1934 / 136 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Jun 1934 18:00:01 GMT) scan diff

Finanzministerium bereits eine Abteilung für die Verwaltung von Staatsbädern besitzt. Die abschließenden Verhandlungen über die Uebernahme des Bades durch Preußen sind am letzten Sonn⸗ tag und Montag von Staatssekretär Dr. Landfried in Bad Salz⸗ brunn geführt worden. Der Staatssekretär unternahm eine längere Rundfahrt, die auch zum Hochwald und zur Weistritz⸗ talsperre führte. Bei der Beratung der Bilanz des Bades am Montag wurde festgestellt, daß sich das Bad im besten Ausschwung befindet. Die Badeverwaltung plant, wie aus Salzbrunn ge⸗ meldet wird, eine großzügige Fremdenverkehrswerbung, besonders im Auslande, um die Rentabilität des Bades und der seit der Wirtschaftskrise schwer um ihre Existenz ringenden Hotels und Fremdenheime zu heben. Die heilkräftigen Quellen von Salz⸗ brunn sind bisher schon nicht nur in Europa, sondern auch in Amerika bekannt und geschätzt.

Kunst und Wissenschaft. Spielplan der Berliner Staatstheater.

Freitag, den 15. Juni. Staatsoper: Richard⸗Strauß⸗Zyklus VII. Elektra. lische Leitung: Furtwängler. Beginn: 20 Uhr. Schauspielhaus: Struensee. Drama von Otto Erler. ginn: 20 Uhr.

Aus den Staatlichen Museen.

In der kommenden Woche finden in den Staatlichen Museen die folgenden Führungen und Vorträge statt: Mittwoch, den 20. Juni. 11 Uhr im Deutschen Museum, Rundgang im Obergeschoß II; 12 Uhr im Neuen Museum, Kupferstichkabinett, Rembrandts Landschaftsradierungen und ihre Vorstufe, Dr. Troche

Musika⸗

Der deutsche Außenhandel im Mai.

Die Einfuhr betrug im Mai rund 380 Mill. RM gegen 398 Mill. RM im April. Der Rückgang um fast 5 v ist aus⸗ schließlich mengenmäßig bedingt. Der gewogene Einfuhrdurch⸗ schnittswert hat sich auf dem Stand des Vormonats gehalten. An der Verminderung der Gesamteinfuhr die im ganzen der jahreszeitlichen Tendenz entspricht, sind alle Hauptwarengruppen beteiligt. Ausschlaggebend war jedoch die Entwicklung der Roh⸗ stoffeinfuhr, die zum erstenmal seit November vorigen Jahres wieder abgenommen hat (minus 13 Mill. RM). Hier it vor allem die Einfuhr von Wolle sowie in geringerem Umfang die Einfuhr von Flachs, Hanf, Jute und Oelfrüchten zurückgegangen. Im übrigen sind nennenswerte Rückgänge in der Rohstoffein⸗ fuhr nicht eingetreten. Das gilt insbesondere auch für solche Rohstoffe, die, wie Kupfer und Baumwolle, in die während der letzten Monate ergangenen Einkaufsverbote einbezogen sind. Die Einfuhr von Lebensmitteln war um etwas mehr als 3 Mill. Reichsmark, von Fertigwaren um nicht ganz 2 Mill. RM ge⸗ ringer als im Vormonat.

An dem Rückgang der Einfuhr sind nach den vorläufigen Ermittlungen vorwiegend Belgien⸗Luxemburg, Spanien, China die Vereinigten Staaten von Amerika und Argentinien beteiligt⸗ Zugenommen hat die Einfuhr aus Rußland, Schweden, der Tschechosflowakei Finnland und den Niederlanden.

8 Einfuhr im Mai 1934.

Warengruppen April Mai

Mill. RM 2,9 2,2 3 79,0

Januar/Mai

1. Lebende Tiemn .86 II. Lebensmittel und Getränke III. Rohstoffe und halbfertige

Wa 1111““

I. Bertige Waren. 63,3

Zusammen —IV 398,2 1925,4 V. Gold und Siber 37,8 176,4

Die Ausfuhr betrug im Mai 337 Mill. RM. Gegenüber dem Vormonat ist sie um fast 7 vH gestiegen. Da sich der gewogene Durchschnittswert der Gesamtausfuhr gegenüber dem Vormonat kaum geändert hat, beruht die Zunahme im wesentlichen auf einer Steigerung der Ausfuhrmengen. Bei den Fertigwaren war die Tendenz der Durchschnittswerte allerdings weiterhin rück⸗ läufig. Ein Ausgleich wurde aber durch erhöhte Durchschnitts⸗ mefug 5 der Ausfuhr von Rohstoffen und Lebensmitteln herbei⸗ geführt.

Die Steigerung der Gesamtausfuhr ist ausschließlich auf eine Crgöhung der Fertigwarenausfuhr um 26 Mill. RM zurückzu⸗ führen. Die Ausfuhr von Rohstoffen ist um 5 Mill. RM gesunken; die Lebensmittelausfuhr hat sich gegenüber dem Vormonat kaum verändert. Wie weit das Maiergebnis durch Saisoneinflüsse be⸗

1200,2 298,9

Donnerstag, den 21. Juni. 11 Uhr im Kaiser⸗Friedrich⸗Museum, Rundgang durch die Aus⸗ stellung „Sport und Spiel im Altertum“; 12 Uhr im Kaiser⸗Friedrich⸗Museum, Führungsvortrag im Münz⸗ kabinett (ohne Hörgebühr). 11 Uhr, Treffpunkt Schlütersaal im Deutschen Museum, Die Kunst des Barock und Rokoko in Deutschland; 11 Uhr, Treffpunkt Babylonsäle, Babylonsäle; 12 Uhr, Tresspuntt Altarsaal, Pergamon⸗-Museum. 1 Freitag, den 22. Juni. . 12 Uhr im Schloß, Prof. Klar, Italienische Renaissance II: Majolika. Sonnabend, 23. Juni. 11 Uhr in der Vorderasiatischen Abt., Rundgang durch die neu er⸗ öffneten Säle;

