waltung von Charlottenburg mehr teilzunehmen als diejenigen Leute, die in arbeiten. Ia, meine Herren, wo kommt denn dieſes Geld zer? Vom Himmel fallen dieſe Zinſen auch nicht. Lae ich Hypotheken von Berlin, ſo muß die Ein⸗ wohnerſchaft von Berlin arbeiten, um mir dieſe Zinſen u geben; habe ich Aktien auf die Straßenbahn von uenos⸗Ayres, ſo muß auch dort Arbeit geleiſtet werden, damit die Zinſen von dort herkommen können. Wer ſich alſo auf dieſen Standpuntt ſtellt, der be⸗ hauptet: kraft unſerer gegenwärtigen Zuſtände hat derjenige, der einmal im glücklichen Beſitze iſt, die Fähigkeit, in aller Welt die Menſchen für ſich arbeiten zu laſſen, und weil er überall in der Welt andere Leute für ſich arbeiten laſſen kann, darum muß er auch einen Rechtsgrund haben, bei der Verwaltung der Charlottenburger Verhältniſſe in erſter Linie ein entſcheidendes Wort mitzuſprechen. Alſo, meine Herren, wenn wir ſehen, wie dieſer Reichtum, wie dieſe Steuerkraft zu ſtande kommt, dann werden wir nur dann uns auf den Boden ſtellen können, zu ſagen: derjenige, der mehr beiſteuert, muß auch mehr Recht haben, — wenn wir ſagen: derjenige, der heute ein Privileg zur Ausnutzung, zur Ausbentung fremder Arbeitskraft hat, der muß neben dieſem Privileg auch das Recht haben, die Angelegen⸗ heiten der anderen Menſchen mitzuverwalten. Meine Herren, das iſt ein Standpunkt, der in früheren Zeiten, in früheren Jahrhunderten ja ganz allgemein war. Ganz allgemein hatten wir ja im Altertum ſogar die Sklavenwirtſchaft, die in aller⸗ reinſter und klarſter Form den Gedanken zum Aus⸗ druck brachte, daß der Beſitzende berechtigt iſt, nicht nur aus der Arbeit ſeiner Mitmenſchen den Nutzen zu ziehen, ſondern auch die gefamten Angelegenheiten ſeiner Mitmenſchen zu verwalten. Nun aber, meine Herren, werden Sie doch der Meinung ſein, daß der Kulturfortſchritt gerade darin beſtanden hat, daß wir zu einer immer größeren und freieren Selbſtverwaltung übergegangen ſind, und wir werden daher auch der Meinung ſein müſſen, daß wir auch gegenwärtig in dem Sinne zu wirken und zu ſtreben haben, daß gerade die gedrückte Maſſe durch eine rege Anteilnahme an der eigenen Ver⸗ waltung ihrer Angelegenheiten zu einem höheren Zu⸗ ſtand emporgehoben werde. (Sehr richtig!) Deswegen, meine Herren, glaube ich, daß, wer wirk⸗ lich ein Freund der Selbſtverwaltung iſt, auch ein Freund demotratiſcher Einrichtungen ſein und des⸗ wegen für unſeren Antrag eintreten muß. (Stadtv. Kaufmann: Mit Einſchränkungen!) Nun, meine Herren, komme ich ja gerade dadurch ſchon zu dem anderen Punkte unſeres Antrages, der gleichzeitig eine Anderung des paſſiven Wahl⸗ rechtes verlangt. Das paſſive Wahlrecht iſt nach unſerer Städteorbnung zu einem ſehr großen Teil an den Haus⸗ und Gründbeſitz gebunden. Nicht jeder Bürger kann, wenn er auch ſonſt im Vollbeſitz der bürgerlichen Ehrenrechte iſt, und wenn er auch ſonſt recht gecignet erſcheint, an der öffentlichen Verwaltung teilzunehmen, als Kandidat für die Stadtverordneten⸗ verſammlung aufgeſtellt werden, ſondern Sie wiſſen ja, daß die 427 der Stadtverordneten Hausbeſitzer ſein müſſen, daß alſo, wenn die 36 Hausbeſitzer in der Verſammlung nach nicht vorhanden ſind, dann unter den Kandidaten unter Umſtänden die geeig⸗ netſten Leute zurückgefetzt werden müſſen, 4. „I 7 2 f . 