— 18 ——— und ohne weiteres die 3000 ℳ bewilligen, ja unter Umſtänden noch ſogar viel mehr, wenn wir ganz be⸗ ſtimmt wiſſen könnten, daß ihier vorbehaltlos und ne jede Tendenz gewirtſchaftet wird und den Be⸗ dürftigen die Wohltaten wirklich in vorbehaltloſer Weiſe zukommen. Wir hatten beſchloſſen, zu und nur die Anfrage zu richten, ob es nicht möglich wäre, einen gewiſſen Einfluß auf die Verwaltung dieſer wohltätigen Inſtitution auszuüben. Indeſſen habe ich hier die Akten eingeſehen und die Statuten des Vereins und zu meinem Erſtaunen gefunden, daß zwar nach § 4 jeder Mitglied werden kann, welcher einen Jahresbeitrag von 2 ℳ zahlt, daß aber nach § 9 des Statuts Stimmrecht in den Generalverſammlungen nur die großjährigen chriſt⸗ lichen Mitglieder haben. Ich finde das als einen unerhörten Zuſtand. Ich mache ausdrücklich darauf aufmerkſam: es heißt nicht etwa, daß evangeliſche Mitglieder das Stimmrecht haben, ſo daß man ſagen könnte, es handle ſich um ein Inſtitut der evan⸗ geliſchen Kirche, wo es in der Natur der Sache liegt, daß nur Evangeliſche mitwirken ſollen, nein, es heißt ausdrücklich: „chriſtliche“; es ſind alſo auch Katholiken ſtimmberechtigt, während Diſſidenten und Juden nicht ſtimmberechtigt ſind. Das iſt ein Akt unerhörter Ungerechtigkeit, wenn man bedenkt, daß auch das Geld von Juden und Diſſidenten ange⸗ nommen wird, und wir müſſen es uns ſehr überlegen, ob wir zuſtimmen ſollen; denn die 3000 ℳ, die von uns verlangt werden, werden nicht allein von Chriſten, ſondern auch von Juden und Diſſidenten aufgebracht. Ich will keine Religionsdebatte hier hervorrufen. Ich möchte nicht die Frage hier aufwerfen, ob man wirklich Chriſt ſein muß, um ein guter oder wohl⸗ tätiger Menſch zu ſein; ich möchte ſogar bezweifeln, daß das Chriſtentum irgendwelchen Einfluß darauf hat, ſondern der Gedanke der Religion muß jeder⸗ mann im Herzen liegen; unter den Heiden und Juden findet man oft viel beſſere Chriſten als unter den ſogenannten Chriſten. Aber ich meine, daß man ganz von einer Religionsdebatte hier abſehen kann. Wir müſſen es uns aber doch ſehr überlegen, ob wir dieſe 3000 ℳ bewilligen. Ich möchte beantragen, daß wir erſt den Verein anfragen, wie es mit dieſer Sache ſteht, ob er gewillt iſt, ſein Statut zu ändern. Dann würden wir ihm dieſen und eventuell jeden höheren Betrag bewilligen. Meine Freunde und ich können unter dieſen Umſtänden aber die geforderten 3000 ¾ nicht bewilligen. Ich bitte Sie, den Antrag des Magiſtrats abzulehnen, aber eventuell meinen Antrag anzunehmen, daß wir bei dem Verein an⸗ fragen, ob er ſich zu einer Statutenänderung in dieſem Sinne geneigt zeigt. 5 Stadtv. May: Meine Herren, ich hätte es eigentlich gern geſehen, wenn dieſe Debatte hier nicht in Scene geſetzt worden wäre. Es iſt ja allen Leuten hier im Saale bekannt, in welcher geradezu auf⸗ opfernden Weiſe das Kaiſer Friedrich⸗Andenken für alle gleichmäßig ſorgt. Es mag ja ſein, daß es ſich mit dem Paſſus in dem Statut ſo verhält. Ich ſehe aber darin nicht die große Schärfe, die von dem Herrn Vorredner darin gefunden wird. Das kommt wohl daher, daß das Kaiſer Friedrich⸗Andenken ſeiner⸗ zeit aus der Luiſen⸗Kirche hervorgegangen iſt, Wenn man ſich anſieht, in welcher Weiſe dieſer Verein mit ſeiner Armen⸗ und Krankenpflege hier in . burg ſegensreich wirkt, und was in