———— 68 —— es der Fall iſt —, dann wäre es im weſentlichen, laube ich, Sache dieſer betreffenden Mitglieder, ob 8e den Verein noch unterſtützen wollen. Ich kann auch nicht recht einſehen, daß eine beſondere Unterſtützung antiſemitiſcher Tendenzen des Vereins etwa darin läge, daß die Stadt für humanitäre Zwecke, die der Verein verfolgt, Mittel zur Verfügung ſtellt, und nachdem hier verſichert worden iſt von Herren, die dem Verein nahe ſtehen, daß der Verein ſeine Sta⸗ tuten in dieſer Beziehung ſogar ändern will, ſo, glaube ich, würde vorläufig kein Grund für die Stadt vorliegen, nun bei dieſer Gelegenheit zu ſagen: du mußt die Statuten innerhalb 14 Tage ändern, dann werden wir weiter mit uns darüber ſprechen laſſen. Ich glaube in der Tat, die Sache noch einmal zu erörtern, würde die nächſtjährige Etatsberatung der richtige Zeitpunkt ſein. Wenn bis dahin das Statut nicht geändert iſt, dann wäre es vielleicht paſſend, auf die Frage zurückzukommen. Was nun aber den vorliegenden Antrag des Magiſtrats betrifft, ſo kann ich meinerſeits dem Ver⸗ trag, der hier mit der Luiſenkirche geſchloſſen werden ſoll, in der vorliegenden Form nicht die Zuſtimmung geben. Der §1 Abſatz 3 beſtimmt: wenn das Terrain, welches hier dem Verein überlaſſen werden ſoll, ſpäter für andere als die ſtatutariſch vorgeſehenen Zwecke benutzt werden ſoll, dann ſoll es dem Ge⸗ meindekirchenrat frei ſtehen, entweder das Terrain wieder an die Stadt zurückaufzulaſſen oder nach ſeiner Wahl das Terrain zu behalten zu einem heute ſchon feſt ſtipulierten Preiſe. Das, meine Herren, ſcheint mir nicht ganz richtig. Wir können heute meine Herren, noch gar nicht überſehen, wann ein ſolcher Zeitpunkt eintreten würde, und welchen Wert zu jener Zeit — das können 50, das können 70, das können auch 100 Jahre ſein — eine ſolche Be⸗ ſtimmung hat. Mir würde es daher richtig erſcheinen, den §1 Abſatz 3 ſo zu faſſen, daß dieſes Wahlrecht der Gemeinde daraus beſeitigt wird und es dem Magiſtrat überlaſſen iſt, ob er ſpäter der Gemeinde, wenn ſie es wünſcht, das Terrain überlaſſen will zu einem dann angemeſſenen und von den ſtädtiſchen Behörden zu jener Zeit feſtzuſetzenden Preiſe. Ich würde alſo bitten, aus dieſem § 1 Abſatz 3 in der Zeile 3 die Worte „nach ſeiner Wahl“ zu ſtreichen und ebenfalls die beiden letzten Teile dieſes Abſatzes zu ſtreichen. In der vorliegenden Form fönnte ich dem Antrage die Zuſtimmung nicht geben. Stadtſyndikus Dr. Maier: Meine Herren, ich möchte Sie bitten, dem Antrage des Magiſtrats zu⸗ zuſtimmen. Ich will nicht hoffen, daß die Herren die Kirchengemeinde ſchlechter behandeln wollen als jeden dritten Anlieger, der in ähnlichem Falle einen ſolchen Antrag an die Stadt ſtellen würde und weifellos mit Erfolg ſtellen würde. Es iſt immer Prants bei uns geweſen, daß die Prellſtreifen vor den Bauſtellen, die dadurch entſtehen, daß öffentliche Wege kaſſiert und neue Fluchtlinien feſtgeſetzt werden, den Hinterliegern unentgeltlich oder zu einem mäßigen Preiſe überlaſſen werden. Ich meine, dieſen An⸗ ſpruch hat auch die Kirchengemeinde. Es iſt aus⸗ geſchloſſen, daß wir dieſen Prellſtreifen an irgend einen Dritten übertragen. Dazu würden wir niemals die Genehmigung des Bezirksausſchuſſes bekommen. Laſſen wir dieſen Prellſtreifen liegen, und tritt eine Bebauung etwa ein nach Maßgabe der jetzigen tat⸗ ſächlichen Grundſtücksgrenze, dann werden wir eine ſolche Verunſtaltung der Straße erfahren, die zweifel⸗ los dem ſtädtiſchen Intereſſe nicht dient. Ich möchte aus dieſen Gründen bitten, dem Antrage zuzu⸗ ſtimmen. 