Zweite Beilage zum Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 78 vom 4. April 1934. S. 4
Erlaß
8 Preußischen Ministers für Wirtschaft und Arbeit, be⸗ behcn nhischsriften über die Ausbildung und Prüfung der “ Markscheider vom 28. März 1934.
Die nachstehenden Vorschriften über die Ausbünung und Prüfung der Markscheider werden unter Aufhebung der Vor⸗ chriften vom 24. Oktober 1898 und der hierzu erlassenen Eufieungsbestimrmungen zur öffentlichen Kenntnis gebracht.
Der Preußische Minister für Wirtschaft und Arbeit. J. A.: Winnacker.
Vorschriften über die Ausbildung und Prüfung der Markscheider. Vom 28. März 1934. Die Ausbildung als Markscheider zerfällt in 1. eine mindestens einjährige praktische bergmännische und markscheiderische Lehrzeit, 1 das Hochschulstudium, das durch die Diplomprüfung in der Fachrichtung Markscheidewesen abgeschlossen wird, eine weitere mindestens einjährige markscheiderische Probezeit, die durch eine Prüfung bet einem Oberberg⸗ amt abgeschlossen wird. “ Die praktische bergmännische und markscheiderische Lehrzeit ist vor Aufnahme des Studiums nach den oom Minister für Wirt⸗ schaft und Arbeit erlassenen Bestimmungen abzuleisten. “ Für das Hochschulstudium gelten die Bestimmungen für die Ablegung der Diplomprüfung in der Fochrichtung Markscheide⸗ wesen. Diplomingenieure der Fachrichtung Berabau, welche die berg⸗ männische Lehrzeit nach der Anweisung des Ministers für Wirt⸗ schaft und Arbeit über die praktische Lehrzeit als Bergbau⸗ besüissene abgeleistet haben, können zu der weiteren Ausbildung als Markscheider nach Maßgabe dieser Vo schriften zugelassen wer⸗ den, wenn sie eine Ergänzungsdiplomprüfung in der Fachrichtung Markscheidewesen abgelegt haben.
Der Antrag auf Zulassung zur Ableistung der markscheideri⸗ schen Probezeit ist bei dem Oberbergamt eirzureichen, in dessen Bezirk der Kandidat die Probezeit beginnen will. Der Meldung sind beizufügen:
1. ein eigenhändig geschriebener Lebenslauf, 88 2. ein Nachweis über die deutsche Reichsangehörigkeit, 3. ein amtsärztliches Zeugnis darüber, daß der Kandidat vpon körperlichen Gebrechen und wahrnehmbaren An⸗ lagen zu chronischen Krankheiten frei ist und genügendes Seh⸗ und Hörvermögen besitzt, . die Abgangszeugnisse der Hochschulen mit einem Ver⸗ zeichnis der besuchten Vorlesungen und Uebungen, die Zeugnisse über die Diplomvorprüfung und Diplom⸗ hauptprüfung, .der Wortlaut der markscheiderischen Diplomaufgabe, die Urkunde über die Ernennung zum Diplomingenieur, ein amtliches Führungszeugnis, der Nachweis über die vom Kandidaten abgeleistete ein⸗ jährige praktische Lehrzeit.
Im Falle der Genehmigung des Antrages übernimmt das Oberbergamt die Aufsicht über die markscheiderische Probezeit des Kandidaten. Es kann den Kandidaten im Interesse der Aus⸗ bildung vorübergehend einem anderen Oberbergamt mit dessen Zustimmung überweisen, wobei Wünsche des Kandidaten, soweit sie mit dem Zweck der Ausbildung vereinbar sind, berücksichtigt werden können.
Die Probezeit, die nur aus besonders dringenden Gründen mit Genehmigung des Oberbergamts unterbrochen werden kann, dauert ein Jahr. Sie zerfällt in
10 Monate Ausbildung in Markscheidereien, von denen mindestens 4 Monate im Steinkohlenbergbau zu verbringen sind,
2 Monate Ausbildung in der Markscheiderei des Ober⸗ bergamts.
Das Oberbergamt kann die Verlängerung eines jeden Aus⸗ bildungsabschnitts anordnen, sofern das Ziel der Ausbildung noch nicht erreicht ist.
Anträge auf Ueberweisung an eine Markscheiderei und auf Zulassung zur Ausbildung beim Oberbergamt sind dem Ober⸗ bergamt rechtzeitig einzureichen.
Vor Aufnahme der Beschäftigung in der Markscheiderei des Oberbergamts ist der Kandidat zur Geheimhaltung der zu seiner Kenntnis gelangenden dienstlichen Angelegenheiten und Vorgänge zu verpflichten.
§ 4.
Die markscheiderische Probezeit hat zum Ziel, die durch das Hochschulstudium erworbenen Grundlagen für die spätere selb⸗ ständige und von wissenschaftlichen Gesichtspunkten geleitete fach⸗ liche Tätigkeit zu festigen und nach der praktischen Seite zu er⸗ weitern.
Die Ausbildung soll alles umfassen, was zur technischen Allge⸗ meinbildung gehört, und dem Kandidaten das praktische Arbeits⸗ gebiet des Markscheiders in einer Weise vermitteln, daß er später 8 Erfolg eine selbständige verantwortliche Stellung wahrnehmen ann.
