1931 / 242 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Oct 1931 18:00:01 GMT) scan diff

en Londoner Goldpreis gemäß § 1 der Ver ordnung vom 10. Oktober 1931 zur Aenderung der Wertberechnung von Hypotheken und sonstigen An⸗ sprüchen, die auf Feingold (Goldmark) lauten (7GBl. I S. 569). * Der Londoner Koldpreis beträgt am 16. Oktober 1931 für eine Unze Feingorll ⸗= 1006 ch 11 4 in deutiche Währung nach dem Berliner Mittel⸗ kurs für ein englisches Pfund vom 16. Ok⸗

tober 1931 mit RM 16 29 umgerechnet = NM 87,084, für ein Gramm Feingold demmnach = pence 41 2194, in deutsche Wahrung umgerechnet . R.M 2,79980. Berlin, den 16. Oktober 1931.

Reichsbankdirektorium. Fuchs. Puhl.

2

Bekanntmachung.

Die am 14. Oktober 1931 ausgegebene Nummer 68 des Reichsgesetzblatts, Teil I, enthält:

die Verordnung des Reichspräsidenten zur Aenderung der Wert⸗ berechnung von Hypotheken und sonstigen Ansprüchen, die auf Feingold (Goldmark, lauten, vom 10. Oktober 1931,

die Verorenung über die Befreiung von der Beitragspflicht zur * Arbeitslosenversicherung, vom 3 Oktober 1931,

die vierte Verordnung über die Veröffentlichung von Kursen, vom 3. Oktober 1931,

die Verordnung über Festsetzung des Satzes für die Verwendung von Kartoffelstärkemehl, vom 7. Oktober 1931, und

die Durchführungsbestimmungen über den Ueberlandverkehr mit Kraftfahrzeugen, vom 9. Oktober 1931.

Umfang 1 ½ Bogen. Verkaufspreis 0,30 RM. 8 Postversendungsgebühren: 0,05 NM für ein Stück bei Voreinsendung. Berlin NW 40, den 14. Oktober 1931.

Reichsverlagsamt. J. V.: Alleckna.

Preußen.

8 Erster Nachtrag

zur Bekanntmachung des Oberbergamts Halle (Saale)

vom 1. August 1929 über die in seinem Bezirke zur Verwendung zugelassenen Sprengstoffe.

Auf Grund des 4. Nachtrags zur Liste der Bergbau⸗ sprengstoffe vom 25. August 1931 (Deutscher Reichs⸗ und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 206 vom 4. September 1931) treten in der Bekanntmachung des unterzeichneten Oberbergamts über die zur Verwendung zugelassenen Sprengstoffe nachstehende Aenderungen ein:

. a) Streichungen. Der Sprengstoff Wetter⸗Ammoncahücit B (lfd. Nr. B. 2) wird gestrichen. . b) Aufnahme von neuen Sprengstoffen.

MNachfolgende Sprengstoffe werden unter den ausgeführten Be⸗ dingungen sowie unter Beachtung der allgemeinen oder besonderen bergpolizeilichen Vorschriften zur Verwendung im Bergwerksbetriebe zugelassen:

I11 5

Be⸗ zeichnung des Spreng⸗

stoffes

Nr., unter welcher der Sprengstoff in die Liste ngetragen

ist V

Höchstlademenge für schlagwetter⸗ freie

Patronen⸗ durch⸗ messer

V 2

wendungs⸗ wetter⸗

Steinkohlen⸗ vbereich gruben 5 mm g

—₰ 8₰

KA. Gesteinssprengstoffe.

Calcinit l Kali⸗ und 28 und 30 Steinsalz⸗ V bergbau

B. Wettersprengstoffe.

30 und 35

Wetter⸗ gesamter Ammon⸗ Bergbau cahüctt 8 I V

Diese Bekanntmachung tritt mit dem Tage der Ver⸗

öffentlichung im Deutschen Reichs⸗ und Preußischen Staats⸗ anzeiger in Kraft. 8

Halle (Saale), den 9. Oktober 1931. 1 Preußisches Oberbergamt. J. V.: Ziervogel.

9„

Berichtigung.

„In meiner Verbotsverfügung vom 14. d. M. muß es heißen statt §§ 13 und 5 Ziffer 1: §§ 13 und 5 Ziffer 4 und statt §8 12, 1 Absatz 1 Ziffer 2: 88 12, 1 Absatz 1 Ziffer 1. 11“

Deutsches Reich.

Der Reichsrat hielt gestern unter dem Vorsitz des Staatssekretär Zweigert eine Vollsitzung ab, in der nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger der Gesetzentwurf über die Arbeits⸗ ruhe am 24. Dezember erledigt wurde.

