26 Meine Herren, ich ſehe mich verpflichtet, dieſen Standpunkt namens des Magiſtrats zu vertreten, weil ich ja immerhin mit der Möglichkeit rechnen muß, daß die Verſammlung die Beſchlüſſe, die ſie neulich gefaßt hat, hente widerruft. Was ſoll dann aus der Sache werden? Ich bin der Überzeugung: die Beſchlüſſe ſind, und zwar von einer Verſammlung, deren Beſchlußfähigkeit wohl angezweifelt, aber deren Beſchlußunfähigkeit nicht feſtgeſtellt war, rechtsgiltig gefaßt worden. Ich glanbe deshalb, Sie ſollten es bei dieſen Beſchlüſſen belaſſen und fſie nicht nach⸗ träglich noch einmal vor ihr Forum ziehen. Stadtv. Kaufmann: Meine Herren, ich bin nicht der Anſicht des Herrn Vorſtehers, daß hier gegen die Geſchäftsordnung verſtoßen iſt, und ich nehme aus dieſem Grunde noch einmal das Wort. Es iſt vollſtändig geſchäftsordnungsmäßig verfahren worden. Es war von den Herren Beiſitzern die Feſtſtellung über die Anzahl der Mitglieder in dem Moment nicht beendet, als derjenige Stadtverordnete, der be⸗ dingt die Beſchlußfähigkeit angezweifelt hatte: „Wenn Sie weiterwählen wollen, dann bezweifle ich die Be⸗ ſchlußfähigkeit“, ſeinen Einſpruch zurückzog, und von Herrn Kollegen Becker iſt dieſer Einſpruch nicht auf⸗ recht erhalten worden. Ich habe direkt die Frage geſtellt, und ſie iſt von ihm verneint worden: er hält dieſen Einſpruch nicht aufrecht, meine Herren. Nun komme ich aber zur Sache ſelbſt. Hier kann ein Mißverſtändnis zwiſchen uns beiden ob⸗ walten. Ich glaube, mit einer größeren Anzahl hier im Saale der Anſchauung zu ſein, die Herr Kollege Becker mit ſeinem Kollegen Rackwitz verneint. Es war eine größere Anzahl von Stadtverordneten im Saale anweſend, die wohl widerſprochen hätten, wenn wir nicht geſchäftsordnungsmäßig verhandelt hätten. Auch vom Magiſtrat wäre dies geſchehen. Ich komme aber zu einer ganz anderen Auf⸗ faſſung. Meine Herren, das Protokoll iſt nicht von mir vollzogen und feſtgeſtellt worden, ſondern von dem Herrn Vorſteher in Gegenwart der drei Stadt⸗ verordneten, die der Verhandlung beigewohnt haben, und wäre inkorrekt verfahren worden, dann hätten jene Herren und der Herr Vorſteher ſelbſt die Pflicht gehabt, die Ungiltigkeit der eben gefaßten Beſchlüſſe feſtzuſtellen, zum mindeſten jene Herren, die bei der Abſtimmung im Saale zugegen waren. Ich weiß nicht, ob der Herr Vorſteher bei der Abſtimmung zugegen war. Mindeſtens hat Herr Stadtv. Becker nicht die Beſchlußfähigkeit bezweifelt und nicht den Zweifel an der Beſchlußfähigkeit, der bedingt von Herrn Stadtv. Baake geſtellt war, unbedingt auf⸗ rechterhalten. Wir haben uns im Wege des Kompro⸗ miſſes, wie Herr Kollege Marcus ſagt, verſtändigt, ſo zu verfahren, und ich bin vollkommen willens, die Verantwortung für dieſen vermeintlichen Verſtoß gegen die Geſchäftsordnung mit Bewußtſein zu tragen. Stadtu. Becker: Meine Herren, der Herr Stadtv.⸗ Vorſt.⸗Stellvertreter hat eben erklärt, daß er bereit iſt, die Verantwortung für ſeine Verhandlungen mit Be⸗ wußtſein zu tragen. Ich bin erſtaunt darüber, wie ein einfacher Vorgang durch Reden hin und her verwäſſert werden kann. Jetzt ſoll auf einmal Herr Baake bedingungsweiſe einen Antrag geſtellt haben, (Zurufe: Hat er auch!) 1 und darauf haben die Herren Beiſitzer begonnen, das Haus auszuzählen! Ja, meine Herren, wie kommen denn die Herren Beifitzer dazu, auf einen bedingungs⸗ weiſe geſtellten Antrag das Haus auszuzählen?! Es hat doch die