1931 / 104 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 May 1931 18:00:01 GMT) scan diff

E

8

Hypotheken⸗ Aktienbanken

Oeffentlich⸗

rechtliche

u Desgleichen Sonstiae Insgesamt am am Kredit. Anstalten 28. Februar 31. März

anstalten ¹) 1931 1930

Zahl der berichtenden Anstalten 31. 8 A. Neugeschäft: a2) Hypotheken: ²) ³) 8 Landwirtschaftliche Hypotheken.. 738 790,3 davon aus Hitteln den Deutschen Rentenbank-Kreditanstalt... davon auf Roggen lautend 29 690,6 Sonstige (städtische) Hypotheken.. 4 113 071,6 davon auf gewerbl. Betriebsgrundstüchen ⁴) 512 337,5 8. Wohnungsneubauten b) Kommunaldarlehen ²) vJ11“ davon Wohnungsneubauhypothehen mit ausatzlicher kommunaler Bürgschaft. davon auf Roggen lautenad.. 180, % Kohle 8 Sonstige Darlehen ²)*) davon Schiffshypotheken.. Meliorationsdarlehen ²) . sonstige Darlehen..

184 307,0

98 043,8 2138,4

1 887 018,3

1 345 678,3

1356 297,1 ⁹) 858 642,5 839 473,8] 2 388 921, 1

70 12 113 114 241 454,6 2 867 263,2

638 587,0 91 637,7

2 863 297,1

645 007,3 93 155,9

2 733 366,1 748 586,3

100 683,5 5 557 040,3 5 491 624,5 4 576 058,0 667 893,0 ²) 658 440,1 . 2 277 954,1 ²) 2185 134,7 u1) . 56 746,9 3 285 141,8 3 270 717,1 2 723 033,1

10 017,1 254,5 108 315,4 107 811,2 9 583,8 11 722,2 11 752,0 1 460,1 A 1 460,1 1 493,9

54 602,9 140 755,1 195 760,9 195 011,5

14 782,0 14 782,0 14 919,0

22 091,9 23 293,0 45 787,9 45 280,5

32 511,0 102 680,1 135 191,1 134 812,0 .

431 194,4 60 494,2

23 085,6

1 452,9 98 290,4 22 488,5 63 014,5

133 067,0

Summe 5 691 738,6 B. Aus Aufwertung entstanden: a) Hypotheken: Landwirtschaftlice. Sonstige (städtische).. b) Kommunaldarlehen 17).. c) sonstige Darlehen))

74 435,1 1 459 123,3 39 360,2

5676 220,6 537 247,0 11 905 206,2

11820 650,2 10 032 457,2 —* Sens 8 11“ IS

498 857,3

1 599 511,9

469 686,2

20 623,1

364 717,3 61 210,0 132 264,8 4 033,1

428 744,5 16 179,3 4 505,4 20 684,7

500 362,4 1 595 421,2 468 104,7

535 284,5 1 643 011,5

411 433,4

Summe

C. Außerdem befanden sich in Teilungsmasse: aus Aufwertung entstanden: ³) Hypotheken 1““ Kommunaldarlehen.. Sonstige Darlehen)).. aus Bareingängen neu gewährt: Hypotheken 8 ö Kommunaldarlehhenn... . Sonstige Darlehen 5555 ...

941 905,9 69 748,5 2 584 573,0

2 588 678,5 2 589 729,4

79 299,6 83 627,5 148 436,7

27 985,0 27 985,0 98 463,6 67,6 67,6 5

4 890,0 5 147,7

Ueer.

Summe 67 104,8

44 085,1 1 052,3 112 242,2 116 827,8 246 900,3

8. D. Gesamtsumme.. Fdavon mypothehen. . F. Kommunaldarlehen. .

sonstige Darlehen ³) 8 402,9

——̃ᷓ—

¹) Einschl. Girozentralen. ²) Ohne die aus Aufwertun . die ganz oder überwiegend gewerblich genutzt werden, z. B. Fabrik⸗

⁴) Als gewerbliche Betriebsgrundstücke sind solche Grundstücke anzuse

7 331 762,0 6 662 211,6 6 449 019,1 3 750 269,5 882 3400 2841 159,9

608 047,8 14 602 021,4 14 526 156,5 12 869 086,9

404 988,1 10 604276,7] 10 542 066,0 9636 156,9 57 731,5 3781 231,5 3768 388, 3 232 920,1

145 329,1 216 513,2 215 702,2

70 782,2

(oder Ablösung) entstandenen. ³⁶) Einschl. Grundreniendarlehen.

grundstücke, Büro⸗ und Geschäftshäuser, auch Hotels. ⁵) Sonstige Darlehen sind: Schiffshypotheken, Meliorationsdarlehen und lang⸗ fristige Darlehen, die weder Hypotheken noch Darlehen an öffentlich⸗rechtliche Körperschaften sind, wie z. B. an Wassergenossenschaften, Deich⸗ verbände, Molkereigenossenschaften uw. ⁴) Meliorationodarlehen aus Mitteln der Emission der 9 für Bodenkulturkredit, der

Auslandbmeliorationsanleihe und aus sonstigen Mitteln der Deutschen Rentenbank⸗Kreditanstalt.

Zum Einlösungswert eingesetzt.

