eines Haftungsverbandes, der sich jeweils auf die gleich⸗ artigen Betriebsgrößen oder Betriebsarten eines und desselben Kammerbezirks beschränkt, scheiden die Mitglieder desselben aus der Solidarhaft für die Entschuldungsbetriebe außerhalb dieses Haftungsverbandes aus. Betriebsberatung und ⸗Ueberwachung geht auf den Haftungsverband über.

Nach § 32 erläßt die Reichsregierung die zur des Gesetzes erforderlichen Bestimmungen. Die Ausschüsse aben beschlossen, hier die Zustimmung des Reichsrats einzuschalten. Soweit die Ausschüsse Aenderungen an dem Fererse vor⸗ genommen haben, die ich nicht hervorgehoben habe, darf ich auf die Anlage zum Protokoll Bezug nehmen.

Bayerischer Gesandter von Preger: Namens der baye⸗ rischen Regierung habe ich die Erklärung abzugeben: Bayern stimmt grundsätzlich den vorgesehenen Maßnahmen für die im Entwurf bezeichneten Gebietsteile zu. Wenn an sich auch eine nach der Reichsverfassung den Ländern zustehende Angelegenheit in Frage steht, so hat Bayern doch stets die Tatsache in den Vordergrund gestellt, daß die tiefgreifenden Wirkungen der Grenz⸗ zerreißung und die Gefährdung lebenswichtiger Reichsinteressen im Osten die Bereitstellung von besonderen Mitteln des Reiches rechtfertigen. Was aber für die an Polen grenzenden Teile des Reiches gilt, muß wenigstens dem Grunde nach, wenn auch mit dem sich aus der Schwere der Schäden ergebenden Abmaß, für die anderen gelten. Deshalb hat Bayern immer die gleichzeitige Unterstützung der übrigen durch die Friedens⸗ bestimmungen in Mitleidenschaft gezogenen Grenzgebiete, ins⸗ befondere des bayerischen Ostgrenzgebiets, mit Reichsmitteln ge⸗ fordert. Wenn heute Bayern davon absieht, die ausdrückliche Einbeziehung des bayerischen Ostgrenzgebiets in die vorliegenden Entwuͤrfe zu beantragen, so geschieht das mit Rücksicht auf die von der Reichsregierung bei den Ausschußverhandlungen abge⸗ ebene Erklärung zu § 1 des Osthilfegesetzes, um deren Wieder⸗ holung im Plenum ich bitte, wodurch das bayerische Ostgrenz⸗ gebiet als eine durch die politische Grenzziehung wirtschaftlich und kulturell bedrängte Grenzzone anerkannt wird, und in der bestimmten Erwartung, daß für den an die Tschechoflowakei an⸗ 2. e schwer darniederliegenden bayerischen Osten alsbald Rtei hsmittel zur Verfügung gestellt werden. Hinsichtlich der Einbeziehung des bayerischen Ostgrenzgebietes in die nach §§ 14 ff. des Osthilfegesetzes vorgesehene Enzschuldungsaktion werde ich noch einen besonderen Antrag stellen.

Der Vertreter von Mecklenburg⸗Schwerin er⸗ klärte zu § 26 (Haftungsverbände), daß die Landwirtschaft von Mecklenburg⸗Schwerin Wert darauf lege, daß sie einen einheit⸗ lichen Haftungsverband schaffen könne. Er stelle demnach einen Antrag, wonach Betriebsarten sich zu einem Haf⸗ tungsverband zusammenschließen können.

Der Antrag wurde mit 34 gegen 32 Stimmen ange⸗ nommen. Gegen den Antrag stimmten die preußische Staats⸗ regierung, die Stadt Berlin, die preußischen Provinzen Grenzmark Posen⸗Westpreußen, Niederschlesien, Oberschlesien, Sachsen, Schleswig⸗Holstein, Westfalen, Hessen⸗Nassau und Rheinprovinz sowie die Länder Württemberg, Baden, An⸗ halt, Lippe und Schaumburg⸗Lippe.

Der sächsische Gesandte Dr. Gradnauer erklärte; Der Berichterstatter hat ausdrücklich Pervorg hoben, daß die Reichs⸗ regierung das bayerische östliche Grenzgebiet als eine wirtschaft⸗ lich und kulturell bedrängte Grenzzone anerkenne, auf die die Ermächtigung der Reichsregierung zu aus⸗ gedehnt werden solle. Aus dieser - eren Anführung des bayerischen Ortsgebietes könnten Außenstehende das Mißver⸗ ständnis entnehmen, als ob das bayerische Gebiet an der Grenze gegen die Tschechoslowakei vorzüglich vor anderen Gebieten be⸗ vH werden soll, z. B. die Grenzgebiete Sachsen gegen die

schechosflowakei. Eine solche Auffassung würde auf einem Miß⸗

verständnis beruhen. Die Reichsregierung hat im Ausschuß schon in dankenswerter Weise ausgesprochen, daß die besondere Anführung Bayerns geschehen ist, weil Bayern außer einem räumlichen Zufammenhame mit den unter das Gesetz fallenden Ostgebieten gelegen ist. Damit ist vollständig klargestellt, daß die Ermächtigung in § 1 ; auch für die sächsisch⸗tschechische Grenze Anwendung finden soll.