18 AIIz r 211 K. nicht in 4 ſind, e zu ſein. Dieſe Beſtimmung der Sta adteordnung ſtammt. ja aus einer Zeit, zu welcher die Einführung dieſer Ordnung zweifellos gegen die vorhergehende Zeit einen Fortſchritt bedeutete. Es gibt ja überhaupt in der Welt nichts ſo Unſinniges, das nicht zu irgend⸗ einer Zeit einmal etwas ſehr Vernünftigs geweſen wäre oder wenigſtens hätte ſein können; (Heiterkeit) ſo wird auch ſeinerzeit einmal dieſe Beſtimmung, daß die Hälfte der kommunalen Vertreter Grund⸗ beſitzer ſein müſſen, eine durchaus vernünftige Be⸗ ſtimmung geweſen ſein. Aber, meine Herren, was vor hundert Jahren vernünftig war vielleicht vernünftig war —, das iſt heute darum noch nicht ebenfalls vernünftig. Wir haben eben eine hundert⸗ jährige Entwicklung hinter uns, und wir haben heute in den Städten ſehr weſentlich andere Verhältniſſe, als wir ſie vor hundert Jahren hatten. Die moderne Mietskaſerne, die unſeren großen Städten ihr ſo eigentümliches Gepräge gibt, war vor hundert Jahren nicht bekannt. Vor hundert Jahren konnte der Stand der Hausbeſitzer allerdings für einen Stand gelten, der ein ſehr reges Intereſſe an der geſamten Stadt⸗ verwaltung hatte, deſſen eigenes Intereſſe mit dem Intereſſe einer geſunden, geordneten ſtädtiſchen Ver⸗ waltung durchaus zuſammentraf. Aber, meine Herren, dieſe Verhältniſſe haben ſich doch von Grund aus geändert. Heute liegt die Sache ſo, daß der Hausbeſitz weiter gar nichts iſt als ein Geſchäft, das gar nicht anders zu beurteilen iſt als andere Geſchäfte, als andere Erwerbszweige auch. Weiter liegt die Sache noch ſo, daß gerade die Klaſſe der Grundbeſitzer ein eigenes Intereſſe hat, das durchaus und direkt entgegengeſetzt iſt dem Intereſſe der geſamten Bevölkerung, alſo auch dem allgemeinen ſtädtiſchen Intereſſe. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Die Grundbeſitzer haben naturgemäß das Intereſſe an einer möglichſten Erhöhung der Rente, an einer möglichſten Erhöhung desjenigen Tributes, den die geſamte Bevölterung zu zahlen hat für die Erlaubnis, da zu ſein, zu leben, ſich zu betätigen. Die Be⸗ völkerung kann und muß das Intereſſe haben, dieſe Rente möglichſt niedrig zu geſtalten, die gnädige Erlaubnis, die bei den Herren einzuholen iſt, auf der Welt da zu ſein, möglichſt geringwertig zu erachten. Daß dieſes Intereſſe der Grundbeſitzer und der Bevölkerung entgegengeſetzt iſt, hat man ja auch an tauſend einzelnen Beiſpielen ſehen können. Ich er⸗ innere nur an den Widerſtand, der gegen die ſchwachen Anläufe des Magiſtrats, die Wohnungsverhältniſſe in Charlottenburg zu beſſern, zu ändern, gerade von den Grundbefitzern aus geleiſtet worden iſt — und leider mit Erfolg geleiſtet worden iſt. Daß der Hausbeſitz weiter gar nichts iſt als ein Gewerbe, zeigt der Umſtand, daß die Häuſer, daß der Grund und Boden wie alles andere von Hand zu Hand übergeht, in deutlicher Weiſe. In den letzten ſechs Jahren haben wir nach der uns im Ver⸗ waltungsbericht zugeſtellten Uberſicht 444, 429, 518, 423, 418, 480 Verkäufe, im ganzen in ſechs Jahren 2713 Verkäufe von Häuſern, darunter 2282 frei⸗ händige Verkäufe in Charlottenburg gehabt, und zwar gehabt bei einem Beſtande von 2680 Häuſern insgeſamt im Jahre 1895, die 1900 auf 3163, 1901 auf 3261 geſtiegen waren. Alſo ungefähr der ſechſte Teil geht in jedem Jahre von einer Haud in die andere über, in 6 bis 7 Jahren einmal der ganze Grundbeſitz: in 6 bis 7 Jahren einmal wechſelt jedes Haus, jedes Grundſtück ſeinen Beſitzer! Es handelt