8) Von einigen Anstalten wird in den monatlichen Nachweisungen der jeweilige Stand der Teilungsmassen nicht berichtet. Es sind daher für die sehlenden Angaben diejenigen Bestände der Teilungsmassen an Aufwertungs⸗Hypotheken und Kommunaldarlehen eingesetzt, die in der Bekanntmachung über den Stand der Teilungsmassen am 31. Dezember 1930 gemäß § 60 der Durchführungsverordnung zum Aufwertungsgesetz

im Deutschen Reichsanzeiger nachgewiesen worden sind. °) Unvollständige Zahlen. 1¹⁰) Die starke

unahme gegenüber dem Vormonat

erklärt sich zum größeren Teil daraus, daß für Ende März 1931 eine Hypothekenbank zum erstenmal Hypotheken auf Betriebsgrundstücken und auf Wohnungsneubauten gesondert nachgewiesen hat. 1¹1) Vorliegendes Zahlenmaterial nicht vergleichbar.

Berlin, den 1. Mai 1931.

Der Präsident des Statistischen Reichsamts. J. V.: Bramstedt.

Preußischer Landtag. 232. Sitzung vom 5. Mai 1931, 12,20 Uhr. (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverlegers.)

Vor Eintritt in die Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung des Preußischen Landtags hält Abg. Brandenburg (Soz.) in einer Erklärung, die gegen den Forstmeister Abg. Gieseler (D. Nat.) erhobenen Vorwürfe wegen Akkord⸗Drückerei aufrecht. Die Er⸗ klärung schließt mit dem Satz Bebels: „Der Weltgeschichte Lauf hält weder Ochs noch Esel auf!“ 1t

Abg. Borck (D. Nat.) erklärt, der Schlußsatz dieser Bemer⸗ Eö6u“ zweifellos nicht den parlamentarischen Gepflogen Präsident Bartels meint, daß darin nicht eine Verletzung irgendeines Abgeordneten gelegen habe.

Zur Geschäftsordnung verlangt Abg. Baecker⸗ Berlin (Landvolkp.) die Absetzung der Abstimmung über den Vertrag mit der Kroll⸗Oper, da die Arbeiten des Kroll⸗Oper⸗Unter⸗ suchungsausschusses noch nicht restlos abgeschlossen seien. Da kein Widerspruch erfolgt, wird die Abstimmung von der Tagesordnung abgesetzt.

Das Haus setzt dann die allgemeine Aussprache zur 2. Lesung des Haushalts es Staatsmini⸗ steriums und des Ministerpräsidenten fort.

Ministerpräsident Braun nimmt das Wort zu einer Entgegnung auf die gestrigen Ausführungen der Redner.

Meine Herren! Die gestrige Debatte über meinen Etat gab an sich sehr wenig Gelegenheit, eingehend darüber zu sprechen. Es ist eine Reihe von Angelegenheiten zur Sprache gebracht worden, die nicht meinen Etat, sondern die Etats anderer Ressortminister betrafen. Ich werde diese Angelegenheiten, soweit die Herren, die sie hier erwähnt haben, Gewicht darauf legen oder soweit sie es nicht für zweckmäßig halten, diese Angelegenheiten bei der dritten Lesung der betreffenden Etats zur Sprache zu bringen —, im Geschäftsgang den betreffenden Ministerien zuleiten.

Damit könnte ich eigentlich insbesondere, um Herrn Abg. Schulz (Neukölln) Recht zu geben, der gestern monierte, daß ich sehr wenig gesprächig sei abschließen. Ich will Herrn Abg. Schulz (Neukölln) nur das eine sagen: abgesehen von vielen an⸗ deren Dingen unterscheide ich mich gerade darin am meisten von ihm. (Sehr gut! links.) Einige allgemein politische Dinge jedoch, die gestern hier Gegenstand der Erörterung waren, ver⸗ anlassen mit doch, einige Ausführungen zu machen.

Meine Herren, wer gestern hier die Debatte gehört hat und zur Ergänzung die literarischen und journalistischen Aeuße⸗ rungen der Rechtspresse in den letzten Wochen heranzieht, wird

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute eeenenee sind.

wohl mit mir den Eindruck haben, daß vor allen Dingen der Ge⸗ danke alle diese Aeußerungen und Bestrebungen durchdringt: wie trennen wir das Zentrum von der Sozial⸗ demokratie? (Sehr richtig! links). Meine Herren, das kam gestern so überaus deutlich zum Ausdruck nicht nur in Reden, sondern auch in Anträgen —, daß man wirklich sagen muß: das scheint doch jetzt das A und 0 der ganzen Rechtspolitik zu sein. Herr von Oldenburg⸗Januschau, der jetzt ja als Hauptvertreter des alten Preußentums im Kampfe um das Volksbegehren heraus⸗ gestellt worden ist, hat es ja kürzlich sehr deutlich in einer Ver⸗ sammlung ausgesprochen: die Hauptsache für seine Partei sei jetzt, den Bruch zwischen Sozialdemokratie und Zentrum herbeizuführen. Nun, ich glaube, das Zentrum wird selbst wissen, wie es seine Politik einzurichten hat; ich brauche mich daher darüber am aller⸗ wenigsten zu äußern.