Der bayerische Gesandte Dr. von Preger erklärte zu § 14 (Umschuldungsgebiet): Die bayerische Regierung stellt den Antrag, auch die bayerischen östlichen Grenzgebiete in das Umschuldungs⸗ ebiet des § 14 ausdrücklich einzubeziehen. Dieser Antrag ist um 5 mehr berechtigt, als nunmehr infolge der Beschlüsse der Aus⸗ sa sle, die mit teilweiser Zustimmung der Reichsregierung erfolgt ind, es sich nicht mehr nur um eine Umschuldungsaktion des gögen Polen zu gelegenen Grenzgebiets, sondern um die Ent⸗ chuldung des gesamten östlich der Elbe gelegenen Gebiets des Deutschen Reichs handelt. Die Verschuldung in den bayerischen Ostgrenzgebieten ist aber (und zwar gerade infolge der ver⸗ änderten Grenzverhältnisse) ebenso schwer und drückend wie in Ostelbien, auch wenn es sich dabei in der Hauptsache nicht um Großgrundbesitz, sondern um mittleren und kleinen Besitz handelt. Die in Frage kommenden bayerischen Gebiete können deshalb den Anspruch darauf erheben, daß ihnen die gleiche Hilfe zugedacht wird wie den östlich der Elbe gelegenen Gebieten, zumal es sich bei ihnen um echte Ostgrenzgebiete handelt, die gerade durch die 6 Grenzverhältnisse in ihre schwere Verschuldung ge⸗ raten sind.

Der Antrag Bayerns fand nicht die genügende Unter⸗ stützung.

Reichsminister Treviranus erklärte: Die Reichsregierung erkennt an, daß ähnliche Notstände, wie sie in den im § 4 auf⸗ 1 Gebietsteilen bestehen, auch andere deutsche Landesteile bedrücken. Eine Ausdehnung des Anwendungsgebiets der Hilfs⸗ maßnahmen über das Osthilfegebiet hinaus ist der Reichsregierung wegen der angespannten Finanzlage gegenwärtig nicht möglich. Die Reichsregierung beabsichtigt aber, von der Ermächtigung, die im § 1 für die gesamten ae; segsben ist, möglichst weit⸗ Gebrauch zu machen, sobald die Lage der Finanzen diese Möglichkeit eröffnet. Sie betrachtet das bayerische Ostgrenzgebiet als eine wirtschaftlich und kulturell bedrängte Grenzzone. Die Reichsregierung ist zu ihrem Bedauern nicht in der Lage, dem bayerischen Antrag stattzugeben, in § 14 das bayerische Bigebiet ausdrücklich aufzuführen, da ein räumlicher S mit dem jetzigen und künftigen Osthilfegebiet nicht vorhanden ist. Ich füge hinzu, daß dem Antrag der Vereinigten Lnden e, das Anwendungsgebiet des dn cgemesge esseche über die in dem ersten Entwurf der Reichsregierung festgelegten Gebiete und die nachträglich von der Reichsregierung anerkannten weiteren Gebiete im Lande Sachsen, im Lande Anhalt und in der Provinz Sachsen hinaus ansaicheßher, nicht stattgegeben werden kann, weil der Entschuldungsbedarf für diese Gebiete schon so knapp gefaßt ist, daß für absehbare Zeit der Reichsregierung weitere Mittel nicht zur Verfügung stehen, um die Entschuldung durch⸗ zuführen. Die Reichsregierung behält sich vor, wenn die Vorlage nach dem Ausschußbeschluß abgeändert wird, dem Reichstag eine entsprechende Doppelvorlage vorzulegen.

Ein Antrag Ostpreußens, den § 20 mit der sogenannten Solidarhaft von 10 vH zu streichen, da eine sehr große Härte darin liege, wenn der Betreffende, der umgeschuldet werde und schon mit seinem Vermögen und seiner Person hafte, auch noch mit dem zehnten Teil die Haftung für andere übernehmen solle, findet nicht die genügende Unterstützung, ebenso nicht der Eventualantrag Ostpreußens, den Absatz des § 20 in der Form

zu ändern, daß der Schuldner nicht mehr als 5—6 vH 3 einschließlich Tilgung im Jahre zu zahlen habe. 2 Jinse Reichsminister Treviranus stellte zu der Erklärun sächsischen Gesandten fest, daß die Reichsregierung selbstversis 8 lich die gesamten Grenzgebiete an der sschechoflowakisch Grenze ebenso zu behandeln gedenke wie das bayerische Grenzgebie