Die Regierungsvorlage sieht grundsätzlich den einheit⸗ lichen 5ͤhr Ladenschluß Fe. ha. das sgelich 8 aber de bis 5 ¼ Uhr für Aufräumungsarbeiten beschäftigt werden darf. Das Austragen von Waren ist sogar bis 7 Uhr zu⸗

rr. 242 vom 16. Oktober 193

Marktverkehr. Nicht gelten soll das Gesetz allein für den Verkauf von Weihnachtsbäumen und für die Abgabe von Betriebsstoffen an Kraftfahrzeuge an Tankstellen. Ein An⸗ trag, auch den Zeitungsverkauf von der Regelung ganz aus⸗ zunehmen, wurde in den Reichsratsausschüssen ganz ab⸗ gelehnt. Ein weiterer Antrag, wenigstens den Straßen⸗ verkauf der Zeitungen bis 7 Uhr zuzulassen, fand gleichfalls keine Mehrheit. Die Regierungsvorlage sah weiter vor, daß 2 Schankstätten die Polizeistunde am Heiligabend 8 Uhr ein sollte. Die abersten Landesbehörden sollten eine spätere Schließung zulassen können bei starkem Reiseverkehr oder be⸗ ven. örtlichen 2—ö32 Diese Regelung ist von den eichsratsausschüssen abgelehnt worden. Es wurde als ein Nachteil für die Bevölkerung bezeichnet, wenn, namentlich für Ledige, später nicht mehr die Möglichkeit wäre, ein Heim aufzusuchen. Auch die Beschäftigungsmöglichkeit für Er⸗ werbslose wurde geltend gemacht. Dr. von Preger (Bayern) beantragte in der Voll⸗ sißung den allgemeinen L enschluß am 24. Dezember gegen⸗ über der Vorlage um eine halbe Stunde zu verlängern, also auf 5 ½ Uhr seäeseden und die Beschäftigung des Personals bis spätestens 6 Uhr zuzulassen.

Der Vertreter der Reichsregierung be⸗ antragte, die im Ausschuß gestrichene Bestimmung über die Schankstätten wieder herzustellen. Die von der Regierung vorgeschlagene Fassung trage allen berechtigten Anforde⸗ rungen Rechnung und lass die nötigen Ausnahmemöglich⸗ keiten offen. Den bayerischen Antrag bat er ebenfalls ab⸗ zulehnen.

Für den Antrag der Reichsregierung auf Wieder⸗ herstellung der Bestimmung über die chanttätten fand sich im Reichsrat keine Mehrheit. Dagegen wurde der bayerische Antrag über die Verlängerung des allgemeinen Ladenschlusses bis 5 bzw. 6 Uhr mit 47 gegen 19 Stimmen angenommen. Mit dieser Aenderung wurde die Vorlage vom Reichsrat an⸗ genommen.

Zustimmung fand eine Verordnung über Sprengstoffe, wonach in das Gesetz gegen den ver⸗

brecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Spreng⸗ stoffen neuaufgenommen werden Auslösevorrichtungen von Schlepphaken mit einem Knallsatz von nicht mehr als 2,0 Gramm bis zu 6 Kapseln je Schlepper. Die Vor⸗ richtungen sollen nur als Schießmittel in der Hand des Schiffsfhrers oder seines Beauftragten gelten.

Schließlich wurden die Durchführungsbestim⸗ mungen zu den 441Q en über die Steuer⸗ pflicht der öffentlichen Betriebe vom Reichsrat angenommen. Es wird bestimmt, daß die öffentlichen Be⸗ triebe, soweit ihr Betriebsvermögen 1930 mehr als 100 000 betragen hat, für die drei letzten vor dem 1. April 1931 ab⸗ geschlossenen Wirtschaftsjahre Erhebungsbogen auszufüllen haben. Diese Verpflichtung gilt auch für private und o. Betriebe, die den Vorsorgungsaufgaben ienen.

Stand der schwebenden Schuld des Deutschen Reichs.

In Millionen RM am 31. August 1931

1099,3 389,5 93,7 82,3

44 1669,2

am 30. Sept. 1931 1091,3 400,0 176,9 94,2

4,4 1766,8

.Unverzinsliche Schatzanweisungen. .Umlauf an Reichswechselll... 3. Kurzfristige Darlehen . . Betriebskredit bei der Reichsbank. Verpflichtungen aus früheren gpertc“

Anleihe⸗

Nachtrag. 54. Sitzung am 14. Oktober.

Die Rede, die der Rceichsfinanzminister Dietrich am Schluß der heutigen Beratung gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm, wie folgt:

Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat unter anderem hier das Problem erörtert, daß wir genötigt waren, durch Einstellung der öffentlichen Bautätigkeit das Baugewerbe mehr und mehr stillzulegen, und er ist davon ausgegangen, daß es nicht möglich sein werde, die deutsche Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, wenn man nicht an diesem Schlüsselgewerbe wieder ansetzt. Diese Tatsache ist nicht nur unbestreitbar, son⸗ dern sie ist auch wiederholt Gegenstand der Erörterungen inner⸗ halb der Regierung gewesen. Wir wissen sehr wohl, daß das Kernproblem sein wird, diese ungeheure Menge arbeitsloser Bau⸗ arbeiter wieder irgendwie in Beschäftigung zu bringen. Wir glauben aber nicht, daß wir an dem Punkte fortfahren können, an dem wir einstweilen aufgehört haben, nämlich bei dem städtischen Hausbau, weil wir der Meinung sind, die wir ja auch gelegentlich zum Ausdruck gebracht haben, daß wir in den Städten nicht weiter⸗ bauen können. Die Gründe kennen Sie alle. Sie liegen nicht nur darin, daß die Neubauwohnungen schwer zu vermieten sind, sondern auch darin, daß sich ein weiteres Heranziehen der Be⸗ völkerung aus dem Lande in die Städte im gegenwärtigen Augenblick keineswegs empfiehlt. Deshalb wird es nach unserer Auffassung notwendig sein, zu versuchen, die Bauarbeit, die in den Städten weggefallen ist, allmählich auf dem Lande wieder aufzuholen. So ist das ganze Problem der Siedlung, auch der städtischen Randsiedlung und wie diese Dinge alle heißen, ent⸗ standen, und, von diesem Gesichtspunkte ausgehend, hoffen wir auch, neue Möglichkeiten der Betätigung für das Baugewerbe zu finden, zumal dann, wenn etwa die Lage unserer Wirtschaft ge⸗ stattet, bald die nötigen Mittel dafür aufzubringen.