Nur auf einen Punkt, der geflissentlich in die Debatte hinein⸗ geschoben worden ist sei es journalistisch, sei es parlamentarisch —, möchte ich doch, um keine Unklarheiten bestehen zu lassen, ein⸗ gehen; es handelt sich um

meine Stellung zum Freidenkertum,

die kürzlich unter Bezugnahme auf eine Ausführung von mir in einer Versammlng im Sportpalast Gegenstand der Erörterung gewesen ist. Meine Herren, ich möchte da erklären, was ich stets in dieser Sache erklärt habe, daß ich nämlich eine freidenkerische Agitation, die darin besteht, den Andersdenkenden, den kirchlich Eingestellten durch Beschimpfungen, durch Verächtlichmachung oder durch andere Herabsetzungen zu verletzen, mit aller Energie und allem Nachdruck zurückweise. (Brave! im Zentrum und links.) Ich habe auch in Verteidigung der Notverordnung des Herrn Reichspräsidenten, insbesondere der Pasus, der sich auf den Schutz der Gefühle der religiös Andersdenkenden bezieht, in jener Ver⸗ sammlung im Sportpalast folgendes erklärt ich habe, um Miß⸗ deutungen vorzubeugen, in dieser Versammlung ein Stenogramm aufnehmen lassen, weil ich frei gesprochen habe, und weil sonst in den Zeitungen die merkwürdigsten Berichte erscheinen und danach meine Aeußerungen zum Gegenstande der Kritik gemacht werden (Zuruf rechts: Sie haben doch den „Vorwärts“!¹) Für mich ist das maßgebend, was im Stenogramm steht, nicht war irgendein Zeitungsberichterstatter in einem gekürzten Be⸗ richt gebracht hat! (Zuruf: Es steht aber im „Vorwärts!“)

Ich bin nicht Vertreter des „Vorwärts“, sondern der Preußischen Staatsregierung. (Lebhafte Zustimmung links Zurufe rechts.)

Ich habe in jener Versammlung über diesen Punkt folgen⸗ des gesagt:

Gestatten Sie mir, noch folgendes zu sagen! In Freidenker⸗

kreisen sind sehr starke Bedenken laut geworden, ob nicht durch

den Wortlaut dieser Notverordnung die gehemmt werden könnte. Man rief mir zu: Durch die Ausführung! Ja, dabei kommt es auf die Ausführung an. Ich bin aber der Meinung, auch die Freidenkerbewegung hat nicht nötig, mit herabsetzenden vergiftenden Verdächtigungen oder Be⸗ schimpfungen zu arbeiten, sondern sie kann sich darauf be⸗ schränken, im geistigen Wettstreit die Ethik ihrer Welt⸗ anschauung der der Weltanschauung der Kirche gegenüberzu⸗ stellen. Das kann in Formen geschehen, die niemand verletzen, aber den Menschen doch zum Nachdenken über die Gestaltung seiner Weltanschauung führen. Nur Verleumdungen, Ver⸗ unglimpfungen und Beschimpfungen, die das politische Leben vergiften, die Roheitstaten, die Gewalttaten, die zu dieser Ver⸗ wilderung des politischen Kampfes geführt haben, sollen durch diese Verordnung schärfer als bisher bekämpft werden. Ich weiß nicht, ob jemand etwas Berechtigtes gegen meine Auf⸗ fassung einwenden kann. (Sehr richtig! links. Zurufe rechts.) Ich stehe auf dem Standpunkt vollkommener Toleranz. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Ich glaube, das Zentrum, das jahrzehntelang unter der konfessionellen Intoleranz bei uns in Preußen gelitten hat, wird am ehesten für diesen toleranten Standpunkt Verständnis haben. Das Zentrum ist in seiner Weltauffassung und in seiner Kirche derart gefestigt, daß es diese Toleranz üben kann, die Sie von der Rechten jahrzehnte⸗ lang dem Zentrum gegenüber nicht glaubten üben zu können. (Sehr gut! bei der Sozialdemokratischen Partei. Lebhafte Zu⸗ rufe rechts und bei den Kommunisten.) Soviel über diesen Punkt! (Andauernde Zurufe bei den Kommunisten. Glocke des Präsi⸗ denten.) Die Anwendung der Notverordnung ist wohl bereits bei der zweiten Beratung des Etats des Ministers des Innern eingehend und mit Einzelfällen besprochen worden. Ich kann mich daher darauf beschränken, hier auszuführen, daß es bedauerlich ist, wenn Mißgriffe hier und dort bei der An⸗ wendung der Notverordnung in den ersten Tagen vorgekommen sind. (Lebhafte Zurufe bei den Kommunisten: In den ersten Tagen?!) Ich bitte Sie, sich einmal zu überlegen, ob nicht auch in früherer Zeit bei der Anwendung von neuen Verordnungen und Gesetzen, insbesondere wenn die Durchführung in die Hand von mehreren tausend örtlichen Polizeiverwaltungen gelegt worden ist, in der ersten Zeit gewisse Mißgriffe vorgekommen sind. (Lebhafte Zurufe rechts und bei den Kommunisten.) Ich muß Ihnen offen sagen, der Umstand, daß so wenig berechtigte Beschwerden über Mißgriffe eingegangen sind, beweist, daß die Verordnung doch zweckmäßig und ihrer Zweckbestimmung ent⸗ sprechend ausgeführt worden ist. (Lebhaftes hört, hört! bei den Kommunisten.) Dort, wo berechtigte Beschwerden, auch von Ihrer Seite, meine Herren von links, vorgetragen worden sind, ist Abhilfe geschaffen worden. Dort, wo Beschwerden vorge⸗ kommen sind, die unberechtigt waren, weil ordnungsmäßig und zweckmäßig die Verordnung angewandt worden ist, kann keine Ab⸗ hilfe geschaffen werden. Da können nur diejenigen Abhilfe schaffen, die durch ihre ganze Agitation gegen die Notverordnung verstoßen (lebhafte Zustimmung bei der Sozialdemokratischen Partei), gegen die Notverordnung, die bestimmt ist, die Verleumdung, die Lügen und die Herabsetzung des Gegners aus der Oeffentlichkeit hinauszubringen und der Verwilderung des politischen Kampfes im öffentlichen Leben zu steuern. (Sehr gut! bei der Sozialdemo⸗ kratischen Partei Lachen und Zurufe bei den Kommunisten.) Es muß doch schlecht um eine politische Sache bestellt sein, wenn man glaubt, sie nur mit Verleumdungen, Lügen und Verdäch⸗ tigungen des Gegners führen zu können. Eine Sache, die an sich gut ist, sei es eine weltanschauliche, sei es eine politische, muß mit sachlichen, durchschlagenden Argumenten geführt werden können und braucht nicht die persönliche Verdächtigung und Her⸗ absetzung des Gegners zum Hauptkampfmittel zu machen. (Lebhafte Zurufe bei den Kommunisten.) Deswegen sage ich auch: Es ist falsch, wenn behauptet wird, daß diese Notverordnung in ihrer Anwendung die Agitation für das Volks⸗ begehren behindert habe. Soweit sich diese Agitation in sachlich berechtigten Grenzen gehalten hat, wird sie, auch wenn sie noch so scharf ist, durch diese Notverordnung nicht behindert. Lediglich dort, wo diese Agitation das verletzt, was die Not⸗ verordnung schützen will, ist sie angewandt worden.

