— 37 — 5 em Maße Uberſtunden zu leiſten gezwungen waren. will, um gar kein Mißverſtändnis aufkommen zu 11. hier ausdrücklich betonen, daß wir prinzipiell auf dem Standpunkte ſtehen, daß auch die Beamten für ihre ÜUberſtunden eine Entſchädigung zu erhalten haben. Und, meine Herren, inbezug auf höhere Be⸗ amte und höhere Angeſtellte der Stadt kommt ja der Magiſtrat unſerem Standpunkte ſehr nahe. Ich er⸗ erinnere daran, daß wir wiederholt für beſondere Leiſtungen, die Beamte zu erfüllen hatten, — und im Grunde genommen ſind ja die Überſtunden auch nichts weiter als beſondere Leiſtungen — daß wir wiederholt, wenn es ſich um höhere Beamte handelte, für beſondere Leiſtungen auf Antrag des Magiſtrats Ertraentſchädigungen bewilligt haben. Meine Fraktion hat faſt immer dieſen Vorlagen zugeſtimmt, weil wir eben nicht einſeitig die Intereſſen der Arbeiter ver⸗ treten, ſondern weil wir das, was wir für die Ar⸗ beiter verlangen, auch genau ſo den Beamten zu⸗ gebilligt wiſſen wollen. Die Einſeitigkeit liegt auf ſeiten des Magiſtrats, der allerdings für höhere Be⸗ amte mit derartigen Vorlagen auf Entſchädigung für beſondere Leiſtungen kommt, aber die Arbeiter für beſondere Leiſtungen nicht höher honorieren will. Meine Herren, weiter hat der Magiſtrat auch unſeren Antrag auf Feſtſetzung des täglichen Mindeſt⸗ lohns der vollbeſchäftigten Arbeiter auf 4 ℳ ab⸗ gelehnt, und zwar mit der Motivierung, daß er den Normaletat nicht durchbrechen will; er will erſt im Jahre 1905 in eine Reviſion des Normaletats ein⸗ treten. Dieſer Grund ließe ſich hören, wenn über⸗ haupt nicht der Normaletat bereits durchbrochen wäre. In Wirklichkeit aber haben wir bereits Fälle, wo über den Normaletat hinausgegangen iſt. Deshalb kann ich dieſen Grund als ſtichhaltig nicht an⸗ erkennen. Nun kommt aber hinzu, daß, ſeitdem der Normaletat feſtgeſetzt iſt, die Lebensmittelpreiſe ſowohl als auch die Preiſe für Wohnungen ſo erheblich ge⸗ ſtiegen ſind, daß ein Teil der Arbeiter, bei den Löhnen, die er von der Stadt bekommt, nicht mehr imſtande iſt, die Koſten für den Lebensunterhalt zu erſchwingen. Ich habe bei der erſten Leſung unſerer Anträge ja des Näheren an der Hand der Mit⸗ teilungen aus dem „Arbeitsmarkt“ angeführt, wieviel nach den Berechnungen des Herrn Stadtrats Dr. Jaſtrow zum Lebensunterhalt einer Familie in Charlottenburg notwendig iſt, und ich habe nachgewieſen, daß bei⸗ ſpielsweiſe die Kämmereiarbeiter, die einen Anfangs⸗ lohn von etwa 1020 ℳ im Jahre beziehen, mit dieſem Lohn den Lebensunterhalt nicht beſtreiten können. Die Verhältniſſe haben ſich, ſeitdem wir den Antrag beraten haben, nicht geändert; auch nach der neueſten Statiſtik, die im „Arbeitsmarkt“ ver⸗ öffentlicht iſt, iſt für Beſtreitung des Lebensunter⸗ haltes in Berlin und Umgegend immerhin noch eine Summe von 21 ℳ pro Woche nötig, ſodaß alſo ein Teil der Arbeiter tatſächlich nach dieſer Berechnung mit dem Lohn nicht auskommen kann. Abgelehnt hat der Magiſtrat auch unſeren Autrag, daß den zu militäriſchen IIbungen eingezogenen ſtän⸗ digen Arbeitern der volle Lohn abzüglich der Unter⸗ ſtützung aus Reichsmitteln zu zahlen iſt. Der Magiſtrat führt hierfür zwei Gründe an. Einmal hat er den Autrag abgelehnt aus dem Geſichtspunki der Einfach⸗ heit. Ein etwas ſonderbarer Grund! Dieſer Geſichts⸗ punkt kann doch wahrhaftig nicht maßgebend ſein. Wenn ich eiwas für verechtigt, für iunerlich begründet halte, dann habe ich dafür einzutreten, gleichviel, ob die Verwaltung dadurch eiwas komplizierter oder die Berechuung dadurch