Reichs⸗ und Staatsauzeiger Nr. 19 vom 23. Januar 1932. S. 2
barem Gelde sechs bis achtmal soviel gezahlt, wie es an unsere inneren Kriegsgläubiger und viermal soviel wie für den gesamten staatlichen normalen Schuldendienst im Innern, einschließlich der Nachtrie gs⸗ schulden. Wären unsere hohen Steuern 1 da, den Zinsendienst iner inneren Schuld von 100 Milliarden Keichsmark zu sichern, so wäre die Höhe der deutschen Tteuern nicht von so katastrophaler Wirkung, wie es jetzt der Fall ist. Aber leider können daraus Zinsen nur für 10 Milliarden innere Staatsschulden entnommen werden. Dabei sind die deutschen Steuern, wie auch in Basel anerkannt wurde, zu hoch. Das Programm der Steuersenkung lonute eer Steuerrückgänge nicht ausgeführt werden. Zwar wurden di Realsteuern reichsgesetzlich gesenkt und einige Erleichterungen für die Landwirtschaft geschaffen, aber weit höhere neue Abgaben wurde zsätzlich erhoben: Zuschlag zur Einkommensteuer, Ledigensteuer, Krisensteuer, Aufhebung der Lohnsteuerrückzahlungen, Erhöhung von Zöllen, Verdoppelung der Zuckersteuer, mehr als Verdoppelung der Umsatzsteuer, Bürgersteuer und Getränkesteuer der Gemeinden usw. Diese Erhöhungen haben für das Verhältuis von Reich und Ländern eine eigentümliche Wirkung gehabt. Die Steuern, an denen die Länder nicht beteiligt sind, sind im Gesamtergebnis ni gefalen, sondern gestiegen (abgesehen von der Reichsbahn⸗ und Industriebelastung für die Reparationen), ebenso die Zölle und Ver⸗ branchsabgaben und die Gewinnanteile des Reichs miit Rücksicht auf die höheren Ablieferungen der Reichspost: I1 (in Millionen RM)
1931 1930 1928 1926
Steuern ohne Länderbeteiligung. „ 1203 1178 1038 Zölle und Verbrauchsabgaben ohne weeeeeö] Gewinnanteile (Reichspost, Reichsbahn, Reichsbank, Reichsdruckerei) 2908 231 zusammen 4184 3994 3890 3354 Die Steuern und Abgaben, an denen die Länder beteiligt sind, sind dagegen seit 1928 stark gefallen: (in Millionen RM) 1931 1930 1928 1926
2623 * 2481
gen M. en nicht in en. Sobald hier 8egh. — erfolgt ist, .üEe. das Pr. der Wohlfahrtserwerbslosenlasten zum stand weiterer Ver⸗ handlungen im Reichsrat zu machen.
Darauf wurde die Entschließung ohne weitere Aus⸗ sprache einstimmig angenommen.
Der Reichsrat genehmigte weiter die deutsche Arzneitaxe für 19232. Die wesentlichste Aenderung
egen 1931 ist die Herabsetzung des Verdienstzuschlages des othekers von 75 auf 64 Prozent und des den Kranken
in gewährenden Rabatts von 10 auf 7 Prozent. Weiter
wird die Pfennigrechnung im Arzneihandel eingeführt.
Der anntmachung der neuen Fassung des Um⸗ satzsteuergesetzes, das durch Notverordnungen mehr⸗ fach geändert worden ist, wurde zugestimmt, ebenso der bereits in Kraft getretenen Aenderung der Gebührenordnung für die Prüfung von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugführern,
hrern usw.
Die Vorlage über die Zulassung ausländischer Landarbeiterim Jahre 1982 wurde von der Tages⸗ — abgesetzt, da die Ausschußarbeiten noch nicht beendet
ind.
——
Der Gesandte von Uruguay Dr. Cosio hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt Legations⸗ sekretär Giuceci die Geschäfte der Gesandtschaft. 8
Die Deutsche Arzneitaxe 1932 erscheint Ende Januar 1932 im Verlag der Weidmannschen Buchhandlung in Berlin SW 68, Jemeerrese 94, und ist zum Preise von 2,50 RM für das Stück erhältlich.
Abgaben mit Länderbeteiligung 2707 26327 55755 5576 also 1931 gegen die Borjahre — — 857 — 1258 + 191
Das Weniger entfällt fast ganz auf die Länder, nämlich gegenüber 1930: — 730, gegen 1928: — 1102 und sogar gegen 1928: — 299 Millionen, dagegen auf das Reich gegen 1930: nur — 127, gegen 1928: — 156 und gegen 1926 sogar + 490 Millionen. Die Unter⸗ schiede gegen 1930 und 1928 werden beim Reich durch den Mehr⸗ ertrag bei den anderen Abgaben mehr als ausgeglichen, während bei den Ländern die Senkung der Realsteuern das Uebel verschlimmert. Das Reich hat infolgedessen seinen Haushalt für 1921 in Schätzungen vom Dezember vorläufig ausgleichen können und ebenso seinen Ent⸗ wurf für 1932, dabei sogar eine außerordentlich hohe (von 420 Millionen auf 870 Millionen erhöhte) Tilgung schwebender Schulden vorgesehen, während die Länder sich sowohl für 1931 wie auch für 1932 trotz ihrer radikalen Abstriche höheren Fehlbeträgen gegenüber⸗ sehen und an Tilgung der Fehlbeträge von 1930 und 1931 im nächsten Jahre gar nicht denken können. Ebenso können viele Gemeinden durch Rückgang der Ueberweisungen bei stark steigenden Wohlfahrts⸗ lasten sich nicht mehr helfen. Die Ausschüsse halten daher eine anders⸗ artige gemeinschaftliche Disposition für 1932 für notwendig. Sie sind sich dabei klar darüber, daß die Schätzungen auch für das Reich wegen der eingetretenen weiteren Verschlechterung inzwischen über⸗ holt sind, aber die weiteren Rückgänge treffen wiederum zum großen Teil auch die Länder und Gemeinden. Die Gesamtlage Deutsch⸗ lands ist daher noch erheblich schlechter als der Haushalt des Reichs für sich allein sie zeigt. Auch ohne Reparationen steht Deutschland noch phantastischen Schwierigkeiten gegenüber. Keine der bisherigen Maßnahmen hat insbesondere die Zahl der Erwerbslosen ver⸗ mindert. Sie ist immer weiter gestiegen von 4,4 Millionen Ende 1930, auf 5,7 Millionen Ende 1931. Der Prozentsatz der Unter⸗ stützten, der auf das letzte Stadium der Unterstützung, die Wohlfahrts⸗ pflege der Gemeinden, entfätlt, ist von 21 vH im Durchschnitt 1930 auf 35,6 vH Ende November 1931 gestiegen.