Noch ein Wort zum Volksbegehren, das ja gestern auch hier Gegenstand der Erörterung gewesen ist und vielleicht auch in den nächsten Monaten noch nicht aus der öffentlichen Debatte ver⸗ schwinden wird; denn Sie (nach rechts) sind ja nung einmal Ge⸗ fangene dieses begonnenen Kampfes. Sie müssen ihn ja nun auch, wie Herr Dr. Heß ganz richtig sagte, bis zum bitteren Ende durch⸗ führen (Zuruf rechts: Wir wollen das auch!) Ich nehme ohne weiteres an, daß Sie das wollen. Sie können ja auch gar nicht anders, wenn Sie sich nicht unsäglich blamieren wollen. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei.)

Meine Damen und Herren, vorweg eine Bemerkung! Es ist eigenartig, wie manche Leute und auch manche Korporationen sich mitunter ihrer Vergangenheit schämen, selbst wenn diese Ver⸗ gangenheit nach meiner Auffassung weit besser ist als ihre jetzige Stellungnahme. Ich habe in den öffentlichen Erörterungen kürz⸗ lich darauf hingewiesen, daß der „St ahlhelm“, der sich jetzt als der unerbittlichste Feind des jetzigen Regimes in der Oeffent⸗ lichkeit gibt, zur Zeit seiner Entstehung stramm republikanisch war und sich auf den Boden der Republik gestellt hat. (Zustim⸗ mung bei der Sozialdemokratischen Partei Widerspruch rechts.) Ich habe das dokumentarisch nachgewiesen und habe mich des⸗ wegen gewundert, daß gestern Herr Schwecht ausgerechnet auch diese Sache noch einmal hervorheben zu müssen glaubte und er⸗ klärte, daß der „Stahlhelm“ sich niemals auf den Boden der Republik gestellt hätte; ja, er sagte sogar, der „Stahlhelm“ habe von Anfang an in schärfster Opposition zur Regierung gestanden und ihr stets heftigsten Kampf angesagt. Ja, meine Damen und Herren, es ist ja im Grunde genommen eine Nebensächlichkeit, und ich lege gar kein Gewicht darauf, diese Sache ausführlich zu be⸗ handeln; aber es ist so bezeichnend für Ihre (nach rechts) Kampfes⸗ art, daß Sie an diesen Kleinlichkeiten hängen und nicht zugeben wollen, daß es doch auch einmal anders gewesen ist! Das ist doch gar keine schlechte Vergangenheit. (Sehr richtig! bei der Sozial⸗

rbewegung

(Fortsetzung in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage Reichsanzeiger und Preußischen St

2

gerlin, Mittwoch, den 6. Muuim

anzeiger

104.

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.) 8

demokratischen Partei.) Wenn es heute noch so wäre, wäre da für Sie doch sicherlich überaus ehrenvoll. Aber wozu etwas ab⸗ streiten, was doch dokumentarisch festliegt? Nehmen Sie doch ein⸗ mal den Aufruf des „Stahlhelms“ bei seiner Gründung im Jahre 1918 zur Hand; da steht ganz deutlich:

Wir stellen uns auf den Boden der Republik und unter⸗ stützen die Regierung mit allen unseren Kräften. (Hört, hört! und Heiterkeit bei der Sozialdemokratischen Partei. Zuruf rechts: Damals ging es gegen den Bolschewismus!) Davon steht in diesem Aufruf nichts. Und in einem weiteren Aufruf des „Stahlhelms“, der zu gleicher Zeit verbreitet worden ist, heißt es: 8 „Wir stellen uns rückhaltlos auf den Boden der neuen Zeit für die Regierung und treten mit allen Kräften für sie ein.