Freiherr von Gayl als Vertreter der Provinz Ostpreuß Ich habe bereits bei der Verabschiedung des ersten Umschuldude gesetzes die gute Absicht der Reichsregierung anerkannt ahs damals bereits darauf hingewiesen, daß das Gesetz nur eine ven lösung darstelle. Seit der damaligen Verabschiedung im Reiche rat sind rund neun Monate verflossen, in denen der wirtschaftlich Niedergang Ostpreußens erschreckende Fortschritte gemacht hat Von den Maßnahmen der Notverordnung vom Juli 1990 ha bisher allein die Frachtensenkung in verhältnismäßig bescheidenen Rahmen sich günstig ausgewirkt. Die Erfahrungen bestätige daß dem Osten nur durch weitgehende und rasche Senkungen auf dem Gebiete der öffentlichen und privaten Belastungen geholfen werden kann. So sehr an sich die Uebertragung der Umschuldun an eine nach rein E“ Merkmalen tätige Bank ze bisherigen Art der Umschuldung vorzuziehen ist, so wenig kam von dieser Maßregel allein die Rettung Ostpreußens erwarg werden, denn ihr gegenüber tritt die allgemeine Entlastung allg⸗ sehr in den Hintergrund. Dazu kommt, daß im Verhältnis zu den erforderlichen Summen die bereitgestellten Mittel viel zm gering sind. Unter diesen Umständen kann ich in dem Gesez⸗ entwurf kein genügend wirksames Werkzeug zur Rettung preußens erblicken. Nach pflichtmäßiger Prüfung der Gesamtlag bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, daß ich bei aller An erkennung der guten Absichten aller Stellen, die an dem Entwuß mitgearbeitet haben, die Mitverantwortung für dieses Gesetz vo meiner Heimatprovinz, vor der Geschichte und vor meinem 6. wissen nicht tragen kann. Ich habe versucht, in den Ausschüsee achlich mitzuarbeiten und habe mich an den einzelnen N⸗ timmungen beteiligt. Ich will auch nicht gegen ein Gese timmen, das dem Osten wenigstens einige Erleichterunge bringen kann, sehe mich aber genötigt, den schweren Sorgen m Bedenken dadurch Ausdruck zu geben, daß ich mich bei der Gesam abstimmung über das Gesetz der Stimme enthalten werde.

Reichsminister Treviranus: Die Reichsregierung glaube mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf bis an die Grenze des Möglichen gegangen zu sein. Sie weist ausdrücklich darauf hi⸗ daß die im § 14 eeehen⸗ Ausdehnung 2 dann in Kreaft tretc kann, über das jetzige Entschuldungsgebiet hinaus, wenn die Van⸗ finanzierung durch die Bank für Industrieobligationen gesichert st.

Hauptritterschaftsdirektor von Quast (Provinz Brande burg): Ich kann mich den Ausführungen des Vertreters d Provinz Östpreußen voll anschließen. Mit Rücksicht darauf je⸗ doch, daß das vorliegende Gesetzeswerk der großen Not der gi⸗ samten brandenburgischen Landwirtschaft nur ganz unvollkommen Rechnung trägt, und mit Rücksicht daß nur zwei branden⸗ burgische Kreise den allgemeinen Hi fsmaßnahmen teilhaftig werden, bedauere ich, dem Gesetz die Zustimmung versagen; müssen.

Staatssekretär a. D. Moesle (Provinz Oberschlesien): As Vertreter einer Ostprovinz muß ich ein Osthilfegesetz dankban begrüßen, auch wenn es keine 100 % ige Hilfe bringt. Ich he dem lebhaften Bedauern Ausdruck zu geben, daß es nicht gelung ist Sberschlesien in die einzubeziehen. Eim allgemeine Frachtensenkung zugunsten berschlesiens ist eim Lebensfrage für die oberschlesische Wirtschaft.

Studienrat Dr. Hamacher (Rheinprovinz): Die meister Bezirke des Westens würden sich glücklich s üen. eine solche Hilf⸗ zu bekommen. Vom Westen her wird mit Recht die Frage nn eworfen, wie es mit der paritätischen Behandlung des Westens steht. Ich will heute diese Frage nicht stellen, sondern werde den Gesetzentwurf vorbehaltlos zustimmen. An den Vertreter das Reichsfinanzministeriums richte ich die Frage, wie es um he Sicherung der 10 Millionen im außerordentlichen Haushalt be⸗ ist, die seinerzeit für den Westen in Aussicht gestellt worden ind.

Der Vertreter des Reichsfinanzministeriumz wiederholte hierauf die von Staatssekretär Schäffer in der Reichs tagssitzung am 14. Februar abgegebene Erklärung.

Gutsbesitzer Steves (Grenzmark Posen⸗Westpreußen): N bedauere, daß die allgemeinen Hilfsmaßnahmen im Gesetz nict stärker berücksichtigt worden sind. Eine stärkere Lastensenkung in für die östliche Landwirtschaft unbedingt notwendig. Trotzen begrüße ich das Gesetz, denn der erste und notwendigste Schritt für die Gesundung der Landwirtschaft im Osten ist die Un⸗ schuldung zu einem tragbaren Zinssatz. Hand in Hand dar müssen die Grundlagen geschaffen werden, die Landwirtsch wieder zur Rentabilität zu bringen. Ich weise darauf hin, d alle Berechnungen auf Grund von Preisen für landwirtschaftlich Produkte gemacht worden sind, die wir zur Zeit nicht annähern) haben. Ich hoffe, daß die Reichsregierung nichts unversuhht lassen wird, der Landwirtschaft bis zum 1. Inli ausreichend Preise zu verschaffen und stimme dem Gesetz zu.

Der Vertreter Bremens, Senator Nebelthau, beantragke Aussetzung der Abstimmung. Die Erklärungen Ostpreußens und Brandenburgs seien so bedeutsam, daß er sich verpflichte e diese Erklärungen zunächst 888 Regierung zu bericht

ie Regierungen ständen vor der Frage, ob ieses Gesetz, das de nüldemanhe sehr schwere Lasten auferlege, Zweck habe, wer die zunächst beteiligten Provinzen es ablehnten.