Namens der Ausschüsse habe ich zu beantragen: A) von dem vorgelegten berichtigten Reichshaushalt für 1931 Kenntnis zu nehmen, B) folgender von den Ausschüssen einstimmig angenommenen Ent⸗ schließung zuzustimmen:
I. Der Reichsrat stellt fest: 1. Der Einnahmerückgang in der Gesamtsumme der Steuern, Zölle und Verbrauchsabgaben des Reichs gegenüber den Vorjahren trifft, wenn man von der Industrieumlage und der Reparationsabgabe der Reichsbahn absieht, nicht das Reich, sondern bisher ausschließlich die Länder und Gemeinden, und zwar in Höhe von 34 Milliarde Reichsmark gegen 1930 und von mehr als 1 Milliarde Reichsmark gegen 1928, während sich beim Reiche wegen der Vorwegbezüge der Ledigensteuer, des Zuschlags zur Ein⸗ kommensteuer und der Krisensteuer und wegen der übrigen Erhöhungen Rückgänge und Mehreinsätze die Wage halten. 2. Infolge des Rück⸗ ganges dieser Ueberweisungen und der eigenen Steuern, infolge der Ausfälle bei den Forsten usw. sowie infolge der reichsgesetzlichen Beschränkung der Realsteuern ergeben sich bei den Ländern trotz strengster Einschränkungen noch große Fehlbeträge sowohl für 1931 (z. B. in Preußen ohne Anleihehaushalt 170 Millionen) als auch im Entwurfe für 1932 (in Preußen 150 bis 200 Millionen) und keine Möglichkeiten, 1932 Tilgung schwebender Schulden einzusetzen, während das Reich den Haushalt für 1931 und den Entwurf für 1932 vorläufig gedeckt und dabei für 1932 eine von 420 auf 870 Millionen erhöhte Tilgung schwebender Schulden vorgesehen hat. Die Haushaltsansätze des Reichs sind zwar durch die weitere ungünstige Entwicklung überholt; diese trifft aber in gleichem Maße auch die Länder und Gemeinden. 3. Infolge Steigerung der Zahl der Er⸗ werbslosen in Verbindung mit der Tatsache, daß von ihnen die Ge⸗ meinden als Wohlfahrtserwerbslose nicht mehr 21 vH, wie im Jahres⸗ durchschnitt 1930, sondern etwa 35,6 vH (Stand vom November 1931) ganz, und in der Krisenfürsorge nicht mehr 14,7, sondern 32,7vH zu einem Anteil unterstützen müssen sowie in Verbindung mit der erwähnten Kürzung der Steuerüberweisungen behalten auch viele Gemeindehaushalte für 1931 und 1932 große Fehlbeträge, deren Deckung nicht möglich ist. Die zusätzliche Ueberweisung des Reichs an die Gemeinden von 230 Millionen Reichsmark für Wohlfahrts⸗ lasten reicht demgegenüber nicht aus. Trotzdem hat das Reich im nächsten Jahre nur noch eine Ueberweisung von 50 Millionen vor⸗ gesehen.
II. Der Reichsrat ersucht die Reichsregierung, im Interesse einer geordneten Finanzwirtschaft bei der Aufstellung des Haushalts für 1932 auf diese Tatsachen Rücksicht zu nehmen. Er ersucht die Reichs⸗ regierung insbesondere, an Stelle der für 1932 für das Reich allein vorgesehenen erhöhten Schuldentilgung in den Reichshaushalt von 1932 für das Reich nur die bereits sehr hohe gesetzliche außerordent⸗ liche Schuldentilgung von zusätzlich 420 Millionen Reichsmark einzu⸗ stellen und die darüber hinausgehenden Beträge den Ländern und Gemeinden zur Vermeidung oder Deckung von Schulden zuzuweisen, um zu verhindern, daß Länder oder Gemeinden zusammenbrechen, oder daß eine wir schaftlich untragbare und im Gegensatze zur Preis⸗ senkungspolitik stehende Anspannung weiterer Steuern in Ländern und Gemeinden ersorderlich wird, noch bevor sich der Erfolg der bisherigen Aktionen auswirken kann.
Die Entschließung wurde einstimmig angenommen.
Min.⸗Dir. Zarden vom Reichsfinanzministerium gab
auf folgende Erklärung ab:
Die Reichsregierung verkennt die Bedeutung des Problems der Wohlfahrtserwerbslosenlasten, um die es sich wenigstens zum Teil in der Entschließung handelt, nicht. Sie hat das im Gegen⸗ teil durch verschiedene Maßnahmen auf diesem Gebiet im Laufe des letzten Jahres zum Ausdruck gebracht. Die Reichsregierung kann aber im Hinblick insbesondere auf die lärten außen⸗
schen Verhältnisse im Augenblic eine Erweiterung der
270. Sitzung vom 22. Januar 1932. (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Bor Eintritt in die Tagesordnung der hentigen Sitzung des Landtags wendet L-2 dahn (Soz] gegen die kürzlich im Landtag vom Abg. zulz⸗Neukölln (Komm.) aufgestellte up⸗ tung, ein führendes Mitglied der Hamburger S. P. D. habe den Ausdruck geprägt: „Lieber Nazi als ein Kommunist!“ Abg. Bugdahn bezeichnet diese zwptung des Abg. Schulz als „kommu⸗ nistischen Schwindel“. Das sozialdemakratische Hamburger „Echo“ * die Kommunisten wegen dieser Behauptung als Verleumder ezeichnet und sie schon vor Monaten aufgefordert, zu klagen, ohne 8 die Kommunisten jedoch dieser Aufforderung nachgekommen wären.
Unter Hinweis darauf, daß 7000 proletarische politische Gefangene gegenwärtig im Gefängnis seien, verlangt Ab⸗ geordneter Steinfurth (Komm.) die sofortige Ausschuß⸗ überweifung eines kommunistischen Gesetzentwurfs, der volle Amnestie für politische Delikte, für Delikte aus wirtschaftlicher Not, für Berstöße gegen den § 218, gegen die Militärstrafgesetze und einige andere Bestimmungen fordert. Die Staatsregierung soll eine gleich Amnestie, die sich auch auf Disziplinar⸗ vergehen erstrecken soll, auch beim Reich erwirken. — Das Verlangen auf sofortige Ausschußüberweisung scheitert am Widerspruch aus den Regierungsparteien.
Der Abg. Dr. Ausländer (Komm.) verlangt so⸗ fortige Abstimmung über seinen Antrag auf Aufhebun des vom Berliner Oberbürgermeister erlassenen Verbots dem „Proletarischen Freidenker⸗Verbandern Schulräume zu überlassen. — Das Haus wider⸗ spricht der sofortigen Entscheidung über den Antrag nicht. Der Antrag wird gegen die Stimmen der Kommunisten ab⸗ gelehnt.