Wir bekennen uns zur republikanischen Staatsform.

(Hört, hört! und Heiterkeit bei der Sozialdemokratischen Partei.) Angesichts dieser schriftlichen Beweise kann man doch jetzt nicht das Gegenteil beweisen wollen. Ich meine, Sie müssen doch anderes Material haben, wenn Sie eine solche Auffassung ver⸗ treten. Wenn das nicht der Fall ist, dürfen Sie doch nicht immer wieder mit solchen unwahren Behauptungen kommen, obwohl einwandfreie Dokumente das Gegenteil beweisen.

Meine Damen und Herren, dabei möchte ich nebenbei be⸗ merken: Wenn der „Stahlhelm“ damals erklärte, daß er sich rückhaltlos auf den Boden der neuen Zeit, auf den Boden der Republik stelle und die Regierung mit allen seinen Kräften unter⸗ stütze, so war das eine rein sozialistische Regierung. (Hört, hört! und Heiterkeit bei der Sozialdemokratischen Partei. Zuruf rechts: Es ging doch damals darum, den Bolschewismus niederzuschlagen!) Ich weiß ja nicht, ob Sie dabei waren, Herr Gieseler. Welche Motive Sie hatten, ist ja auch gleichgültig. (Zurufe bei der Sozialdemokratischen Partei. Gegenrufe rechts. Glocke des Präsidenten.) An der Tatsache ist nicht zu rütteln, daß der „Stahlhelm“ sich auf den Boden der republi⸗

kanischen Staatsform stellte und die Regierung mit allen seinen

Kräften zu unterstützen versprach, das heißt, sich der rein sozialistischen Regierung rückhaltlos zur Verfügung stellte. (Hört, hört! bei der Sozialdemokratischen Partei. Zuruf rechts: Sonst wären Sie auch heute nicht am Ruder!) Doch ich habe das nur nebenbei bemerkt.

Sehr interessant waren gestern die verschiedenartigen Aus⸗ führungen über den Zweck des Volksbegehrens. Wir haben ja darüber in der ganzen Agitation in Flugblättern und in Versammlungsreden der Befürworter des Volksbegehrens chon eine Menge Variationen gelesen und gehört. Die einen erklärten, es gehe gegen das ganze System, die andren erklärten,

es käme nur darauf an, den Landtag so schnell wie möglich zu beseitigen und dergleichen. Gestern hat nun der Herr Abgeordnete Schwecht das so ausgelegt: das Volksbegehren wolle in erster Linie einen anderen Ministerpräsidenten. (Heiterkeit.) Ja, meine Damen und Herren, wenn ich nach meinen persönlichen Wünschen und Interessen hörte, dann würde ich sagen: Ich auch! Dazu braucht man doch aber nicht ein ganzes Volksbegeyren (große Heiterkeit); dazu gibt es doch einen anderen Weg. Herr Stendel war der Meinung, um die Haltung der Volkspartei dafür zu begründen, daß sie sich auch in die Gefolgschaft der Stahlhelm⸗Parteien begeben hätte: Wenn man sechs Jahre in der Opposition steht und, Herr Stendel, nicht unverschuldet!

(sgeiterkeit), dann kann man nicht von uns verlangen, daß wir

der Regierung ein Vertrauen aussprechen. Er hat also das Volksbegehren zu einer Vertrauensfrage für die Regierung ge⸗ macht. Den Herren von der Volkspartei möchte ich nebenbei doch das eine sagen, daß sie, wenn sie der Regierung das Ver⸗ trauen entziehen und das Volksbegehren zu dem Zwecke mit⸗ machen, um ihr Mißtrauen gegen die Regierung zum Ausdruck zu bringen, bei denen, denen sie dabei so getreulich Gefolgschaft leisten, durch diese Haltung bisher noch recht wenig Vertrauen erworben haben.

In diesem Zusammenhange möchte ich darauf hinweisen, daß Herr von Oldenburg⸗Januschau, der ja der Heerrufer des alten Preußens ist, das durch das Volksbegehren an die Stelle des neuen gesetzt werden soll, in einer Versammlung in Elbing ein⸗ ach erklärt hat: Ja, das mit der Volkspartei ist ganz nett; aber wenn er die Leute so sehe, dann falle ihm immer das Dichterwort ein: Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten! (Große Heiterkeit.) Und er meinte dann in Fortspinnung dieses Fadens: Ja, mit der Volkspartei ist das noch so eine Sache; bevor sie unsere Freundschaft erwerben könne, müßte sie erst ordentlich ent⸗ laust werden. (Andauernde große Heiterkeit. Zurufe bei der Volkspartei. Abg. Kasper: Herr von Eynern, Sie müssen jetzt entlaust werden! Erneute Heiterkeit.) Meine Damen und Herren, ich will mich in dieses familiäre Verhältnis, das die Be⸗ griffe noch so etwas aus der Kriegsatmosphäre nimmt, nicht hineinmischen; aber ich möchte die Volkspartei doch bitten, zu überlegen, ob sie, nur weil sie sich in der Opposition befindet, politisch wirklich richtig handelt, wenn sie sich in die Gefolgschaft derer um Oldenburg⸗Januschau begibt. Mit der Unabhängigkeit der Partei wird es letzten Endes dann auch sehr schlecht bestellt sein. Aber, meine Damen und Herren, aus dieser Rede des Herrn von Oldenburg⸗Januschau ist noch eins bezeichnend. Er wies den Einwand zurück, daß es doch keinen Zweck habe, nur um einige Monate früher zu wählen, die hohen Aufwendungen aus öffentlichen und sonstigen Kassen zu machen. Er meinte in jener Versammlung ganz offen und das schätze ich an diesem meinem alten ostpreußischen Landsmann, daß er persönlich oftmals seine Meinung frei heraussagt, die andere hinter Ausdrücken sehr ab⸗ strakter Art zu tarnen versuchen —: Es stimmt ja, daß das eben etwas kostet, es mag ein paar Millionen kosten, aber andererseits bringt es Hunderte von Millionen ein, wenn wir nur ein halbes Jahr früher an die Regierung kommen. (Große Heiterkeit.

