— 32 — dieſe Geſetzgebung, wie es ſcheint, auch mehr im Sinn, oder wenigſtens zu gleichem Maße im Sinn, die Verantwortlichkeit von dem Bauherrn abzuwälzen auf den Arbeiterkontrolleur, oder wenigſtens ihm deſſen Hilfe zu verſichern, als ausſchließlich den Zweck, einen Arbeiterkontrolleur zur einſeitigen Wahrnehmung der Intereſſen der Arbeiterſchaft zu ſchaffen. Jedenfalls, meine Herren, ſtehl das Eine feſt, daß die Löfung der Frage in dieſem Sinne bisher noch nirgends gelungen iſt Ob ſie verſucht iſt, weiß ich nicht. Die Herren Antragſteller, die bisher die preußiſchen Städte, alſo auch unſere Verwaltung hier, gewiſſermaßen als rückſtändig bezeichnet haben, weil ſie dieſe Einricktung, die ſchon überall durchgeführt wäre, noch nicht hätten, ſind den Beweis für dieſen Vorwurf ſchuldig geblieben. Meine Herren, es iſt eben noch nirgends ſo durckgeführt, wie Sie es wünſchen. Trotzdem iſt der Magiſtrat beſtrebt geweſen, ſein Wort zu halten, und hat ſich auch mit der materiellen Löſung dieſer Frage beſchäftigt. Er hat zu dieſem Zweck, unter voller Erkenntnis allerdings der Schwie⸗ rigkeit, die die Aufgabe bietet, einen Ausſchuß ein⸗ geſetzt, der in zwei ſehr gründlichen Sitzungen ſich eingehend mit dem ganzen Material beſchäftigt hat und zu dem Ergebnis gekommen iſt, daß die Löſung dieſer Frage überhaupt nur möglich iſt an praktiſchen Verſuchen, daß man das vom grünen Tiſch aus überhaupt nicht machen kann. Er hat infolge⸗ deſſen geſagt: wir können an die Schaffung einer ſolchen Einrichtung überhaupt erſt denken, wenn wir einen neuen ſtädtiſchen Bau in Arbeit nehmen; dann wird ſich eine Verhandlung mit den Unternehmern uſw. ermöglichen laſſen, ob und wie vielleicht eine ſolche Einrichtung getroffen werden könnte; an den bereits beſtehenden, faſt bis zur Fertigſtellung vor⸗ geſchrittenen ſtädtiſchen Banten Schulbauten, Krankenhaus und Rathhans — heute noch eine ſolche Einrichtung zu treffen, empfiehlt ſich jedenfalls ganz und gar nicht. Infolgedeſſen iſt der Aueſchuß dazu gekommen, den Verſuch einer praktiſchen Löſung der Frage zu vertagen, bis gelegentlich eines Neubaues auf der Grundlage von Verhandlungen, die mit den Unternehmern uſw. zu führen ſein werden, von Aus⸗ ſchreibungsverhandlungen und perſönlichen Verhand⸗ lungen, die damit verknüpft werden können, ſich die Möglichkeit ergibt, vraktiſch vorzugehen. Ich habe alſo heute nur die Erklärung abzu⸗ geben, daß der Magiſtrat nach wie vor mit der Löſung der Frage im Sinne der Anfrage vom 21. Oktober v. I. beſchäftigt iſt. (Die Beſprechung der Anfrage wird beantragt und beſchloſſen.) Stadv. Hirſch: Meine Herren, ich muß zunächſt dem Herrn Bürgermeiſter zugeben, daß der Wortlaut unſerer zuletzt geſtellten Interpellation von dem unſerer früheren Interpellationen abweicht. Wir hatten allerdings früher nur die Anſtellung ſtädtiſcher Baukontrolleure zur Überwachung ſtädtiſcher Bauten ge⸗ fordert. Inzwiſchen hat ſich nun, wie der Herr Interpellant ausführte, das Bauunglück auf der „Flora“ ereignet, und das hat uns die Frage nahe gelegt, ob es nicht angängig wäre, da der Magiſtrat doch immer noch in Erwägung dieſer ganzen Frage iſt, daß er bei ſeinen Erwägungen auch überlegt, ob nicht unſere Vorſchläge weiter auszudehnen ſind, da⸗ 2 nicht nur die ſtädtiſchen Bauten zu kontrollieren, ondern überhaupt alle Banten einer ſachverſtändigen Baukontrolle zu unterziehen. Daß infolge der Geſetz⸗ gebung hier Schwierigteiten entſtehen, daß uns augen⸗ blicklich