12 Uhr in der Islamischen Kunstabteilung, Rundgang;

12 Uhr im Neuen Museum, Kupferstichkabinett, Rundgang durch die Ausstellung Rubens und Rembrandt;

11 83 Prof. Lessing im Museum für Völkerkunde, Rundgang: China;

11 Uhr, Treffpunkt Babylonsäle, Babylonsäle;

11 Uhr, Treffpunkt Schlütersaal im Deutschen Museum und seine Zeit;

12 Uhr, Treffpunkt Altarsaal, Pergamon⸗Museum.

Dürer

Von der Preußischen Akademie der Künste. 6 Auf Fferrsch 8g. des Preußischen Kultusministers Rust hat der Preußische Ministerpräsident Göring den Professor Max Kutschmann von den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin⸗Charlottenburg zum Vorsteher eines Meisterateliers für Malerei an der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin ernannt. Professor Kutschmann behält gleichzeitig die nebenamtliche Leitung der Vereinigten Staats⸗

dingt ist, läßt sich nicht sicher beurteilen, da die Entwicklung in

Die Sozialausgaben im

1 im Reichshaushalt 1934 werden von Geheimem Regierungsrat Dr. Poerschke in der „Sozialen Praxis“ kritisch gewürdigt. Zunächst hebt er hervor, daß der Titel, der für Zwecke der Invalidenversicherung 20. Millionen Reichsmark aus Zollmitteln enthielt, gemäß dem Gesetz zur Er⸗ haltung der Leistungsfähigkeit der Versicherungsträger vom 7. 12. 1933 weggefallen ist. Zum Ausgleich des durch dieses Gesetz noch nicht restlos herzustellenden Gleichgewichts der Einnahmen und Ausgaben ist das Reich verpflichtet worden, den Reichsbeitrag zur Invalidenversicherung auf 200 Millionen jährlich zu erhöhen und zu stabilisieren; das bedeutet eine Steigerung 22 Millionen egenüber dem Vorjahre. Die Höhe der Reichszuschüsse (Grund⸗ eträge) zu den Renten hat sich nur unwesentlich verändert. Poerschke macht darauf aufmerksam, daß die Sanierung der In⸗ validenversicherung nicht nur als eine vorübergehende betrachtet werden kann, denn infolge der Abnahme der Arbeitslosigkeit und der Zunahme der Beschäftigtenzahl wiesen die Einnahmen der Invalidenversicherung wieder eine steigende Tendenz auf. Die durchgreifende Reform der Knappschaftsversicherung steht aller⸗ dings noch bevor.

Während im Vorjahre als Beitrag des Reiches zur Arbeits⸗ losenhilfe 200 Millionen vorgesehen waren, erscheint 1934 nur ein Leertitel, da infolge des Rückganges der Arbeitslosigkeit durch die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nur noch mit 2,9 Millionen Hauptunterstützungsempfängern gerechnet zu werden braucht und der erforderliche Aufwand hierfür voraussichtlich aus den Bei⸗ trägen zur Arbeitslosenversicherung und aus der Abgabe zur

Die Sozialausgaben

Arbeitslosenhilfe voll gedeckt werden kann. Hier zeigt sich deutlich,

schulen für freie und angewandte Kunst in Berlin⸗Charlotten⸗ burg bei. 8 8 g.

Ar. &.

den vergangenen Fahten kein einheitliches Bild ergibt. Immer⸗ hin ist es wahrscheinlich, daß die Steigerung im Mai wenigstens teilweise jahreszeitlicher Natur ist. Darüber hinaus ist die Zu⸗ nahme vermutlich auch als eine Rückwirkung auf den starken Rückschlag im April zu betrachten.

Soweit sich jetzt schon übersehen läßt, entfällt die Steigerung der Ausfuhr vor allem auf Rußland, Großbritannien, die Nieder⸗ lande, Belgien⸗Luxemburg und China. Abgenommen hat die Aus⸗ fuhr nur nach wenigen Ländern, so u. a. nach Japan.

Ausfuhr im Mai 1934.

Warengruppen Januar/ Mai

1“ 0,2 2,3 II. Lebensmittel und Getränke 10,4 59,4 III. Rohstoffe zund halbfertige v EEE“ 347,8 IV. Fertige Waren. 1338,0

Zusammen IV 315,8 337,4 1747,5 V. Gold und Silber.. 52,7 92,4 410,4

Die Handelsbilanz schließt im Mai mit einem Einfuhrüber⸗ schuß von 42 Mill. AM gegenüber 82 Mill. RM im April ab. Im Mai des vergangenen Jahres war sie noch mit 89 Mill. RM aktiv.

Im einzelnen sind im Außenhandel des Monats Mai folgende Veränderungen hervorzuheben:

Der Rückgang der Lebensmitteleinfuhr ergibt sich aus einer fehtsg der Einfuhr von Süd⸗ rüchten (— 3,5 Mill. RM) und Fise und Fischz vei . Trüchtan r. eon ) und Fischen und Fischzubereitungen

An der Verminderung der Rohstoffeinfuhr sind Textilroh⸗ stoffe insgesamt mit 19,4 Mill. RM beteiligt. Hiervon entfallen 18,0 Mill. RM auf Wolle und Tierhaare, roh und bearbeitet, und etwas mehr als 1 Mill. RM auf Flachs, Hanf, Jute und der⸗ gleichen. Ferner ist die Einfuhr von Oelfrüchten und Oelsaaten um 1,6 Mill. RM und Zink um 1,5 Mill. RM gesunken. Diesen Abnahmen stehen Einfuüuhrsteigerungen gegenüber bei chemischen Rohstoffen und Halbzeugen (+ 2,1 Mill. RM), Bau⸗ und Nutzholz ig 1.8 Mill. RM) sowie Holz zu Holzmasse (+ 1,3 Mill. RM).