Zurufe rechts.) Er hat sich nicht darüber geäußert, wem das

einige hunderte Millionen einbringt, wenn er und seine Partei⸗ genossen früher an die Regierung kommen.

Es ist ja jetzt so viel in der Agitation vom wahren Preußen⸗ tum, auch davon gesprochen worden, daß Preußen wieder preußisch werden müsse, und gestern hat Herr Oelze seine Rede wohl damit geschlossen, daß er sagte: Wenn die jetzigen Inhaber der Regie⸗ rungsgewalt die Sessel räumen, dann müssen sie wirkliche Preußen einnehmen. Ja, meine Herren, ich bin ja nach der Ansicht des Herrn Abgeordneten Oelze längst kein wirklicher Preuße mehr, Herr Abgeordneter Oelze stammt wohl aus Schlesien, ich bin aus Ostpreußen. Man folgert also: ich bin kein richtiger Preuße mehr. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei: Die Geburt allein macht es nicht!) Nein, nein, aber die weitere Entwicklung verpfuscht mitunter die gute Geburt, nicht wahr? (Sehr gut! und Heiterkeit links und im Zentrum. Zurufe rechts.) Man bleibt schon bei dem guten Kern, den man von Geburt und von seiner Jugend her hat, wie ich es in meiner 45jährigen politischen Tätigkeit getan habe, ohne jede Wandlungsfähigkeit, durch die sich mancher auszuzeichnen glaubt. Ich glaube aber, Ihrer Auffassung nahezukommen, wenn ich ausspreche, daß das eben Ihre Meinung ist: dieser Herr von Oldenburg⸗Januschau, der glaubt, wenn er heute ein halbes Jahr früher an die Regierung komme, daß das ein paar hundert Millionen einbringe, ist der wirkliche Preuße, den Sie wieder auf den Sitz haben wollen, ist eben der Prototyp des alten Preußentums, wie es uns jetzt wieder lobend empfohlen wird. Man kann sich jetzt ja über die einfachsten Dinge schwer einigen, auch über das, was preußisch und Preußentum ist, nicht. Man hat Philosophen herangezogen, Spengler u. a. m.; Preußen⸗ tum ist ein Begriff, ein Lebensgefühl, behauptet man. Einer hat, um es konkreter auszudrücken denn schließlich konnte man ja den abstrakten Begriff den alten Instleuten und Scharwenkern auf dem Lande, die unterschreiben sollten, nicht klarmachen —, gesagt: wer nicht von dem Rhythmus eines alten Soldatenmarsches mitgerissen wird, der weiß nichts vom preußischen Lebensgefühl. (Heiterkeit links und im Zentrum. Zurufe rechts.) Und da sich darunter einzelne immer noch nichts Rechtes vorstellen konnten, hat man ihnen auf einem großen Plakat und auf einer Ansichtskarte den Krückstock des Alten Fritz nicht seinen Geist, sondern den Krück⸗ stock (Heiterkeit und Zurufe links) dargestellt. Aus diesem Flugblatt strömt nicht der Geist des Alten Fritz in das dort ab⸗ gebildete Landtagshaus, sondern er stakert mit dem Krückstock im Landtagsgebäude herum. Das ist also die Inkarnation des Preußentums, wie es sich bei Ihnen vorstellt: Krückstock und Soldatenmarsch! (Bravol! bei der Deutschnationalen Volks⸗ partei. Lachen und Zurufe links.) Deswegen haben Sie auch im Volksbegehrenskampf die These vertreten, daß doch eigentlich Mussolini mehr Preuße sei als Schlange⸗Schöningen, obwohl der eine in Pommern und der andere in Italien geboren ist. Ich weiß nicht, selbst Mussolini ist, soviel ich ihn von früher kenne, klug genug, sich nicht zum richtigen Preußen stempeln zu lassen Und Schlange⸗Schöningen! Mein Gott, dafür, daß er nun nicht mehr, sagen wir, fast besinnungslos Ihre Agitationspolitik mit⸗ macht, sondern aus den Verhältnissen gelernt hat (lebhafte Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei), ja, meine Herren, das scheint für Sie eine furchtbare Sünde zu sein, wenn jemand aus der Entwicklung etwas lernt (sehr gut! links), deswegen, weil er etwas gelernt hat und z. T. durchaus verständige An⸗ sichten auf den verschiedensten Gebieten vertritt, wird ihm einfach, obwohl er in Pommern geboren ist, das Preußentum ab⸗ gesprochen. Ja, meine Herren, wer so mit diesen Begriffen operiert, kann nicht erwarten, daß man ihn ernst nimmt.