„Während der Ausbildung auf Markscheidereien ist der Kan⸗ didat mit allen vorkommenden Arbeiten zu beschäftigen mit dem Ziel, ihn zur verantwortungsbewußten Erledigung seiner Auf⸗ gaben zu erziehen. Dabei soll ihm zumindest Gelegenheit zur Aus⸗ führung von trigonometrischen und polygonometrischen Arbeiten, von Richtungsübertragungen, von Feinnivellements und von allge⸗ meinen Nachtragungsarbeiten gegeben werden. Ferner soll der Kandidat in den inneren Verwaltungsverkehr und in den Ge⸗ schäftsbetrieb des ihn ausbildenden Markscheiders genügenden Einblick gewinnen.
Se Ausbildungszeit beim Oberbergamt hat zum Ziel, den Kandidaten mit den amtlichen Karten und Rißwerken bekannt zu machen und ihn zu verwaltungstechnischen Arbeiten, soweit sie markscheiderische Angelegenheiten zum Gegenstand haben, heran⸗ zuziehen.
§ 5.
„Der Kandidat hat den Anordnungen aller mit seiner Aus⸗ bildung betrauten Personen Folge zu leisten. Er hat sich seiner Aufgaben mit Sorgfalt und Fleiß zu unterziehen. Ueber seine Tätigkeit bei den einzelnen Ausbildungsstellen hat der Kandidat ein Tagebuch zu führen. das monatlich der mit seiner Ausbildung betrauten Person zur Prüfung und Bescheinigung vorzulegen ist. Während der Ausbildunagszeit in Markscheidereien hat der Kandidat alle 3 Monate eine Arbeit aus dem Gebiet seiner Tätig⸗ keit zu liefern, die ihm auf Vorschlag des ihn Ausbildenden von dem Oberbergamt gestellt wird. Auch während seiner Tätigkeit beim Oberbergamt hat der Kandidat eine derartige Arbeit anzu⸗ shet gen. 8 Aufgabe soll stets so bemessen sein, daß geregelter usbildun ähr⸗ keistet vgkete gsgang des Kandidaten gewähr⸗ Zu jeder Axbeit hat der Kandidat zu versichern, daß er sie selbständig angefertigt und sich bei der Anfertigung anderer als der von ihm angegebenen Hilfsmittel. auf die auch im Text — bei wörtlicher Wiedergabe unter Anwendung von Anführungszeichen — Bezug zu nehmen ist, nicht bedient hat. Nach Beendigung eines jeden Ausbildungsabschnittes hat der Ausbildende dem Kandidaten ein Zeugnis über seine Leistungen
“ 8 1 *
und seine Befähigung sowie über sein dienstliches und außerdienst⸗
liches Verhalten auszustellen und darin anzugeben, ob er das Ziel der Ausbildung erreicht hat.
§ 6.
Nach Ableistung der markscheiderischen Probezeit kann sich der Kandidat bei dem Oberbergamt, unter dessen Aufsicht er steht, zur Ablegung der Abschlußprüfung melden. Der Meldung sind beizufügen:
1. das Tagebuch, die Zeugnisse 1 Probezeit und die während dieser Zeit Arbeiten
Hein amtliches Führungsgeugnis, 1“ “
eine Bescheinigung der Oberbergamtskasse über die Ein⸗ zahlung einer Prüfungsgebühr von 50 RM.
Das Öberbergamt entscheidet über das Gesuch des Kan⸗ didaten. Hat der Kandidat die Zulassungsbedingungen erfüllt, so beauftragt das Oberbergamt einen Prüfungsausschuß mit der Abhaltung der Prüfung. Der Ausschuß besteht aus einem mark⸗ scheiderischen, ferner einem bergmännischen und einem juristischen Sachbearbeiter des Oberbergamts, sowie einem im praktischen Beruf stehenden Markscheider aus dem Oberbergamtsbezirk. Den Vorsitz führt der Berghauptmann oder sein ständiger Vertreter.
Die Prüfung erstreckt sich auf:
a) die Anfertigung einer markscheiderischen Arbeit, die
Aufgabe soll dem Tätigkeitsfeld des praktischen Mark⸗
scheiders entlehnt sein. Mit ihrer Lösung soll der Kan⸗
didat dartun, daß er imstande ist, die gewonnenen mark⸗ scheiderisch⸗ E“ Kenntnisse auf prak⸗
tische Aufgaben des Wirtschaftslebens anzuwenden.
Dabei kann es sich um die Bearbeitung bergbanlicher, geologischer, lagerstättenkundlicher oder berechtsams⸗ technischer Aufgaben handeln, deren Lösung sich
auf markscheiderischer Grundlage aufbaut, ferner um
die Durchführung von Messungen und deren Aus⸗ wertung zur Feststellung bergbaulicher Abbauwirkungen.
Die Frist für die Anfertigung der markscheiderischen
Arbeit beträgt zwei Monate, sie darf nur aus erheblichen Gründen verlängert werden. Bei unentschuldigter ver⸗ späteter Einreichung der markscheiderischen Arbeit kann auf besonderen Antrag des Kandidaten eine neue Aufgabe
über die markscheiderische angefertigten
gestellt werden. Es ist jedoch nur diese einmalige Wieder⸗
holung zulässig. Die Vorschrift des § 5 Abs. 3 findet auf die markscheiderische Prüfungsarbeit Anwendung.