Ein deutschnationaler Antrag über die Interessen der Küstenfischer geht ohne Aussprache an den Landwirt⸗ schaftsausschuß. 8
Der Zentrums⸗Antrag auf Erwirkung einer Reichs⸗ und Staatsbürgschaft zur Kunst⸗ dünger⸗Beschaffung geht ohne Debatte an den Hauptausschuß.
Ohne Debatte wird in 2. und 3. Lesung sowie in der Schlußabstimmung der deutschnationale Initiativ⸗Gesetz⸗ entwurf angenommen, wonach im Interesse ausreichender Zeitgewinnung für die Schaffung neuzeitlicher Berg⸗ polizeibestimmungen die geltenden, etwa veralteten Polizeiverordnungen über das 2* nicht schon am 1. April 1932, sondern erst am 1. April 1933 außer Kraft gesetzt werden sollen. 8
In der hierauf fortgesetzten politischen Aussprache über die preußischen Sparverordnungen und die dazu gestellten Anträge führt
Abg. Baumhoff (Ztr.) u. a. aus: Die Notgesetzgebung ist für alle parteipolitischen Strategen ein gefundenes Fressen. (Un⸗ ruhe bei den Kommunisten.) Namentlich der verzweifelten Jugend wird in aufhetzerischer Weise von den Radikalen immer wieder gesagt: „Nur das verruchte System ist schuld an unserer Not!“ In 8* Hinsicht hat auch gestern der Abg. Steuer (D. Nat.) einen krankhaften Mißbrauch mit der dichterischen Freiheit ge⸗ trieben. Wir meinen, daß man den Artikel 122 der Reichsver⸗ fassung besser beachten sollte als bisher, der die Jugend vor der Berwahrlosung schützen will. Was heute an Jugendvergiftung und ⸗verhetzung geleistet wird, geht über jedes erlanbte Maß hin⸗ aus. (Sehr wahr! im Zentrum.) Es gibt kaum ein zweites Volk, das sich so in innerem Hader zerfleischt wie das deutsche Volk. Gerade jetzt, angesichts wichtiger außenpolitischer Entscheidungen, sollte das deutsche Volk einmütig dem Ausland zu⸗ sammenstehen. Aber es scheint, daß das deutsche Volk sich soviel Seelengröße nicht aufzuerlegen 8— Wenn der Abg. Steuer
estern sagte, es werde nur noch mit Artikel 48 regiert, so bleibt och historische Wahrheit, daß man erst zum Artikel 48 griff, als 8gc9 als unmöglich erwies, mit dem Reichstag zu arbeiten. (Zu⸗ rufe bei den Deutschnationalen.) Gerade die Deutschnationalen müssen das zugeben, denn mit ihnen konnte der Kanzler ja gar nicht arbeiten, weil sie aus dem Reichstag herausgingen. (Rufe bei den Deutschnationalen: „Brüning soll abtreten!*) Wir freuen uns aber, daß Herr Hugenberg bei den Bemühungen um die Reichspräfidentenwahl sich so ängstlich um die Unverletzlichkeit der Weimarer Verfassung bemüht hat. Der bevorstehende Etat wird ein Notetat werden. Namens des Zentrums lehne ich aber auf das bestimmteste jede neue Steuer ab. Wir müssen eben weiter
ren. Einen komischen Eindruck machte es aber, wenn der
tschnationale Abg. Steuer als Sparkommissar auftritt. (Sehr wahr! bei den Regiern rteien.) Herr Steuer habe wohl die
Unkosten vergessen, die dem Staat durch die von den tschnationalen verlangten vntersage⸗ 1 n sind, und die Riesensummen, die für Poli
“
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des
litischen Rowdhruns ꝛben werden müssen und auch, daß 1 Afür die großen Pensionen ein⸗
heblic men für überflüssige Volks⸗ begehren ausgeben mußte usw. (Sehr gut! im Zenkrum. — Unterbrechungen bei den Deutschnationalen.) Weil Einsparungen notwendig seien, stimme das Zentrum dem Versuch der Spar⸗ verordnung auf straffere Zusammenfassung der Verwaltung zu, obwohl durch die Aufhebung von Amtsgerichten, Kultur⸗ ümtern usw. keine erheblichen Ersparnisse exzielt werden könnten, weil ja die Aufgaben blieben. Die f
teformen nicht Ganz zssen erscheine, da die Reformen schon zum 1. eeeFhecen 8 — Draußen im Lande bestehe der E daß die Ministerialbüro⸗ kratie besonders r . nach unten eingestellt sei, solche Re⸗ formen aber an sich nicht herankommen lasse. Der Redner fragte, weshalb es noch immer in mehreren Ministerien eigene Schul⸗ und eigene —ö gebe, und wünscht, daß die Sparverordnungen nicht stur un isch durchgefuhrt werden. Er hält den Deutschnationalen vor, daß sie Haltung in der EIE“ dem in Nuat deutschen Volk allein wieder 4 bis 5 Millionen Reichsmark Kosten Verersacht, 1 ürnce — den 12 Hugenbergs an
ri eine po zog die die primadonnen⸗ hafte Gekränktheit Hugenbergs zur gehe. (Abg. Steuer D. Nat.]: Ihr Gebaren ist eine Dreistigkert!) Die politische Tätigkeit zeichne sich jetzt aus durch die Ueberheblichkeit und Arroganz der sogen. mativmaben Opposition, fo daß man nur fragen mirffe, woher diese Parteien den Mut dazu nähmen. Der Redner zitiert Aeußerungen des Universitätsprofessors Grafen zu Dohna, daß jeder Fortschritt in den letzten 13 Jahren gegen den Widerstand der Rechtsparteien rrungen werden mußte, bei denen er keine einzige fachliche — entdecken könne. Der Redner schließt, indem er der “ „Bei Ihnen werden weiter die lauten Worte bei
uns nach wie vor die Taten das Fundament der Politik sein. Für Volk und Vaterland treiben wir damit die bessere Politik.“ (Beifall im Zentrum.) Abg. Schwarzhaupt (D. Pp.) erhebt den Vorwurf gegen die Regierung, daß alle Warnungen der Volkspartei und pra⸗ zisen Sparvorschläge, die besonders Dr. Neumann noch im vorigen Jahr beim Etat gemacht habe, umsonst gewesen seien. s habe erst die Sturmflut zusammenschlagen müssen, ehe energisch zugegriffen worden sei. Tatsächlich sei der Etat schon im vorigen Jahr nicht ausgeglichen gewesen. Die Regierungs⸗ parteien und der Ministerprästdent hätten lediglich schwere Vor⸗ würfe für die Volkspartei gehabr. Man sehe jetzt aber, wie richtig ihre Politit gewesen sei. Die Regierung habe es eben versäumt, rechtzeitig Maßnahmen zu treffen, um die Ausgaben in Einklang mit der wirtschaftlichen Lage eines verarmten Volkes 2 bringen. Nur die mittleren und unteren Instanzen bei der Beamtenschaft seien angegriffen worden, mit peinlicher Sorgfalt aber sei jede Aenderung des ministeriellen Apparats vermieden. Man sollte lieber die Zuständigkeiten ändern, so daß auch in den mittleren Instanzen schon die