Meine Damen und Herren, ich habe mich nicht zum Wort gemeldet, um mich mit diesen Dingen des längeren und breiteren auseinanderzusetzen, sondern um zu den Darlegungen des Herrn Dr. Oberfohren Stellung zu nehmen. Ich habe leider den ersten Teil seiner Ausführungen nicht gehört, weil ich in einer Be⸗ sprechung gewesen bin, aber man hat mir gesagt, daß Herr

Kecsih Einbegri fen in die allgemeine Regelung sind auch Konsumvereine, Verkaufsstellen auf Eisenbahngelände und der

daß wir in den vergangenen Jahren 5 Milliarden neue Steuern ausgeschrieben hätten. Ich weiß nicht, woher Herr Dr. Ober⸗ fohren diese Zahl genommen hat; aber wenn man sich vergegen⸗ wärtigt, daß der Gesamtetat des Deutschen Reichs unter 10 Mil⸗ liarden liegt, dann ist nicht recht einzusehen, wo etwa 5 Milliarden neue Steuern untergebracht werden sollten. Es ist gar keine Rede davon, daß wir Steuern in dieser Höhe ausgeschrieben hätten. Ich will Sie nicht mit vielen Zahlen langweilen, aber doch sagen, daß sämtliche Steuer⸗ und Zollvorlagen seit April 1930 damals bin ich noch nicht Finanzminister gewesen; die erste große Vorlage ist von meinem Vorgänger vertreten worden zu⸗ sammen rechnungsmäßig einen Betrag von 1750 Millionen Mark ergeben sollten, wobei das eingerechnet ist, was auf die Gemeinden entfallen sollte, vor allem an Bürger⸗ und Biersteuer. Tatsächlich sind die Dinge, wie Sie wissen, anders verlaufen, insofern näm⸗ lich, als der Gesamtertrag der Steuern ungeheuer zurückgegangen ist. Wenn Herr Dr. Oberfohren den Fehlbetrag für das erste Quartal mit 434 Millionen angegeben hat, so wird das ungefahr stimmen. Wir haben keine Veranlassung, Zahlen zu bestreiten, die den Tatsachen entsprechen. Es ist aber dazu zu sagen, daß niemand ahnen konnte und auch tatsächlich niemand geahnt hat, wie die Entwicklung der Dinge in der Welt sich abspielen würde (Zurufe von den Kommunisten.) Kein einziger, weder in Deutsch⸗ land noch auswärts, hat irgendeine Ahnung davon gehabt, wie die Dinge sich entwickeln würden, als die Krise im letzten Früh⸗ jahr einsetzte. (Erneute Zurufe von den Kommunisten: Wir haben es Ihnen vorausgesagt!) Die Nervosität, die bekanntlich begonnen hat, als in unserem Nachbarland Oesterreich die dortigen Schwierigkeiten ausbrachen, hat in einem Tempo ihre Reise um die Welt gemacht, das niemand erwarten konnte. Wir haben aller⸗ dings in Deutschland Propheten, die alles ganz genau wissen. Es sind noch nicht einmal falsche Propheten, und zwar deswegen nicht, weil sie immer erst hintennach prohezeien. (Zuruf von den Kom⸗ munisten: Stalin hat es schon vorher gesagt!)

Ich darf Ihnen hier einige Zahlen sagen. Die Einkommen⸗ steuer einschließlich der Erträge aus Lohnabzug, Steuerabzug vom

nungsjahr 1929 mit 3026 Millionen aufgekommen. Das ist der tatsächliche Eingang. Das Aufkommen ist jetzt, von April bis einschließlich September, 562 +† 53 + 463 = 1079 Millionen Mark. Nach unserer neuen Schätzung kommen wir für das ganze Jahr auf etwa 2059 Millionen Mark. Das ist also allem bei der Einkommensteuer ein Rückgang um eine volle Milliarde. Noch sehr viel schlimmer ist es bei der Körperschaftssteuer ge⸗ gangen. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Haben wir alles vorhergesagt!) Alles haben Sie vorhergesagt! Die Körper⸗ schaftssteuer hat im Jahre 1929 558 Millionen Reichsmark be⸗

hier gegenseitig fortgesetzt vorwirft, man habe die Dinge nicht richtig gesehen. Man hat mir vor allen Dingen vorgeworfen, ich hätte die Dinge immer zu optimistisch gesehen. Meine sehr ver⸗ ehrten Damen und Herren, wenn ich im vergangenen Jahr auch so schwarz gemalt hätte, wie manche Leute, die sich besonderz national nennen, das getan haben, dann wären die Zustände noch sehr viel schlimmer, als sie heute sind. Mitte. Unruhe und Zurufe von der Rechten.)

