87 keine Zierde in irgend einem Statut! Jeder von uns verlangt in jedem kleinen Verein von jedem Mit⸗ gliede den Vollbeſitz der bürgerlichen Ehrenrechte, und aus dem § 9 geht hervor — daran haben die Herren ſicher nicht gedacht —, daß man Mitglied ſein kann, ſelbſt wenn einem die bürgerlichen Ohrenrechte ab⸗ erkannt ſind, daß man dann nur lein Stimmrecht hat. Aber weiter, meine Herren, heißt es: nur die chriſtlichen Mitglieder ſind ſtimmberechtigt, die nicht⸗ chriſtlichen nicht. Wenn mumn in dem Schreiben ge⸗ ſagt wird, daß der Verein Kaiſer Friedrich-Andenken hervorgegangen iſt aus einer Gemeinde der chriſt⸗ lichen Kirche, ſo iſt das nicht richtig. Denn wäre das die Grundlage des Vereins geweſen, ſo würde es heißen: „evangeliſche Mitglieder“, nicht chriſtliche Mitglieder“. Denn die Luiſenkirchengemeinde iſt eine evangeliſche Gemeinde und nicht blos eine chriſtliche Gemeinde. Ich bin am Schluß. Wir werden bei der Etats⸗ beratung, wenn der Paragraph inzwiſchen geändert iſt, den Verein mit freudigem Herzen unterſtützen. Ich möchte Sie bitten, dem Magiſtratsantrage zu⸗ zuſtimmen, dagegen dem weiteren Antrage des Herrn Berichterſtatters nicht. (Bravo! bei den Liberalen.) Stadtv. May: Meine Herren, es freut mich, daß wir Gelegenheit gehabt haben, den Standpunkt des Vereins kennen zu lernen, und ich möchte auch be⸗ ſonders meiner Freude Ausdruck geben über die ob⸗ jektive Art, wie Herr Kollege Dr. Borchardt die Sache vorgetragen hat. Ich teile ſeinen Standpunkt ganz und freue mich, daß er in dieſer Weiſe die Sache behandelt hat. Ich kann aber nicht begreifen, was Herr Kollege v. Liszt gegen dieſen Paragraphen, nachdem der Stand⸗ punkt des Vereins dargelegt worden iſt, noch einzu⸗ wenden hat. Ich glaube, der chriſtliche Standpunkt iſt viel allgemeiner als der evangeliſche Standpunkt. (Sehr richtig! und Heiterkeit bei den Liberalen.) — Ia, bitte, gerade deshalb iſt dieſer Ausdruck gewählt! Die Erklärung für die Herkunft des § 9 iſt für mich und jeden, der guten Willen hat, voll⸗ ſtändig klar. (Sehr richtig!) Es iſt eine kirchliche Einrichtung, und infolge⸗ deſſen iſt die Sache ſo gemacht. Mann kann doch einer Zuwendung wegen nicht mit einem mal ſagen: das iſt keine kirchliche Einrichtung, der Paragraph muß deshalb geändert werden! Ich muß offen ge⸗ ſtehen: nach der Erklärung, die wir gehört haben, habe ich gegen den Paragraphen nichts mehr einzu⸗ wenden, namentlich, nachdem feſtgeſtellt iſt, in wie objektiver Weiſe verfahren wird; und an den Früchten ſollen wir ſie erkennen, nicht an den Paragrapen! Die Gründe, die uns abgehalten haben, neulich ſchon die Schenkung auszuſprechen, fallen alſo weg, wie Herr Kollege Borchardt ſchon ausgeführt hat. Ich möchte Sie deshalb bitten, jetzt dem Verein wenigſtens entegenzukommen und dem Verkaufspreiſe die Berechnung von einer Mark für den Quadrat⸗ meter zu grunde zu legen. Wenn der §9 nicht da⸗ eweſen wäre und dieſe Debatte ſich nicht in dieſer eiſe ausgeſponnen hätte, dann würde, glaube ich, wort): Meine Herren, Herr Stadtv Penzig warf keiner von Ihnen die Vorlage bemängelt haben; (Heiterkeit) nachdem nun aber die Richtigſtellung