kleinen Dinge endgültig erledigt würden. Die rein schematischen organisatorischen Maßnahmen seien falsch, man müsse organisch vorgehen. Was solle es be⸗ deuten, daß man eine Anzahl von Amtsgerichten, Schulrats⸗ stellen ufw. zahlenmäßig als abzubauen festlege? Nur wenn man von den tatsächlichen Verhältnissen 12 sei es möglich, wirk⸗ liche Ersparnisse zu erzielen. Sonst komme man dahin, daß nur der Fiskus entlastet, aber die Steuerträger um so schwerer be⸗ lastet würden. Eine unheilvolle Auswirkung der Sparnotver⸗ ordnung sei die völlige Erschütterung des Rechtsbewußtseins unter der Beamtenschaft. Fast sämtliche Organisationen der Beamten⸗ schaft lägen jetzt in gerichtlichen Streitverfahren mit dem Staat. Im Zusammenhang damit weist der Redner auf die erneute Sonderbehandlung der Lehrerschaft durch Herabsetzung der Alters⸗ grenze auf 62 Lebensjahre hin und verlangt entsprechend einem Antrag der Deutschen Vollspartei wenigstens im Fall wirt⸗ schaftlicher Härten die Zulassung von Ausnahmen. Bei der Schließung der pädagogischen Akademien sei der Mangel an Vor⸗ aussicht besonders deutlich. Noch im vorigen Jahr sollten drei neue Akademien errichtet werden, im vergangenen Sommer eine vierte in Oldenburg. Jetzt werden neue Akademien abgebaut. Alle neun find evangelisch, so daß erhalten bleiben eine simultane, zwei katholische und nur drei evangelische. Diese konfessionelle Imparität habe starken Widerspruch in den evangelischen Kreisen ausgelöst. Die Deutsche Volkspartei unterstütze die Varstellungen des evangelischen Oberkirchenrats auf das energischste. Kiel werde aufgehoben, das eine Tradition, ein vollständiges Gebäude besitze und grenzpolitisch bedeutungsvoll sei. Halle dagegen bleibe bestehen, obwohl die Stadt gezwungen sei, nunmehr ein neues Schulgebäude aufzuführen, weil das bisherige von der Akademie eingenommen werde und der Neuban erst in den Fundamenten fertig sei. Im Sommer seien noch 30 Dezernenten ernannt worden, die jetzt abgebaut würden. Der Abbau habe rechtliche Hedenten. Es dürfe x5—— der Abgebauten rbeigeführt, und politisch sichtsSpunkte müßten aufs pein⸗ lichste ez2 werden. Die Theater in Wiesbaden und Kassel und die Kunstakademien in Königsberg, Breslau und Kassel sollten auf irgendeine Weise erhalten bleiben. Die deutsche Kultur vertrage einen Zentralismus nicht, sondern erhalte ihr Gepräge aus der Bielgestaltigkeit der deutschen Landschaft. Die finanzielle Wirkung der Notverordnungen werde auch im Ministerinm be⸗ zweifelt. Deshalb wolle man jetzt zu noch radikaleren Eingriffen schreiten. Der Redner wendet sich dagegen, daß der Unter⸗ stützungsfonds für die nichtstaatlichen höoheren Schulen um 3 Millionen gekürzt werden solle, was namentlich für die kleineren Städte vernichtend sei. Im preußischen Innenministerium be⸗ stünden Pläne, weitgehende Verwaltungsmaßnahmen durch Not⸗ verordnung zu treffen. Die Regierungspräsidenten sollten zu Filialen der Oberpräsidenten gemacht werden, in den Kreisen sollten die Bau⸗, Medizinal⸗, Schulräte den Landräten unterstellt werden. In den Schulabteilungen der Regierungen und in den Provinzialschulkollegien sollte die Kollegialität beseitigt werden. Ueberall trete das Bestreben hervor, die politischen Beamten zu entscheidenden Faktoren zu machen, womit verursacht werde, daß politische Gedanken und nicht rein sachliche mehr die Entscheidung beeinflußten. Die Reichsermächtigung sei den Ländern lediglich zur Sicherung der Etats, nicht aber zur Vornahme von organisa⸗ torischen Aenderungen verliehen worden. Finanzielle Ersparungen würden dadurch kaum gemacht werden. Wenn die Reichsnotver⸗ ordnung zu einer derartigen Umgehung der parlamentarischen gesetzlichen Arbeit angewandt werde, so liege ein Mißbrauch vor. Die Deutsche Volkspartei erhebe dagegen den schärfsten Wider⸗ spruch. Angesichts der lebhaften Beunruhigung, die diese Pläne in weiten Kreisen hervorriefen, erwarte er von der Regierung, sie noch heute über diese Dinge Auskunft gebe. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.) Abg. Dr. Hamburger (Soz.) führte aus, die Behanptung des Abg. Steuer, daß in die Nowerordnung Bestimmungen auf⸗ enommen worden seien, die mit der wirtschaftlichen Not nicht das geringste zu tun hätten, sei durchaus zutreffend. Auch die Sozialdemokraten hätten das schon gerügt. Die Notverordnungen seien von manchen Stellen zur Verwirklichung von Lieblingsideen benutzt worden. (Hört, hört! rechts.) Daraus dürfe aber nicht gefolgert werden, daß das Notverordnungsrecht überhaupt nicht angewandt zu werden brauchte, weil ein Notstand in staatlicher und wirtschaftlicher Beziehung nicht bestände, sondern höchstens in parteipolitischer Hinsicht. Der Abg. Steuer spreche von einer Normalität des politischen Zustandes, — doch eine Welt⸗ wirtschaftskrise ungeahnten Ausmaßes vorhanden sei, die in fast allen Ländern zu tiefgreifenden Bewegungen — habe. Das sei auch von dem Deutschnationalen von Oldenburg⸗Januschau anerkannt worden in einem Brief an den Abg. von lehwe, der vor der Auflösung des Reichstags im Mai 1990 geschrieben worden
Reichs⸗ nd Etaatsamgeiger nür. 19 vom 238. Janwar 1932. ES. 3
ierung möge aber diese