Dann hat der Herr Abgeordnete Oberfohren Ausführungen in der Richtung gemacht ich habe es selber gehört, als ich eben hereinkam —, daß wir uns am 27. Juli 1930 Anleiheermächti⸗ gungen in Höhe von insgesamt 1767 Millionen Reichsmark hätten geben lassen. Ich glaube, diese Zahl hat er angegeben. Meine Damen und Herren, eine solche Darlegung ist absolut geeignet, die Bevölkerung und die Oeffentlichkeit irrezuführen; denn es ist gar keine Rede davon, daß wir 1767 Millionen Reichsmark etwat neu geborgt hätten, oder daß wir uns auch nur eine Ermächtigung hätten geben lassen, 1767 Millionen Reichsmark neu zu borgen, sondern wir haben die Anleiheermächtigungen aus den früheren Etats in diesem Etat zusammengerechnet, wie das üblich ist. Wir haben bekanntlich in den früheren Etats gewisse Dinge auf außer⸗ ordentliche Einnahmen (Anleihen) gestellt, und die Anleihen, die dort vorgesehen waren, sind nicht eingegangen, und weil sie nicht eingegangen sind, sind diese Anleiheermächtigungen weiter⸗ gelaufen, und so ist diese Anleiheermächtigung mit 1767 Mih. lionen Reichsmark in den Jahren 1926, 1927, 1928, 1929 in der Hauptsache entstanden. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß allein 850 Millionen Reichsmark dieser Anleiheermächtigung aus dem Etat des Jahres 1926/27 stammen. Im Jahre 1926/27 haben Sie von der Rechten das Kabinett geführt. (Heiterkeit und Sehr gut! bei den Sozialdemokraten und in der Mitte.) Dann haben wir 465 Millionen Reichsmark aus dem Jahre 1928 /29 übernommen. Außerdem haben wir den laufenden Kassenbedarf in diese Anleiheermächtigung mit 575 Millionen Reichsmark auf⸗ genommen. gestanden. So ist der Stand der Dinge.

Nun will ich Ihnen genau sagen, wie hoch die kurzfristige Verschuldung des Reiches ist. Die kurzfristige Verschuldung des Reichs hat am 1. April 1930 1938 Millionen Reichsmark be⸗ trvagen, am 1. Oktober 1930 1903 Millionen, am 1. April 1931 2002 Millionen und am 1. Oktober 1931 1767 Millionen Reichs⸗ mark. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Sehen Sie, so schlecht haben wir im vergangenen Jahre gewirtschaftet! Es ist also direkt gefährlich für ein Volk und einen Staat, wenn der⸗ artige Dinge unwidersprochen in das Land hinausgingen. Von alledem, was Herr Oberfohren hier behauptet hat, daß wir in jener Höhe Schulden gemacht hätten, ist nicht ein Wort wahr⸗ (Lebhafte Rufe in der Mitte und bei den Sozialdemokraten⸗ Hört, hört!) Schulden haben wir überhaupt nicht erhöht, sondern wir haben den Schuldenstand in dieser Situation stark ver⸗ ringert. (Zuruf rechts: Neue Steuern sind geschaffen worden! Das habe ich ja gar nicht bestritten. Das habe ich alles ein⸗ gangs gesagt.

Nun glaubt Herr Oberfohren einen besonders heftigen Vor⸗ wurf mir machen zu sollen. Auf den überheblichen Ton, in den er das gesagt hat, einzugehen, will ich mir versagen; denn es it eine Sache, auf die es sich einzugehen nicht verlohnt. Cher

holte Zurufe des Abgeordneten Dr. Keiner. Glocke des Präft

Dr. Oberfohren unter anderem die Behauptung aufgestellt hat,

denten.) Es ist dies die Frage, wie es in den Gemeinden aus⸗

Kapitalertrag und sonstige Einkommensteuern, war im Rech⸗

tragen, und wir haben sie gegenwärtig noch mit 300 Millionen 6 Reichsmark veranschlagt. Es hat gar keinen Zweck, daß man sich

(Zustimmung in der

Das hat sogar schon vor dem Kriege in dem Etat

Hand zu verbergen ...

1“ 3 . 8 9 * 8 4 WI1“ Neichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 242 vom 16. Oktober 1931.

sieht. Er hat gesagt, ich hätte damals bei der Pressekonf- 1, auf die ich nachher noch zu sprechen kommen werde, erklärt, daß der größte Seil der deutschen Gemeinden in Ordnung set. Wir haben etwa 55 000 Gemeinden in Deutschland. Ich habe diese Zahl vor der Presse im Laufe des Gesprächs genannt. Ich lann mich für 500 mehr oder weniger nicht genan einsetzen. Das ist auch belanglos. Ich habe gesagt: Man sieht immer nur diejenigen Gemeinden, die in Not sind, z. B. Berlin, Köln, Frankfurt am Main, aber man sieht nicht, daß das Großteil der deutschen Gemeinden noch in Ordnung ist. (Lebhafte Rufe rechts: Noch!) Jawohl, noch, und auch in Ordnung bleiben wird. (Erneute Zurufe rechts.) Ich habe allerdings gesagt: Es sind höchstens 2000 bis 3000 Gemeinden, die wirklich in Schwierigkeiten stecken.

So herum geht es also nicht, und auf diese Weise kann man dem deutschen Volk nicht nützen, sondern nur ungeheuer schaden.

