91 ſich in einem jehr viel beſſeren Zuſtande befanden wie jetzt, ſie beſucht und muß leider zu meinem Schmerz konſtatieren, daß der Zuſtand ganz wie im alten Spital kein erfreulicher iſt. Ich bin in der Tat der Meinung, daß unſere Stadt etwas mehr für die Inſtandhaltung ihrer Wohltätigkeitsanſtalten insgeſamt tun ſollte! Dieſes Familienhaus insbeſondere Nr. 1 iſt in hohem Grade abgenutzt, wie das nicht ſtattfinden dürfte, wenn eine regelmäßige Inſtandhaltung vorge⸗ nommen wäre, wie ich das bei jeder ſtaatlichen Anſtalt auch anderwärts unter ſozialdemokratiſcher Regierung, in jeder Diakoniſſenanſtalt gefunden habe. Ich möchte aber in bezug auf den ungünſtigen Eindruck, den das Familienhaus auf manchen macht, der dorthin kommt, folgendes bemerken. Es drängen ſich einem, wenn man dort die barfüßigen Kinder herumlaufen ſieht, unwillkürlich zweierlei Geſtalten auf: die einen ſehen friſch, wohl und munter aus, ſind freundlich und ſauber, begrüßen einen, und wenn man in die Wohnung hineinkommt, findet man alles in ſchönſter Ordnung, wenn auch ärmlich ausgeſtattet; daneben ſind Wohnungen, wo man noch nachmittags nicht mal das Bett geordnet findet, die Kinder ſehen ſchlumpig aus, ſind ver⸗ wahrloſt uſw., ſodaß man unwillkürlich den Eindruck hat, da find zweierlei verarmte Leute: ſolche, die ohne ihre Schuld verarmt ſind, und ſolche, die allmählich heruntergekommen ſind und geiſtig ebenſo wie mit dem Geldbeutel ſich in Not befinden. Ich glaube daher nicht, daß ein Neubau hier ſehr viel nutzen würde; denn auch in dem ſchönſten Neubau wird der Unterſchied der beiden Gruppen ebenſo ſein. Immer⸗ hin hat es mich gefrent, zu ſehen — Herr Hirſch iſt ja ſelber Hausvater dieſer neuen Familienhäuſer ge⸗ worden —, daß zur Beſſerung der Sache etwas getan wird; ich fand ſchon das Haus abgerutzt, die Dielen, die beſonders ſchlecht waren, neu gemacht uſw. Ich finde es durchaus nicht notwendig, daß man ſo ſehr auf den Erweiterungsbau drängt, zumal uns im Ausſchuß von Herrn Stadtrat Samter geſagt worden iſt, daß jetzt ein großer Andrang zum Familienhaus garnicht vorhanden iſt. Aus dieſem Grunde möchte ich I)nen empfehlen, ſowohl den Antrag des Magiſtrats als auch den Antrag, der von Herrn Hirſch ausgegangen iſt, das Aſyl für Obdachloſe der Stadt Berlin zu unterſtützen. anzunehmen. Wenn der Antrag in dem Ausſchuß nicht ein⸗ ſtimmig angenommen iſt, ſo lag es daran, daß bei dieſer Reſolution eine Verhandlung mit Groß⸗Berlin gemeint iſt, das in Wirklicheit doch noch nicht eriſtiert, während es vielleicht zweckmäßiger geweſen wäre, man hättefſich bereit erklärt, dieſes Aſyl auch von hier aus zu unterſtützen, z. B. durch einen beim Etat vielleicht zu beſchließenden größeren Beitrag. Jedenfalls iſt es wohl nicht zweckmäßig, mehrere Aſyle einzurichten, da erfahrungsmäßig feſtſteht, welchen koloſſalen Umfang in Großberlin der ge⸗ werbsmäßige Bettel jetzt ſo ſchon hat, und die Folge würde doch