Die markscheiderische Arbeit wird vom Prüfungs⸗ ausschuß nach Form und Inhalt dahin begutachtet, ob sie brobemäßig und im Bejahungsfalle ausreichend, gut oder sehr gut, oder ob sie nicht probemäßig ist. Ist die Arbeit nicht probemäßig, so entscheidet der Prüfungsausschuß, ob dem Kandidaten sogleich eine neue Aufgabe gestellt wer⸗ den soll, oder ob er zunächst zu seiner besseren Vorberei⸗ tung erneut an eine Markscheiderei für die Dauer von 3 bis 6 Monaten überwiesen werden soll. Eine Wieder⸗ holung der markscheiderischen Prüfungsarbeit ist nur ein⸗ mal zulässig. die mündliche Prüfung. Diese erstreckt sich auf folgende Fächer: Praktische Markscheidekunde einschl. des Karten⸗ und Rißwesens, Dienst⸗ und Geschäftskunde unter beson⸗ derer Berücksichtigung der bergpolizeilichen Bestimmun⸗ gen, Gesetzes⸗ und Verwaltungskunde.
Ist die markscheiderische Arbeit probemäßig, so setzt der Prü⸗ fungsausschuß einen Termin für die mündliche Prüfung fest. Die mündliche Prüfung soll spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Annahme der markscheiderischen Arbeit stattfinden. Versäumt oder unterbricht der Kandidat die Prüfung ohne triftige vom Prüfungsausschuß als ausreichend anerkannte Gründe, so gilt sie als nicht bestanden.
„Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses entscheidet nach An⸗ hörung der Mitglieder auf Grund des Gesamtergebnisses der schriftlichen und mündlichen Prüfung, ob die Prüfung bestanden, und im Bejahungsfalle, ob sie ausreichend, gut oder mit Aus⸗ zeichnung bestanden ist.
Nach Beendigung der mündlichen Prüfung wird dem Kandi⸗ daten das Ergebnis durch den Vorsitzenden des Prüfungsaus⸗ schusses mitgeteilt.
Die Wiederholung der mündlichen Prüfung ist ebenfalls nur einmal zulässig. Vor Wiederholung der Prüfung überweist das Oberbergamt den Kandidaten für einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten zur besseren Ausbildung erneut einer Markscheiderei.
§ 7.
Auf Grund der bestandenen Prüfung wird dem Kandidaten
durch den Vorsitzenden des L.eennege. der Befähigungs⸗ nachweis erteilt. Dieser spricht unter Angabe des Gesamturteils über das Ergebnis der Abschlußprüfung die Fähigkeit des Prüf⸗ lings aus, selbständig Markscheiderarbeiten ausführen zu können. Das Oberbergamt erteilt auf Antrag des Vorsitzenden des Prü⸗ fungsausschusses unter Beifügung des Befähigungsnachweises dem Prüfling die Konzession als „Markscheider“ mit der Berechtigung zur öffentlichen Ausführung von markscheiderischen Arbeiten innerhalb Preußens aus. 1“
Diese Vorschriften treten mit lichung an die Stelle der Vorschriften vom 24. Oktober 1898 und der hierzu erlassenen Ergänzungsbestimmungen.
Die Abschlußprüfung vor dem Oberbergamt kann nach den bisherigen Vorschriften bis zum 1. April 1936 und in besonders begründetem Einzelfall mit Genehmigung des Ministers bis zum 1. April 1937 abgelegt werden.
Berlin, den 28. März 1934.
Der Preußische Minister für Wirtschaft und Arbeit.
J. A.: Winnacker.
Belkanntmachung. 8 Auf Grund des § 7 der Verordnung des Herrn Reichs
präsidenten zum Schutze des deutschen Volkes vom 4. 2. 1933 habe ich folgende Bücher und Druckschriften in Preußen wegen Gefährdung von Sitte und Anstand beschlagnahmt: „Weib und Sittlichkeit“ von Max Bauer, Eigenbrödler Verlag, Berlin W8 „Beauté Magazine“ Nr. 35, Januar 1934, Paris; „Le Sourire“ Nr. 881, vom 22. März 1934, Paris; . „Allo Paris“ Nr. 10, März 1934; . „Paris Sex Appeal“ Nr. 8, März 1934; „Paravent“ März 1934, Paris; “ „Das frische Fleisch“ von Fortuné Pailott, Carl Schusdek⸗Verlag, Wien, Leipzig. Berlin, den 28. März 1934. Der Polizeipräsident in Berlin, Abteilung IV.
J. A.: Vorwerk.
6 Bekanntmachung. —
Die heute ausgegebene Nummer 9 der Preußischen Gesetz⸗ sammlung enthält unter:
Nr. 14 118 das Gesetz über die Erweiterung der Aufgaben des Staatskommissars der Hauptstadt Berlin, vom 28. März 1934;
Nr. 14 119 das Gesetz über Aendexung der Grenzen der Land⸗ kreise Waldenburg, Landeshut und Jauer und des Stadtkreises Waldenburg (Schlesien), vom 29. März 1934.
v1““ 1“
dem Tage der Veröffent⸗
—
Umfang: Bogen. Verkaufspreis: 0,20 RM, zuzüglich einer Versandgebühr von 4 Rpf. Zu beziehen durch: R. von Decker’s Verlag (G. Berlin W9, Linkstr. 35, und durch den Buchhandel. Berlin, den 5. April 1934.
Schriftleitung der Preußischen Gesetzsammlung.
Nichtamtliches. Aus der Preußischen Verwaltung.
Wirtschaftsmin’ster Dr. Schmitt: Die deutsche Arbeit muß sich selber tragen.