Die im ganzen geringe Verminderung der Fertigwareneinfuhr verteilt sich auf mehrere Warengruppen. 1— 8 An der Steigerung der Fertigwarenausfuhr sind in erster Linie Maschinen (+ 6,6 Mill. RM), chemische und pharmazeutische Erzeugnisse (+ 5,9 Mill. RM), Textilfertigwaren (+ 3,3 Mill. Reichsmark), Eisenerzeugnisse (+ 3,0 Mill. RM) Papier und Papierwaren (+ 1,3 Mill. RM) beteiligt. 8

6 Die Verminderung der Rohstoffausfuhr um insgesamt 5 Mill. E.“ ö b 8” Hauptsache auf schwefelsaures Am⸗ monigk ——1,7 Mill. RM) und ni 68 1 Sämerei

Errd RMin. Nvo) ) d nicht ölhaltige Sämereien

65,7

.67111

welchen Einfluß der bisheri E“ Arbeitslosigkeit auf

Der Freiwillige Arbeitsdienst erscheint nicht mehr im Haus⸗ halt des Reichsarbeitsministeriums, sondern im Einzelvlan XVII, wo 250 Millionen als „Zuschuß zu den Kosten der SA. und des Freiwilligen Arbeitsdienstes“ vorgesehen sind, wobei die Vertei⸗ lung der Mittel auf die beiden Institutionen noch nicht bekannt ist.

8 Entsprechend den drei Arbeitsbeschaffungsprogrammen (Papen⸗Programm, Sofortprogramm und Reinhardt⸗Plan) ent⸗ hält der Haushalt die zur Einlösung der 1934 fällig werdenden Wechsel notwendigen Summen, und zwar für das Papen⸗Pro⸗ gramm 175, für das Sofortprogramm 75, für das Reinhardt⸗ Programm 11,5 Millionen. Zur Tilgung des Reinhardt⸗Plans fließen außerdem noch 63,5 Millionen aus dem Arbeitsschatz⸗ anweisung⸗Tilgungsstock. Geheimrat Poerschke weist aber darauf hin, daß für die vier folgenden Rechnungsjahre sich eine stärkere Belastung ergeben werde. Es sei das Wesen der Arbeits⸗ beschaffungsprogramme, daß sie sich schnell auswirken, während die Lasten sich auf mehrere Jahre verteilen.

Die Ansätze für die Wohlfahrtspflege weisen nur geringe Veränderungen auf. Für das Wohnungswesen sind aber nur 59,7 statt 98,7 Millionen im Vorjahre vorgesehen, weil noch erhebliche Mittel aus dem Reinhardt⸗Programm und von den 500 Millionen für Reparaturen, Wohnungsteilungen usw. bereit⸗ stehen. Die sozialen Gesamtausgaben betragen rund 967,5 Millionen oder 15 vH des Gesamthaushalts. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß auch die Haushalte der Länder und Ge⸗

Rückgang der

3

Berliner Börsenbericht vom 14. Juni. Lebhaft und fest. 3

1“

Nach der zum Schluß des Vortages eingetretenen leichten

Abschwächung ist die Börse am Donnerstag wieder recht lebhaft und fest geworden. Namentlich die Besserung der Ausfuhr im Mai gab dem Verkehr eine Anregung, aber auch andere günstige Meldungen aus der Wirtschaft führten lust sowohl des Publikums als auch der Kulisse. Bevorzugt blieben daber wieder Rohstoffwerte, in denen Kursbesserungen bis über 3 vH festzustellen waren. In Anbetracht der Ausführungen Dr. Schachts auf der Zentrausausschußsitzung, aus denen erneut

der Ernst unserer Devisenlage ersichtlich wird, wurde der Ge⸗ die

schäftsumfang im weiteren Verlauf zwar etwas geringer, feste Grundstimmung hielt aber bis zum Schluß an.

Bevorzugt bleiben am Montanmarkt Harpener (plus 3 ½¼ vH), aber auch Mannesmann, Hoesch und Stahlverein lagen bis 1 vH höher. In Ilse zeigte sich etwas Angebot (minus 2 vH), dagegen lagen Eintracht und Niederlausitzer Kohle leicht gebessert. Von

den günstigen Ausführungen in der G.⸗V. der Kali Chemie (plus

1 ½ vH) profitierten Kalipapiere allgemein; Salzdetfurth ge⸗ wannen 2 vH, Westeregeln plus 2 ½ vH und Aschersleben plus 3 ¾ vH. Von Publikumsseite waren J. G. Farben stärker begehrt (plus vH), sonst war das Geschäft noch am Elektromarkt teil⸗ weise recht lebhaft, besonders in Siemens (plus 2 ½ meyer (plus 33 ¼

trizität und Gas (plus 6 ½ vH). Angeboten waren wieder A. E. G.

(minus ½ vH) und Elektrische Lieferungen (minus vH). Sonst hörte man noch Berlin⸗Karlsruher und Berliner Maschinen je

2 vH höher, Verkehrswesen dagegen 3 vH niedriger. Schiffahrts⸗ werte und Bankaktien wenig verändert.

Am Kassamarkt war die Tendenz bei ruhigem Geschäft eben⸗

falls nach oben gerichtet. Fest lagen variable Renten, dabei besonders wieder Reichsbahn⸗Vorzugsaktien (plus 1 ¼ vH) und Altbesitz (plus ½ vH). Stadtanleihen wenig verändert. Schuldbücher abbröckelnd und Liquidationspfandbriefe bis ½ vH schwächer. Tagesgeld ist mit

4 bis 5 bzw. 3 % vH unverändert, der Markt war jedoch in 7 „2 4 Am Devisen⸗

sich im Hinblick auf den Medio etwas versteift. markt war der Dollar unverändert 2,51 (2,51), dagegen das Pfund

international etwas erholt; in der amtlichen Berliner Notierung

wurde es mit 12,66 (12,63) festgesetzt. 88

Die 4 %ige Reichsanleihe von 1934 und die Ver⸗ wendung von deutscher Anleiheablösungsschuld.