Staatssekretär Weismann Eeenerh Die Erklärung Ostpreußens hat auch mich außerordentlich erstaunt. Alle Teic Deutschlands geben für die sicherlich stark bedrängten Greuf⸗

rovinzen ihr Aeußerstes her, und als Dank dafür beklagt man fen daß nicht 100 % ig geholfen werden kann. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich fage⸗ daß die preußische Regierung von⸗ Anfang an darauf gedrängt hat, diese Aktion auf Ostpreußen und die daniederliegenden wirklich abgeschnittenen Kreise sn beschränken, weil man wußte, sowie man den ersten Schritt vor Wege ab machte und andere notleidende Provinzen hinzunahm, es keinen Halt mehr geben würde. Ich würde dankbar sein, wen trotz der verständlichen Erregung der Antrag Bremens zuruc geögen wird. Die Reichsregierung hat ein vr enats vollbracht. Die Reichsregierung und Preußen haben nach alie Kräften versucht, zu tun, was menschenmöglich ist. Wenn he Feseimmung heute ausgesetzt würde, könnte der Reichstag Gesetz nicht mehr vor der Osterpause verabschieden.

Reichsminister Treviranus: Namens der Reichsregierung kann ich mich diesem Wunsche nur anschließen. Es ist begreiflia daß jeder aus seiner eigenen Not heraus das Bedürfnis hat, an 22 Spitze der Leiter zu stehen. Ich habe den dringenden Wunsch, daß den Reichstage dieses sehr mühselige Gesetzeswerk so beschleunigt vorgeleg werden kann, daß es noch in dieser Tagung verabschiedet w 5 Braunschweigischer Gesandter von Boden bat, alle 58% tigten den indungen zurückzustellen. Wenn er auch den vne des bremischen Vertreters voll verstehe, so bitte er doch, de Antrag zurückzuziehen, um den Reichstag instand zu setzen, n im Laufe dieses Monats über das Gesetz zu entscheiden.

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)

Verantwortlich für Schriftleitung und Verlag: Direktor Mengering in Berlin. ecllichat ßischen Druckerei und Verlag Aktiengesellschan

8— Beerlin, Wilhelmstraße 32 ““ Fünf Beilagen 82 8 (einschließl. Börsenbeilage und zwei Zentralhandelsregisterbeil

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b Erste n Reichsanzeiger und Preußisch

Berlin, Donnerstag, den 12. März

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Nebelthau⸗Bremen zog darauf den Antrag Sr Zweck seiner Antragstellung zum Teil bereits er⸗

cht seiherr von Gayl (Ostpreußen): Wir wollen an sich nicht Ful was zu —— möglich ist, aber wir wollen eine andere ehr, serung der q Ich gehe nicht so weit, das Gesetz hnen sondern ich habe betont, daß ich mich der Stimme blehn werde zum Zeichen der schweren Bedenken und der 2 Sorgen, die mich auf Grund der gesamten Entwicklung erener Heimatprovinz bedrücken. Ich bitte, daraus zu ent⸗

8 daß die Not auf das allerhöchste gestiegen ist. Es lag 7 ein Vorwurf des mangelnden guten Willens der Reichs⸗ zerung und der Länder in meiner Erklärung, sondern es war 8, Demonstration, die ich bei der Notlage der Provinz Ost⸗ züßen für meine Pflicht hielt.

u dem Entwurf eines landwirtschaft⸗ ichen Siedlungsgesetzes ging der richterstatter auf die einzelnen Bestimmungen ein. Danach fassen die grundle enden §§ 1 und 2 sich mit der Aufgabe, die igefrorenen Zwischenkredite des Reiches zu mobilisieren und sie erträglichem Zins⸗ und Abtragssatz von 5 vH den Siedlern uführen. Er beantragte dann, den Beschlüssen 1. und 2. Lesung gzustimmen. 8 braunschweigische Gesandte von Boden erklärte, sraunschweig habe Bedenken und könne dem Entwurf daher nicht üstimmen. Da noch von mehreren Seiten das gleiche erklärt Unrde, erfolgte namentliche Abstimmung. Sie ergab die Annahme Regierungsvorlage in 1. und 2. Lesung mit 42 gegen 21 timmen bei Stimmenthaltung Hessens.

Ueber den Entwurf eines Gesetzes über die Abwick⸗ ung der Aufbringungsumlage und die Neu⸗ lestaltung der Bank für Deutsche Industrie⸗ bligationen (Aufbringungsabbaugesetz) führte