Dann hat der Herr Abgeordnete Oberfohren noch davon geredet, daß wir den Mittelstand ganz besonders vernachlässigten. Ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang gerade dieser Gedanke von Herrn Oberfohren dargelegt worden ist. Ich glaube aber, daß es gerade diese Regierung gewesen ist, die in aller Schärfe begriffen hat, wo die Reise in Deutschland hingeht. Wir haben es auch ganz offen ausgesprochen. Wir haben an den ungeheuren Sorgen, die uns die Großbanken und auch andere Wirtschafts⸗ kreise verursacht haben, deutlich erkannt, wie gefährlich diese ungeheuren Konzerne für eine Wirtschaft dann werden, wenn diese Wirtschaft in solche Schwierigkeiten hineingerät, wie das gegenwärtig der Fall ist. Wir haben offen ausgesprochen, daß das heutige Fundament der deutschen Finanzgebarung, der deutschen Wirtschaft, wieder der selbständige Unternehmer ist, und daß wir diesen selbständigen Unternehmer in jeder Form unterstützen müssen.

Wenn man uns nun vorwirft, wir hätten gerade den Groß⸗ banken geholfen, dann muß ich dazu sagen, daß wir die Groß⸗ banken gar nicht kopfüber gehen lassen konnten, weil sonst das ganze Wirtschafts⸗ und Kreditgebäude in Deutschland zusammen⸗ gebrochen wäre. Es ist uns nicht eingefallen, etwa das zu garantieren, was Sie bekämpfen, nämlich diejenigen zu schützen, denen die Aktien dieser Bank gehören. Nirgendwo ist irgendeine

Garantie für das Vermögen der Aktionäre der Danatbank oder

der Dresdner Bank oder der Schröder⸗Bank übernommen worden. Das muß ich hier feststellen. (Zurufe rechts.) Das sind doch aber die Bank⸗ und Börsenfürsten, von denen Sie reden. (Zuruf rechts: Mit denen haben wir nichts zu tun, die sind doch in Ihrer Partei!) Schauen Sie sich einmal im Hause um, wo die Bank⸗ und Börsenfürsten sitzen, Sie werden keinen einzigen bei der Staatspartei finden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, man muß das einmal aussprechen. Wir sind an einem Punkt, wo wir in gewissen Sinne den Rückweg von den großen Gebilden zu den selb⸗ ständig wirtschaftenden und verantwortlichen Menschen antreten mussen, wenn wir überhaupt durch die Misere der Zeit hin⸗ durchkommen wollen. Hier ist eine der größten Schwierigkeiten unserer Lage.

Nun muß ich mich noch einmal mit der leidigen Affäre beschäftigen, die sich im Anschluß an die Rede äbgespielt hat, die Herr Schacht in Harzburg gehalten hat. (Zuruf rechts: Ist Ihnen wohl unangenehm?) Nein, es ist mir gar nicht un⸗ angenehm. Es ist nur im Interesse des deutschen Volkes unangenehm, nicht nur, daß sich diese Sache abgespielt hat, sondern auch, daß wir sie hier noch debattieren müssen. Ich werde Ihnen gleich auseinandersetzen, wie das gewirkt hat. Es ist zunächst behauptet worden, wir hätten die Verbreitung dieser Rede untersagt. Nun, davon kann gar keine Rede sein, sondern über diese. Rede hat die Presseabteilung der Reichs⸗ regierung mit der Telegraphen⸗Union gesprochen, ohne auf sie irgendwelchen Druck auszuüben, und die Telegraphen⸗Union hat dann in ihrem Bericht das muß man hier offen aussprechen die Ausführungen, die Herr Schacht dort gemacht hat, aus freien Stücken gemildert. (Unruhe rechts. Hört, hört! links.) Ich stehe nicht an, hier auszusprechen, daß die Telegraphen⸗Union sich damit ein Verdienst um das deutsche Volk erworben hat, daß sie diese Nachrichten nicht in der Schärfe hinausgegeben hat, wie sie ursprünglich in dem Bericht gestanden haben, und daß noch Zeit war, rechtzeitig dem, was dort in Harzburg gesagt worden ist, zu widersprechen. (Unruhe und Zurufe rechts.)

Nun handelt es sich hier um zwei Dinge. Ich habe hier das Original des Berichtes über die Rede Schachts von der Tele⸗ graphen⸗Union erhoben, und ich habe es genau mit dem ver⸗ glichen, was Herr Oberfohren hier auf den Tisch des Hauses gelegt hat. Soweit ich in der Eile sehen kann, sind keine Unter⸗ schiede in der Darstellung. Es ist mir auch gesagt worden, daß das schon deswegen so sei, weil Herr Schacht diesen Auszug aus seiner Rede vorher an die Presse herausgegeben habe. Ich

kann die Richtigkeit dieser Behauptung nicht beurteilen und

nachprüfen. Nun sagt Herr Dr. Schacht in seiner Harzburger Rede: eeine Arbeitslosigkeit, die mit ihren hohen Ziffern zur Dauererscheinung wird, eine Verschuldung im Inlande, die in täglich wachsenden Konkurszahlen zum Ausdruck kommt, eine Verschuldung an das Ausland, die eine Rückzahlung bei Fälligkeit ausschließt, eine Währung, die nicht mehr dem regulären Warenverkehr dient, sondern nur noch dazu, die Illiquidität unserer Finanzinstitute

12

(Lante Zustimmung rechts.) 8 Nun, ich darf mich gleich zu diesem Satz äußern. Zu diesen Zweck zitiere ich wörtlich das, was ich in der Pressekonferenz am am vergangenen Montag dazu ausgeführt habe. Ich habe offen erklärt: Wenn gesagt worden ist, daß die Reichsbank benutzt worden sei, um die Illiquidität der öffentlichen Hand zu verbergen, so ist das ein geradezu unerhörter Vorwurf, der durchaus auf Unwahrheit beruht und geeignet ist, dem Deutschen Reich, den deutschen Finanzen und dem deutschen Volke aller⸗ schwersten Schaden zuzufügen.

