38 im Jahre 1897 aus Anlaß eines beſonderen Falles veranſtaltete Unterſuchung, ob dieſe Vor⸗ ſchriften ausreichen, hat zu einem bejahenden Ergebnis geführt. Es erſchien auch jetzt nicht geboten, eine Verſchärfung eintreten zu laſſen. Nun, meine Herren, das iſt die bekannte Streit⸗ frage, die verſchiedene Kommunalverwaltungen, in⸗ ſonderheit Frankfurt a. M. ſehr eingehend be⸗ ſchäftigt hat, ob es z. B. zuläſſig ſein würde, daß ein Stadtverordneter oder Magiſtratsmitglied Lieferungen erhalten kann. Nach meiner Kenntnis der Sachlage — ich kann aber falſch unterrichtet ſein — iſt in Frankfurt a. Main ein Beſchluß dahin gefaßt worden, daß das unzuläſſig ſei. Ich meine aber, eine derartig grundwichtige Frage läßt ſich nicht mit cinem ſolcken kurzen Satze abtun, wie der Magiſtrat es in dieſem ſoeben verleſenen Satze ge⸗ tan hat. Der Magiſtrat nimmt Bezug auf das Jahr 1875, daß damals eine ſolche Beſchlußfaſſung vorgenommen worden iſt, und ſagt, daß aus Anlaß eines Falles im Jahre 1897 wiederum der Frage näher getreten worden ſei, man aber keine Veran⸗ laffung gehabt habe, über dieſen Beſchluß vom Jahre 1875 zur Tagesordnung überzugehen. Nun, meine Herren, muß ich ſagen: die Zeiten ändern ſich, und wir ändern uns in den Zeiten. Was im Jahre 1875 maßgebend geweſen iſt, iſt im allgemeinen nicht mehr maßgebend im Jahre 1904. Da hat ſich vieles ver⸗ ändert, wie ſich in ſozialpolitiſcher Beziehung über⸗ haupt verſchiedenes geändert hat. Ich will durchaus kein abſolutes Verdikt pro oder contra fällen, nur an dem einen Fall hervorheben, was für ungeheuer wichtige Fragen da mitſpielen, über die wir uns erſt einig werden müſſen. Es gibt eine ganze Reihe von Bedenken, die dagegen ſprechen. Zunächſt der Stand⸗ punkt der Städteordnung ſelbſt. Die Städteordnung ſetzt voraus, daß alle Mitglieder des Magiſtrats oder der Stadtverordnetenverſammlung vollſtändig unbe⸗ fangen ſind. Da iſt die Möglichkeit nicht ausge⸗ ſchloſſen bei derartiger Vergebung von Lieferungen, daß der Verdacht aufkommen kann, daß das Mit⸗ glied des Magiſtrats oder der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung, welches ſich an derartigen Lieferungen beteiligt, in irgend einer Weiſe ſeine Willensrichtung beſtimmen läßt, um mich einmal milde auszudrücken. Man braucht das nicht ohne weiteres anzunehmen; aber ich meine, man muß doch darüber erſt zu einem klaren Schluß kommen, kann doch nicht einfach mit dieſem Satz, den der Magiſtrat hier vorbringt, über dieſen wichtigen Punkt hinweggehen. Ein anderer, noch viel wichtigerer Punkt iſt vom Magiſtrat behandelt worden auf Seite 240 unter III, 1.e bei der Zuſchlagserteilung, wo es heißt: Angebote können zurückgewieſen werden, wenn ein genügender Anlaß zu der Annahme vorliegt, daß die von dem Unternehmer in ſeinem Betriebe gezahlten Löhne hinter den üblichen Löhnen zurückbleiben. Dieſer Satz deckt ſich ja auch mit der Anregung, die ſeinerzeit der Antrag Buka gegeben hat, der uns vor zwei Jahren beſchäftigt hat. Der Magiſtrat geht auf Seite 245 nach meinem Dafürhalten eigent⸗ lich ſummariſch ſo weit, wie man überhaupt nur gehen kann. Es heißt da unter § 10 zu 1: Der Unternehmer hat der Verwaltung über die mit Handwerkern und Arbeitern in betreff der Ausführung der Arbeiten und Lieferungen ge⸗ ſchloſſenen Verträge jederzeit auf Ciſerdere Auskunft zu erteilen. Es kann nun die Frage entſtehen: iſt der Unter⸗ nehmer auch verpflichtet, dem Magiſtrat