i. Owenburg⸗Januscha in: „Die Zeiten sind ver⸗ 28 8 — wir 4.4 8 nnna 82 2 der Deunsch⸗ — jeru zt wo so hätte das ganze nationalen die Regierung gestürzt wo „ 1 S Land nationalsoziälistisch gewahlt. Hugenberg ist trotz aller Küugheit zu cheoretisch veranlagt. Sen. hort! und große Heiter⸗ keit bei den Sozialdemokraten.) Ter A —x unmöglich, die wa Situation und nwendung — rounngsrech’s im ganzen auf irgendwelche Mißbrauche aus parteipolitischen Gründen zurncführen zu wollen. Ter Gesetzentwurf zur Verkleinerung des Staatsrats, der Ersparnisse erzielen SE Staaesrat einstimmig abgelehnt morden. Aus diesem iel könne man ersehen, wie schwierig es sei, 1—i Körperschaften zu schnellen Entschlüssen zu veranlassen, e zur Sritzzung der Staatsfinanzen notwendig seien. In Preu sei niemals eine generelle — r. der Bezüge der pren Staatsbeamten unter die Bezü Neichsbeamaten erfolgt, während solche Senkungen von all den Ländern vor⸗ genommen wurden, in denen die Deutschnationale Volkspartei mit regiert hat. Die gleichen Oppositionsparteien, die ständig eine Vereinfachung und Reform des Staatsapparats verlangen, protestieren in demselben Augenblick, wo die preußische —+2 an dieses Problem herantritt. Am 43. Mai hat der volkspartei⸗ liche Abg. Dr. Neumann die Regierung egriffen, weil sie nicht einmal die kleine Verwaltungsreform Lrnfch anzufassen agt habe. Jetzt steht in der Sparverordnung die Phrhaeeeeee von Kreisen, aber nun beantragt die Deutsche Volkspartei, du keine Zusammenlegung von Kreisen eintreten dürfe ohne Mit⸗ wirkung des Preußischen Landtags. Ganz unberechtigt ei der Vorwurf, daß das Staatsministerium nicht die nötigen Schritte zur Vorbereitung der Verwaltungsreform getan hätte. Der Landtag aber hat auf diesem Gebiet das Staatsministerium in Stich gelassen, weil im Augenblic der Entscheidungen von der Oppofition Obstruktion getrieben wurde. Der Hauptteil des preußischen Finanzbedarfs bestehe in personellen Ausgaben, die im Jahre 1927 genau entsprechend den Reichsbezügen festgesetzt wurden, in einer Zeit, in der die Deutschnationalen im Reich in der Regierung saßen. Die Sozialdemokraten erblickten in den Bestimmungen der Sparverordnung nicht ein Ende, sondern einen Anfang der Verwaltungsreform. Selbstverständlich werde sich die Ersparnis erst im Laufe der Zeit zum vollen Umfang ent⸗ wickeln, aber das sei kein Grund, niemals damit anzufangen. Natürlich würden dabei auch Härten entstehen, aber in dieser Notzeit müsse manches alte Recht über den Haufen werden, und gegenüber den Notwendigkeiten, die uns heute in finanzieller Hinsicht aufgedrängt werden, sei es nicht möglich, noch überholte und überalterte Rechte zu wahren. Welche Verhältnisse eintreten würden, wenn die von der Rechten gewünschte Um⸗ bildung der Regierung kommt, das sei in der „Deutschen Zeitung des Herrn Hugenberg im letzten Silvesterartikel ausgedrückt worden mit dem Schlußsatz: „Die Säulen des Dritten Reiches werden gegründet sein auf den Säulen des preußischen Königs⸗ thrones, oder das Dritte Reich wird nicht sein.“ Danach könne man also sicher sagen, daß das Dritte Reich nicht sein wird. Wahrend im Landtag die Deutschnationalen die Harzburger Front dadurch wahren, daß sie sich gestern in Abwesenheit der National⸗ sozialisten für einen nationalsozialistischen Antrag erhoben, hat der Landesvorsitzende der Deutschnationalen Volkspartei in Schlesien in einem Rundschreiben an die Mitglieder gesagt, es sei empörend, daß die Deutschnationale Bolkspartei, die so viel Geld für das Braune Haus in Breslau gegeben habe (Abg. Steuer [D. Nat.]: Das ist bestimmt nicht richtig!) Ich verlese den Wortlaut: „Es ist Tatsache, daß Geldmittel und Einrichtungs⸗ gegenstände für das Braune Haus in Breslau zum größten Teil von deutschnationalen Gutsbesitzern aufgebracht wurden.“ (Leb⸗ haftes Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Die der Osthilfe vedürftigen deutschnationalen Großgrundbesitzer stiften also Geld für die Nationalsozialisten. Im Anschluß an diesen Hinweis be⸗ klagt sich der Vorsitzende des dentschnationalen Landesverbandes Mittelschlesien darüber, daß trotzdem die dentschnationalen Grund⸗ besitzer von den Nationalsozialisten in verletzender Form als „Junker Rotz von Rotznstein“ (große Heiterkeit) angegriffen würden. Die Deutsche Volkspartei, die solche Sehnsucht nach der Harzburger Front äußert, sollte doch daran denken, daß sie noch in viel schärferer Weise von den Nationalsozialisten angegriffen wird. Der Redner weist schließlich darauf hin, daß der deutsch⸗ nationale Abg. von Rohr das Gebäude der eingegängenen „Pom⸗ merschen Tagespost“ in Stettin an den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund verkauft habe. Dieses Gebäude, das nach der Erklärung der Deutschnationalen zum Kampf gegen den Maris⸗ mus bestimmt war, sei nun dem Marxismus für gutes Geld überlassen worden. Wenn Werner Sombart die Unterscheidung zwischen Händlern und Helden machte, so habe Herr von Rohr bewiesen, daß man auch als Händler ein Held sein kann. Der Redner schließt: Ihren weiteren geschätzten Aufträgen entgegen⸗ sehend, empfiehlt sich hochachtungsvoll der internationale Marxis⸗ mus. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Biester (Dt. Hann.) betont, Dentschlands Bedarf müsse noch in ganz anderem Umfange von den Erzeugnissen der deutschen Landwirtschaft gedeckt werden. Das, was noch an Werten in Einrichtungen der deutschen Landwirtschaft vorhanden sei, dürfe daher nicht zerschlagen werden. Vor allem dürften die landwirtschaftlichen Bildungsmöglichkeiten nicht verringert werden. Die deutsche Forstwirtschaft müsse auf der Höhe gehalten werden. Gegen die Aufhebung vieler Kulturbauämter und Wasserbauämter beständen die schwersten Bedenken. Der Abbau der evangelisch⸗ lutherischen pädagogischen Akademie in Hannover habe viel böses Blut gemacht. Freilich wisse man nicht, ob man f in Zukunft überhaupt noch pädagogische Akademien werde leisten können. Auch bei der Aufhebung von Kleinen Amtsgerichten müsse sehr vorsichtig vorgegangen werden; vor allem auch aus wirtschaft⸗ lichen Gründen. Bei der Zusammenlegung von Landkreisen müsse auf die Interessen und den Willen der Bevölkerung Rücksicht ge⸗ nommen werden. Die Deutschhannoveraner ständen vor allem auf dem Boden der Selbstbestimmung und der Selbstverwaltung. Ihr sollte eigentlich auch die Demokratie dienen. Man dürfe daher nicht ohne die Befragung der Massen von oben herab so einschneidende Maßnahmen treffen. Bei Betrachtung des Gesamt⸗ bildes stehen wir auf dem Standpunkt, daß die zweite Sparver⸗ ordnung beseitigt werden muß.
