86 die, welche uns vorgeworfen iſt, mit der wir direkl das Andenken des edlen Mannes ſchänden würden, deſſen Namen unſer Verein tragen darf. Namens des Vorſtandes des „Kaiſer Friedrich⸗Andenkens“ deſſen Vorſitzender. Ich habe dieſes Schreiben nach dem Wunſche des Vereins hiermit zur Kenntnis gebracht. Ich möchte aber noch weiter hinzufügen: wie ich ſchon in der vorigen Sitzung aus dem § 9 allein nicht habe den Eindruck gewinnen können, daß es ſich bei dieſem Verein um einen Verein handle, der bei der Ausübung ſeiner Liebestätigkeit nach konfeſſionellen Grundſätzen ſcheidet, ſo bin ich nunmehr erſt recht überzeugt, daß eine derartige Praris in dieſem Verein nicht geübt wird. Ich habe auch, abgeſehen von dieſem Schreiben, erfahren, daß der Verein bei der Auswahl ſeiner Unterſtützungen in der Tat ohne Anſehung des Glaubensbekenntniſſes verfährt. Wenn das aber der Fall iſt, dann ſcheint mir diejenige Vorausſetzung hinfällig, aus welcher in der vorigen Sitzung die Mehrheit der Verſammlung die damalige Vorlage des Magiſtrats abgelehnt hat, und da mir das hinfällig erſcheint, ſo würde ich den lebhaften Wunſch haben, daß der Luiſenkirchengemeinde und damit indirekt dem Verein nunmehr wenigſtens bei der Bemeſſung des Kaufpreiſes möglichſt entgegen⸗ gekommen wird. In der Vorlage des Magiſtrats iſt das nicht der Fall und konnte es wohl nicht gut der Fall ſein, weil der Magiſtrat ſich einem Be⸗ ſchluſſe der Stadtverordnetenverſammlung gegenüber ſah, der das eben ausſchloß. Um nun eine Handhabe dafür zu gewinnen, der Kirchengemeinde bei der Bemeſſung des Kaufpreiſes entgegenzukommen, und da ich mich wunderte, auch in der vorigen Vorlage des Magiſtrats den ſonſt üblichen Vermerk: „Wir handeln bei unſerer Vor⸗ lage nach dem Beſchluſſe der Tiefbaudeputation“ nicht zu finden, habe ich in den Akten nachgeſucht, ob denn die Tiefbaudeputation überhaupt nicht mit der Sache beſchäftigt worden iſt. Da ſah ich nun, daß in der Tat auf dem regulären Inſtanzenwege die Sache zuerſt bei der Tiefbaudeputation geſchwebt hat, und daß die Tiefbaudeputation im September v. I. den Antrag ſtellte, das betreffende Land dem Verein reſp. der Kirchengemeinde nicht zu ſchenken, nicht unentgeltlich abzutreten, ſondern ihr abzutrelen für einen Kaufpreis von 1 ℳ pro Quadratmeter. Der Magiſtrat trat damals dieſem Beſchluſſe nicht bei. Wie mir ſcheint, war der Beſchluß des Magiſtrats der angemeſſenere; denn wenn man etwas ſchenken will, ſoll man es eben direkt ſchenken. Der Beſchluß der Tiefbaudeputation bedeutete ja nur eine ver⸗ ſchleierte Schenkung, während nach der Magiſtrats⸗ vorlage das Land als eine direkte Schenkung über⸗ wieſen wurde, bei der eventuell noch für eine ſpätere Zukunft der Stadtgemeinde ein Recht gewahrt wurde, was bei einem Verkauf nicht der Fall iſt. Da aber die erſte Magiſtratsvorlage abgelehnt worden und dieſer Beſchluß ja nicht rückgängig zu machen iſt, ſo würde ich nunmehr vorſchlagen, um dem Verein, über S Grundlage nunmehr auch bei einigen der f0 ollegen die Anſichten etwas andere geworden ind, entgegenzukommen, die Vorlage des Magiſtrats mit der Abänderung anzunehmen, daß für: „500 ℳ m2 Quadratrute“ geſetzt wird: „1 ℳ pro Quadral⸗ eter“. Zu dieſem Antrag fühle ich mich noch aus einem