vertritt, wohl in den allerweiteſten Kreiſen bereits Klarheit. Wir haben es in dieſem Falle nicht nötig, einen Antrag nur zu Propagandazwecken zu ſtellen; ſondern in dieſem ſpeziellen Falle haben wir den Antrag geſtellt, weil wir allerdings der Meinung ſind, daß dadurch eine praktiſch erreichbare Reform in die Wege geleitet werden kann. Das iſt auch ſchon aus der Form des Antrages zu erkennen, indem wir ja beantragen, daß die Stadt⸗ verordnetenverſammlung den Magiſtrat erſuchen ſoll, mit anderen Kommunen, die in gleicher Lage ſind, in Verbindung zu treten, um dann bei den geſetz⸗ gebenden Faktoren die geeigneten Schritte zu ergreifen. Wir ſind der Meinung, daß, wenn der Magiſtrat auf ein möglichſt einſtimmiges Votum der Stadtverord⸗ netenverſammlung hin derartige Schritte unternimmt, dann in der Tat durch eine Verbindung mehrerer großer Kommunen bei den geſetzgebenden Faktoren geeignete Schritte in die Wege geleitet werden fkönnen. Was nun die Materie des Antrages ſelbſt an⸗ betrifft, das Wahlrecht, nun, was verlangen wir denn da, wenn wir die Beſeitigung des beſtehenden Wahlrechtes verlangen und ſeine Erſetzung durch das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht? Im Grunde, meine Herren, verlangen wir abſolut nichts als eine möglichſt weitgehende Teilnahme der Bürger der Stadt an der Selbſtverwaltung. Meine Herren, hier in dieſem Saale ſind vor nicht all zu langer Zeit eine ganze Reihe beherzigenswerter Außerungen gefallen über die Ausdehnung und über das Recht der Selbſtverwaltung. Die Grundlage der Selbſtverwaltung iſt doch aber und muß und kann doch aber immer nur diejenige ſein, daß die Menge derer, deren Angelegenheiten verwaltet werden, eben an der Verwaltung teilnehmen. Wie ſtehen denn in dieſer Beziehung die Dinge heute? Wir haben in Charlottenburg im Jahre 1902 — nach dem letzten uns zugegangenen Verwaltungs⸗ bericht — 32746 Wähler gehabt. Nun bin ich weit davon entfernt, etwa zu behaupten, daß wir heute eine Selbſtverwaltung ſelbſt derjenigen Kreiſe haben, die in der Stadtverordnetenverſammlung vornehmlich vertreten ſind. Ich deutete ja vorhin ſchon an, daß es ſich nicht lediglich um eine Anderung des Wahl⸗ rechtes handeln kann, ſondern um eine gründliche Reformierung der geſamten Städteordnung im Sinne einer weitgehenden Selbſtverwaltung. Aber in dem außerordentlich vegrenzten und beſchränkten Rahmen, in dem man heute von einer Selbſtverwaltung der berufenen Vertreter der Bürgerſchaft ſprechen kann, im Rahmen dieſer beſchränkten Selbſtverwaltung nehmen diejenigen, deren Angelegenheiten verwaltet werden, nur in einer verſchwindenden Weiſe an dieſer Verwaltung teil, können auf Grund des beſtehenden Wahlrechtes nur in ganz verſchwindender Weiſe daran teilnehmen. Denn von dieſen 32746 Wählern, welche 72 Stadtverordnete zu wählen haben, wählen 545 in der erſten Abteilung, die alſo vorweg 24 Stadt⸗ verordnete wählen oder gleichſam ernennen, und weitere 3942 Wähler wählen ebenfalls 24 Stadt⸗ verordnete, während der Reſt, die Wählermaſſe, 28259 die übrigen 241 Stadtverordneten zu wählen 2 2 1½ % der Wähler wählen ein Drittel der tadtverordneten, weitere 12% der Wähler wählen ein zweites Drittel; alſo 13½ % der Leute, deren Angelegenheiten wir hier zu erörtern, wir hier zu erledigen haben, wählen die Zweidrittelmajorität dieſer Verſammlung, und die 86 übrigen Prozent haben das Recht, ein Drittel der Verſammlung zu wählen! 