Abg. Hestermann (Wirtsch. P.) führt aus, die Notver⸗ ordnungen sollten schnell Abhilfe schaffen. Bei dem augenblick⸗ lichen Charakter der Demokratie in Deutschland sei es bedenklich, auf solche Weise Parteiwünsche zu befriedigen. Die Fehler und Mängel der Erzbergerschen Steuerreform mußten beseitigt werden. Der Redner führt einzelne Beispiele an. Der preußische Staat habe sich auf finanziellem Gebiet bisher immer noch am besten im Gleichgewicht gehalten. Eine Besserung der Zustände könne nur eine vernünftige Reichsreform mit einer schärferen Abgrenzung N von Reich, Ländern und Gemeinden bringen. Der
eichstanzler sei bei seinen Notvexordnungen nicht einen Schritt weiter gegangen als unbedingt nötig gewesen sei. Man habe auch weeena⸗ zu sehr auf die Wünsche der Parteien Rücksicht ge⸗ men. Nirgends sei ein großer befreiender Entschluß gefaßt worden. Die Reichsregierung Brüning müsse jetzt unter allen Umständen bei ihrem Nein in der Tributzahlung sfrage verharren damit man dann innenpolitisch an den Aufbau herangehen könne.
Letzten Endes sei das deutsche Bürgertum an dem
elber 1,ne A 19 nicht bloß um den Zufammenbru s parlamentarischen Sy tems, sondern auch um ein Versagen
des Wählers und der Parteifü rer. Die raeklchen Parteien tten nicht den Mut aufgebracht, sich von der Begehrlichkeit der affen freizumachen. Eine Diktatur könne in Deutschland nur
eine Notmaßnahme für eine Uebergangszeit, aber keinen Dauer⸗ zustand abgeben.
1 in. Das parlamentarische System müsse sich aber elber starke Schranken auf etatspolitischem Gebiet auferlegen. Zusammenbruch aller Haushalte beweise, daß der Verteilungs⸗
apparat in Deuts kleinert werden. Di
groß geworden ist; er müsse also ver⸗ — im Reich und in en muß, ich an das große Rei
orm muß auf den berufsständi werden. Eine 4,2 Kontrolle 222
verwaltung i eren. Es in einfach untnagsar. daß bies zu ürgermeisterbürokratie
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1 roßs hinauszuf
ist, daß man jetzt 50 000 ha Land für Siedlung un Verfügung stellt. Notwendig ist vor allem die Primitivsiedlung, um die Kosten möglichst zu beschränken. Auf schulpolitischem Ge⸗ biet betont der Redner, wir hätten viel zu viel Universitäten und höhere Schulen in De nd; man inige groößere mehr ausbauen. Der Redner betont, daß die staatlichen Erfordernisse auch 8— vor dem Abbau entbehrlichen Schulaufwandes halt⸗ machen sollten und befürwortet Schließung auch der lichen bädagogischen Akademien und Rückkehr zur seminaristischen — vorbildung. Er ruft auf zur Einigkeit für härteste Sparpolitik. (Beifall bei der Wirtschaftspartei.)
Abg. Riedel⸗Charlottenburg (Staatsp.): Ich erkenne an, daß der Vorredner durchaus sachlich zu den Fragen Stellung ge⸗ nommen hat, die uns in dieser schweren Finanznot bewegen. Der Abg. Steuer (D. Nat.) hat Eeac leider abermals Fanfaren⸗ töne angestimmt, die nichts mit Sachlichkeit zu tun haben. Wenn er so stark gegen die Notverordnungspolttik vorging, so follte d die außerordentliche Gewissenhaftigkeit des Reichspkäldennten au den Deutschnationalen Bürgschaft dafür sein, daß der Reichspräsi⸗ dent keine Notverordnung Unterschreibt, deren 2, keit * ins letzte nachgeprüft worden * ver Staats⸗ 2— hat aber auch noch ausdrücklich die; rfassungsmäßig⸗ keit jener Reichsnotverordnung anerkannt, auf der sich die preußi⸗ schen Sparverordnungen aufbauen, Wir sind deshalb gar nicht in der Lage, im Landtag die preußischen Sparverordnungen zu ver⸗ ändern oder gar zu beseitigen. Höchstens könnte der Reichstag die grundlegende Reichsnotverordnung aufheben. Früher hat für die Wirtschaftspartei bei solchen Anlässen der Abg. Ladendorff ge⸗ sprochen und die Regierung ebenso eine unfähige genannt, wie es gestern der Abg. Steuer tat. Jetzt, wo Herrn Ladendorffs Bank zusammengebrochen ist, wird, wie immer von diesen leichtfertigen Kritikern, die Hilfe der angeblich unfähigen Regierung angerufen. Ist es nicht tatsächlich so, daß ein * liches Teil unserer Schwie⸗ rigkeiten auf die Sünden einer unverantwortlichen Handhabung der freien Wirtschaft zurückzuführen sind? Das können wir aus⸗ sprechen, gerade weil wir die freie Wirtschaft bejahen. Will Herr Steuer aber die Staatsregierung auch für die wirtschaftlichen Schädigungen verantwortlich machen, die sich aus dem ausländi⸗ schen Währungsverfall ergeben? Sehr bedenklich an den Reichs⸗ notverordnungen ist die durch sie gebrachte Einkommens⸗ und damit Kaufkraftschrumpfung. (Sehr wahr! bei der Deutschen Staatspartei.) In dieser Schwächung des Binnenmarktes liegt eine wesentliche Ürsache für die hohe Prbeitslosigkeir Sehr groß ist heute auch die Zahl der sogenannten verschämten Armen und die Not der geistigen Berufe. Bürgersteuer, weil sie noch auf dem Einkommen von 1930 beruht, und lehnen jede Differenzierung zwischen preußischen und Reichs⸗ beamten sowie in der Beamtenschaft überhaupt ab. Schon hier hest sich, daß auch wir selbstverständlich nicht mit allen Einzel⸗
eutgeltlich zur
iten der Notverordnungen einverstanden sind. Die Schuld daran, daß wir mit Notverordnungen regieren müssen, tragen jedoch diejenigen, die am 14. September 1930 dafür sorgten, daß wir einen vollkommen arbeitsunfähigen Reichstag bekamen. Selbst für die Opposition sollte sich daraus nur ergeben, daß der von ihr bekämpfte Parlamentarismus viel besser ist als die Diktatur. Der Redner erwartet, daß das Reich Preußen bei seinen nicht verschuldeten Etatsschwierigkeiten helfen und Preußen nicht schlechter behandeln werde als andere Länder, und polemisiert unter Hinweis auf die schwierige außenpolitische Lage gegen die Verstöße der Opposition, die dem Reichskanzler Brüning aus parteipolitischen Gründen keinen außenpolitischen Erfolg gönnte und seine Politik Angriffe erschwerte. Seine Partei habe immer eine großzügige Verwaltungsreform gefordert. Wenn die jetzt in den Sparverordnun en enthaltenen Versuche hierzu der unzulänglich vorkämen, müsse sie daran erinnert werden, daß sie in den letzten Jahren wiederholt derartige Reformentwürfe durch Obstruktion Lee hätte. (Sehr wahr! bei der Staatspartei.) Ueberhaupt habe die Opposition im Landtag ihre 27 nur in der unverantwortlichen Hetze erblickt. Der Redner bedauert die innerpolitische Zer⸗ splitterung, wünscht Ueberprüfung der Notverordnungen wegen Eingriffe in die Selb 5 und schließt mit einem
ekenntnis zur demokratischen Republik, die allein das Volk aus seinen Schwierigkeiten wieder aufwärtsführen (Beifall bei der Deutschen Staatspartei.)