(Lebhafte Zustimmunge bei den Sozialdemokraten und in der

und der öffentlichen

S. 3

Zu diesem Satz, meine Damen und Herren, stehe ich auch heute noch, und ich denke gar nicht daran, ihn irgendwie abzu⸗ mildern. Der Schaden, der aus den Ausführungen des Herrn Schacht entstanden ist, ist heute gar nicht zu übersehen. (Sehr wahr! links und in der Mitte.)

Wenn in den Darlegungen des Herrn Dr. Schacht von der Illiquidität der öffentlichen Hand die Rede war, so stelle ich noch einmal fest, daß das Reich die Reichsbank in Wirklichkeit nicht mit einem Pfennig in Anspruch genommen hat. Doch nicht nur das; ich habe bereits vorhin den Nachweis geführt, daß das Reich die Reichsbank nicht nur nicht in Anspruch genommen, sondern daß wir dem Geldmarkt fortlaufend erhebliche Summen aus Reichsmitteln durch Rückzahlung kurzfristiger Kredite zuge⸗ führt haben. Wenn in einem solchen Augenblick der Anschein er⸗ weckt wird, als ob das Reich seinerseits zur Illiquidität der Reichsbank beigetragen hätte, so ist das ein Vorgang und ein Vorgehen, das man nicht scharf genug tadeln und anprangern kann. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Und die Wechsel⸗ reiterei2²) Kommt alles noch! Warten Sie nur ab! Haben Sie nur ein bißchen Geduld; ich kann nicht alles auf einmal sagen!

Herr Schacht sagt an einer andern Stelle seiner Harz⸗ burger Rede:

Insbesondere ist unsere finanzpolitische Lage in Wirklichkeit

stets viel ungünstiger gewesen als sie dem Publikum suggeriert worden ist, und ist es noch heute. Unsere auswärtige Ver⸗

schuldung beispielsweise ist wesentlich höher, als sie im

Baseler Bericht dargestellt worden ist. Und nun kommt das Entscheidende:

Aber niemand wagt es, das öffentlich zu sagen. Aus Angst,

daß das Publikum nervös werden könnte, sagt man ihm nicht,

daß das Reichsbankportefeuille nur noch zu einem Bruchteil aus reichsbankfähigen Wechseln besteht, und man schließt in die Berechnung der Golddeckung einige hundert Millionen geliehener Devisen ein, die in Kürze zur Rückzahlung fällig sind. (Sehr richtig! rechts.) Man übersieht, daß die Un⸗

wahrhaftigkeit der schlechteste Werber für Vertrauen ist, im

Inland wie im Ausland.

(Erneute lebhafte Zustimmung rechts.) Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Tatsachen, die Herr Schacht hier erwähnt hat, sind der Oeffentlichkeit allgemein bekannt, und daher hätte es Herr Dr. Oberfohren nicht nötig gehabt, mich hier zur Stellung⸗ nahme aufzufordern. Ich habe bereits in der Pressekonferenz am vergangenen Montag das Nötige hierzu ausgeführt. Ich habe insbesondere dargelegt, jedermann wisse, und es sei auch neuerdings wieder Gegenstand von Verhandlungen gewesen, daß die Reichsbank einen Rediskontkredit von 100 Millionen Dollar in Anspruch genommen hat. Das ist eine Tatsache, die die Spatzen nachgerade von den Dächern pfeifen. Die Bank von England beispielsweise hat einen weit höheren Rediskontkredit in Anspruch nehmen müssen.

Ich habe weiter ausgeführt, daß die Golddiskontbank einen Kredit von 50 Millionen Dollar in Anspruch genommen habe. Nun, diesen Kredit hat niemand anders bereitstellen lassen als Herr Schacht selbst, als er noch Reichsbankpräsident war, und zwar für den Fall einer Not. (Sehr richtig! bei den National⸗ sozialisten und Zurufe: Für den Fall einer Not!) Jedermann hat diese Dinge gekannt; sie sind durchaus kein Geheimnis. Zu diesem Zweck haben wir auch die Akzeptbank gegründet (Zurufe rechts: Um Wechsel zu reiten!), um die eingefrorenen Kredite bei der Danatbank, der Dresdner Bank und bei den Sparkassen wieder liquide zu machen. Zu diesem und zu keinem anderen Zweck haben wir die Akzeptbank gegründet. Was soll diese Dar⸗ stellung in der Oeffentlichkeit bezwecken? Ich will Ihnen sagen, wie sie in der Oeffentlichkeit gewirkt hat. Ich habe die aus⸗ ländische Presse zum Teil mitgebracht. Hier steht als Ueber⸗ schrift in einer dänischen Zeitung: „Die Deutsche Reichsbank insolvent“ mit einem großen Fragezeichen. In einer schwedischen Zeitung steht: „Die Deutsche Reichsbank ist bankerott, sagt Dr. Schacht.“ Hier steht abermals: „Die Deutsche Reichsbank ist bankerott. Ist diese Nachricht richtig?“

Nun kommt das Tollste, was überhaupt passiert ist. Die „Times“ in London hat eine Darstellung dieser Dinge gebracht, in der sie schreibt:

Dr. Schacht, welcher der Inhaber des höchsten finanziellen

Postens in diesem Lande gewesen ist, hat eine Rede gehalten,

die darauf berechnet war, zu zerstören, was noch an deutschem

Kredit übriggeblieben war.