der Berichterstatter, Ministerialdirektor Dr. Ern st (Preußen) 3. Das Gesetz stellt eine Ergänzung des Osthichegesetes dar und eingt zugleich die materielle Ausführung der Osthilfe. Bei der mmahme des Neuen Plans ist auch seitens des gesamten Sach⸗ gtändigengremiums in Aussicht genommen worden, die In⸗ niriebelastung in Fortfall kommen zu lassen. Bisher war das her mit Rücksicht auf die Reichsfinanzen nicht möglich. Die eunk hat die Aufgabe, zunächst bei der Entschuldung der Land⸗ irtshaft mitzuwirken. Das soll in Höhe von 500 Millionen geener Mittel der Bank und darüber hinaus durch Aufnahme Anleihen erfolgen. Der Reichsrat hat den Zusatz gemacht, as für die Aufnahme dieser Tätigkeit die Bank der Sic eea r Keichsregierung und des Reichsrats bedarf. Die Bank so ee Gelder auch an gewerbliche Betriebe, besonders kleineren und itlleren Umfanges, geben. Bei der Begebung von Krediten soll ee Bank sich in der Regel der örtlichen Kreditinstitute bedienen. vie darf langfeistege Industrieobligationen bis zur Höhe von - Millionen aufbringen. Die Bank steht unter der Aufsicht der ggierung, die zu diesem Zweck einen Kommissar ernennen kann. mnübrigen hat die Bank ihre weitgehende Selbständigkeit. Ihr assichtsrat soll anstatt 23 nach der Vorlage 29 Mitglieder ch den Beschlüssen der Ausschüsse besitzen. Der Berichterstatter eantragte, dem Gesetz in 1, und 2. Lesung unter Berücksichtigung r Ausschußbeschlüsse zuzustimmen.

Der Vertreter der Preußischen Staatsregierung, Staats⸗ stretär Weismann, beantragte eine Aenderung in der Zu⸗ mmensetzung des Aufsichtsrats.

Der Vevollmächtigte der Provinz Ostpreußen, Freiherr on Gahl, betonte die unbedingte Notwendigkeit, daß die Zahl er landwirtschaftlichen Mitglieder des Aufsichtsrats in gewissem herhältnis zu der Zahl der übrigen Mitglieder stehe. Er be⸗ ntragte daher die Zahl der sechs Mitglieder aus den Kreisen der andwirtschaft auf acht zu erhöhen, und die Gesamtzahl der Mit⸗ sider ebenfalls um zwei zu erhöhen.

In namentlicher Abstimmung wurde der Antrag der reugßischen Regierung angenommen. Der Antrag Ost⸗ srenßens wurde in namentlicher Abstimmung mit 34 gegen

Stimmen bei einer Enthaltung (Oberschlesien) abgelehnt. odann stimmt der Reichsrat dem Gesetzentwurf in 1. und Lesung mit Mehrheit zu. Dem Entwurf einer Verordnung zur Ausführung der kerordnung über die Schädlingsbekämpfung nit hochgiftigen Stoffen wurde zugestimmt, ebenso em Entwurf der Ausführungsbestimmungen u Kap. III des siebenten Teiles der Verordnung des eichspräsidenten zur von Wirtschaft nd Finanzen vom 1. 12. 1930 (Gemeinnützigkeits⸗ kerordnung).

Ebenso wurde dem Skiklub Rheinfelden in gbeinflden (Schweiz) die Rechtsfähigkeit nach dem Bürger⸗ scchen Gesetzbuch zuerkannt. Der 7. Ergänzung der Anstellungsgrund⸗ ütze und der 5. Ergänzung der Allgemeinen Ausführungs⸗ nweisung zu den Anstellungsgrundsätzen wurde mit Mehr⸗ heit zugestimmt.

Zu dem Entwurf eines Gesetzes über das Inter⸗ ationale Uebereinkommen zum Schutze kes menschlichen Lebens auf See (Schiffssicher⸗ eitsvertrag, London 1929) erklärte der beerichterstatter: Der Vertrag ist von außerordent⸗ ine Bedeutung und Tragweite. Er bezweckt die Aufstellung . eitlicher Grundsätze für alle Schiffe aller Länder, damit Ver⸗ ste von Menschenleben auf See möglichst vermieden werden. nePraxis war bisher eine ganz verschiedene. Die Durchführung nchallerdings den deutschen Reedereien einige Kosten ver⸗ kcifhen⸗ Die Bestimmungen bezüglich des Baues kleinerer ssse sollen daher zunächst nicht rigoros durchgeführt werden. ud Der Reichsrat stimmte dem Entwurf mit dieser Maß⸗ dehe in 1. und 2. Lesung zu. üe Sr Reichsrat stimmte ferner dem Gesetzentwurf über Errichtung er Reichsanwaltskammer in Eiin. zu, die als Krönung des Anwaltskammerwesens ist, sowvie dem Gesetzentwurf über das Inter⸗ inale Abkommen über Wirtschafts⸗ 4 8 stik und genehmigte die Verleihung der Rechtsfähigkeit

en Ostpreußischen Müller⸗Innungsverband in Inster⸗ * dem Bäckerinnungsverband Norden, Zweigverband

Bermania⸗Zentral⸗Verbandes deutscher Bäckerinnungen

urg.

en vom Reichstag angenommenen Gesetzentwürfen

die Pfandbriefe und verwandten Schuld⸗

dirschreibungen öffentlich⸗rechtlicher Kre⸗ tanstalten

und über die Eintragung von und Schiffspfandrechten in indischer Währung stimmte der Reichsrat zu, Einspruch zu erheben

aslahe ecg

Reichsminister Treviranus stellte darauf fest, daß der Reichsrat das Gesetz über die Osthilfe in erster und zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen hat.