Abg. Dr. Frankenthal (Soz. Arb.⸗P.) schildert, wie die Notverordnungspraxis von der Reichsregierung über die Länder jetzt auch zu den Gemeinden gekommen sei, und wie insbesondere die Berliner Stadtverwaltung dabei die wenig bemittelten Schichten am meisten treffe. Die kapitalistische Wirtschaft sei eben erschüttert und könne sich nur durch brutale Maßnahmen noch notdürftig halten. Obwohl die Sozialdemokratische Partei den sozialistischen Staat wolle, also einen grundsätzlich ganz anders gerichteten Staatsaufbau und Inhalt, toleriere sie dennoch die Notverordnungspolitik.
Abg. Dr. Nölting (Soz.) legt dar, daß hinter der gegen⸗ wärtigen Kulturnot, die mit Bezug auf den Abbau am 8 ul⸗ wesen usw. in der Debatte eine so roße Rolle spielte, die Wirt⸗ stehe. Mit bloßen Klageliedern sei aber wenig getan. Es wirke sogar seltsam, wenn gerade diejenigen, nämlich die Rechtsparteien, ihre Litanei an der Klagemauer sängen, die heute doch noch den Kurs der Wirtschaftspolitik bestimmten, jenen Kurs, der es dahin gebracht habe, daß der Kultur die nötigen Existenzbedingungen fehlen. (Sehr wahr! beie den Sozial⸗ demokraten. — Fiberspruch rechts.) Es sei bemerkenswert, wie diese Leute so täten, als ob der Staat und nicht sie die Ursache der Kulturnot verschuldet hätten und wie sie infolgedessen dabei wären, eine neue Dolchstoßlegende zu schaffen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Jetzt erkläre man, die Sozialdemokraten seien Kulturvandalen und Banausen. Es wäre erwünscht, wenn wir in Deutschland, wo die Millionäre doch noch nicht ganz aus⸗ gestorben K ähnlich wie in England und Amerika noch ein privates Mäzenatentum hätten, das Theater, öö usw. unterhalten könnte. Die Bourgeoisie hätte sich auf diesem Gebiet leider immer sehr unempfindlich gezeigt. Die pädagogischen Akademien könne man leider nicht alle aufrechterhalten; es sei aber erfreulicherweise gelungen, ein kopfloses Zerschlagen der vädaßog schen Akadentien zu vermeiden. Besonders schmerzlich empfinde man den Abbau der Fachschulen. Beim gegenwärtigen Gang unserer Agrarpolitik müsse man fragen, welchen weck die landwirtschaftlichen Forschungsinstitute noch haben. Besonders liege der Sozialdemokratie das Schicksal der Junglehrerschaft am Herzen. An den Universitäten müsse — auch angesichts der heutigen Vorgänge an der Berliner Universität — eine scarfers Disziplinargewalt eingeführt werden, damit nicht Wildwest⸗ zustände einreißen. Elemente, die die eshca h ur Auf⸗
könnte.
führung von Indianertänzen mißbrauchen, müßten die Hand des Staates zu spüren bekommen. Der Redner fordert eine plan⸗ mäßige Vereinfachung und Umbildung des Bildungswesens.
Cir fordern Erleichterungen in der
Abg. Weissermel (D. Nat.) übt Kritik an den einzelnen 3 gen der Notverordnung. Die Rei erorduung köune 1* — keine ½ 1 die — — über⸗ tragen; hier könnten nur I einzelnen er in Frage kommen. Der Reduer erklärt, er werde, als Vorüpender des
3 daran setzen, um die Staats⸗
—jy an der Verletzung von Rechten des Var⸗ ents zu verhindern. Der Redner wendet sich — Sparmaßnahmen in der landwirtschaftki Wo seien denn die Ersparnisse? g er⸗ maßen würden in den ersten Jahren überhaupt keine Ersparnisse möglich. Da sei doch die Notverord gar nicht nötig gewesen. urbaumämter würden mit eim Fergrich beseitigt. Das sei außerordentlich bedauerlich und bedenklich. Angesichts der H fahren werde die Bevölkerung sich gerade dagegen wenden. Es sei Augenverblendnis, wenn man glaube, durch Aufhebung einer Behörde Ersparnisse machen zu können. Auch durch Umbuchungen könne nichts erspart werden. Die ganze Notverordnu 8 2 — verfassungswidrig. Die — die sie gemacht hätten, hätten keine Ahnung von Behörden⸗ organisation. Die ganze Notverordnung sei ein völlig laienhaftes Elaborat. Hierauf wird die 10 Uhr vertagt. Schluß 18 *½ Uhr.
Weiterberatung auf Sonnabend
Parlamentarische Nachrichten.