An einer von der Betriebszelle und der Fachschaftsgruppe Preußisches Ministerium für Wirtschaft und Arbeit veran⸗ stalteten „Fahrt ins Blaue“ nahm auch der Reichs⸗ und Preu⸗ ßische Wirtschaftsminister Dr. Schmitt teil. Er richtete an die etwa dreihundert Teilnehmer eine Ansprache, in der er zum Ausdruck brachte, daß er sich schon bei Amtsantritt fest vor⸗ genommen habe, auch mit seinem Mitarbeiterstabe im Preu⸗ ßischen Ministerium rege persönliche Fühlung zu halten. Arbeiten von größter Bedeutung hätten ihn jedoch gehindert Vorhaben auszuführen. Bald würden
Reichs⸗ und Preußisches Wirtschafts⸗ ministerium unter einem Dache vereinigt werden. Das sei übrigens der erste praktische Versuch, um Reichs⸗ und preußische Behörden zusammenzulegen. Dann werde die persönliche Fühlungnahme leichter möglich sein.
Dank der wunderbaren Führung unseres Volkskanzlers, so erklärte der Minister u. a. weiter, haben wir auf dem Wirt⸗ schaftsgebiet schon große Erfolge aufzuweisen. Wir brauchen indes nur in die kleinen Gassen und in die Fabriken zu gehen, um zu erkennen, welche Fülle von Aufgaben noch zu lösen ist, ehe wir sagen können: Die deutsche Arbeit trägt sich selber. Letzten Endes komme es darauf an, daß ohne den jetzt noch bestehenden staͤatlichen Antrieb die deutsche Wirtschaft wieder eine normale Beschäftigungslage aufweise. Das sei die größte Aufgabe, die der Reichskanzler ihm als Wirtschaftsminister gestellt habe. Wenn man frage, wie sich diese Aufgabe erfüllen lasse, so sei festzustellen, daß sicherlich die Führung überaus wichtig sei. Aber der Leiter, auf sich allein gestellt, könne seiner Aufgabe nicht gerecht werden. Unbedingt erforderlich sei, daß die Gefolgschaft vom richtigen Geiste beseelt ist. Einer habe für den anderen einzustehen. An sich selbst aber müsse jeder die höchsten Anforderungen stellen. Das sei echt nationalsozialistischer Geist. Jahre anstrengendster Arbeit ständen noch vor uns. Darum, so schloß der Minister, pflegen Sie untereinander den Geist der Gemeinschaft. Auch die Arbeit des Geringsten darf nicht verachtet werden .. . Keiner in Deutschland bietet uns ein leuchtenderes Beispiel als der Führer selber⸗
Genaue Erkundigung über die Zuverlässigkeit der Gewerbetreibenden.
Im Interesse der Ausmerzung unzuverlässiger Elemente aus dem Gewerbe hat der Prelußische Minister für Wirtschaft und Arbeit zugleich für den Innenminister einen Erlaß an die nachgeordneten Behörden gerichtet. Darin wird auf Gesetzes⸗ bestimmungen verwiesen, wonach die Polizeibehörde bei der An⸗ meldung der im § 35 der Reichsgewerbeordnung aufgeführten Gewerbe die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, nötigenfalls durch Rückfrage bei der Ortspolizeibehörde des Geburtsortes des Gewerbetreibenden, zu prüfen hat. Wenn sich dabei Tatsachen ergeben, die seine Unzuverlässigkeit in bezug auf seinen Gewerbe⸗ betrieb dartun, so ist, falls die Aufforderung zur freiwilligen Einstellung des Betriebes erfolglos war, die Untersagung mittels Klage im Verwaltungsstreitverfahren herbeizuführen. Die Re⸗ gierung sei nun von besonderer Seite darauf aufmerksam gemacht worden, welche Gefahren für die Oeffentlichkeit daraus entstehen könnten, daß zwischen der Anmeldung des Gewerbebetriebes und der Feststellung der Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden längere Zeit vergeht. Die Minister ersuchen daher, dahin zu wirken, daß die Prüfungen jeweils unverzüglich nach Eingang der Anmeldung vorgenommen werden, und daß in geeigneten Fällen erforderlichenfalls sofort eingeschritten werden kann. Es müsse vermieden werden, so schließt der Erlaß, daß Personen längere Zeit das Gewerbe ausüben, ohne daß geprüft wird, ob von der Untersagungsmöglichkeit Gebrauch zu machen sei.
Neuregelung der Zinserleichterungen für Hauszinssteuer⸗
Hypotheken. .“
Der preußische Minister für Wirtschaft und Arbeit hat in einem Runderlaß eine Neuregelung der Bestimmungen über die Stundung und Niederschlagung von Zinsen für Hauszinssteuer⸗ hypotheken aus dem gemeindlichen Hauszinssteueraufkommen Berge Danach können in allen Fällen, in denen die Notlage des Bauherrn nachweislich ohne sein Verschulden eingetreten ist, und in denen die Einziehung der enfen für die sogenannten gemeindlichen Hauszinssteuerhypotheken unvermeidbar zur Zwangsversteigerung führen würde, die Zinsen gestundet werden, 1. sofern bei Mietern, die infolge von Erwerbslosigkeit oder aus anderen Gründen die Miete aus eigener Kraft nicht aufbringen können, die allgemeinen Fürsorgemittel zur Mieteabdeckung ent⸗ sprechend herangezogen werden, und 2. sofern für die Dauer der Aussetzung der Verzinsung die Gemeinde auch auf die Erhebung etwa gemeindlicher Zuschläge zur staatlichen Grundvermögens⸗ steuer verzichtet. Dabei sind Darlehnsnehmer, die mehrere un⸗ versorgte Kinder haben, sowie Schwerkriegsbeschädigte, die unver⸗ schuldet in Notlage geraten sind, bevorzugt zu behandeln. Stun⸗ dungsanträge, in denen die Zinsleistung aus den gemeindlichen Hauszinssteuerhypotheken im Einzelfalle 10 vH der gesamten Jahreslast (Hypothekenzinsen, Tilgung bzw. Abschreibung, Be⸗ triebs⸗ und Verwaltungskosten) nicht übersteigt, sind rege mäßig abzulehnen, sofern nicht die übrigen Gläubiger zu einem ent⸗ sprechenden Entgegenkommen bereit sind. Im übrigen verbleibe es bei dem Runderlaß vom 6. Juni 1933.