Verschiedentlich haben Besitzer von Anleiheablösungsschuld mit Auslosungsschein (Altbesitz⸗Inhaber) oder auch Inhaber von Vorzugsrenten die Stücke der Anleiheablösungsschuld als Neu⸗ besitz verkauft, um sich Geld zu verschaffen. Da Auslosungsscheine bei ihrer Auslosung nur eingelöst werden, wenn der gleiche Nenn⸗ betrag an Anleiheablösungsschuld miteingereicht wird, und über⸗ dies Auslosungsscheine allein, das heißt ohne Anleiheablösungs⸗ schuld, börsenmäßig nicht lieferbar und somit unverkäuflich sind, werden daher solche Besitzer genötigt sein, sich diese Anleiheab⸗ lösungsschuld (Neubesitz) wieder zu beschaffen. Diese Wieder⸗ beschaffung muß alsbald, das heißt bis zum 21. Juni, geschehen, da nur bis zu diesem Termin Neubesitzanleihe noch gehandelt wird.

8

Der Fortschritt der Arbeitsschlacht in den einzelnen Berufsgruppen.

Die bisher erreichten großen Erfolge auf dem Gebiete der Bekämpfung der Erwerbslosigkeit werden in besonders interessanter Weise sichtbar in der ausführlichen Betrachtung der Beschäftigung in den einzelnen Berufsgruppen, die die Reichsanstalt für Arbeits⸗ vermittlung und Arbeitslosenversicherung regelmäßig durchführt. Aus der letzten Aufstellung dieser Art, die soeben veröffentlicht wird, ergibt sich z. B. für die deutsche Landwirtschaft, daß an vielen Orten, insbesondere in Ostpreußen, ein unverändert fort⸗ bestehender starker Kräftebedarf nicht vollständig gedeckt werden konnte. In Ostpreußen werden zwar zusätzlich 21 000 Landhelfer beschäftigt; dennoch blieben im letzten Berichtsmonat 10 237. Stellen für männliches und 4489 für weibliches Gesinde unbesetzt. Die Bemühungen, an Stelle des fehlenden Gesindes Familien auf Jahresvertrag unterzubringen, werden fortgesetzt. In Bran⸗ denburg wurde beobachtet, daß die in früheren Jahren in die Stadt gezogenen Landarbeiterfamilien sich verstärkt um Deputat⸗ stellen bewerben. In Pommern hat man versucht, die fehlenden Landwirtschaftskräfte aus dem westlichen Industriegebiet heran⸗ zuholen. Vom Rheinland wird gemeldet, daß aus neun indu⸗ striellen Bezirken der Landwirtschaft über 3000 Kräfte zugeführt werden konnten. In Sachsen ist es dem BDM. gelungen, eine Anzahl Mädchen zur Aufnahme von Landarbeit, teilweise nach vorher erfolgter Umschulung, zu bewegen. Im allgemeinen wird festgestellt, daß der Mangel an qualifiziertem Dauerpersonal in den landwirtschaftlichen Hauptbezirken noch groß ist.

Von den übrigen Wirtschaftszweigen sei u. a. der Bergbau erwähnt, der im Ruhrgebiet die Feierschichten im Mai um durch⸗ schnittlich rund 4500 arbeitstäglich auf 14 500 arbeitstäglich senken konnte. Auch wurden Neuanlegungen von Kräften in größerer Zahl vorgenommen, so daß die Belegschaftsziffer eine weitere merkliche Zunahme erfuhr. Die Gesamtzahl der im Ruhrbezirk arbeitsuchenden Bergarbeiter verminderte sich um rund 1900 auf rund 85 800. Im Erzbergbau stieg die Belegschaft der Sieger⸗ länder Gruben. Eine seit 1927 stilliegende Grube mit einer Belegschaft von 200 Mann soll demnächst wieder in Gang gebracht werden. Die Erzgruben im Bezirk Gießen waren vollbeschäftigt; die geförderten Erze reichten zur Deckung der Aufträge nicht aus, so daß auf die Haldenbestände zurückgegriffen werden mußte. In der Industrie der Steine und Erden ist es zu den bis dahin üblich gewesenen größeren Abberufungen von Arbeitskräften nicht mehr gekommen. In der Eisen⸗ und Metallindustrie waren z. B. in Ostpreußen fast sämtliche Zweige besser beschäftigt als vor einem Monat. In der Nordmark wurden erhöht Schiffszimmerer usw. eingestellt. Der Bedarf an Kupferschmieden konnte nicht gedeckt werden.

Die Besserung der Kaufkraft macht sich nicht nur in der kürzlich gemeldeten Steigerung des Umsatzes des Bäckergewerbes bemerkbar, sondern auch in der Erleichterung der Situation in der Spielwarenherstellung. So konnten in Mitteldeutschland die in diesem Wirtschaftszweig am Jahresschluß entlassenen Arbeits⸗ kräfte zum größten Teil wieder eingestellt werden. Im Spinn⸗ stoffgewerbe wurden gleichfalls neue Einstellungen vorgenommen. Der Auftragsbestand scheint im allgemeinen noch auf längere Zeit gesichert Was die Holzindustrie anlangt, so mußte infolge des allgemein beobachteten weiteren Auftriebes im Mai z. B. in einigen ostpreußischen Bezirken in zwei Schichten gearbeitet werden. Bemerkenswert sind auch die Fortschritte in der Süß⸗ warenindustrie. Die früher üblichen Saisonentlassungen konnten

meinden und die der Versicherungsträger erhebliche Ausgaben für soziale Zwecke enthalten. h g 8* 8 8 2 8 9

in Mitteldeutschland und Bayern vermieden werden.

u einer erhöhten Kauf⸗

1 vH) und Lah⸗ neyer vH). Fest lagen auch Accu (plus 3 vH) sowie Gesfürel (plus 2 vH). Materialmangel zeigte sich in Schles. Elek⸗

Pfandbriefe, Kommunalobligationen und

Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 136 vom 14. Juni 1934. ES. 3

I1““ 8

Arbeit für weitere 300 000 Mann.

