80 Stadtv. Stein durchaus beruhigen in Bezug auf ſeine Bedenken, die finanzieller Natur ſind. Hien haben wir für das Werk, das wir ſchaffen, einen leiſtungs⸗ fähigen Pächter, der uns 100000 ℳ jährlichen Pacht⸗ zins zahlt. Das Geld, das wir hier ausgeben, iſt alſo in gleicher Weiſe angelegt, wie das Geld für das Elektrizitätswerk, für das wir ebenſo einen Pächter gefunden haben, der uns unſere Kapitalien verzinſt und amortiſiert. Ob ferner das Theater ſich rentiert, iſt vor allen Dingen Sache des Pächters, der uns die Summe von 100000 ℳ Pacht bietet und dafür eine Kaution ſtellt, die das Doppelte der Jahres⸗ pacht beträgt, und die er ſich verpflichtet, ſofort wieder zu erſetzen, wenn ſie angegriffen iſt. Wir ſind alſo garnicht in erſter Reihe an dem Rentieren des Unter⸗ nehmens intereſſiert, ſondern die Schillertheater⸗Aktien⸗ geſellſchaft, die die Pacht aufzubringen hat und da⸗ durch das Riſiko für die Verzinſung und Tilgung des Kapitals übernimmt. Sie ſagten, Herr Stadtv. Stein: wenn die Sache ſich wirklich geſchäftlich rentieren würde, dann hätten ſich auch Männer gefunden, die das Geld ge⸗ geben hätten, dann hätte es die Stadt nicht nötig gehabt. Das war ja die Abficht des Schillertheaters; das Schillertheater wollte ja gar nicht, daß die Stadt bauen ſoll, ſie wollte ſelbſt bauen und wollte nur, daß die Stadt eine gewiſſe Patronatsſtellung einnimmt, daß die Stadt ſagt: wir wollen durch ein Darlehn, das wir dir geben, nach außen hin dokumentieren, daß wir die Idee für gut halten. Das übrige Geld hätte das Schillertheater ſchon erhalten. Aber das wollte die Stadtverordnetenverſammlung nicht. Ich erinnere Herrn Stadtv. Stein daran, daß die ur⸗ ſprüngliche Magiſtratsvorlage davon ausging, daß die Schillertheater⸗Aktiengeſellſchaft das Theater zum eigenen Erwerb und im eigenen Beſitz bauen und die Stadt nur ein Darlehn geben ſollte. Aber in Ihrem Ausſchuß wurde von ſeiten der Stadtverord⸗ neten der Gedanke angeregt: das Theaterunternehmen wollen wir ſelbſt machen, das iſt ein gutes Geſchäft, das kann die Stadt ebenſo gut machen wie die Schillertheater⸗Aktiengeſellſchaft, weil ſie ſich dabei gut ſteht. Das iſt alſo aus der Stadtverordneten⸗ verſammlung heraus angeregt worden, und der Ma⸗ giſtrat hat ſich der guten Sache wegen, der Idee wegen entſchloſſen, ſich auf den Standpunkt der Stadt⸗ verordnetenverſammlung zu ſtellen und hat Ihnen die zweite Vorlage gemacht. Und im Magiſtrat — das kann ich Herrn Stadtv. Stein verſichern — haben auch die Bankiers geſprochen, und zwar ſehr eingehend geſprochen; ſie haben ſogar die Bedenken, die Herr Stadtv. Stein hat und mit Recht in Erwägung zieht, auch gehabt, und haben geſagt, es ſei zu prüfen, ob die ganze Einrichtung finanziell gerechtfertigt und zweckmäßig ſei. Der Magiſtrat hat daher einen Ausſchuß ein⸗ geſetzt, in dem auch gerade dieſe Herren, gerade dieſe Finanzleute des Magiſtrats, geſeſſen haben, und dieſe haben mit der größten Sorgfalt die Angelegenheit auf ihre Rentabilität und die Sicherheit des Pächters geprüft und ſich entſchloſſen, dem Magiſtrat vorzu⸗ ſchlagen, die Sache anzunehmen und zwar auf der Grundlage, die Ihnen jetzt die zweite Vorlage bietet Alſo, Herr Stadtv. Stein, auch dieſe Sorge können Sie fahren laſſen; auch die Bankiers im Magiſtrat ſind dafür. Und wenn ſie hier nicht geſprochen haben, ſo liegt das daran, daß für die Magiſtratsvorlagen