Im Haushaltsausschuß des Reichstages wurde am 22. d. M. die zweite Lesung des Pensionskürzungsgesetzes ab⸗ geschlossen. Nachdem ein Antrag Laverrenz (D. Nat.) ab⸗ gelehnt worden war, der überhaupt keine Höchstbegrenzung der Pensionen zulassen wollte, wurde auch der Antrag Ersing (Ztr.), der die Bestimmungen der Notverordnung über die prozentuale Kürzung des Pensionsbetrages über 12 000 ℳ in das Gesetz übernehmen wollte, abgelehnt. Mit den Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten wurde der Beschluß erster Lesung aufrechterhalten, wonach die Höchstpension 12 000 ℳ be⸗ trägt, und wenn sich bei der Berechnung eines Ruhegeldes ein Mehrbetrag ergibt, dieser nicht zur Auszahlung gelangt. Damit ist in der wichtigsten Frage des Gesetzes auch bei der zweiten Lesung eine Einigung her Parteien nicht erzielt worden, die die Voraussetzung einer Annahme der Gesamtvorlage mit Zweidrittel⸗ mehrheit wäre. Die Sozialdemokraten haben aber in einer Er⸗ klärung am Donnerstag bereits zu erkennen geßebeng daß sie in dieser Frage Entgegenkommen zeigen werden, sobald eine Ver⸗ abschiedung des Gesetzes durch den Reichstag überhaupt gesichert ist. Nach den weiteren Beschlüssen des Ausschusses finden die Kürzungsvorschriften auch Anwendung auf Länder⸗ und Ge⸗ meindebeamte, insbesondere auch in den Fällen, in denen eine Pension auf Grund eines geschlossenen Dienstvertrages gezahlt wird. Die Anrechnung der Wartezeit erfolgt in der Weise, daß in der Zeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes die Wartezeit ganz anzurechnen ist, wenn die Wartestandsbeamten bis dahin in den vn getreten sind; vom „ des Inkrafttretens ab wird für die Wartestandsbeamten, die noch vorhanden sind, die Hälfte der Wartezeit angerechnet werden. Die Absicht der Reichs⸗ regierung, die Reichsbahn und Reichsbank mit Rücksicht auf deren besondere Rechtsverhältnisse völlig aus dem Pensionskürzungs⸗ gesetz herauszulassen gegen die Zusicherung der Leitungen von Reichsbahn und Reichsbank, auch für ihr Personal ähnliche Be⸗ stimmungen auszuarbeiten, ist in der zweiten Lesung des Aus⸗ chusses nicht durchgedrungen. Die Mehrheit des Ausschusses be⸗ arrte darauf, daß auch Reichsbahn und Reichsbank ausdrücklich in das Gesetz einbezogen werden. Von Bedeutung ist weiter, daß es in der zweiten Lesung auch bei der Streichung des § 30 ge⸗ blieben ist, der das Gesetz im wesentlichen bis zum 31. März 1934 befristen wollte. Hiernach ist das Gesetz nun unbefristet. Nach⸗ dem noch einige weniger wichtige redaktionelle Aenderungen vor⸗ genommen worden waren, beendete der Haushaltsausschuß die zweite Lesung des Pensionskürzungsgesetzes. Es wird jetzt ein kleines Redaktionskomitee eingesetzt, das rein redaktionell zu arbeiten hat, die Einreihung der einzelnen Paragraphen nach sachlichen Gesichtspunkten vorzunehmen hat, sachlich aber keine einschneidenden Aenderungen mehr vornehmen wird. Eine weitere sachliche Umgestaltung bleibt daher dem Plenum des Reichstag vorbehalten. Der S,. vertagte sich darauf bis zum Dienstag dem 2. Februar, so daß in der nächsten Woche Vollsitzungen des Aus schusses nicht stattfinden. Dagegen tagen die Unterausschüsse de aushaltsausschusses, wobei besondere Bedeutung dem neuern ankenunterausschuß zukommt, der seine Beratungen am Don nerstag nächster Woche beginnt.
— Im Rechtsausschuß des Reichstags wurde am 22. d. M. die allgemeine Aussprache über den sozialdemokratischen Antrag auf evision der Fürstenabfindungsverträg ortgesetzt. Abg. Dr. Everling (D. Nat.) erklärte, daß de
angel jeglichen Materials in der sozialdemokratischen Be⸗ gründung, das Fehlen jeden Anlasses zum Eingreifen des Reis in die fast überall abgeschlossenen Auseinandersetzungen zwischen Fürstenhäusern und Ländern und die vom Abg. Seger vor etragene Kennzeichnung als „politische Vorbereitung eines
— der Fürstenenteignung“ den tationsantrag hinreichend beleuchte. Gerade die Not, auf di jene hingewiesen hätten, ohne den Beweis zu versuchen, daß si mit weiterer Enteignung der v irgendwie gemindert werden könne, sollte es verbieten, die Fackel dieser Hetze in unser Volk zu schleudern. Wenn der Reichstag sich wiederum wochen lang mit neidischem Nachrechnen des jetzt den Fürstenhäusern Verbliebenen beschäftige, so zeige er, daß er keine fruchtbare Arbei leisten könne. Die Sozialdemokratie aber zeige, daß sie im Gefüh der größten Schuld an unserem Unglück keine anständigen Argu mente mehr habe. 1920, als der Feind die Kriegsverbrecher forderte, habe der „Vorwärts“ erklärt: „Die Enteignung wäre olitisch höchst unklug, sie wäre das dentsche Gegenstück zum Aus ieferungsverlangen der Entente.“ Im Reichstag werde mar für den dreifachen Bruch der Verfassung keine Zweidrittelmehrhei Uücen In einem national erwachten Volk habe man für solche Agitation kein Verständnis mehr. Für Preußen habe der Landtag die Neuaufrollung der Frage abgelehnt. Man sollte deshal diesen Antrag wie in Preußen im Ausschuß und Plenum gleich erledigen, weil er nichts anderes sei, als ein agitatorisches Ma⸗ növer zur Ablenkung von der marxistischen Mißwirtschaft. Abg. Seeger (Soz.) erklärte, die Ausführungen des Abg. Dr. Everling, so weit er der Sozialdemokratie eine Abkehr von ihrem Festhalten an Privateigentum vorgeworfen habe, gingen fehl, weil es sich nicht um die Fürstenenteignung, sondern um die Neu⸗ regelung der Fürstenabfindung handele. Hinsichtlich der Be⸗ teiligung der Fürsten an der allgemeinen Notlage seien die Aus⸗ führungen des Abg. Everling so bewegend gewesen, daß man die Einbeziehung der Fürsten in die Winterhilfe erwägen müßte. Aber das gehe doch wohl etwas über die tatsächlichen Verhältnisse hinaus. Im übrigen wies der Redner auf die Verhandlungen im Hauptausschuß des Preußischen Landtags hin. Der staats⸗ parteiliche Antrag auf Neuregelung der Abfindung der Hohen⸗ zollern gehe von der Erwägung aus, x½ das Abfindungsgesetz vom Jahre 1926 ebenso wie z. B. das Beamtenbesoldungsgesetz vom Jahre 1927 unter finanziellen Voraussetzungen abgeschlossen worden sei, die heute nicht mehr beständen. Diese Begründung mache sich die Sozialdemokratie für ihren heutigen Autrag zu eigen, da in noch höherem Maße als in Preußen in anderen Ländern das finanzielle Bedürfnis nach einer Neuregelung be⸗ stehe. Der Redner wies auf die Renten hiu, die das Weimare 1“ vom 1. April 1990 der Fürstenwitwe von Sonders⸗