““

Eine brennende Frage im Kampf um die Verminderung der Arbeitslosigkeit ist seit einigen Wochen die Grund förderung der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosen⸗ versicherung. Diese Frage hat nunmehr eine Lösung erfahren, die in den nächsten Wochen und Monaten zu einer außerordentlich günstigen Entwickkung im Kampf um die Verminderung der Arbeitslosigkeit führen wird. Der Bedeutung dieser Frage wegen bringen wir aus der Rede des Staatssekretärs Fritz Reinhardt auf der Tagung der Kommission für Wirtschaftspolitik der .SDAP. in München am 10. d. M. den Teil der Ausführungen, dr sich auf die Grundförderung erstreckt:

Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist auch die Grundförde⸗ ung durch die Reichsanstalt. Hier handelt es sich darum, daß die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenver⸗ scherung bestimmte öffentliche Arbeiten dadurch fördert, daß sie aus ihren Mitteln einen Zuschuß zu den Kosten der Arbeit ge⸗ währt, soweit dabei unterstützungsbedürftige Arbeitslose ver⸗ wendet werden. Dieses System der sogenannten Grundförderung besteht bereits seit Herbst 1927. Es sind gewährt worden:

im Rechnungsjahr 1927 rund 19 Millionen RM,

1928 40 3 1929 40 1930 24 1931 26 5 1938 800 8 . 1 und für das Rechnungsjahr 1934 waren bisher 310 Mil⸗ lionen RM vorgesehen. Die Grundförderung betrug 3 RM für jeden unterstützungsberechtigten Arbeitslosen pro Tag. Sie ist im Frühjahr dieses Jahres auf 2,50 RM pro Mann und Tag her⸗ abgesetzt worden.

Die Herabsetzung des Grundförderungssatzes ist erfolgt, um eine entsprechend größere Menge Arbeiten fördern zu können. der Selbstaufbringungsbetrag der Träger der Arbeit wird um diese 50 Rpf pro Mann und Tag größer.

Als Träger der Arbeit kommen insbesondere Gemeinden und Gemeindeverbände in Betracht. Deren Haushaltslage wird eine mit jedem Monat bessere. Die Einnahmequellen der Ge⸗ meinden fließen immer ergiebiger. Die Länder und über diese die Gemeinden und Gemeindeverbände sind am Aufkommen ver⸗ schiedener Reichssteuern beteiligt, beispielsweise am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer mit 75 vH und um Aufkommen der Umsatzsteuer mit 30 vH. Das Aufkommen nus diesen Anteilen am Reichssteueraufkommen steigt unentwegt. die Summe der Steuerüberweisungen des Reichs an Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände betrug

im Rechnungsjahr 1932 1 674,9 Millionen RM,

12

1933 1 803,6 1“ Verbesserung in 1932 128,7 Millionen RM.

Bei der Aufstellung des Voranschlags für 1933 war mit einer Verbesserung von 86,4 Millionen RM gerechnet worden. Die Verbesserung beträgt jedoch in Wirklichkeit (aufkommensmäßig) 128,7 Millionen RM. Das bedeutet für die Gesamtheit von Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden ein Mehr des Auf⸗ kommens gegenüber dem Voranschlag von 42,3 Millionen RM. Dieses für die Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sehr günstige Ergebnis von 1933 ist insbesondere darauf zurückzu⸗ führen, daß das Aufkommen an Körperschaftsteuer im Rechnungs⸗ jahr 1933 den Haushaltsvoranschlag um 104 Millionen RM. überstiegen hat, und daß die Länder und Gemeinden am Körper⸗ schaftsteueraufkfommen mit 75 vH beteiligt sind.

Der Voranschlag der Steuerüberweisungen für 1934 ist günstiger als das Ueberweisungs⸗Ist von 1933. Ich bin nach der Entwicklung des Steueraufkommens in den beiden ersten Monaten des laufenden Rechnungsjahrs der Meinung, daß der Voranschlag der Steuerüberweisungen für 1934 um rund 100 Millionen Reichs⸗ mark überschritten werden wird, und daß die Summe der Reichs⸗ steuerüberweisungen, die auf der Einnahmeseite der Länder, Ge⸗ meinden und Gemeindeverbände in Erscheinung tritt, im Haus⸗ haltsjahr 1934 wesentlich größer sein wird als im Haushaltsjahr 1933. Dazu kommt die Verbesserung der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände aus ihren eigenen Steuern, die auch nicht unbeträchtlich sein wird. 8

Eine Verbesserung der Haushaltslage der Länder und Ge⸗ meinden ist nicht nur auf deren Einnahmenseite, sondern auch auf deren Ausgabenseite zu verzeichnen. Die jährliche Zinsersparnis, die sich fuͤr die Gemeinden aus der erfolgten Umschuldung auf Grund des Gemeindeumschuldungsgesetzes vom 22. September 1933 ergibt, . nach unseren Feststellungen 75 Millionen Reichsmark pro Jahr.

cen bicser Verbesserung ihrer Haushaltslage kann von den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden verlangt werden, daß sie mit einem Grundförderungssatz von 2,50 RM pro Mann. und pro Tag zufrieden sind, und daß sie es auf die Weise ermög⸗ lichen, die Summe, die zur Gewährung von Grundförderung zur Verfügung steht, auf eine größere Arbeitsmenge zu verteilen.

Die Verbesserung der Haushaltslage der Gemeinden ergibt sich, soweit die Einnahmenseite in Betracht kommt, in Auswir⸗ kung des Kampfes um die Verminderung der Arbeitslosigkeit. Der Kampf um die Verminderung der Arbeitslosigkeit wird im wesentlichen aus Mitteln des Reichshaushalts bestritten, einmal durch Steuervergünstigungen und dann durch die Vorbelastung kommender Haushaltsjahre. Die Verbesserung, die sich in Aus⸗ wirkung dieses Kampfes um die Verminderung der Arbeits⸗ losigkeit in den Haushalten der Gemeinden ergibt, verbleibt restlos den Gemeinden für ihre eigenen Zwecke. Die 8 belastung trägt restlos das Reich. Die Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sind daran nicht beteiligt. Um so mehr muß von den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden verlangt werden, daß sie immer mehr wieder dazu übergehen, öffentliche Arbeiten aus eigenen Mitteln, ohne Grundförderung, zu sean. zieren. Diesem Gedanken gemäß war bestimmt worden, über die durch die Reichsanstalt zur Verfügung gestellten 310 Mehltanen Reichsmark im Haushaltsjahr 1934 nicht hinauszugehen. Bei der Begrenzung der Grundförderungssumme auf 310 Micltonen Reichsmark bitte ich zu bedenken, daß diese Summe 8. mehr als 50 vH die in 1933 zur Verfügung gestellten 203 Mi . lionen Reichsmark übersteigt. Die Begrenzung auf 310. Mil⸗ lionen Reichsmark kommt jedoch einer Sperre gleich, weil nämlich diese 310 Millionen bei Beginn des Haushaltsjahrs bereits restlos