ſein, daß dann die Leute drei Tage in das eines Aſyl gehen, und, wenn die Zeit dort ab⸗ gelaufen iſt, die nächſten Tage in das andere. Aus allen dieſen Gründen möchte ich empfehlen, die Magiſtratsvorlage ebenſo wie die Reſolution an⸗ zunehmen. Stadtu. Dr. Borchardt: Ich möchte bloß ganz kurz bemerken, daß das Wohnungsregiſter, das an ſich eine zuverläſſige Grundlage nicht bildet, dieſe auch dadurch nicht gewinnt, daß man Zahlen daraus entnimmt. (Die Beſprechung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magi⸗ ſtrats, wie folgt: 1. Der von dem Hochbauamt aufgeſtellte Bau⸗ entwurf für den Ausbau der Familienhäuſer Sophie⸗Charlottenſtraße 113 zu einem Aſyl für Obdachloſe, abſchließend mit einem Koſten⸗ aufwande von 150 000 ℳ, zu denen 12 000 ℳ für die innere Ausſtattung hinzutreten, wird ge⸗ nehmigt. 10 . Uber den Zeitpunkt der Inangriffnahme des Baus bleibt die Beſchlußfaſſung vorbehalten. Die erforderlichen Baukoſten von 162 000 ℳ ſind in der nächſten Anleihe mit vorzuſehen. jedoch mit der Maßgabe, daß unter Nr. 7 des Er⸗ läuterungsberichtes — Wirtſchaftsräume — vermerkt wird: „Der Zugang zur Bade⸗ und Desinfektions⸗ einrichtung ſoll nicht von den Speiſeräumen aus erfolgen.“ und ſtimmt der vom Ausſchuß empfohlenen Reſo⸗ lution zu: Die Stadtverordnetenverſammlung erſucht den Magiſtrat, ſich mit den Gemeindeverwaltungen von Groß⸗Berlin behufs Errichtung eines ge⸗ meinſchaftlichen Aſyls für Obdachloſe für Groß⸗ Berlin in Verbindung zu ſetzen.) Vorſt.⸗Stellv. Kaufmann: Zu einer Mitteilung des Magiſtrats hat der Herr Stadtſyndikus das Wort. Stadtſyndikus Dr. Maier: Meine Herren, ich kann Ihnen namens des Magiſtrats die Erklärung abgeben, daß der Magiſtrat die Zurverfügungſtellung des von der Stadtverordnetenverſammlung für das Schillertheater ausgewieſenen Geländeblocks an die Schillertheateraktiengeſellſchaft gleichfalls mit der Maßgabe beſchloſſen hat, daß die Reſtfläche ſofort zu angemeſſenem Preiſe veräußert werden ſoll, ſodaß wir nicht etwa dauernd im Beſitze dieſer Reſtfläche verbleiben. Ich möchte bitten, daß die Herren ſich vielleicht gleich mit dieſer Maßnahme einverſtanden erklären, damit wir in die weiteren Verhandlungen mit dem Schillertheater eintreten können. Vorſt.⸗Stellv. Kaufmann: Ich würde Ihnen vor⸗ ſchlagen nach dieſer Mitteilung des Herrn Stadt⸗ ſyndikus, die unſern heutigen Beſchluß als Gemeinde⸗ beſchluß feſtſtellt, gleich unſerſeits unſere Zuſtimmung dazu zu erklären, daß die für Theaterzwecke nicht zu verwendenden, überſchießenden Gelände nicht im dauernden Beſitz der Stadt bleiben, ſondern zu an⸗ gemeſſenen Preiſen verkauft werden ſollen. Wenn ſich kein Widerſpruch erhebt, bringe ich dieſen Punkt, obgleich er nicht auf der Tagesordnung ſteht, nunmehr zur Abſtimmung, indem ich feſtſtelle, daß derſelbe als dringlich erachtet wird. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.) Ich ſtelle feſt, daß das die große Mehrheit iſt.