Kunst “ Wissenschaft.
Spielplan der Verliner Staatstheater. 86
88 Donnerstag, den 5. April 1934. Staatsoper: Wilhelm Tell (Neufassung). Beginn 20 Uhr.
Dirigent: Heger. Schauspielhaus: 100 T67 e. Schauspiel von Forzano. Beginn 20 Uhr.
“
und
Mussolini
Schenckh),
Berlin, Mittwoch, den 4. April
1934
Preußen. Monatsausweis
über die Einnahmen und Ausgaben des Landes Preußen im Monat Februar des Rechnungsjahres 1933.
(Beträge in Millionen RM.)
A. Ordentliche Einnahmen und Ausgaben.
1. Zu Beginn des Rechnungsjahres 1933 waren die zur Deckung restlicher Verpflichtungen aus dem Vorjahr 1932 zurückgestellten Restbestände verfügbar...
2. Zur Deckung der Fehlbeträge am Schlusse des Rechnungs⸗ jahrs 1932 sind erforderlich (121,3 + 147,1 + 152,3 =)
— “ mithin Vorschuß
357,7
420,7 63,0
Jahressoll oder Ist⸗Au
Darunter Rechnungssoll der Vorjahrsreste
im
2.
im April / Jan. Februar
Ist⸗Einnahme
sgabe
zu⸗
sammen
naeeendern
I. Einnahmen. 1. Steuern Davon ab: Ueberweisungen an Gemeinden (Ge⸗ meindeverbände) usw.
8
780,2
verbleiben. 1185,7
2, Ueberschüsse der Be⸗ triebe
Davon ab: Zuschüsse an Betriebe 0,4
69,6
verbleiben.. 69,2
3. Sonstige Einnahmen: a.) Iu b) Verkehrswesen.. c) Wissenschaft, Kunst
und Volksbildung. d) Uebrige Landesver⸗ waltung.
186,4 11,4
23,2 305,6
9,5 17,2 286,1
Einnahmen insgesamt 1781,5 1385,4
1526,5
(abzüglich der Steuerüber⸗ weisungen an Gemeinden usw. und der Zuschüsse an Betriebe
II. Ausgaben. 1. Verwaltung des In⸗ nern.. 888 8 .1 457,4 2. Justizverwaltung 295,2 3. Verkehrswesen... 17,3 4. Wissenschaft, Kunst 8 und Volksbildung. 572,6 5. Wohnungswesen .. 21,6 6. Schuldendienst.... 89,4 nisse (Ruhegehälter 1113“ 8. Sonstige Ausgaben 276,4 60,4
1
do bo S — S SEd
—
E
—
=
150,6 174,9
15,8 16,5
359,6 232,3 14,6
489,6 77 69,5
166,4 191,4
Ausgaben insgesamt 1914,1 132,6 1380,7 150,4
1591,1
Mithin: Mehrausgabe
9,3 Mehreinnahme —
47
B. Einnahmen und Ausgaben auf Grund von Anleihegesetzen.
4,6
Zur Deckung des Fehlbetrags am Schluß des Rechnungsjahres 1932
sind erforderlich 237,5
m im April / Jan. Februar 5
Ist⸗Einnahme oder Ist⸗Ausgabe
usammen
I. Einnahmwen.
II. Ausgaben. 1. Landeskultur⸗ und landw. Sied⸗ lungswesen . 2. Sonstige Ausgaben der Hoheits⸗ verwaltungen . 8,1 3. Zuschüsse für Betriebe... 87,6 (Darunter Domänen u. Forsten) (14,6)
118,7 3,4
4,9
22,1
6,7
9,8 88,5 (15,5
Ausgaben insgesamt.. 100,6
105,0
Mithin: Mehrausgabe.... —
Mebreinnahme.. 18,1 Abschluß.
A. Ordentliche Einnahmen und Ausgaben.
Vorschuß aus dem Rechnungsjahr 1932 .. Mehrausgabe aus den Monaten April 1933/Februar
0. ꝙ„0 666nlbäee556
B. Einnahmen und Ausgaben auf Grund von Anleihegesetzen.
Vorschuß aus dem Rechnungsjahr 193323 . .
Mehreinnahme aus den Monaten April 1933/Februar
6 1934 2 8⁴ 2* 2 90 90 82 0 2³ 2 2 2 1. * „ ³⁴ * 2⁴ 2 2
Mithin Vorschuß
17,1
63,0
.