dieſer Beziehung bei armen Leuten von ihm geleiſtet worden iſt wo Not und Bedrängnis iſt, da ſteht er zur Ver⸗ fügung —, dann wundert es mich eigentlich, daß uſtimmen gegen die beantragte Unterſtützung hier geſprochen wird. Gewiß, der Paragraph, den Sie angeführt haben, mag in dem Statut ſtehen. Die Hauptſache iſt doch aber, daß ſich die Krankenpflege nicht auf die Chriſten allein, ſondern auch auf die bedürf⸗ tigen Juden und Diſſidenten und ſonſt irgendwen erſtreckt. Da wird kein Unterſchied gemacht. Im Gegenteil, ſobald ſich die Leute melden, wo irgend Krantheit iſt, ſteht der Verein zur Verfügung. Das iſt doch die Hauptſache! 4 Nun wollen Sie dem Verein die Piſtole auf die Bruſt ſetzen, wenn Sie heute anfragen: wollt ihr der 3000 ℳ wegen den Paſſus ündern? Dann ſagen Sie doch lieber gleich: wir lehnen es ab! Das iſt doch rund und klar. Wenn Sie dieſe Alter⸗ native ſtellen, ſo erreichen Sie denſelben Erfolg. Es wäre viel beſſer geweſen, meine ich, wenn dieſe Schärfe hier nicht hineingebracht worden wäre angeſichts der enormen Liebestätigkeit, welche unbe⸗ ſehen von dem Verein ausgeübt wird. Daß dieſe Tätigkeit im Intereſſe von Charlottenburg und na⸗ mentlich der armen Bevölkerung ausgeübt wird, das wiſſen Sie von den Sozialdemokraten gerade, das müſſen Sie wiſſen. Alſo laſſen Sie doch dieſen Paragraphen laufen und ſagen Sie einfach: wenn die Leute in dieſer Weiſe aufopfernd wirken, dann geben wir ihnen die 3000 ℳ. (Bravo!) Meine Herren, wenn ich zu irgend einer guten Sache Geld gebe, dann iſt doch die Hauptſache, daß das Geld, was ich gebe, gut angewandt wird. Da frage ich nicht nach Para⸗ graphen. Die Hauptſache iſt, daß das Geld auch zu dem Zweck verwandt wird, wozu ich es gebe. Und feine ſegensreichere Einrichtung gibt es, als das Kaiſer Friedrich⸗Andenken. (Sehr richtig!) Gerade für die Arbeiter wird dadurch geſorgt. Die Arbeiterfrau trägt ihr Kind, wenn ſie Zeit oder Luſt hat, noch Geld zu verdienen, morgens dort hin — wenn ſie mehrere Kinder hat, kann ſie ſie alle dort hinbringen und kann den ganzen Tag ihrer Arbeit nachgehen, kann den Mann durch ihre Arbeit unter⸗ ſtützen. Gibt es etwas Beſſeres? Wenn einer von den Arbeitern krank iſt, dann bekommen ſie Eſſen; es wird ihnen von den Schweſtern alles beſorgt: Und da wollen Sie die Bewilligung ablehnen, bloß weil der eine Paragraph — ich habe ihn noch gar nicht geleſen — darin ſteht? Iſt denn das ſo gefähr⸗ lich? Nein, meine Herren, geben Sie das Geld mit ganzem Herzen hin und ſagen Sie: es iſt ſchade, daß nicht noch mehr Inſtitute da ſind, die in dieſer Weiſe wirken. Ich möchte bitten, daß wir dieſe 3000 % doch ohne weiteres bewilligen. Stadtv. Dr. Zepier. Meine Herrn, Herr Stadtv. Protze m einte, die Verteilung ſei wenigſtens ſo mild⸗ tätig, und gerecht. (Zuruf: An alle) Ja, ſchön, ich gebe das zu; ich prüfe es vorläufig nicht; ich habe nicht in der Hand, es zu prüfen. Aber ich meine, wo ein ſolcher Paragraph beſteht, muß man ſchon a priori mißtrauiſch ſein, ob es wirklich bei der Verteilung ſo gerecht zugeht. Oho!) Darüber muß ich doch ſehen, dem ich glauben Ich bin der Meinung, Sache ablehnen ſollen. wir es find, ſollte doch Stadtv. Protze: erſt mal den genauen Bericht kann; das genügt eben nicht. daß wir aus⸗ Prinzip die Eine ſolche Korporation, wie für wirkliche Liberalität und