23 Ja, meine Herren, wie man dabei von einer Selbſt⸗ verwaltung dieſer 28000, von einer Verwaltung der Angelegenheiten dieſer 28000 durch die Vertrauens⸗ leute der 28000 ſprechen kann, iſt mir vollkommen unerfindlich. Wer alſo auf dem Boden einer geſunden Selbſtverwaltung ſteht, wer die ſchönen Worte, die vor wenigen Wochen hier gefallen ſind, ſich zu eigen machen will, der muß allerdings dahin ſtreben, einen ſolchen Zuſtand zu beſeitigen. Nun ſagt man freilich: ja, bei den Kommunen liegen die Verhältniſſe weſentlich anders als bei ſtaatlichen Körperſchaften; bei den Kommunen haben wir es mit der Verwaltung von Angelegenheiten zu tun, deren Koſten aufzubringen ſind durch direkte Steuern; daher wird es wohl berechtigt ſein, daß diejenigen, welche die direkten Steuern aufbringen, auch in erſter Linie über die Verwendung dieſer Geldmittel, alſo über die Verwaltung der ſtädtiſchen Angelegenheiten das entſcheidende Wort mitzuſprechen haben. Wenn ich mich einmal auf dieſen Standpunkt ſtellen will, daß derjenige, der zu den ſtädtiſchen Ein⸗ nahmen und Ausgaben mehr beiſteuert, auch wirklich mehr zu ſagen hat, wie ſtellt ſich denn dann die Sache? Wir ſehen, daß der Etat, der für das nächſte Jahr beſchloſſen iſt, mit über 15 Millionen Mark abſchließt. Von dieſen mehr als 15 Millionen Mark werden durch Steuern in der Gemeinde etwa s Millionen Mark aufgebracht, davon allein 300000 Mark durch die Gewerbeſteuer. Alſo knapp etwas mehr als die Hälfte derjenigen Summen, die zu der ſtädtiſchen Verwaltung notwendig ſind, wird überhaupt durch Steuern gedeckt; beinahe die Hälfte, die übrige Summe wird auf anderem Wege aufgebracht, auf einem Wege, an dem alle Bürger in gleicher Weiſe beteiligt ſind. Da kann man alſo doch nicht ein größeres Recht an der Anteilnahme an der Ver⸗ waltung herleiten aus dem Umſtande, daß mehr Steuern bezahlt werden! Aber auch abgeſehen von der Hinfälligkeit dieſes Einwandes, wenn man ihn an den wirklich vorliegen⸗ den Zahlen prüft, iſt dieſer Einwand ganz prinzipiell abzuweiſen. Es iſt prinzipiell nicht zuläſſig, ſollte prinzipiell nicht zuläſſig ſein, daß jemand, der mehr an Steuern bezahlt, der durch ſeine Steuerkraft mehr zu dem Einkommen der Stadt beiträgt, nun auch ein größeres Recht hat. Denn, meine Herren, wie kommt dieſe Möglich⸗ keit, ein Mehr an Steuern zu bezahlen, zu ſtande? Wenn ich mir z. B. vorſtelle, daß ich heute ein reicher Mann wäre, daß ich heute eine Million Mart beſäße, ſo würde ich dieſe Million Mark in der Weiſe anwenden, daß ich mir entweder Staats⸗ papiere kaufte, oder ich würde mir vielleicht erſtſtellige Hypotheken zu 3% beſorgen, und zwar würde ich wahrſcheinlich nicht das ganze Geld in Charlottenburg unterbringen, nicht nur auf Charlottenburger Häuſer 3% ige Hypotheken geben, ſondern ich würde vielleicht in Berlin, vielleicht in anderen Provinzen Preußens, vielleicht gar in Paris oder in England das Geld anlegen in Hypotheken, oder ich würde mir in Ar⸗ gentinien (Heiterkeit) vielleicht Eiſenbahn⸗, Straßenbahnpapiere kaufen. Ja, meine Herren, iſt nicht außerordentlich viel Geld in der Weiſe angelegt? Haben wir nicht ein ſtarkes deutſches Kapital auch in Argentinien, z. B. auf der Straßenbahn von Buenos⸗Ayres? Von dieſem Gelde würde ich Zinſen bekommen und würde nun alſo ein Einkommen haben, das mich berechtigt, an der Ver⸗