7 Wollen Sie aber die unentgeltliche Ubertragung hier nicht eintreten laſſen, dann bitte ich, meine Herren, lehnen Sie die Vorlage doch nicht ab, ſondern ſetzen Sie einen Preis feſt ſo, wie Sie ihn für jeden Dritten feſtſetzen würden. Dazu muß ſich dann die Kirchengemeinde verſtehen, dieſen Preis zu bezahlen. Es käme natürlich nur der jetzige Preis in Frage, den eingezogenes Wegeland im allgemeinen hat, und das kann nur ein niedriger ſein. Der Preis von 1000 ℳ iſt der Preis für Bauland, der in jener Gegend gezahlt wird. Wenn Sie den heutigen Wert des Landes bemeſſen, werden Sie zweifellos nicht auf den Wert von 1000 ℳ kommen. Sollten Sie indes dem Vertrage beiſtimmen, dann würde ich Sie bitten, das Wahlrecht ruhig der Kirchengemeinde zu überlaſſen. Das, glaube ich, läuft auf dasſelbe hinaus, ob der Magiſtrat oder die Kirchengemeinde das Wahlrecht ausübt. Wenn dieſer Vertrag ein wohlwollender ſein ſoll, dann können wir es auch der Kirchengemeinde überlaſſen, ob ſie das eine oder das andere will: Zurücküber⸗ tragung oder Zahlung von 1000 ℳ. Stadtv. Gredy: Meine Herren, wenn ich be⸗ fürchten müßte, einem konfeſſionellen Hader Vorſchub zu leiſten, indem ich dieſe Vorlage annehme, ſo würde ich es ganz gewiß nicht tun, ſondern würde der An⸗ regung Folge leiſten, ſie abzulehnen. Ich habe indeſſen das Gefühl, als ob ich durch Ablehnung der Vorlage die Armen und Kranken ſchädigte, ohne etwas für den konfeſſionellen Frieden zu tun. Meine Herren, es ſind gerade unſere jüdiſchen Mitbürger, die durch ein umfaſſendes Wohltun uns allen vor⸗ bildlich ſind; ich glaube, in dieſer Beziehung ſind wir alle einig. Und wenn wir dieſe Vorlage an⸗ nehmen, ſo glaube ich, daß unſere Anſicht über unſere jüdiſchen Mitbürger dadurch nicht in ein falſches Licht geſtellt werden kann. Ich möchte geradezu auf das Beiſpiel unſerer jüdiſchen Mitbürger. die unabhängig von der Frage der Nationalität und der Religion überall mit Freude dabei ſind, wohlzutun, bezug nehmen und Sie bitten, die Vorlage anzu⸗ nehmen und durch die Annahme der Vorlage ge⸗ wiſſermaßen feurige Kohlen auf das Haupt der Ge⸗ meinde zu ſammeln. Sie wird ſich nach und nach beſinnen und den nicht ſehr ſchönen Paragraphen aus ihren Statuten entfernen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Meine Herren, ich habe, als die Angelegenheit das letzte Mal be⸗ ſprochen wurde, ſchon erklärt, daß ich dieſen Paſſus im Statut auch wenig geſchmackvoll finde, und ich ſtimme auch zu, wenn Herr Stadtv. Dr. Zepler geſagt hat, jene Beſtimmung ſei ein Kind aus der Zeit der Reaktion. Aber, meine Herren, iſt dieſe kleine Veranlaſſung geeignet, einen Kampf gegen die Reaktion aufzunehmen? Ich möchte meinen: nein. Ich möchte glauben, daß ein bischen zu viel Pathos auf dieſe Sache bisher verwendet worden iſt. Die Männer, die dieſes Statut geſchaffen und dieſen Abſatz in dem Statut verbrochen haben, die, glaube ich, eriſtieren nicht mehr, die ruhen ſchon unter dem grünen Raſen, und die Männer, die heute das Statut vertreten, haben keine Schuld daran, ja ſie ſind ſogar, wie wir von einem Mitgliede des Kirchenrats hören, bereit, die Abänderung zu beſchließen und vorzunehmen. Herr Stadtv. Gredy hat wirklich recht, wenn er ſagt: wer unter der Ablehnung unſerer Vor⸗