(Hört, hört! in der Mitte und bei den Sozialdemokraten Zurufe rechts.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie notwendig es war, daß ich Wan dem Montagmorgen gegen diese Dinge aufgetreten bin, so sind es diese Nachrichten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können auf eine Regierung schimpfen, soviel Sie wollen, Sie können eine Regierung herunterreißen, soviel Sie wollen; das ist eine Frage des Geschmacks und der Erziehung. Aber was Sie nicht dürfen, das ist, die Dinge zu tun, die das deutsche Volk in seinem wirtschaftlichen Bestande ruinieren. (Händeklatschen in der Mitte. Zurufe rechts.)

Was notwendig ist, um Ordnung zu schaffen, das ist die Wiederherstellung einer Atmosphäre des Vertrauens in Deutsch⸗ land und mit dem Ausland. Das ist das Problem, um das es sich handelt. Aber die Methoden, wie die Dinge hier behandelt werden, sind nicht nur geeignet, die Wiederherstellung des Kredits im Inlande zu gefährden, sondern sie zerstören den deutschen Kredit im Ausland. (Zuruf von den Deutschnationalen: Sie haben keinen Kredit mehr! Glocke des Präsidenten.) Bei

uns in Deutschland macht man in solchen Zeiten statt einer

Politik des Staates eine Politik der Parteien, und das nennt man nachher national. (Sehr gut! in der Mitte.) Die Frage ist aber gegenwärtig nicht, welche Partei siegt, sondern ob der Staat sich behauptet. Das Wesen einer Nation besteht darin, daß in Stunden höchster Gefahr, wie der Herr Reichskanzler gestern ge⸗ sagt hat, Deutschland sich zusammenschließt und gemeinsam um seinen Bestand kämpft, nicht aber sich gegenseitig den Schädel einschlägt. (Bravo! und Händeklatschen in der Mitte.)

Herr Oberfohren hat sich zu dem Satz verstiegen, wir hätten den Internationalismus zur Grundlage der Staatsführung ge⸗ macht. (Zurufe von den Deutschnationalen: Jawohl!) Meine

sehr verehrten Damen und Herren, wir treiben nur deutsche Politik. (Lachen rechts.) Wir machen nichts, was den Interessen des deutschen Vaterlands zuwiderläuft, aber wir wissen, daß die internationale Verbundenheit nicht einfach gelöst werden kann. Wir wissen, daß wir unser Volk nur durchhalten und ernähren können, wenn wir diese internationale Verbundenheit wirtschaftlich und finanziell durchtragen können. Das ist das Problem, und in diesem Sinne allerdings nehmen wir Rücksicht auf das, was wir mit dem Ausland zu tun haben. (Zurufe von den National⸗ sozialisten. Glocke des Präsidenten.) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer Politik im luftleeren Raume macht (Zurufe von den Nationalsozialisten: die machen Sie!), ich sage: wer von den diesen Dingen, von diesen Verbindungen abstrahieren will, der macht eine Politik, die nicht den Namen national ver⸗ dient, sondern eine Politik, die das Volk gefährdet und nicht national ist. (Bravo! und Händeklatschen in der Mitte. Lärmende Zurufe von den Nationalsozialisten und den Deutsch⸗ nationalen)

8

55. Sitzung vom 15. Oktober 1931. (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.) Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 1 Uhr.

Vor Eintritt in die Tagesordnung erhebt Abg. Becker⸗ Breslau (Komm.) Einspruch gegen die Betriebs⸗ einstellung auf der Wenzeslaus⸗Grube bei Neurode und verlangt die Beratung eines Antrags, wonach die Wenzeslaus⸗Grube beschlagnahmt und den Arbeitern und Angestellten zur eigenen Bewirtschaftung übergeben werden soll. Aus Reichsmitteln sollen 2 Millionen Mark zur Ver⸗ fügung gestellt werden.

Für die Aufsetzung dieses Antrags auf die Tagesordnung stimmen nur die Kommunisten, und ebenso findet ein weiterer Antrag auf Verbindung des Antrags mit der Besprechung der Regierungserklärung nur die Unterstützung der Kom⸗ munisten.

In der fortgesetzten Aussprache über die Re⸗ gierungserklärung erhält zunächst Abg. Simpfendörfer (Christl. Soz.) das Wort. In einem Augenblick, wo die Flut der Arbeitslosigkeit in unheim⸗ licher Weise ansteigt, wo die Wirtschaft zusammenzubrechen droht, hat Deutschland den Entscheidungskampf um Recht und Freiheit zu führen. In solcher Lage sehen wir bei den anderen Völkern die stärkste Konzentration aller aufbauwilligen nationalen Kräfte. In Deutschland glaubt man aber in furchtbarer Ver⸗ blendung gerade jetzt den Endkampf um die innerpolitische Machtverteilung ausfechten zu sollen. Dabei geht es heute nicht nur um die letzten Grundlagen des staatlichen und wirtschaft⸗ lichen Seins des deutschen Volkes. Dieser Kampf könnte leicht bestanden werden, wenn unser Volk sich nicht gleichzeitig in einer furchtbaren seelischen Krise befände einer Krise, die ihren Ursprung hat in der fortschreitenden Zerstörung der religiösen und gittlichen Grundlagen unseres Volkes und seines Staates. Wir vom Volksdienst halten daher alle Versuche der Rettung für aussichtslos, die sich nicht orientieren an den ewigen göttlichen Gesetzen. Nur Staatsmänner, die aus letzter Bindung an diese Jeseee und aus letzter Verantwortung vor Gott heraus handeln, werden unserem Volke den Weg aus der