zugesagt waren. g sagt Erfahrung in den vergangenen Wochen und Monaten hat

gelehrt, daß die Menge der aus Mitteln der Erunblärgering geplanten Arbeiten so groß ist, daß die 310 Millionen RM nicht genügen, um die gewaltige Nachfrage nach Gxuinsferderung dn bewältigen, und daß die Verbesserung der Haushaltslage bei⸗ vielen Gemeinden und Gemeindeverbänden noch nicht genügt, 8 geplante Arbeiten ohne Grundförderung durchzuführen. 1 Präsident der Reichsanstalt hatte infolgedessen beantragt, die 310⸗Millionen⸗Grenze überschreiten zu dürfen. Diesem Antrag haben die zuständigen Reichsminister der Reichsarbeitsminister und der Reichsminister der Finanzen inzwischen stattgegeben. Die Begrenzung der Grundförderungssumme auf 310 Millionen Reichsmark und damit die Grundförderungssperre ist aufgehoben. Weitere öffentliche Arbeiten der Gemeinden und Gemeinde⸗ verbände können mit 2,50 RM pro Mann und pro Tag gefördert werden. Ein höherer Betrag als 2,50. RM pro Mann⸗ und pro Tag kann grundsätzlich nicht gewährt werden, wenn die Reichs⸗ anstalt mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln aus dem

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Beitrag zur Arbeitslosenversicherung und aus der Abgabe zur Arbeitslosenhilfe auskommen soll. Der Grundförderungssatz kann lediglich dann ausnahmsweise auf 3 RM pro Mann und pro Tag erhöht werden, wenn es sich um ländliche Arbeiten großen Umfangs handelt und mindestens zwei Drittel der Gefolgschaft Arbeitslose aus Großstädten mit mehr als 600 000 Einwohnern sind. Es kommen hier Arbeitslose aus den folgenden Städten in Betracht: Berlin, Hamburg einschließlich Altona, Köln, Mün⸗ chen, Leipzig, Essen, Dresden und Breslau. Werden aus diesen Großstädten heraus Arbeitslose in Notstandsarbeiten in ländliche Gegenden überführt, so wird als Grundförderung ein Betrag von 3 RM pro Mann und pro Tag gewährt. Dadurch soll der Ge⸗ danke der Verminderung der Arbeitslosigkeit in den Großstädten bevorzugt gefördert werden.

Aus der Aufhebung der Grenze von 310 Millionen RM er⸗ gibt sich nicht, daß nun Grundförderung für Arbeiten in un⸗ begrenzten Mengen gewährt werden könne. Die Reichsanstalt ist selbstverständlich an den Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel gebunden. Dieser Rahmen bestimmt sich nach dem Aufkommen an Arbeitslosenversicherungsbeitrag und an Ab⸗ gabe zur Arbeitslosenhilfe. Der Rahmen wird um so größer, je größer die Zahl der Beschäftigten und die Lohnsumme und infolge⸗ dessen das Aufkommen an Arbeitslosenversicherungsbeitrag und an Abgabe zur Arbeitslosenhilfe wird. Ueber einen bestimmten Rahmen kann die Reichsanstalt deshalb nicht hinausgehen, weil die Mittel zur Gewährung von Wohlfahrtserwerbslosenunter⸗ stützung teilweise durch die Gemeinden selbst und teilweise durch Ueberweisung der sogenannten Wohlfahrtshilfe des Reichs an die Gemeinden aufgebracht werden. Es wird meinen Berech⸗ nungen gemäß möglich sein, aus Mitteln der Reichsanstalt die Grundförderung für weitere mindestens 300 000 Mann zu ge⸗ währen. Die Arbeitslosenziffer würde allein in Auswirkung dieser Maßnahme, infolge der Aufhebung der Grundförderungssperre, in den nächsten Wochen um weitere mindestens 300 000 Mann sinken.

Grundförderung darf nicht für jegliche Arbeiten gewährt werden, sondern nur für solche, bei denen die folgenden Voraus⸗ setzungen gegeben sind:

Die Finanzlage der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes muß die Möglichkeit, die Arbeit in absehbarer Zeit restlos aus eigenen oder geliehenen Mitteln durchzuführen, aus⸗ geschlossen erscheinen lassen.

Die Arbeit muß volkswirtschaftlich wertvoll sein.

3. Es dürfen zur Durchführung der Arbeit nur solche Volks⸗ genossen angesetzt werden, die in Landwirtschaft, Industrie, Handwerk und Gewerbe Arbeit bis auf weiteres nicht finden können und nach wie vor Arbeitslosenunterstützung

erhalten müßten. In keinem Fall dürfen Volksgenossen voerwendet werden, die sich in irgendwelcher Arbeit, ohne

Rücksicht darauf, ob am Wohnort oder auswärts, bereits befinden. Es darf also in keinem Fall vorkommen, daß ein in Arbeit befindlicher Volksgenosse seinen bisherigen Arbeitsplatz aufgibt, um in Notstandsarbeit zu gehen.

Die Gewährung von Grundförderung darf nicht zu der Mei⸗ nung führen, daß volkswirtschaftlich wertvolle Arbeiten anders als mit Grundförderung nicht mehr durchgeführt werden könnten. Die Gewährung von Grundförderung darf keineswegs u einer Dauereinrichtung werden. Der Grundförderung wohnt seinerlei Selbstzweck inne; ihr Zweck ist, arbeitslose Volksge⸗ nossen, die anderswie bis auf weiteres Arbeit nicht finden kön⸗ nen, in sogenannte Notstandsarbeit zu bringen und ihnen auf die Weife ein wesentlich höheres Einkommen zu ermöglichen als die Arbeitslosenunterstützung. Grundförderung wird infolge⸗ dessen so lange gewährt werden müssen, wie lange es arbeitslose Volksgenossen gibt, die anderswie bis auf weiteres nicht unter⸗ gebracht werden können, und wie lange es Gemeinden und Ge⸗ meindeverbände gibt, die die Mittel zur Finanzierung ihrer öf⸗ fentlichen Arbeiten aus eigenen der geliehenen Mitteln restlos nicht aufbringen können. 8

Es wär theoretisch durchaus denkbar, mittels Grundförde⸗ rung die Arbeitslosigkeit innerhalb weniger Monate restlos zu beseitigen. Die Voraussetzungen würden sein müssen:

1. Es würden alle arbeitslosen Volksgenossen zur Verwen⸗

dung in Notstandsarbeiten geeignet sein müssen.