erfolgt iſt und wir nicht auf die alten Gründe zurückgreifen können, bitte ich Sie dringend, den Vorſchlag des Herrn Kollegen Borchardt anzunehmen und 1 ℳ für den Quadratmeter feſtzuſetzen. (Bravo!) Stadtu. Dr. Penzig: Meine Herren, ich muß mich gegen die Ausführungen des Herrn Vorredners wenden. Wenn in einem ſolchen Statut ausdrücklich der chriſtliche Charakter betont wird, ſo hat das eine ganz beſtimmte Spitze. Es lag um ſo weniger Ver⸗ anlaſſung dazu vor, als, wie Herr Kollege v. Liszt ausgeführt hat, ja tatſächlich der Charakter der Luiſengemeinde ein evangeliſcher iſt. Ich meine, wir haben ganz und gar keine Veranlaſſung, hier über dasjenige, was der Magiſtrat beantragt hat, hinauszugehen Wenn der Verein Kaiſer Friedrich⸗ Andenken wirklich die Entrüſtung fühlte, die er in ſeinem Schreiben ausgedrückt hat, ſo wäre ja nichts einfacher geweſen, als an den Magiſtrat und die Stadtverordnetenverſammlung zu ſchreiben: wir ſehen ein, daß die Sache mißverſtändlich iſt, ſo haben wir ſie nicht gemeint, wir wollen bei der nächſten Statutenberatung den Paragraphen ändern! (Sehr richtig!) Ich habe nichts davon gehört. Offenbar legen die Herrſchaften großen Wert auf dieſen § 9, — und da ſollen wir nicht Wert darauf legen, nachdem er hier ſo eingehend beſprochen worden iſt? Aber noch weiter, meine Herren! Ich will ruhig zugeben, daß der Verein in der Betätigung ſeiner Liebesarbeit keinen Unterſchied macht; er fragt die armen Kinder nicht nach der Konfeſſion. Aber das Waiſeuhaus, das er errichten wird, wird ganz ſicherlich nach chriſtlichen Prinzipien geleitet werden; es wird ganz ſicherlich nicht nur nach chriſtlichen, ſondern nach evangeliſchen Prinzipien geleitet werden. Dazu Geld zu geben, haben wir hier abſolut keine Veranlaſſung! Ich kann daher auch nicht der Schlußfolgerung des Herrn Kollegen Borchardt zu⸗ ſtimmen, als ob wir dort die 3000 ℳ gegeben haben, und hier nehmen wir ſie wieder zurück. Nein, wir haben dort, weil wir auch konfeſſionelle Anſtalten unterſtützen, wenn ſie an uns herantreten, und wo die Konfeſſionalität keinen großen Unterſchied macht, — da haben wir das eben bewilligt; aber hier, wo ſie an uns herantreten, um von uns Land zu kaufen, haben wir keine Veranlaſſung, ſie anders zu be⸗ handeln als andere Leute. Ich wundere mich um ſo mehr über den An⸗ trag des Herrn Kollegen Borchardt, als er ſelbſt vorher geſagt hat: wenn man ſchenken will, ſo ſoll man ganz ſchenken. Warum hat er die eine Mark für den Quadratmeter nicht auch noch geſtrichen? Dann wären wir wieder bei der Vorlage vom vorigen mal, wo eine Schenkung erfolgen ſollte. Ich bitte Sie dringend, meine Herren, da der Verein ganz zweifellos nicht die Abſicht hat, irgend⸗ wie auf dasjenige, was er hier gehört hat, einzu⸗ gehen, hier zu ſagen: wir wollen zwar nicht unan⸗ gemeſſen verfahren und nicht 1200 ℳ für die Quadratrute berechnen, aber zum Schenken haben wir keine Veranlaſſung. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Dr. Borchardt (Schluß⸗ mir eben vor, mein Antrag ſei nicht ganz logiſch, er müßte eigentlich ſo lauten: man ſolle das Land unentgeltlich abtreten. (Sehr richtig!)