Das nur nebenbei! Ich will wieder zu dem Volksbegehren zurückkommen. Dieses Volksbegehren, das nun vom Stahlhelm und den ihm untertänigen Parteien als Sieg ausgegeben wurde, hat 5,9 Millionen Unterschriften von 26,3 Millionen Stimm⸗ berechtigten eingebracht. Gewiß, insofern haben Sie einen Sieg errungen, als das Volksbegehren nun erfüllt ist. (Zurufe bei der Sozialdemokratischen Partei und der Deutschnationalen Volks⸗ partei.) Jawohl, man muß bescheiden sein. (Heiterkeit.) Aber dieser Erfolg ist darüber müssen Sie sich klar sein, wenn Sie einmal die Einzeichnungslisten nach Landesteilen ansehen dort zum großen Teil errungen worden, wo durch eine gewisse wirt⸗ schaftliche Uebermacht wirtschaftlich abhängige Leute zur Ein⸗ tragung in die Listen 14 Tage lang gezwungen wurden. (Leb⸗ hafte Zustimmung im Zentrum und links.) Was auf diesem Gebiet in den ostelbischen Gutsbezirken geleistet wird, geht viel über das hinaus, was bei früheren Landtags⸗ und Reichstags⸗ wahlen vor dem Kriege dort an Terror und Druck geleistet worden ist. Ich würde stundenlang reden können, wenn ich die Menge des Materials hier vorlegen müßte.

Nun hat Herr Abgeordneter Stendel gestern gesagt: Es ist auch von anderer Seite entgegengesetzter Terror in der Richtung ausgeübt worden, um die Lente fernzuhalten. (Sehr richtig! rechts.) Die wirtschaftlich Uebermächtigen können nur gering an Zahl sein, denn ich glaube kaum, daß in den Gutsbesitzerkreisen oder Unternehmerkreisen viel Leute sind, die Leute fernhalten wollen vom Unterschreiben, und die anderen haben sehr wenig wirtschaftliche Uebermacht. Wenn Sie glauben, daß die Arbeiter bei den fünf Millionen Arbeitslosen noch eine große, starke Uebermacht in wirtschaftlicher Beziehung haben, um Anders⸗ denkende zu zwingen, politisch in ihrem Sinne zu handeln, dann verkennen Sie doch die Tatsachen. Die Sache ist doch so, daß in der Tat, nachdem eben zu Beginn der 14 Tage mit diesem Terror in den wirtschaftlich rückständigen Kreisen gearbeitet wurde, eine gewisse Gegenwehr in den anderen Be⸗ zirken, wo diese wirtschaftlich übermächtigen Kreise nicht diesen Einfluß ausüben, sich auch geltend gemacht hat, aber lediglich als Antwort auf den Terror, der von den wirtschaftlich Starken gegenüber den wirtschaftlich Schwachen einsetzte.

Aber was ist denn sonst auf dem Gebiet geleistet worden? Ich weise nur darauf hin, wie diejenigen, die nicht mitmachten,

8

Zieles

zum Teil öffentlich in offiziellen Aufrufen infamiert worden sind. Ich habe hier einen Aufruf, der von einem Ortsausschuß für das Volksbegehren ergangen ist, in dem es heißt:

Wer sich nicht in die Listen zum Volksbegehren einträgt, der

ist ein gemeiner und feiger Lump, (hört, hört, links)

ein erbärmlicher Verräter an seinem preußischen Vaterland. (Hört, hört! und Pfuirufe link.) Nennen Sie das, einen Kampf mit noblen und ordentlichen Mitteln führen!?

Was haben Sie jetzt erreicht? 5,9 Millionen haben sich ein⸗ getragen und über 20 Millionen nicht. Diese 20 Millionen sind nach Ihrer Auffassung die feigen Lumpen und Verräter am Vaterland. (Zuruf rechts.) Das ist vom Ortsausschuß für

das Volksbegehren Schildau in der Schildauer Zeitung Nr. 45

veröffentlicht worden. (Zurufe links: Aha! Zurufe rechts.) Ich weiß nicht, ob der Ortsausschuß für das Volksbegehren offi⸗ zielle Bekanntmachungen erlassen kann. Ich muß das annehmen, wenn er es publiziert. Aber das ist nur einer von den vielen ähnlichen Aufrufen, die veröffentlicht worden sind. (Sehr richtig! links.) Nun ist das eigenartige: Sie haben 5,9 Millionen Unter⸗ schriften aufgebracht. Um den Volksentscheid zur Entscheidung zubringen, müssen Sie noch mindestens 8 Millionen hinzu⸗ gewinnen, denn die Wählerzahl vermehrt sich bis zum Herbst, wo der Entscheid stattfinden wird, denn dann werden nicht die Reichstagswahllisten zugrundegelegt, sondern neue Listen auf Grund der tatsächlichen Zahl der Stimmberechtigten. Sie müssen also noch etwa 8 Millionen dazu gewinnen. Glauben Sie, aus diesen feigen Lumpen und erbärmlichen Verrätern noch 8 Mil⸗ lionen unter Ihren Fahnen zu sammeln?! (Sehr gut! und Heiterkeit im Zentrum und links.) Sie sind doch offenbar der Meinung, daß das nach dieser hemmungslosen Agitation sehr schwer halten wird. Es ist deshalb interessant, daß der Deutschen Allgemeinen Zeitung hier in Berlin nach dem Volksbegehren doch etwas schwül dabei wurde, wie man nun aus dieser so stigmati⸗ sierten Masse die 8 Millionen Volksentscheidler herausholen soll. Sie schrieb daher:

Aber auch eine große Anzhal derjenigen, die die Einzeichnung

nicht gewagt haben, müssen als stumme Ankläger gegen das

heutige System gewertet werden.