2. Die Grundförderung würde so bemessen werden müssen, daß das Aufkommen an Arbeitslosenversicherungsbeitrag, an Abgabe zur Arbeitslosenhilfe und an gegenwärtig vor⸗

andener Eigenlast der Gemeinden dazu genügt. Es würde sich in dem Fall ein Satz von 2 bis 2,50 RM pro Mann

und pro Tag ergeben. 8 3. Die Gesamtheit der Gemeinden und Gemeindeverbände wyürde finanziell stark genug sein müssen; den über den Grundförderungsbetrag hinausgehenden Teil der Aufwen⸗ dungen für entsprechende Arbeitsmengen selbst bringen. .

Die Umsetzung dieses theoretischen Planes, die Arbeitslosig⸗ keit innerhalb weniger Monate restlos zu beseitigen, in die Wirk⸗ lichkeit scheitert jedoch daran, daß erstens nicht, alle Volksgenossen zur Verwendung von Notstandsarbeiten geeignet sind. Unter den Arbeitslosen befinden sich gegenwärtig noch rund 500 000 weib⸗ liche Arbeitnehmer; außerdem befinden sich darunter einige hun⸗ derttausend männliche Arbeitnehmer, die infolge ihres Alters oder aus sonstigen Gründen körperlich den Anforderungen der Notstandsarbeit nicht gewachsen sind. Und der Plan scheitert zweitens daran, daß die Gesamtheit der Gemeinden und Gemeinde⸗ verbände nicht finanziell stark genug ist, um den über die Grund⸗ förderung hinausgehenden Teil der Aufwendungen selbst aufzu⸗ bringen.

Es gibt heute noch 2,5 Millionen Arbeitslose, davon 1,8 Mil⸗ lionen Unterstützte. Davon werden 300 000 bis 500. 000 Mann ür Notstandsarbeiten meines Ermessens geeignet sein. Es sollte infolgedessen alles darangesetzt werden, diese 300 000 bis 500 000. Mann in den nächsten Wochen und Monaten in Notstandsarbeit zu bringen und sie so lange in Notstandsarbeit zu halten, bis die natürliche Belebung der Wirtschaft so weit fortgeschritten ist, daß die Belange der Wirtschaft eine Ueberführung von Notstands⸗ arbeitern in feste Berufszweige der Deutschen Volkswirtschaft be⸗ dingen. Es sollte auch alles getan werden, um den Gemeinden, soweit nicht ihre Haushalsmittel dazu ausreichen, die Finanzie⸗ rung des Restes zu erleichtern. Hier würde wohl insbesondere an eine Lockerung der Kreditsperre der Sparkassen gedacht werden müssen. ssane die natürliche Belebung der Wirtschaft zur Notwendig⸗ keit. Notstandsarbeiter freizumachen, führen wird, steht außer Frage. Der Abbau der Notstandsarbeiten wird sich aus dem Fortgang der natürlichen Belebung der Wirtschaft zwangsläufig ergeben. Die Notstandsarbeit stellt für alle diejenigen. Volks⸗ genossen, die bereits lange Zeit arbeitslos gewesen sind, eine aus⸗ gezeichnete Arbeitsschulung und einen ausgezeichneten Uebergang in ihren normalen Beruf dar. Ein Notstandsarbeiterberuf darf sich aber nicht bilden, sondern jede Notstandsarbeit soll nur Ueber⸗ gang in die Arbeit eines festen, möglichst erlernten Berufs sein. Die Reichsanstalt gewährt aus ihren Mitteln auch sogenannte Anlernzuschüsse, wenn Arbeitslose eine Arbeitsstelle annehmen, in der sie vollen Verdienst erst erreichen können, wenn sie die er⸗ forderliche Fertigkeit des besonderen Berufs erlangt haben. Der Zuschuß kann in dem Fall durch den Vorsitzenden des Arbeits⸗ amts auf die Dauer bis zu acht Wochen gewährt werden. Arbeits⸗ entgelt und Zuschuß dürfen zusammen die Höhe des W

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aufzu⸗

reich und

verdienstes, der Zuschuß allein darf das Anderthalbfache der zuletzt gezahlten Arbeitslosenunterstützung nicht übersteigen. Der An⸗ lernzuschuß kann sowohl für die berufliche Fortbildung als auch für eine Umschulung gewährt werden. Es sollte das Streben eines jeden Notstandsarbeiters sein, sich baldmöglichst um eine Dauer⸗ arbeitsstelle zu bemühen, die er auf die Weise erlangen kann. Die Arbeitgeber sollten diesbezügliche Gesuche stets wohlwollend prüfen und, wenn es irgend geht, dem bisherigen Notstandsarbeiter die Rückkehr in seinen ordentlichen Beruf oder in einen neuen Be⸗

ruf ermöglichen.

Schaffung einer internationalen Organisation der Seidenwebereien.