Die auf Donnerstag, den 12. März 1931, anberaumte Vollsitzung des Reichsrats wird auf Freitag, den 13. März 1931, 6 Uhr nachmittags, verlegt.

„Der finnische Gesandte Wuolijoki ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

Preußischer Staatsrat.

Sitzung vom 11. März 1931. 6 (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Der Staatsrat beschäftigte sich heute zunächst mit der

.- einer eventuellen Geltendmachung des Ein⸗

pruchsrechts des Staatsrats Pegen das vom Landtag am 6. März d. J. g esetz zur Ver⸗ längerung des preußischen Finanzausgleichsgesetzes.

Oberbürgermeister Dr. Rive (A. G.) erstattete den Bericht des Vereinigten Haupt⸗ und Gemeindeausschusses. Der Ausschuß habe wesentliche Bedenken gegen die vom Landtag dem Gesetz⸗ entwurf angefügten Bestimmungen über die Neuregelung der Kommunalgehälter. Gleichwohl habe er, um eine Verzögerung der gesamten Vorlage zu vermeiden, sich auf den Vorschlag ge⸗ einigt, daß der Staatsrat auf die Geltendmachung eines Ein⸗ spruchsrechts verzichten möge.

lin Regierungsvertreter erklärte, daß durch die Besoldungsbestimmungen wohlerworbene Rechte der Beamten nicht berührt würden.

Senatspräsident Dr. Caspari (A. G.) kritisierte die Ver⸗ quickung der Besoldungsbestimmungen mit dem Finanzausgleichs⸗ gesetz. Soweit Gesetzesnovellen, mit denen ein außerordentlicher Mißbrauch getrieben werde, notwendig seien, müßten sie in einer erlassen werden, die es auch dem Nichteingeweihten ermög⸗ iche, sich über die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu unter⸗ richten. Der Redner war der Auffassung, daß ein Grund einer kommunalen Besoldungsordnung jahrelang gezahltes Be⸗ amtengehalt einen Rechtsanspruch in sich berge, wenn von der Aufsichtsbehörde eine Beanstandung der esoldungsordnung nicht erfolgt sei. Der Staat würde in seinem Interesse gut tun, wenn er sich gegenüber seinen Beamten an diesem Grundsatz von Treu und Glauben halten würde. Daher seien die Bestimmungen der zur Beratung stehenden Vorlage vom rechtlichen und staats⸗ politischen Gesichtspunkt aus außerordentlich bedenklich und nicht geeignet, die Staatsautorität zu stärken. Diese Bedenken hätten an sich genügt, um einen Einspruch des Staatsrats zu erheben. Wenn seine politischen Freunde gleichwohl davon abgesehen hätten, so nur deshalb, weil sie glaubten, die Durchführung des Finanz⸗ ausgleichsgesetzes im Interesse der Gemeinden nicht hintanhalten u können. Zu begrüßen sei die in dem Gesetzentwurf vorgesehene

inführung eines Landesschiedsgerichts zur Entscheidung von Gehaltsstreitigkeiten.

Gegen die Kommunisten beschloß der Staatsrat, auf die Geltendmachung eines Einspruchsrechts zu verzichten.

Gegen den Gesetzentwurf über die Anderung der kommunalen Grenzen der Stadt wurden Einwendungen nicht erhoben.

Bei der Beratung der Bestimmungen über die Ein⸗ und Durchführung der Berufsschulpflicht erklärte

Stadtrat Priefert (Soz.) als Berichterstatter, daß die Bestimmungen eine wesentliche Verbesserung des Rechtszustandes durch die Zusanemensafspugs aller gesetzlichen Bestimmungen brächten. Im übrigen habe der Gemeindeausschuß beschlossen, dem Staatsministerium zu empfehlen, nicht nur Neubelastungen der Gemeinden zu vermeiden, a.. die bestehenden Belastungen tunlichst einzuschränken. Ein Anreiz zur Ausdehnung der Berufs⸗ schun dic oder zur Schaffung neuer oder zur Erweiterung be⸗ tehender Einrichtungen soll mit den Bestimmungen nicht erstrebt werden.

Der Staatsrat beschloß gegen die Stimmen der Kom⸗ munisten, abgesehen von einer Reihe von kleineren Aende⸗ rungsvorschlägen, Einwendungen gegen die Vorlage nicht zu erheben.

Der Staatsrat beriet sodann die Verordnung über die Lockerung des Mieterschutzes bei Neubauten. Die Vorlage sieht die Aufhebung der Vorschriften über Mieter⸗ schutz für den Fall vor, daß die Zuschüsse zurückgezahit worden sind, die für Neubauten oder für durch Um⸗ oder Einbauten neugeschaffene Räume aus öffentlichen Mitteln gegeben worden sind.