67,6
237,5
220,4 288,0
Stand der schwebenden Schulden Ende Februar 1934:
Schaevecc162*
422,2
Bemerkungen: Bei den Einnahmen ist als Jahressoll das Haushaltssoll (einschl. Nachtrag) ohne Vorjahrsreste angegeben. Unter
en ordentlichen Einnahmen und Ausgaben sind auch die außerplanmäßigen Einnahmen und Ausgaben einbegriffen.
sonstigen Die all⸗
gemeine Finanzverwaltung ist unter den Betrieben nachgewiesen, ab⸗ gesehen von den Steuern, die unter I, 1 und den sonstigen außer⸗ lannag Feg g aneedejen und Ausgaben, die unter 1, 3 und II, 8.
erscheinen. sichtigt gelassen.
ie hinterlegten Gelder (keme Staatsgelder) sind unberück⸗
8
Bis Ende Februar d. J. betragen die Reichssteuerüberweisungen (Staatsanteil) 377,0 Mill., die preußischen Steuern und Abgaben (Staatsanteil) 676,2. Für die preußische Staatskasse sind also bis jetzt insgesamt 1053,2 Steuern vereinnahmt. Die Betriebe haben einen Ueberschuß von 56,7 ergeben. Die Hoheitsverwaltungen er⸗ fordern bisher einen Zuschuß von 1114,5, so daß bis Ende Februar d. J. insgesamt eine Mehrausgabe von 4,6 perbleibt.
Bei den Anleihen laufen 73,0 gemäß § 4b des Gesetzes vom 26. April 1933 — G.⸗S. S. 118 — in Einnahme und Ausgabe durch.
Bevölkerungsbewegung.
Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle in den preußischen Großstädten 1933.
Im Berichtsjahre trat, wie der Amtliche Preußische Presse⸗ dienst der Statistischen Korrespondenz entnimmt, eine wesentliche Aenderung in der Heiratsfrequenz ein. Nachdem die Jahre 1931 und 1932 einen starken Rückgang in den Heiratsziffern gebracht hatten, der sich auch im ersten Vierteljahr 1933 forsseßte, trat im zweiten Vierteljahr unter der Einwirkung der durch Gesetz vom
1. 6. 1933 geschaffenen Ehestandsdarlehen eine starke Steigerung ein, die im weiteren Verlauf des Jahres unvermindert anhielt. Die mittlere Heiratsziffer aller preußischen Großstädte, die sich im Jahre 1932 auf 8,8 vT belief, stieg auf 10,7 vT. An dieser Steigerung nahmen sämtliche preußischen Großstädte teil. Die Geburtlichkeit entwickelte sich in den einzelnen Groß⸗ städten sehr verschieden. Die meisten Großstädte, insbesondere die des rheinisch⸗westfälischen Industriegebiets, hatten noch einen. Rückgang ihrer Geburtenziffer zu verzeichnen. Andererseits machte sich bei einer Reihe von Großstädten eine erfreuliche Zu⸗ nahme der Geburtenziffer bemerkbar.
Infolge einer im ersten Viertel des Berichtsjahrs auf⸗ getretenen Grippeepidemie erhöhte sich die Sterblichkeit nicht un⸗ wesentlich. Während im vorhergehenden Jahre der Durchschnitts⸗ wert der Sterbeziffern aller Großstädte 10,7 vT betrug, belief er sich im Berichtsfühe auf 11,4 vT.
Die Säuglingssterblichkeit war dabei günstig. Auf je 100 Lebendgeborene kamen im Durchschnitt der Städte 7,6 Todes⸗ fälle von Kindern unter einem Jahre, während es im Jahre vorher 8,0 Kinder gewesen waren. Infolge der größeren Sterb⸗ lichkeit blieb der Geburtenüberschuß unter dem Stande des Vor⸗ jahres. Der Durchschnittswert aller Geburtenüberschußziffern be⸗ trug 2,3 vT gegenüber 3,0 vT im Vorjahre.
Handelsteil.
Berliner Börfenbericht vom 4. April. Im Verlauf Angebot. — Geschäft bleibt ruhig.
Auch die zweite Börse nach den Osterfeiertagen wies noch keine Belebung des Geschäftes auf. Der Verkehr eröffnete in gut behaupteter Haltung, da die Privatkundschaft der Banken, an⸗ geregt durch die befriedigenden Berichte aus der westdeutschen Industrie, für Spezialpapiere Kauforders erteilt hatte, die auch die Kulisse zum Mitgehen veranlaßten. Allgemein war jedoch die Stimmung wegen der bevorstehenden Stillhualteverhandlungen zurückhaltend. Bald nach Notierung der ersten Kurse trat eine gewisse Abschwächung ein. Neben einem stärkeren Rückgang der
arbenaktie verstimmte auch der Reichsbankausweis, der aufs neue zeigt, daß Deutschland als Rohstoffeinkäufer auf dem Welt⸗ markt devisenpolitisch eine Besserung erfahren müsse. Hauptsäch⸗ lich schritt die Kulisse in der zweiten Börsenstunde zu Positions⸗ lösungen. Jedoch traten im weiteren Verlauf für einige Spezial⸗ papiere wieder Kaufinteressenten 8 so daß sich in diesen Werten wieder Kurserholungen durchsetzen konnten.
Am Montanmarkt waren Hoesch und Mannesmann sowie Gelsenkirchen bis zu 2 vH niedriger. Phönix gingen auf 52 .%, Stahlverein auf 44 % zurück. Braunkohlenwerte lagen recht rvuhig; bei kleinen Umsätzen verloren Eintracht 2 ½¼ vH und Rhein. Braun 2 vH. Unter Kaliaktien waren Burba 1 vH schwächer, die übrigen Werte unverändert. Stärkerem Abgabedruck unterlagen J. G. Farben (minus 3¼ vH). Die Börse erwartet jetzt nur eine Divi⸗ dende in Vorjahrshöhe. Im Zusammenhang damit waren auch Kokswerke und Rütgerswerke angeboten. Siemens waren mit 143 und A. E. G. mit 30 % nur wenig verändert, Gesfürel gingen auf 99 und Licht und Kraft auf 195 zurück. Teilweise stärker waren auch Tarifwerte angeboten, da man hier Strompreis⸗ ermäßigungen erwartet. So gingen Schles. Gas auf 120 und R. W. E. auf 97 zurück. Julius Berger büßten wegen der Un⸗ klarheit über die Dividende 3 vH ein. Maschinenaktien waren vernachlässigt; Berlin⸗Karlsruher mußten einen Teil ihres Vor⸗ tagsgewinns wieder hergeben (minus 1¼ vH). Etwas stärker angeboten waren auch Reichsbankanteile (minus 2 ¾ vH), Deutsche Bank waren 1 vH höher, die übrigen Banken ebenso wie Schiff⸗ fahrtspapiere nur wenig verändert.