Essen, 13. Juni. Seit längerem sind, insbesondere in Frank⸗ Italien, Bestrebungen der Seidenwebereien festzu⸗ stellen, die auf die Schaffung einer internationalen Interessen⸗ vertretung hinauslaufen. Schon seit Jahren besteht bekanntlich eine internationale Seidenvereinigung, in der sowohl europäische Spinnereien als Webereien zusammengeschlossen sind, und zwar in der Hauptsache die Seidenindustrie folgender Länder: Deutsch⸗ land, Frankreich, Italien, Schweiz, England, Oesterreich, Tschecho⸗ slowakei und Ungarn. Auf den Tagungen dieser internationalen Seidenvereinigung war verschiedentlich auch schon die amerika⸗ nische Seidenindustrie vertreten, die allerdings der internationalen Vereinigung formell nicht angeschlossen ist. Vor einigen Tagen hat nun in Lyon eine Delegierten⸗Tagung der internationalen Seidenvereinigung stattgefunden, bei welcher Gelegenheit auch die Frage der Schaffung einer internationalen Interessenvertretung der Seiden⸗ und Kunstseidenwebereien besprochen wurde. Da der Verein deutscher Seidenwebereien in Krefeld auf dieser Dele⸗ giertenversammlung nicht vertreten war und auch ein offizieller Bericht der internationalen Seidenvereinigung bei den zuständigen deutschen Stellen noch nicht vorliegt, war hier über die Ergebnisse der Tagung in Lyon Näheres nicht in Erfahrung zu bringen. Dagegen liegt aus französischer Quelle ein Bericht vor, dem zu entnehmen ist, daß die besprochenen Pläne die Schaffung eines besonderen Ausschusses der Seiden⸗ und Kunstseidenwebereien zwecks gemeinsamer Wahrung ihrer Interessen innerhalb der internationalen Vereinigung zum Ziele haben.

Bisher bestand die Aufgabe der internationalen Organi⸗ sation im wesentlichen in der Propaganda für die Verwendung von Naturseide. Da die Seidenwebereien der verschiedenen Länder in den letzten Jahren in zunehmendem Maße neben dem Seidengarn auch andere Gespinste, insbesondere Kunstseidengarne aller Art, verarbeiten, haben sich in einigen Ländern, wie z. B. in Frankreich und Italien, schon Gegensätzlichkeiten zwischen Seidenzüchtern und ⸗spinnern auf der einen Seite und den Seidenwebereien andererseits ergeben. Es kommt hinzu, daß die Schutzmaßnahmen verschiedener Länder gegen die Einfuhr asiatischer Seidengarne durchaus keine ungeteilte Beurteilung in den der internationalen Seidenvereinigung angeschlossenen Kreisen finden, zumal die Seidenwebereien bei dem heftigen Wettbewerb mit den ostasiatischen Gewebefabrikanten auf dem Weltmarkt aus begreiflichen Gründen darauf bedacht sind, sich die Möglichkeiten für den Bezug billiger asiatischer Seidengarne nicht völlig nehmen zu lassen. Andererseits besteht selbstverständlich auch bei den Seidenwebereien Verständnis für die Notwendigkeit, die euro⸗ päischen Seidenspinnereien in ihrem Kampf gegen die asiatische Konkurrenz zu unterstützen. Es haben daher auf der Tagung in Lyon Beratungen stattgefunden, die eine engere Zusammen⸗ arbeit zwischen der französischen und der italienischen Seiden⸗ industrie, vor allem aber eine Förderung und Sicherung des Absatzes italienischer Seidengarne nach Frankreich bezweckten. Für die deutsche Seidenindustrie liegen die Verhältnisse weniger kompliziert, da es in Deutschland keine Seidenspinnereien gibt, wenn man von der in genossenschaftlicher Form bestehenden kleinen Seidenspinnerei in Celle, die heimische Kokons verarbeitet, absieht. Die bestehenden Gruppen: Webereien, Seidengarn⸗ und Rohseidehandel, sind hier nicht durch so scharfe Interessengegen⸗ sätze getrennt wie z. B. in Italien oder in Frankreich, zudem haben gerade die deutschen Seidenwebereien zuerst in größerem Umfange die Verarbeitung kunstseidener Garne aufgenommen. Im übrigen steht man aber den Bestrebungen zur Schaffung einer internationalen Organisation der Seiden⸗ und Kunstseide webereien durchaus wohlwollend gegenüber.

Vorläufige Verlängerung des Internationalen Zinkkartells.

Neue Sitzung Mitte Juli

Nach Informationen des DHD wurde in der Londoner Sitzung des Internationalen Zinkkartells vom 12. d. M. be⸗ schlossen, das Ende Juli ablaufende Kartell vorläufig um einen Monat bis Ende August zu verlängern. Es besteht seitens aller Beteiligten das Verlangen zur grundsätzlichen weiteren Verlänge⸗ rung. Hierüber wird in der Sitzung am 16. Juli in Ostende zu beschließen sein. Wie der DHD weiter erfährt, wird man von der bisherigen Grundlage der Quotenfestsetzung abgehen. Man konnte bei der jetzt 50 vH betragenden Einschränkung gegen Strafzahlung bislang seine Quote erweitern. Voraussichtlich wird man wieder zu dem System der festen Quote zurückkehren. Für die einzelnen Länder wird dabei die Höhe der nationalen Konsumkraft des Landes bei der endgültigen Quotenbemessung mit ausschlaggebend sein. Dies trifft u. a. auch für Deutschland mit seiner hohen nationalen Konsumkraft zu. Auf der anderen Seite werden naturgemäß Länder mit wenig oder vollkommen fehlender eigener Konsumkraft, wie z. B. Mexiko oder Kanada, mit ihrer Quotenhöhe etwas zurücktreten müssen.

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Weitere Zunahme des Duisburg⸗Ruhrorter Hafenverkehrs.

In den Duisburg⸗Ruhrorter Häfen wurden im Monat Mai 1934 insgesamt 1 230 031 (im Vormonat 1 070 586) t umge⸗ schlagen. Hiervon entfallen auf die Anfuhr 206 376 t, während die Abfuhr 1 023 655 t betrug. Gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres mit 991 940 t hat der Gesamtumschlag somit um 238 091 t 24 vH zugenommen. Die Kohlenabfuhr mit 938 558 t (787 339 t im Mai 1933) ist um 151 219 t gestiegen. Eine Steige⸗ rung hat ferner auch die Erzanfuhr von 20 684 t im April auf 36 415 t im Mai zu verzeichnen. Die Getreideanfuhr hat gegen⸗ über dem Vormonat um 8987 t abgenommen, während gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres 11 249 t hinzugekommen sind. Bei allen anderen Gütern sind wesentliche Veränderungen nicht eingetreten.

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