Dr. Steiniger (A. G.) bedauerte, daß nicht ein Re⸗ gierungsvertreter anwesend sei, um noch einige Unklarheiten zu klären. Zu bemängeln sei ferner, daß die Vorlage dem Staatsrat nur zur Kenntnisnahme und nicht zur Begutachtung vorgelegt worden sei. Die Vorlage solle in erster Linie offenbar zur Ent⸗ lastung der stark gefährdeten Eigenheime dienen. Es solle wohl auch ein Anreiz gegeben werden dafür, daß Hauszinssteuermittel in größerem Umfange vorzeitig an die Gemeinden und Gemeinde⸗ verbände zurückgezahlt würden. 3

Justizrat Dr. Wesenfeld (A. G.) sprach gleichfalls sein Befremden darüber aus, daß der Staatsrat nicht gutachtlich gehört worden sei. Gerade bei Vorlagen des Wohlfahrtsministeriums sei das schon des öfteren der Fall gewesen. Es empfehle sich, daß der Staatsgerichtshof angerufen werde, damit die Verpflichtung der Staatsregierung zur Vorlegung von Entwürfen festgestellt werde. Die Unrlarheit dürfe nicht weiter bestehen bleiben.

Der Staatsrat nahm hierauf die Vorlage zur Kenntnis.

Gegen den Gesetzentwurf über eine Gr enzberichti⸗ gung zwischen Preußen und Lippe wurden Ein⸗ wendungen nicht erhoben. 8

Der Staatsrat beschloß sodann, den Ausschußvorschlägen entsprechend, gegen die vom Landtag beschlossenen Ver⸗ längerungsgesetze zu den preußischen Real⸗ steuern und gegen die Vorlage über die Bereinigung der Grundbücher Einspruch nicht einzulegen.

An Stelle des infolge Mandatsniederlegung ausscheiden⸗ den stellvertretenden Mitgliedes Leonartz (Zentr.) rückt Landrat Dr. Wilhelm Boden aus Altenkirchen (Wester⸗ wald) als Stellvertreter für Dr. Kaas nach.

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Parlamentarische Nachrichten.

Die Vereinigten Ausschüsse des Reichsrats haben am 11. d. M. Zollvorlage der Regierung und in Verbindung damit se zum Brotgesetz und über die Ge⸗

die die Reichstagsbesch

Glogau

frierfleischeinfuhr in erster Lesung beraten. Die end⸗ Fültige —ö—22 der Ausschüsse fällt erst in einer zweiten e

ung am Freitag nachmittag.

Im Haushaltsausschuß des Reichstags begann am

10. d. M. bei der Weiterberatung des Etats des Reichs⸗ wehrministeriums die Spezialaussprache. Die Kom⸗ munisten beantragten, nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, wie bei den anderen Etats auch hier die Uebertragbarkeit der Etatsmittel nicht zuzulassen, damit eine genaue Kontrolle der Ausgaben möglich sei. Dem⸗ gegenüber wurde von sozialdemokratischer Seite darauf hinge⸗ wiesen, daß der Rechnungsunterausschuß, in dem —. ein kom⸗ munistischer Abgeordneter mitgearbeitet habe, sämtliche Aus⸗ gaben des Wehretats durchgeprüft habe. Dieser kommunistische Antrag sowie andere kommunistif Anträge auf Streichung des Gehalts des Ministers wurden abgelehnt. Angenommen wurde ein Antrag, daß der Bericht des Sparkommissars dem Ausschuß vorgelegt werden soll und unter Zustimmung des Reichswehrministers ein wonach Angehörige des Reichsheeres und der Marine nicht als Ersatz für streikende oder —121 Arbeiter verwendet werden dürfen. Ferner wurde durch Annahme eines Antrags die Bekanntgabe der Za I der⸗ eenigen ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht verlangt, ie als ingestellte bei der Heeresleitung bzw. Marineleitung beschäftigt