Auskunft zu erteilen, welche Löhne den Arbeitern gezahlt werden? [Über dieſe Frage muß man ſich doch auch in irgend einer Weiſe ausſprechen. Eine ganze Reihe anderer Fragen können im Anſchluß an dieſen Satz aufgeſtellt werden. Der Magiſtrat kann doch nicht ohne weiteres von uns verlangen, daß wir dem beiſtimmen. Vielleicht iſt in meiner Fraktion oder in anderen Fraktionen, in der ganzen Verſammlung überhaupt, eine Reihe von Herren, denen die ganze Beſtimmung nicht gefällt, denen ſie zu weit geht, oder umgekehrt: denen ſie nicht weit genug geht. Jedenfalls meine ich, ſchon aus dieſen beiden Punkten erſehen Sie, wie ungemein wichtig es ſein würde, wenn wir uns in einem Ausſchuß darüber klar werden, was eigentlich zu tun iſt, um endlich einmal dieſe Frage zu löſen, die beinahe ſo ausſieht, wie die ſoziale Frage. Von dem Kollegen Marcus iſt bereits eine nach meinem Dafürhalten außer⸗ gewöhnlich glückliche Anregung gegeben worden, und ich glaube, wenn wir uns im Ausſchuß darüber unterhalten, wird ſich kaum eine Stimme dagegen finden. Er hat nämlich beantragt, daß alle diejenigen Firmen, welche bisher geliefert haben, und vielleicht noch eine ganze Anzahl anderer Firmen, die der Magiſtrat als gut anſieht, aufgefordert werden, ihr Gutachten abzugeben. Iſt das nicht ein ſehr glücklicher Vorſchlag? Stellen Sie ſich doch vor, daß bei jeder Geſetzgebung die Geſetzentwürfe publiziert würden, damit aus dem Volke heraus irgend jemand in der Lage iſt, daran Kritik zu üben! Soll es bei dieſer Vorlage, die doch ungemein die Intereſſenten, beſonders die Lieferanten, Arbeiter und Handwerker angeht, nicht zweckmäßig ſein, an die maßgebenden Perſonen zu appellieren, zu hören, was die dazu ſagen? Ich würde noch viel weiter gehen, meine Herren; ich würde vielleicht anregen und für zweck⸗ mäßig halten, daß wir in einem amtlichen Organ der Charlottenburger Stadtverwaltung den ganzen Entwurf publizieren und diejenigen, die ein Intereſſe daran nehmen, aufrufen, damit ſie ſagen, was für Ausſtellungen ſie haben. Ich würde im Ausſchuß, wenn ich hineingewählt werden ſollte, noch andere Anregungen geben. Warum ſoll es nicht möglich ſein, z. B. ein Zentralbureau zu errichten hier in der Stadtverwaltung, im Magiſtrat? In dieſes Zentralbureau müßte alles zuſammen⸗ laufen, was auf derartige Lieferungen r hat; es müßte nach der Ablieferung eines Werkes, nach der Lieferung von Materialien uſw an die Zentral⸗ ſtelle Bericht erſtattet werden, ob die Lieferung gut geweſen iſt oder nicht gut geweſen iſt, was für Ausſtellungen waren. Es müßte dieſes Zentral⸗ bureau gewiſſermaßen auch dazu dienen, um einer Inſtanz des Magiſtrats, alſo vielleicht einer Deputation, wenn ſie mal in die Lage kommt, etwas verlangen zu müſſen, gleich zu ſagen: wir würden euch dieſe Firmen vorſchlagen, die dann zu einer beſchränkten Submiſſion aufgerufen werden. Ich glaube, meine Herren, wenn wir ſo verfahren, würden wir demjenigen, was der Magiſtrat erreichen will, auf dem beſten Wege nahe kommen und es vielleicht ganz erreichen. Wir ſind aber jedenfalls heute nicht in der Lage, dieſe Vorlage ohne weiteres anzunehmen. Der Magiſtrat hat vier Jahre da⸗ zu gebraucht, um ſich darauf vorzubereiten; wir werden vielleicht auch ſehr lange Zeit gebrauchen. Aber ich hoffe, daß wir in kürzerer Zeit als in vier Jahren zum Ziel gelangen. Jedenfalls wird es über die Ferien hinaus danern. Es würde mir ein hoher Lohn ſein,