immer nur beſtimmte Vertreter ernannt werden, die nur allein für den Magiſtrat ſprechen und allein ihn vertreten. Daher iſt es gekommen, daß die Herren nicht das Wort genommen haben und nicht haben nehmen können. , 100 IIch glaube, meine Herren, daß die Bedenken, die naturgemäß in der erſten Zeit vorhanden waren, als die Idee, ein Schillertheater hier zu bauen, auf⸗ tauchte und zwar in weiten Kreiſen vorhanden waren, je länger die Sache gedauert hat — ſie hat nunmehr von den erſten Anfängen an drei Jahre gedauert —, daß dieſe Bedenken je länger je mehr geſchwunden ſind, daß ſich mit der Idee der Errichtung des Schiller⸗ theaters immer weitere und weitere Kreiſe befreundet haben, und ich glaube, nicht zu viel zu ſagen, daß heute die geſamte Bürgerſchaft Charlottenburgs mil ſehr wenigen Ausnahmen zu Freunden dieſes Ge⸗ dankens glücklicherweiſe geworden iſt. Es handelt ſich hier nicht um den Bau eines Theaters ſchlechtweg das möchte ich Herrn Stadtv Stein zum Schluß noch ſagen —, ſondern um den Bau eines Schillertheaters, d. h. eines ganz eigen gearteten Theaters, das ſo außerordentliche Vorteile in ſozialer und ethiſcher Beziehung ſowohl der Bürgerſchaft der Stadt und ihrer heranwachſenden Jugend als auch dem Perſonal des Theaters bietet wie kein anderes Theater ſonſt in Berlin und, ich glaube, auch kein anderes Theater in Deutſchland. Es iſt eben eine ganz beſonders geartete ethiſche Veranſtaltung, die wir hier auf unſern Boden ver⸗ pflanzen wollen, und deshalb muß man die Sache auch von anderen Geſichtspunkten betrachten, als man ſonſt den Bau von Theatern in Städten zu betrachten gewohnt iſt. Ich bitte Sie, dem Ausſchußantrage Ihre Zu⸗ ſtimmung erteilen zu wollen. Stadtv. Dr. Spiegel: Meine Herren, Herr Kollege Stein hat die Befürchtung ausgeſprochen, daß die⸗ jenigen, die in der vorigen Sitzung gegen eine Be⸗ willigung für einen beſtimmten Verein waren, wohl auch für ein ſtädtiſches Waiſenhaus nicht zu haben ſein würden. Ich begreife abſolut nicht, wie Herr Kollege Stein zu einer derartigen Anſicht kommt. (Sehr richtig! bei den Liberalen) Denn die Gründe, aus denen wir gegen eine der⸗ artige Bewilligung geſtimmt haben, ſind klargelegt worden. Sie beruhen darauf, daß wir nicht einen Verein unterſtützen wollen, der die Staatsbürger in ſolche erſten und zweiten Grades teilt. Was die gegenwärtige Vorlage anbetrifft, ſo, glaube ich, ſind wir nicht in der Lage, darüber ab⸗ zuſtimmen, bevor wir uns über die Vorlage unter Nr. 13 der Tagesordnung klar geworden ſind. Erſt dann können wir uns über die Platzfrage entſcheiden. Ich beantrage deshalb, die Abſtimmung über die Vorlage zur Tagesordnung Nr. 4 bis nach der Ab⸗ ſtimmung über die Vorlage zur Tagesordnung Nr. 13 auszuſetzen. Stadtu. Jolenberg: Meine Herren, ich möchte zum Eingang meiner Ausführungen ſagen, daß ich lediglich in meinem eigenen Namen i92 c Ich bin bereit, für den Ausſchußantrag zu ſtimmen, wenn die ſchweren bautechniſchen Bedenken, die der Magiſtrat in ſaw. Vorlage vom 18. Mai erwähnt hat, beſeitigt ſind. Ich kann nun die Beſeitigun dieſer bautechniſchen Bedenken nirgends finden; i ſehe hier in dem Ausſchußbericht nicht eine Silbe davon, und auch der Herr Berichterſtatter hat darüber ſehr wenig erwähnt. Ich mache alſo meine Zu⸗ ſtimmung zu dem Ausſchußantrage davon abhängig, daß ich vom Magiſtrat höre, daß dieſe Bedenken beſeitigt ſind.