werden. Abg. Kuhnt (Soz.) forderte die Beseitigung der Konkurrenz, die die Militärmusiker den zivilen Musikern be⸗ reiteten. Ueber die Frage, ob im Einzelfall eine Militärkapelle konzertieren sollte, sei das zuständige Arbeitsamt zu befragen, das über den Arbeitsmarkt am besten unterrichtet 8— Abg. Dr. Leber (Soz.) klagte über die Art, wie die Einstellung des Soldatennachwuchses in der Reichswehr erfolge. Man komme in die Reichswehr in der Hauptsache durch Protektion. Die per⸗ sönliche Eignung spiele eine nebensächliche Rolle. Die Be⸗ ziehungen gingen meist über die durch Privatdienstvertrag bei der Reichswehr angestellten Offiziere, die übrigens auch ihre weniger verantwortliche Stellung dazu benutzten, Verleumdungsfäden zwischen der Reichswehr und den rechtsradikalen Parteien zu ziehen. Der Offizierersatz geschehe hauptsächlich durch die Ver⸗ mittlung dieser Offiziere. Leute, die in der Schule ver⸗ sagt hätten, allgemein als geistig beschränkt angesehen würden, dafür sich aber durch heftige und maßlose rechtsradikale Ge⸗ sinnung auszeichneten, seien meist die Günstlinge, die dann auch tatsächlich zur F gelangten. Beim würden ebenfalls Leute bevorzugt, die rechts⸗ radikalen Kreisen entstammten. Jeder, der angeben würde, daß er einmal der sozialistischen Arbeiterjugend angehört hätte, habe sich damit alle Möglichkeiten verbaut, in die Reichswehr zu kommen. Hierzu erklärte Reichswehrminister Groener, daß durch ständige, in vielen Fällen von ihm selbst vorgenommene Prüfung die Garantie gegeben sei, daß sowohl der Offiziers⸗ wie auch der Mannschaftsersatz auf unparteiische und nux die per⸗ sönliche Eignung prüfende Weise geschehe. Abg. Stoecker (Komm.) hielt es für sehr interessant, daß die Sozialdemokraten trotz ihrer Treue zur Reichswehr noch immer so 1“ seien, daß nicht ein einziger Sozialdemokrat Rekrut der eichswehr werden könne. Abg. Schöpflin (Soz.) bestätigte die An⸗ schauung des Abg. Dr. Leber, daß tatsächlich Leute, die in ihrer Jugend einmal der Arbeitersportbewegung angehört hätten, in die Reichswehr nicht hineinkommen könnten. Wohl sei der Wille des Reichswehrministers anzuerkennen, daß er einen unparteiisch gewählten Offiziers⸗ und Mannschaftsersatz beabsichtige, aber die unteren Kommandostellen dächten anders, und je weiter sie örtlich vom Reichswehrministerium entfernt seien, desto eigenwilliger gingen sie nach ihren Anschauungen. Abg. Erfing (Zentr.) bat darum, daß der Minister immer wieder den Truppenkomman⸗ deuren die unparteiische Auswahl des Mannschaftsersatzes ans Herz legen solle. Den Offiziersersatz kontrolliere der Reichswehr⸗ minister ja selbst. Immerhin sei nicht zu verschweigen, daß sehr oft Klagen über Parteilichkeit und Protektionswesen an die Ab⸗ geordneten herantreten. Ob diese Klagen sämtlich berechtigt eien, ließ der Redner dahingestellt. Angenommen wurde eine kom munistische Entschließung, worin die Reichsrege⸗ rung ersucht wird, bis spätestens zur 3. Lesung des Reichshaus⸗ haltsplans dem Reichstag eine spezialisierte Uebersicht über die Zahl der im Rechnungsjahr 1931 bei der Reichswehr be⸗ schäftigten Arbeiter vorzulegen einschließlich einer Darstellung gegenwärtigen Lohnverhältnisse. Zahlreiche kommunistische Anträge auf Streichung von Haushaltspofitionen der Reichswehr wurden gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Bei dem Etatskapitel, das die „Mittel für den Unterricht zur Hebung der allgemeinen Bildung“, insbesondere für den Unterricht, enthält, wurde vom Abg. Ersing Zentr.) Klage darüber geführt, daß die kostspieligen landwirtschaftlichen und Handwerkerschulen insofern ihren Zweck nicht erfüllt haben, als eine große Zahl von Soldaten, die diese Schulen be⸗ sucht haben, nach ihrem Ausscheiden aus der Reichswehr trotzdem nicht zur Landwirtschaft und zum Handwerk übergehen, sondern den Militärversorgungsschein für die Beamtenlaufbahn verlangen. Von Oberst Bitthorn wurde hierzu ausgeführt, daß die Zahl der Versorgungsanwärter die zur Verfügung stehenden Beamtenstellen bei weitem übersteigt. Da die handwerkliche Vor⸗ bildung auch technischen Beamten die Wege ebnet, kann man den Schülern der Heereshandwerkerse ulen den Beamtenversorgungs⸗ . schein nicht versagen. Anders ist es mit zukünftigen Siedlern. Hierzu dürfen nur Leute vorgebildet werden, die fest enssosgen. sind, tatsächli Siedler zu werden. Abg. Dr. Cremer (D. p.) führte Klage darüber, daß der in den Kameradschaftsstuben aus⸗ liegende Lesestoff meist sehr einseitigen rechtsradikalen Charakter trage. General von Schleichexr erwiderte, daß dem Reichswehrangehörigen die Wahl seiner Lektüre freistehe; mit Verboten habe man meist das Gegenteil von dem erreicht, was man wollte. Bei dem Kapitel „Pferdeersatz“ beanstandete der Berichterstatter Abg. Stücklen (Soz.), daß der Durch⸗ chnittspreis für die Remonten von 1350 RM auf 1500 RM ge⸗ worden sei. Das Reichswehrministerium begründete dies be daß die ostpreußische Pferdezucht immer mehr zur Kalt⸗ lutzucht übergegangen sei, und daß die Zucht der allein militär⸗

Pferde nur dann zu erhalten sei,

brauchbaren warmblütigen u 3 der ihnen aus

wenn den Züchtern der Zuschuß, 8 - der Osthilfe gezahlt, jetzt aber weggefallen sei, durch eine Er⸗ höhung des Durchschnittspreises ersetzt würde. Bei den Ein⸗ nahmekapiteln des Reichswehretats wurde eine Entsch ließung Stücklen (Soz.) angenommen, wonach mit Zustimmung des Reichswehrministers Geräte (Ausstattungsgegenstände) auch für unpolitische soziale Zwecke zur Steuerung der Erwerbslosigkeit Jugendlicher unentgeltlich leihweise überlassen werden können. u mit war der Reichswehretat erledigt. Am 11. März kommt der Reichsmarineetat zur Beratung. S

Berlin, den 12. März 1931.

Die Elektrolvytkupfernotterung der Vereinigung fůr deutsche Elektrolptkupfernotiz stellte sich laut Berliner Meldung des „W T. B.“ am 12. März auf 97,75 (am 11. März auf 100,50 ℳ)

für 100 kg.