40 bedingungen erfüllt oder in Ermangelung ſolcher die in dem Gewerbe üblichen Löhne zahlt. Meine Herren, dieſe ſogenannte anſtän dige Lohn⸗ klauſel, die bereits eine ganze Reihe von Stadtge⸗ meinden aufgenommen hat, hat der Magiſtrat in ſeine Bedingungen nicht aufgenommen. Er begnügt ſich ſtatt deſſen mit einigen allgemein gehaltenen Redewendungen, die man ſo oder auch anders deuten kann, die aber auf keinen Fall genügen. Ich kann namens meiner Freunde erklären, daß wir auf dieſe anſtändige Lohnklauſel ein ſolches Gewicht legen, daß wir, wenn der Magiſtrat bezw. der Ausſchuß ſich weigern ſollten, dieſe Klauſel einzufügen, der Vorlage kaum unſere Zuſtimmung geben könnten. Das Gleiche gilt für die Frage der Streikklauſel. Hier nimmt der Magiſtrat einen Standpunkt ein, der ebenfalls nicht dem entſpricht, was man von einer ſozial geſinnten Behörde verlangen kann. Der Magiſtrat hat ja die Forderung der Unternehmer auf Einführnng der Streikklauſel nicht direkt bewilligt; er hat aber auch die meiner Meinung nach etwas zu dreiſte Forderung nicht direkt abgelehnt, ſondern er will ſich von Fall zu Fall ſeine Entſcheidung vorbe⸗ halten „unter objekliver Würdigung der mannigfachen Entwicklungsvorgänge derartiger Zuſtände, und nach Maßgabe des Intereſſes der Stadtgemeinde als Ver⸗ tragspartei.“ Alſo, meine Herren, der Magiſtrat will darüber von Fall zu Fall entſcheiden, ob ein Streik als höhere Gewalt aufzufaſſen iſt, ob infolge eines Streiks die Vertragsfriſten verlängert werden ſollen oder nicht. Das bedeutet eine einſeitige Par⸗ teinahme zu Gunſten des Unternehmertums. Aber auch praktiſch iſt das ja gar nicht durch⸗ führbar. Der Magiſtrat will hier Richter ſein und über einen wirtſchaftlichen Kampf enſcheiden, der zwiſchen Arbeitern und Unternehmern ausgebrochen iſt. Ja in welcher Eigenſchaft? Wie kommt der Magiſtrat dazu? Und ſteht ihm das genügende Material zur Verfügung? Iſt der Magiſtrat im ſtande, bei jedem einzelnen Streik zu erſehen, aus welchem Anlaß er entſprungen iſt? Ich glaube, der Magiſtrat wird dann nur zu leicht geneigt ſein, nur das zu hören, was der Unternehmer ihm ſagt, und es wird tatſächlich keine objektive Entſcheidung dabei heraus⸗ kommen. Wir haben das Gewerbege icht, das als Einigungsamt angerufen werden kann; das iſt die Inſtanz, die darüber zu entſcheiden hat, nicht aber der Magiſtrat, dem das Material gar nicht zu⸗ gänglich iſt. Wir fordern, daß unbedingt feſtaelegt wird, daß in keinem Fall ein Streik Grund ſein darf, die Friſten zu verlängern. Wenn das die Unternehmer wiſſen, dann werden ſie ſich hüten, den Arbeitern ſolche Arbeitsbedingungen zu diktieren bezw. an die Arbeiter ſolche Forderungen zu ſtellen, daß ſchleßlich ein Sneik unvermeidlich iſt. Auch in dieſer Beziehung muß der Ausſchuß die Vorlage d's Magiſtrats ergänzen. Ein dritter Einwand ſchließlich, den wir gegen die Bedingungen erheben, berührt eine Frage, die hier bereits erwähnt worden iſt. Es handelt ſich um die Vergebung von Arbeiten an Herren, die in der ſtädtiſchen Verwaltung tätig ſind. Der Magiſtrat beſchränkt ſich darauf, nur die Vergebung von Ar⸗ beiten an Mitglieder der Deputationen zu verbleten. Das geht uns nicht weit genug. Wir ſtehen auf dem Standpunkt, daß überhaupt niemand, der irgend⸗ wie mit der ſtädtiſchen