etwas erſchwert wird. Der andere Grund, den der Magiſtrat anführt, iſt. daß die Arbeiter unter Zuzählung der aus Reichsmitteln gezahlten Unterſtützungen ſeiner Meinung nach, wenn ſie zu Übungen eingezogen ſind, eine Einnayme haben, die etwa dem gewöhnlichen Lohn gleichkommt. Dieſe Berechnung ſtimmt nicht ganz. Es geht ja bereits aus der Berechnung des Magiſtrats ſelbſt hervor, daß der Lohn nicht voll crreicht wird. Nun meint der Magiſtrat, die zu militäriſchen UÜbungen Ein⸗ gezogenen hätten eigentlich noch Vorteile: ſie bekämen freie Wohnung und freie Koſt — nämlich in der Kaſerne —, und die Frauen, die Familie, die zu Hauſe bleibe, habe neben dem halben Lohn uoch die Unterſtützung aus Reichsmitteln. Es hat alſo den Anſchein — wenigſtens muß die Begründung des Magiſtrats den Anſchein erwecken —, als ob die Ar⸗ beiter, die zu einer militäriſchen ubung eingezogen ſind, ſich dadurch noch beſſer ſtehen als ſonſt. Das iſt doch tatſächlich nicht der Fall. Gewiß, die Familie bekommt den halben Lohn weiter, und ſie bekommt die Unterſtützung aus Reichsmitteln; aber ihre Aus⸗ gaben verringern ſich nicht, der wichtigſte Poſten, der Poſten für Miete, geht weiter, der Lebensunterhalt iſt auch nicht viel geringer, als wenn der Mann dabei iſt. Man muß bedenken, daß die Familien⸗ angehörigen den Mann, der mit ſeiner Löhnung als Soldat nicht auskommt. doch auch noch unterſtützen. Wer von Ihnen eine ÜUbung als Reſerviſt oder Land⸗ wehrmann mitgemacht hat, wird ja wiſſen, daß die horrende Löhnung, die man da bekommt, tatſächlich nicht zulangt, ſondern daß die Angehörigen einen immer noch unterſtützen müſſen. In Wirklichkeit erhöht ſich das Einkommen der Familie, wenn der Mann zu einer Übung eingezogen iſt, nicht, ſondern es verringert ſich noch. Meine Herren, finanziell würde ja für den Magiſtrat die Durchführung unſeres Antrages ganz unbedeutend ſein. Das gibt er ſeloſt indirekt in ſeinem ablehnenden Beſcheid zu. Es wäre mir lieber geweſen, wenn der Magiſtrat ſich nicht auf einen ſo ablehnenden Standpunkt geſtellt, ſondern das bewilligt hätte, was andere Gemeinden bereits ſeit längeren Jahren bewilligt haben. Der wichtigſte Punkt iſt Nr. 1 unſeres Antrages, nämlich die Forderung der Errichtung von Arbeiter⸗ ausſchüſſen für ſämtliche ſtädtiſchen Betriebe. Es könnte ſo ſcheinen, als ob der Magiſtrat uns in dieſer Beziehung ein Zugeſtändnis gemacht hat. Ich kann jedoch nicht anerkennen, daß hier ein Zugeſtändnis vorliegt. Der Magiſtrat will in einem Betriebe, nämlich bei der Straßenreinigung, einen ſtändigen Arbeiterausſchuß einſetzen; aber es ſoll ein Arbeiter⸗ ausſchuß ſein, wie er bisher bereits bei der Ver⸗ waltung der Gasanſtalten beſteht. Nun, meine Herren, das, was wir bei der Gasanſtalt haben, hat allerdings den Namen Arbeiterausſchuß; aber in Wirklichkeit iſt es eine Inſtitution, die gar nicht imſtande iſt, die Intereſſen der Arbeiter zu fördern und das zu erfüllen, was man von einem Arbeiterausſchuß verlangt, ſondern die lediglich ein gefügiges Werkzeug in der Hand der Verwaltung werden muß. Es iſt dieſem Arbeiter⸗ ausſchuß direkt vorgeſchrieben, was er zu tun hat; es iſt ſogar vorgeſchrieben, welche Angelegenheiten nicht zu ſeiner Kompetenz gehören. Es 1 weiter die Beſtimmung aufgenommen, daß allen Sitzungen des Arbeiterausſchuſſes der Direktor oder ein von ihm beauftragter Beamter der Gasanſtalten mit beratender Stimme beiwohnt, und daß der Direktion deshalb von jeder Sitzung vorher Anzeige zu machen iſt. Die Tagesordnung für die Beratung, die vom Vor⸗