Am Kassamarkt war die Tendenz uneinheitlich, ohne daß es jedoch zu größeren Umsätzen kam. — Am Rentenmarkt erreichten Neubesitz unter Schwankungen mit 23,75 einen Höchstkurs, Alt⸗ besitzanleihe ging dagegen um ℳ vH zurück. Sonst zeigten sich ebenfalls überwiegend kleine Abschwächungen. Schuldbuchforde⸗ rungen, umgestellte Dollarobligationen lagen bis ½ voH niedriger, Pfandbriefe und Kommunalobligationen waren nur vereinzelt etwas angeboten. Unter Stadtanleihen bleiben Süddeutsche bevor⸗ zugt. — Am Geldmarkt macht die Erleichterung weiter Fort⸗ schritte; Tagesgeld ermäßigte sich um 6 vH auf 4 % bis 5 8 vH, 8 erste Adressen 4 ½ vH. Eine neue Serie von Reichsschatzanwei⸗ ungen gelangte an den Markt.
——
Der Kursstand der Aktien Ende März.
Im März haben sich auf den Effektenmärkten keine beson⸗ deren Veränderungen vollzogen. Nach den voraufgegangenen Kurssteigerungen neigte lt. neuestem Wirtschaftsbericht der Com⸗ merz⸗ u. Privat⸗Bank, die Tendenz aber zur Schwäche, und es war deutlich erkennbar, daß sich in Fellen offensichtlicher Über⸗ treibungen eine Reaktion nach der anderen Seite geltend machte. Von 404 Aktien, die gegen Monatsende notiert wurden, lagen nur noch 24,3 % zwischen 0 und 50 %, während es im Vormonat noch 27,7 % gewesen sind. Der Abgang kommt auf der anderen Seite fast volständig bei den Werten von 75 bis 100 % zum Vorschein, eren prozentualer Anteil sich von 15,9 auf 18,3 % vergrößert hat. In der zweiten Monatshälfte ergaben sich bei den sogenannten schweren Werten nicht unbeträchtliche Kursabschläge. Grundsätz⸗ lich zeigt sich eine weitere Bevorzugung der leichten und mittleren Papiere, bei denen Kurssteigerungen und Dividendenerhöhungen noch eher im Bereich der ö lichkeit liegen, als bei den über 150 % liegenden Werten mit hohen Dividenden, die zwar viel⸗ fach mit hohen inneren Reserven ausgestattet sind, die aber trotz⸗ dem z. Zt. an erhöhte Ausschüttungen an ihre Aktionäre nicht denken können. “ vW1
Hamburger Seeschiffsverkehr im März 1934.
Im März sind zu E“ im Hamburger Hafen ange⸗ kommen: 937 (Februar 810) Dampfschiffe und 528 (365) Segler bzw. Schleppschiffe, im ganzen 1465 (1175) Seeschiffe mit 1 549 171 (1 334 689) N.⸗R.⸗T. Von der Gesamtsumme führten 947 (735) Schiffe mit 702 735 (568 897) N.⸗R.⸗T. die deutsche Flagge. Abge⸗ gangen sind zu gleichen Zwecken 953 (800) Dampfschiffe und 708 (500) Segler bzw. Schleppschiffe, im ganzen 1661 (1300) Seeschiffe mit 1 573 955 (1 354 912) N.⸗R.⸗T. Von der Gesamtsumme führten bia⸗ (859) Schiffe mit 690 530 (611 267) N.⸗R.⸗T. die deutsche agge. 8
“ “
treffenden Wirtschaftsobjett angemessen beachtet werden
Arbeitsbeschaffung und Reichsbank. Notenbanken und Geldmarkt im Februar 1934.