die Zuſtändigkeit dazu fehlt, das weiß auch ich. Aber ich glaube doch, daß es möglich iſt, ebenſo wie wir andere Zweige der Polizei auf die Stadt übernehmen, vielleicht auch die Baupolizei zu über⸗ nehmen, und dann könnten wir an die Ausführung dieſer unſerer Anregung gehen. Daß dem Magiſtrat die Veranlaſſung dazu fehlt, das kann ich nicht einſehen. Ich glaube im Gegen⸗ teil, der Magiſtrat hat alle Veranlaſſung, ſich mehr als bisher um die Frage des Bauarbeiterſchutzes zu kümmern, namentlich jetzt, wo die Stadt wieder eine ganze Reihe von Bauarbeiten — ich meine die großen Abbruchsarbeiten in der Bismarck Straße — in Angriff nimmt. Namentlich da wäre es ſehr am Platze, ein⸗ mal zu ſehen, wie die Baukontrolle geübt wird Weiter haben wir geſehen, daß das Bauunglück auf der „Flora“ zum Teil auf den Umſtand zurückzu⸗ führen iſt, daß der Abbruch an diejenige Firma ver⸗ geben wurde, die es am billigſten machte. Ich möchte deshalb den Magiſtrat um Auskunft darüber erſuchen, ob er bei der Vergebung der Abbruchs⸗ arbeiten in der Bismarckſtraße, ſowohl in dem Teil, der jetzt bereits in Angriff genommen iſt, als in dem Teil, der ſpäter noch vergeben werden ſoll, auch in ſeinen Ausſchreibungen hierauf Bedacht genommen hat, damit derartige Unfälle, wie ſie ſich leider in der „Flora“ ereignet haben, verhütet werden. Ich glaube aber auch, der Magiſtrat kann ohne Weiteres bei allen den Arbeiten, die er für die Stadt vergibt — es wäre das ja eine Frage, die wir viel⸗ leicht nachher bei der Regelung des Submiſſions⸗ weſens erledigen könnten — ich glaube, der Magiſtrat kann ohne Weiteres in alle Ausſchreibungen die Forderung mit aufnehmen, daß die Unternehmer es ſich gefallen laſſen müſſen, daß die von der Stadt vorgeſchlagenen Arbeiterkontrolleure die Bauten be⸗ ſichtigen dürfen. Der Herr Bürgermeiſter hat uns damit vertröſtet, daß, ſobald eine neue Bauausſchreibung kommen wird, einmal ein praktiſcher Verſuch in dieſer Frage gemacht werden ſoll. Ich freue mich, daß der Magiſtrat wenigſtens dieſen einen Schritt vorwärts tut: aber, offen geſtanden, ich glaube nicht, daß da⸗ bei viel herauskommen wird Denn der Herr Bürger⸗ meiſter hat ſofort erklärt — wenn auch nicht ganz deutlich erklärt, aber durchblicken laſſen — daß er die Zulaſſung von Arbeiterkontrolleuren von der Zu⸗ ſtimmung der Unternehmer abhängig machen will. Aber wenn nicht klipp und klar in die Verträge hineingeſchrieben wird, daß der Unternehmer ſich die Kontrolle ſeiner Bauten gefallen lafſen muß, dann wird es mit der ganzen Bautenkontrolle nichts werden. Wir haben ja überall, namentlich in Sachſen, auf das der Herr Bürgermeiſter auch eremplifiziert hat, erlebt, daß gerade an dem Widerſtand der Unternehmer dieſe Forderung der Arbeiter geſcheitert iſt Wenn wir nicht die Unternehmer verpflichten, Arbeiter⸗ kontrolleure zuzulaſſen, falls ſie überhaupt von der Stadt Arbeit erhalten wollen, dann können wir ſicher ſein, daß aus der ganzen Sache nichts wird. Der Herr Bürgermeiſter wies darauf hin, daß aus dem Material, das bisher vorliegt, noch nicht zu erſehen iſt, daß in irgend einer Stadt nennens⸗ werte Erfolge errungen ſind. Auch das muß zu⸗ gegeben werden. Leider hat unſere Geſetzgebung in den deutſchen Bundesſtaaten und auch die Tätigkeit der Gemeindevertretungen in den meiſten Kommunen ſich mit dieſer Frage bisher noch recht wenig beſchäftigt. Aber wir haben doch immerhin ſchon, namentlich in Süddeutſchland, eine ganze Reihe von Städten, die