rise zeigen können. Wir fordern darum eine Politik, die sich aus solcher n heraus der politischen Wirklichkeit stellt und den Mut hat, aus den Notwendigkeiten dieser Wirklich⸗ keit die im Interesse der Gesamtheit liegenden Folgerungen zu ziehen. Außenpolitisch stehen wir heute noch einem System von Verträgen gegenüber, die Deutschlands politische und wirt⸗ schaftliche Knechkung bedeuten, und deren unmoralische Grund⸗ lagen die tiefste Ursache des heutigen Weltelends sind. Deshalb fordert der Volksdienst eine Außenpolitik, die alle Kräfte der

Nation in den Dienst der nationalen Befreiung stellt, die ziel⸗ bewußt und zäh Tag und Nacht nur dem einen Gedanken dient, unser Volk wieder frei zu machen und ihm Achtung und Gleich⸗ berechtigung unter den Großmächten zu erkämpfen. Wir wissen, daß man solche Zeit nicht durch Deklamationen oder Demon⸗ strationen erreichen kann, sondern nur durch mutige und ent⸗ schlossene Tat. Nur solcher Politik kann der Volksdienst seine Unterstützung leihen. Seit der Annahme unseres Antrages auf Einleitung von Revisionsverhandlungen haben sich außenpolitisch

ewaltige Umwälzungen vollzogen. Der Redner erinnert an die

Initiative des Präsidenten der Vereinigten Staaten auf repara⸗ tionspolitischem Gebiete und erklärt, die noch vor wenigen Mo⸗ naten starr und undurchdringlich erscheinenden außenpolitischen Fronten seien in Bewegung geraten und neue Gruppierungen im Werden begriffen. In der öffentlichen Meinung Englands und Amerikas, so betont er, hat sich in den letzten Monaten ein gewaltiger Umschwung zugunsten Deutschlands angebahnt und schon teilweise vollzogen. Gewiß bedeutet der Rückzug in der ““ eine böse Schlappe. Aber schon greifen die

olgen der eltwirtschaftskrise auch auf Frankreich über.

schwere und große Aufgaben stehen dem deutschen Volke in der

Rebistonspolittt noch bevor. Nichts wäre verfehlter, als im gegenwärtigen Augenblick durch vorzeitige Lösung die Zukunft Deutschlands zu verschachern. Der Sieg im Revisionskampf wird eine Frage der stärksten Nerven sein. Leider haben wir in der Regierungserklärung eine Stellungnahme zur Abrüstungsfrage vermißt. Wir erwarten, daß die Regierung das anerkannte Recht Deutschlands auf Abrüstung der anderen Mächte mit letzter Ent⸗ schlossenheit vertritt. Der Erfolg in dem schweren Kampf des deutschen Volkes um Freiheit und Recht kann nur durch gerechte Verteilung der dem Volke aufzuerlegenden Lasten und durch das gute Beispiel des Opfers von seiten der führenden Schichten gesichert werden. An den Notverordnungen der Regierung haben wir schärfste Kritik zu üben gehabt. Man hat die Lasten immer mehr und mehr auf die schwachen Schultern abgewälzt. Wir be⸗ grüßen es, daß die neue Notverordnung wenigstens in etwas die Ungerechtigkeit der Notverordnung vom 5. Juni beseitigt. Auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik fordert der Volksdienst rasches und energisches Durchgreifen gegenüber dem Kartellwesen. Da muß entschlossener zugefaßt werden. Die notwendige An⸗ passung der Lohntarife kann nur verchgeführt werden bei gleich⸗ eitiger Inangriffnahme der Kartellfrage. Eine planvollere irt⸗

aftsführung, die im höchsten Sinne des Wortes Volkswirk⸗

haft sein muß, ist das Gebot der Stunde. Die Arbeiterschaft muß als gleichberechtigter Faktor neben Unternehmer und Kapital in den Produktionsprozeß eingegliedert werden. Der Volksdienst steht im Ringen der Arbeiterschaft um die gesell⸗ schaftliche, eeesae und politische Gleichberechtigung an der Seite der Arbeiterschaft. Die * der landwirtschaftlichen Ver⸗ edlungsproduktion ist katastrophal. Wird nicht sofort Abhilfe icaßsen. dann ist der auf Veredelungsproduktion eingestellte ge des Bauernstandes nicht mehr zu retten. Die Regierur

muß die staatliche Autorität mit allen Mitteln festigen und si

mit letzter Entschlossenheit bei der Lösung der ungeheuren wirt⸗ schaflichen und politischen Probleme einsetzen. Eine Diktatur, die versuchte, durch Terrorisierung großer Volksteile sich durch⸗ zusetzen, müßte in Deutschland kläglich scheitern. Innenpolitisches g und außenpolitische Knechtschaft; wäre ihr Ende. Zu solcher Politik wird der Volksdienst die Hand nicht bieten. Der

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