Aktion begonnen. Was weiter die Giltigkeit der Beſchlüſſe angeht, meine Herren, ſo iſt das eine Frage, über die ich mich nicht weiter weiter ausſprechen will. Aber ich will mich über eins ausſprechen, und das iſt, daß nach § 42 der Städteordnung nur bei beſchlußfähigem Hauſe verhandelt werden darf, und, meine Herren, wenn jemand die Beſchlußfähigkeit angezweifelt hat, dann iſt es die Pflicht des Vorſitzenden — da braucht kein Antrag geſtellt zu werden —, die Beſchlußfähig⸗ keit zu konſtatieren. Und das iſt nicht geſchehen. Es iſt die Verhandlung dadurch eine ungeſetzliche ge⸗ worden, und das muß ich dem Herrn Bürgermeiſter ebenfalls erwidern: es iſt, ſobald die Beſchlußfähig⸗ keit angezweifelt wird, die Beſchlußfähigkeit feſtzu⸗ ſtellen und zu verkünden. Da gibts kein Aber! (Bravol) Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, wenn die Auffaſſung des Herrn Stadtv. Becker richtig wäre, dann müßte im Sinne des § 42 dem Vor⸗ ſitzenden obliegen, jeden Augenblick ex oflicio (ſehr richtig) die Beſchlußfähigkeit oder Unfähigkeit feſtzuſtellen. (Sehr richtig!) 2 Meine Herren, es mögen ſchon manche Beſchlüſſe hier gefaßt worden ſein, die nach der Auslegung des Herrn Stadtv. Becker ungiltig wären; denn es wäre zum mindeſten möglich geweſen, die Beſchlußfähigkeit zu bezweifeln. Ich meine alſo: ſo, wie Herr Stadtv. Becker den § 42 auslegt, kann er ſicher nicht aus⸗ gelegt werden, und ich möchte wohl meinen, obwohl mich das zunächſt nichts angeht, daß auch der Herr Stadtv.⸗Vorſteher, wenn der Zweifel über die Beſchluß⸗ fähigkeit, der von einer Seite, wie hier behauptet wird, erhoben worden wäre, nachher zurückgezogen wurde in dem Augenblick, als die Tür ſich auftat und noch einige Herren wieder in den Saal traten, durchaus in der Lage war, zu ſagen: jetzt iſt Zweifel über die Beſchlußfähigkeit nicht vorhanden, zumal der betreffende Antragſteller ſeinen Zweifel zurückgezogen hat, — wobei ich mich durchaus nicht in die Frage miſchen will, ob Herr Stadtv. Becker nun ſeinerſeits noch beſonderen Zweifel ausgeſprochen und aufrecht⸗ erhalten hat; davon weiß ich nichts, und darüber kann ich nichts erklären. Aber ich kann nur nach wie vor betonen, daß nach der Auslegung, die ich dem § 42 gebe, ich die Beſchlüſſe, die in der vorigen Sitzung gefaßt worden ſind, für legal halte. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, ich nehme zunächſt Akt von der Erklärung des Herrn Kollegen Rackwitz, daß nach ſeiner Auffaſſung Herr Stadtv. Becker gefragt worden iſt: „Bezweifeln Sie die Be⸗ ſchlußfähigkeit?“ und daß daraufhin Herr Stadtv. Becker erklärt hat: „Dazu habe ich keinen Anlaß.“ Herr Stadtv. Becker hat mit einem ſtarken Bruſt⸗ ton, mit der Fauſt auf den Tiſch ſchlagend, gefragt: wie kommen denn die Beiſitzer dazu, die Beſchluß⸗ fähigkeit nicht feſtzuſtellen, obwohl die Beſchlußfähig⸗ keit angezweifelt war? Nun, ich will Herrn Stadtv. Becker ſagen, wie ich als Beiſitzer dazu kam, die Beſchlußfähigkeit nicht feſtzuſtellen, obwohl die Be⸗ ſchlußfähigkeit ſeiner Meinung nach angezweifelt war. Es wurde vor der Abſtimmung über den Antrag Hirſch ein geſchäftsordnungsmäßiger Antrag geſtellt, der die Beſchlußfähigkeit anzweifelte; es wurde nun⸗ mehr ob legal oder illegal, will ich jetzt mal dahin⸗ geſtellt ſein laſſen nicht zur Abſmmang über den Antrag Hirſch geſchritten, und der Bezweifler der Beſchlußfähigkeit erklärte: „Dann habe ich keinen mm