anderen Grunde veranlaßt. Meine Herren, wir unterſtützen dieſen Verein von Stadt wegen ſeit einer Reihe von Jahren mit einer gewiſſen Summe. So haben wir ihm vor kurzem wiederum — bei der letzten Etatsberatung — in Anſehung ſeiner Tätig⸗ keit eine Zuwendung von 3000 ℳ gemacht. Jetzt, wo der Verein ein Waiſenhaus bauen will — das, wie ich betone, keineswegs uns von der Verpflichtung entlaſtet, ein ſtädtiſches Waiſenhauſes zu bauen; ich bin mit dem Kollegen Stein vollſtändig einver⸗ ſtanden, daß wir möglichſt bald, als eine der drin⸗ gendſten Aufgaben ſogar, die Erbauung eines ſtädti⸗ ſchen Waiſenhauſes in Angriff nehmen müſſen; aber ſolange wir es nicht haben, müſſen wir es doch immer als angenehm begrüßen, wenn dieſer Verein ein Waiſenhaus, wenn auch in kleinem Umfange, in Angriff nimmt — nun ſind wir dabei, ihn bei dieſer Tätigkeit die 3000 ℳ wieder abzunehmen, die wir ihm bei der Etatsberatung gewährt haben! Ja, meine Herren, die Folge würde vermutlich ſein, daß innerhalb nicht langer Zeit der Verein ſich von neuem an die Stadtgemeinde mit der Bitte wendet, in An⸗ ſehung der beſonders großen Ausgaben, die ihm in der letzten Zeit erwachſen find, wobei eben dieſe Aufwendung von 3000 ℳ unter dieſen Ausgaben ſein würde, ihm für dieſes Jahr noch einmal eine Ertrazuwendung in Höhe von 3000 ℳ zu machen, und ich vermute, daß, wenn der Verein mit einem derartigen Antrage an die Stadtverwaltung heran⸗ tritt, die Stadtverwaltung dieſer Bitte willfahren würde. Dann hätten wir alſo bei der Etatsberatung dem Verein 3000 ℳ. zugewendet, hier bei dieſer Gelegenheit knöpfen wir ſie ihm wieder ab, und wenn er dann in einigen Wochen oder Monaten von neuem an uns herantritt, würden wir ſie ihm wieder gewähren! (Stadtv. Kaufmann: e die Statuten geändert at! Dieſes Vorgehen würde mir als nicht ganz richtig erſcheinen, und deshalb bitte ich Sie, die Bedenken, die Sie in bezug auf den Verein in der vorigen Sitzung geäußert haben, fallen zu laſſen und meinem Antrage zuzuſtimmen, ſtatt der „500 ℳ pro Quadrat⸗ rute“ „1 ℳ pro Quadratmeter“ zu ſetzen. Können Sie ſich aber dazu nicht verſtehen, nun, ſo liegt der Magiſtratsvorlage nichts im Wege; denn darin iſt ja auf die Verwendung des Landes für dieſen Verein überhaupt keine Rückſicht genommen. Stadtv. Dr. v. Liszt: Meine Herren, meine Freunde waren entſchloſſen, ohne weiteres, ohne Sang und Klang, der Magiſtratsvorlage zuzuſtimmen, und wir erwarteten nicht, daß ſich neuerdings eine Debatte über die ſo oft von uns verhandelte Frage entſpinnen würde. Aber die Ausführungen des Herrn Bericht⸗ erſtatters zwingen uns doch, mit ein paar, Worten auf die Sache zurückzukommen. Meine Herren, das Anſchreiben des Vereins Kaiſer Friedrich⸗Andenken kämpft nach meiner Auf⸗ faſſung gegen Windmühlen. Daß der Verein irgend⸗ wie in ſeiner Tätigkeit Unterſchiede nach Religion und Konfeſſionen gemacht habe, das ihm vorzuwerfen, hatten wir nicht den leiſeſten Anlaß, und ich erinnere mich nicht, daß in den beiden vorangegangenen De⸗ batten von irgendeiner Seite ein derartiger Vorwurf gegen den Verein erhoben worden iſt. Das, was wir dem Verein vorgeworfen haben, iſt der § 9 ſeines Statuts, und, meine Herren, ich kann nur ſagen: der § 9 iſt wirklich keine Zierde, (ſehr richtig!)