Das Statistische Reichsamt befaßt sich mit den geldwirtschaft⸗ lichen Sekundärwirkungen der Arbeitsbeschaffung, die sich lt. „Wirt⸗ schaft und Statistik“ in verstärktem Umfang bei den Notenbanken bemerkbar machen. Sie treten einmal in der Bewegung des Stück⸗ geldumlaufs in Erscheinung. Die Entwicklung im Februar hat erneut bestätigt, daß der durch die Mehrbeschäftigung ausgelöste zusätzliche Stückgeldbedarf der Wirtschaft zur Zeit in der Größenordnung von 70 bis 80 Mill. RM liegt. Um diesen Betrag ist die gesamte um⸗ laufende Stückgeldmenge (Noten und Münzen) höher als vor Jahres⸗ frist. Die Zunahme entfällt ausschließlich auf die kleinen Noten⸗ abschnitte (20 und 10 RM); ihr Umlauf hat sich von 1054,9 Mill. RM Ende Februar 1933 auf 1142,7 Mill. RM Ende Februar 1934 erhöht. Im Verhältnis zu den für die Arbeitsbeschaffung eingesetzten Kredit⸗ mitteln ist also die Zunahme des Notenumlaufs und die daraus er⸗ wachsende Beanspruchung der Reichsbank sehr gering. Größeren Umfang nimmt aber jetzt die zweite wichtige geldwirtschaftliche Sekundärwirkung der Arbeitsbeschaffung, der Einfluß auf den De⸗ visenbedarf, an. Im Januar hatte die Reichsbank 12,6 Mill. RM ihres an und für sich schon knappen Bestandes an Gold und Deckungs⸗ devisen zum Ausgleich der Devisenbilanz abgeben müssen. Im Februar haben sich die Verluste auf 42,9 Mill. RM erhöht; in der ersten März⸗ hälfte betragen sie noch einmal 65,7 Mill. RM. Die unmittelbare Arbeitsbeschaffung und die durch sie ausgelöste Wirtschaftsbelebung muß eine solche, die Devisenbilanz belastende Steigerung der Waren⸗ einfuhr herbeiführen. Besonders in zwei Richtungen werden diese Zusammenhänge wirksam. Für die Durchführung der Investitionen, auf die sich die unmittelbare Arbeitsbeschaffung erstreckt, werden Rohstoffe benötigt, die zum Teil (z. B. Eisenerze, Nichteisenmetalle, Holz usw.) aus dem Auslande eingeführt werden. Noch bedeutsamer ist die Wirkung, die die der Arbeitsbeschaffung folgende Verbrauchs⸗ belebung auf die Einfuhr ausübt. Von dem zusätzlichen Verbrauch entfällt ein beachtlich hoher Teil auf Güter der Bekleidung, deren Rohstoffe überwiegend aus dem Auslande eingeführt werden müssen. Dieser Einfuhrbedarf wird mit Fortschreiten der konjunkturellen Belebung zweifellos hoch sein; denn die Wiederbeschäftigten werden gerade in der Bekleidung jahrelang unterlassene Anschaffungen nachholen. Die binnenwirtschaftliche Arbeitsbeschaffung wirkt sich also auch als Absatzsteigerung und damit als Arbeitsbeschaffung für die rohstofferzeugenden Teile der Weltwirtschaft aus. Solange die deutsche Ausfuhr nicht steigt, muß diese weltwirtschaftliche Arbeits⸗ beschaffung, die sich als Sekundärwirkung der deutschen Wirtschafts⸗ politik ergibt, aus den Gold⸗ und Devisenreserven der Reichsbank finanziert werden. Die Knappheit der Reserven läßt erkennen, daß die Finanzierung nur sehr begrenzt möglich ist und bald durch eine Steigerung der Ausfuhr oder weitere Verminderung des Transfers
gestützt werden muß. Auf den Geldmarkt selbst hat die doppelte
geldwirtschaftliche Sekundärwirkung der Arbeitsbeschaffung bisher nur einen geringen Einfluß ausgeübt. Die Wechsel⸗ und Lombard⸗ beanspruchung der Notenbanken hat sich im Februar nur um den Betrag von 41,5 Mill. RM (gegen 141,1 Mill. RM im Vorjahre) erhöht. Die Reichsbank hat wieder einen erheblichen Teil des Geld⸗ bedarfs des Markts durch Ankauf von Wertpapieren gedeckt; der Bilanzwert ihrer Wertpapierbestände hat um 46,3 Mill. RM zu⸗ genommen. Dieselbe Wirkung auf den Markt hat der dem Reich gewährte Betriebskredit, der von 36,7 Mill. RM Ende Januar auf 60,3 Mill. RM Ende Februar gestiegen ist.
e““ 1 8 8 1“
Die wirtschaftliche Lage der rheinisch⸗westfälischen Brauindustrie im 1. Quartal 1934.
Wie der Verband Rheinisch⸗Westfälischer Brauereien mitteilt, war der Absatz im westdeutschen Braugewerbe im ersten Kalender⸗ vierteljahr 1934 schwankend, im ganzen jedoch gegenüber dem Vor⸗ jahr gehalten. Das Faschingsgeschäft brachte sogar eine erfreu⸗ liche, allerdings nur vorübergehende Steigerung. Eine dauernde Absatzbelebung scheine ohne die angekündigte Entlastung der Bier⸗ steuer nicht möglich. — Zu Beginn des Jahres wunde zwischen den meisten Mitgliedern des Verbandes Rheinisch⸗Westfälischer Brauereien der bisherige wirtschaftliche Vertrag um ein Jahr ver⸗ längert. Allerdings wurde der Kundenschutz auf den Schutz des Bierbelieferungsvertrages beschränkt. Der Vertrag habe sich sehr bewährt. Die Schwierigkeiten, die der Innehaltung anständiger und angemessener Wettbewerbsbedingungen von einigen Außen⸗ seitern des Bezirks und einigen süddeutschen Brauereien bereitet werden, dürften mit der bevorstehenden Zwangsorgani ation des Braugewerbes endlich beseitigt werden. Durch die hördliche Behandlung von Konzessionsanträgen für beg'hende Gastwirt⸗ schaften werden mitunter beträchtliche wirtschaftliche Nachteile ver⸗ uvfacht. Die gesetzlich vorgeschriebene Bedürfnisprüfung bei jedem Besitzwechsel von Gastwirischaften dürfe nicht so schematisch er⸗ folgen, wie es leider häufig geschehe. Bei der Beuxteilung der Bedürfnisfrage müssen auch allgemein⸗wirtschaftliche Gesichts⸗ punkte berücksichtigt und die Interessen der Gläubiger an dem be⸗
11“