Verwaltung etwas zu tun hat, ſei es als Stadtverordneter, ſei es als Magiſtratsmitglied, irgendwelche Auf⸗ träge von der Stadt bekommen und über⸗ nehmen darf. Man kann ſelbſt von dem beſten Willen beſeelt ſein, mur das Intereſſe der Stadt wahr⸗ unehmen, es entſteht doch in gewiſſen Fällen ein onflikt zwiſchen dem eigenen Intereſſe und dem der Allgemeinheit, und in dieſem Konflikt unterliegt man dann nur zu leicht. Wir wollen, daß weder Ma⸗ giſtratsmitglieder noch Mitglieder der Stadt⸗ verordnetenverſammlung irgendwie gewerbliche Be⸗ zichungen zur Stadtgemeinde haben. Mir perſönlich wäre es ſogqar lieb, wenn wir noch weiter gingen; es wäre vielleicht gar nicht un⸗ angebracht, dieſe Forderung auch auf Angehörige von Mitgliedern des Magiſtrats und der Stadt⸗ verordnetenverſammlung auszudehnen und nicht nur auf Lieferungen für die Stadt, ſondern auh auf Stellungen, die die Stadt zu vergeben hat. (Zuruf.) Meine Herren, ich möchte hier einmal ganz theoretiſch ſprechen. Der Herr Bürgermeiſter hatte geſagt, daß dieſe Frage theoretiſch betrachtet werden muß. Nehmen wir einmal theoretiſch den Fall an: in der Stadt ſoll irgend eine Stellung neu geſchaffen werden, viel⸗ leicht die Stellung eines Augenarztes. Zufällig hat ein Stadtverordneter oder ein Stadtrat einen Sohn, der Augenarzt iſt. Meine Herren, in dieſem Falle würde ich ganz entſchieden dagegen ſein, daß an dieſen das Amt vergeben wird. Ich habe dieſen Fall natürlich nur ganz theoretiſch angeführt, ohne damit auf irgend einen praktiſchen Vorfall zu exem⸗ pliftzieren. (Heiterkeit.) Meine Herren, was die geſchäftliche Behandlung der Vorlage betrifft, ſo hat der Magiſtrat uns aller⸗ dings die Vorlage nur zur Kenntnisnahme unter⸗ breitet. Mir iſt es nun nicht ganz klar, warum ſie uns nur zur Kenntnisnahme unterbreitet iſt. Wir hatten uns ja bereits vor zwei Jahren mit einem Antrag Buka befaßt, der in einer Kommiſſion beraten wurde; dieſe Kommiſſion hat ſchließlich beſchloſſen, die Beſchlußfaſſung über den Antrag Buka zu ver⸗ tagen, bis der Magiſtrat eine Vorlage gemacht hat, und die demnächſt eingehende Magiſtratsvorlage einem Ausſchuß zu überweiſen. Die Vorlage, die uns jetzt unterbreitet wird, iſt die Vorlage, die uns damals angekündigt wurde. Meines Erachtens genügt die Vorlage zur Kenntnisnahme überhaupt nicht, ſondern ſie iſt lediglich Material für die Kommiſſion, die zur Beratung des Antrages Buka eingeſetzt iſt. Ich ſchließe mich dem Antrage auf Kommiſſions⸗ beratung an und möchte nur bitten, in dem Ausſchuß in dem von mir namens meiner Freunde angeregten Sinne tätig zu ſein. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich kann auf die Bemerkung des Herrn Stadtv. Hirſch betr. die Wahl des Stadtaugenarztes mir nicht verſagen, die Sache mehr vom praktiſchen wie vom theoretiſchen Standpunkt aus zu betrachten; denn Herr Stadtv. Hirſch hat ſicher einen ganz konkreten Fall im Auge gehabt. Ich muß mir zwar verſagen, auf dieſen konkreten Fall einzugehen, halte es aber doch für wichtig, feſtzuſtellen, daß die Erörterungen darüber in der Preſſe von einem total einſeitigen perſönlichen Standpunkt ausgegangen ſind, daß man ſich nicht die Mühe genommen hat, auch auf die ſachlichen Geſichtspunkte einzugehen und die Angelegenheit ge⸗ wiſſenhaft zu prüfen. (Bravo!)