(Heiterkeit im Zentrum und links.) Also erst feige Lumpen und Verräter vor dem Volksbegehren, und nach dem Volks⸗ begehren stumme Ankläger des Systems. Und da wollen Sie die 8 Millionen Stimmen herausholen, um den Volksentscheid zum Siege zu führen! Das glauben Sie natürlich selbst nicht, meine Herren, und deswegen kann ich Ihr ganzes Geschrei wenig ernst nehmen. Es ist nur schade, daß durch diese Bewegung, die monatelang noch gehen wird, das Volk zerrissen, verhetzt wird, und daß die nachteiligen wirtschaftlichen Wirkungen, die der Wahlausfall vom 14. September schon herbeigeführt hat in der Verstrickung und Versteifung unseres Kreditwesens denn diese Bewegung wird im Auslande viel höher gewertet, als wir sie nach Kenntnis der Sachlage werten noch monatelang anhalten werden und zu einem wesentlichen Teil lähmend auf unser Wirt⸗ schaftsleben einwirken werden. Aber weiter durchgeführt muß es werden. Sie sind Gefangene des Anfangs. Wer A gesagt hat, muß B sagen. Ich sage Ihnen zum Schluß, der Entscheid wird Ihnen einen großen Reinfall bringen. Die Entscheidung fällt bei den Landtagswahlen. Da wird entschieden werden, ob das neue Regime in Preußen in der ruhigen kontinuierlichen Weise die Aufbauarbeit fortsetzen soll, oder ob wir zu einer Katastrophenpolitik kommen, wie sie Ihnen vorschwebt. (Bravol bei der Sozialdemokrotischen Partei.)

Abg. Riedel (D. Staatsp.) begrüßt es, daß der Kirchen⸗ vertrag bald zur Verabschiedung kommen werde. Das Volks⸗ begehren habe die lg, n der Rechten schwer enttäuscht. Der Stahlhelm würde jetzt alles tun, den Volksentscheid hinaus⸗ zuschieben. Aus Verlegenbeit ziehe man jetzt sogar den Fall Kürten heran, um abzulenken und weiter Agitation gegen die Regierung zu machen. Der Abgeordnete Schwecht (D. Nat.) habe Behauptungen wiederholt, deren Unrichtigkeit erwiefen sei, trotz⸗ dem aber daran agitatorische Folgerungen e Herr Oelze (D. Nat.) habe gesagt, sämtliche höhere Beamte seien verpflichtet, die Politik der sozialistischen Minister zu vertreten. Das age ein Deutschnationaler, der selbst höherer preußischer Beamter Herr Stendel (D. Vp.) aber habe die Regierung angegriffen, ob⸗ wohl seine Partei sich so eifrig bemüht habe, in diese Regierung hineinzukommen. (Zurufe der Volkspartei.) Das Volksbegehren habe lediglich innerpolitische Unruhe in das Volk in der Zeit wirtschaftlicher Depression hineingetragen. Der Reichsregierung sollte damit ein Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Man habe der Regierung Terror vorgeworfen. Wie aber habe man für das Volksbegehren agitiert? (Hier führt der Redner zahlreiche Beispiele an.) Ein Pfarrer „⸗ geschrieben: das Volksbegehren wolle unser Vaterland vor der Hölle des Bolsche⸗ wismus retten und es vor weiterer Verwilderung bewahren. Die Religion sei auch sonst mißbraucht worden zu einseitiger öe Probarhn. Was solle man dazu sagen, wenn er Luisenbund in Mers

erseburg zum Kirchgang eingeladen habe, um den „Sieg“ des Volksbegehrens zu feiern? Die Volkspartei habe die Agitation gegen eine Regierung mitgemacht, die ihren Außen⸗ minister Stresemann so stark unterstützt habe, und sogar das Verbot des „Stahlhelm“ bekämpft, das wegen der Verächtlich⸗ machung dieser Außenpolitik erfolgt sei. dauerlich seien di Erfolge des Volksbegehrens im Osten für den diese Regierun besonders viel getan habe. Das dürfe nicht abhalten, die Os. fragen sachlich zu beurteilen und einen Grenzfonds in den Etat einzusetzen. G Abg. Lindner (Cchristl. Soz.) führt aus, die Tatsache, daß man z. B. Auferstehungsfeiern am Ostermorgen verboten abe, zeige, wie wenig man heute in vuhen Rücksicht nehme auf die Gefühle des christlichen Volkes. Versammlungen seien verboten worden mit der * könne „möglicherweise“ zu Ung ruhen kommen. Und das alles auf Grund der Verordnung dꝛtʒ Reichspräf Immer wieder seßn man, wie mit zweierlez gemessen werde. Deshalb feien eine Freunde auch für das Volksbegehren a e um diese Zustände zu beseitigen. Bgf ruck,

identen.

sonders ständen ja heute die Beamten unter 12282 Das Streben gehe heute dahin, Zentrum und Sozia mokratie zu trennen. Die Rede des Abgeordneten Schwecht (D. allerndings 8- untauglicher Versuch gewesen, zur Erreich

ragen.

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