— 105 — Meine Herren, ich glaube mich nicht zu täuſchen, wenn ich annehme, daß dieſe Vorlage des Magiſtrats nicht nur, wie es der Fall iſt, in den Kreiſen meiner Freunde, ſondern in allen Kreiſen der Stadtverord⸗ netenverſammlung die lebhafteſte Befriedigung her⸗ vorgerufen hat und bei Ihnen allen freudige Zu⸗ ſtimmung finden wird, ſchon aus dem äußeren Grunde, weil die Stadtverordnetenverſammlung nach dem Vor⸗ ſchlage Ihres Etatsausſchuſſes ſeiner Zeit beſchloſſen hat, dem Magiſtrat die Prüfung der Frage, Er⸗ richtung von Schulſanatorien betreffend, anheimzu⸗ ſtellen. Aus dieſen Schulſanatorien, wie die Stadt⸗ verordnetenverſammlung ſie dachte, iſt nun eine Wald⸗ ſchule geworden Meine Herren, aus der Vorlage ſtrömt ſowohl nach ihrem tatſächlichen Inhalte als nach ihrer Begründung ſoviel ſoziales Empfinden, und es weht uns aus ihr eine ſo wohltuende Für⸗ ſorge für diejenigen, die dieſer Fürſorge mit am dringlichſten bedürfen, an, daß ich glaube, wir werden die Vorlage von Herzen gut heißen. Wenn ich ſage, daß ſie eine Fürſorge für diejenigen vorſieht, die dieſer Fürſorge ganz beſonders bedürftig ſind, ſo meine ich: wir werden zugeben, daß die Kinder, um die es ſich in der Waldſchule handeln ſoll, einer ſtädtiſchen Für⸗ ſorge dringend bedürfen. Es ſind die Kinder, die zu krank ſind, um in Ferienkolonien mitgenommen werden zu können, und die zu geſund ſind, um in Krankenhäuſern untergebracht zu werden, die aber durch den Charakter ihrer Leiden ſehr leicht in die Lage kommen, wenn ſie in normalen Schulverhält⸗ niſſen unterrichtet werden, nicht nur eine Gefahr zu werden für ihre Mitſchüler, ſondern auch die Ent⸗ wickelung der Krankheit, die ſie in ſich tragen, bei ſich zu beſchleunigen Meine Herren, es iſt ja natürlich auch bei dieſer Vorlage, die ſehr weit geht in ſozialer Für⸗ ſorge, ausgeſchloſſen, daß Kinder mit anſteckenden Krankheiten und Kinder mit Krankheiten, die in der Vorlage beſonders aufgeführt ſind, etwa in der Waldſchule Unterkunft finden können. Wenn die Stadt Charlottenburg daran gehen will, eine Waldſchule für kränkliche Kinder zu er⸗ richten, ſo iſt dieſer Vorgang nicht etwas abſolut Neues. Wir haben bereits in verſchiedenen Teilen unſeres Vaterlandes ſowohl als auch außerhalb unſeres Vaterlandes Verſuche nach dieſer Richtung. Ich darf darauf hinweiſen, daß der Volksheilſtätten⸗ verein vom Roten Kreuz dieſer Frage ſeine ganz beſondere Fürſorge zugewandt hat, daß wir dem⸗ entſprechend ähnliche Anſtalten in der nächſten Um⸗ gebung von Berlin und Charlottenburg haben, daß ſich derartige Anſtalten auch finden in der Umgebung von Magdeburg und in der Umgebung von Wien. Was der Charlottenburger Vorlage charakteriſtiſch iſt, und was einen unleugbaren Fortſchritt bedeutet, iſt der Umſtand, daß mit der ſanitären Fürſorge ver⸗ bunden wird die pädagogiſche Fürſorge, daß wir alſo hier nicht nur ein Erholungsheim für kränkliche Kinder, ſondern in Verbindung damit eine voll aus⸗ geſtattete normale Schule haben. Meine Herren, ich glaube, wir müſſen dieſen Punkt ganz beſonders rühmend hervorheben, und wir ſind unſerm Magiſtrat Dank dafür ſchuldig, daß er dieſen Geſichtspunkt ſo glücklich zum Ausdruck gebracht hat. Meine Herren, wir wollen aber auch an dieſer Stelle beſonderen Dank ausſprechen dem Vaterländiſchen Frauenverein, der ſich um dieſes Unternehmen verdient machen will, und auch vor allen Dingen der Terrain⸗ geefait Neuweſtend, die ſich dem Unternehmen ebenfalls ſehr freundlich gegenübergeſtellt hat. Es iſt für uns eine Befriedigung und ein Stolz zugleich, daß es Mitbürger von uns ſind, die ganz ſelbſtlos ihre Arbeit und ihre Kraft in den Dienſt dieſer guten Sache geſtellt haben. (Bravo!) Die Terraingeſellſchaft überläßt uns das nötige Terrain durchaus unentgeltlich bis zum Jahre 1908. Ich glaube, dieſe Zeitbeſtimmung reicht vollkommen aus, um alle Bedenken, die ſich etwa bezüglich des Beſtehens des Unternehmens erheben könnten, zu zerſtreuen. Sollte nach 1908 das von uns jetzt in Ausſicht genommene Terrain nicht mehr zur Ver⸗ fügung ſtehen, ſo hoffe ich, daß noch heute eine Vorlage angenommen wird, die uns dann einen reichhaltigen Erſatz dafür zu bieten in der Lage iſt. Der Vaterländiſche Frauenverein unterſtützt das Unternehmen ebenfalls durch unentgeltliche Über⸗ laſſung von nötigen Inventarſtücken, vor allem aber durch die freundliche Zuſage, daß er die geſamte wirtſchaftliche Baſierung des Unternehmens in ſeine bewährten Hände übernehmen will. Ich will davon abſehen, in die Einzelheiten der Vorlage, die Ihnen vorliegt, hineinzuſteigen. Ich will nur erwähnen, daß der Magiſtrat nach meiner Anſicht mit vollem Recht ſich für die Döckerſche Schulbaracke entſchieden hat, obgleich etwas preis⸗ wertere Angebote ihm vorlagen, mit Rückſicht darauf, daß die Döckerſchen Schulbaracken in der Praris ſich bewährt haben, was man von den neu zu errichtenden anderer Geſellſchaften noch nicht behaupten kann. Meine Herren, die Vorlage iſt, ſoweit ich aus den Akten erſehen konnte, eingehend geprüft. Es ſind bezüglich der Koſtenanſchläge Fachmänner der verſchiedenſten Art hinzugezogen worden, und deshalb meine ich, es erübrigt ſich, nun noch unſererſeits einen Ausſchuß zur Prüfung dieſer Vorlage beſtellen zu ſollen. Es handelt ſich — und das iſt ja in der Vorlage ganz deutlich ausgeſprochen worden — um einen Verſuch. Es wäre möglich, im Ausſchuß die eine Poſition etwas höher zu bemeſſen und eine andere herabzuſetzen. Aber ob das nun gerade der Sache beſonders förderlich ſein würde, könnte niemand behaupten. Ich meine, bei einem ſolchen Verſuch ſollen wir den allgemeinen Angaben, die uns gemacht werden, vertrauen und ihnen zuſtimmen. Ich bitte Sie deshalb, ohne Ausſchußberatung der Vorlage zu zuſtimmen. Auch noch aus einem anderen Grunde. Sie haben aus der Vorlage erſehen, daß die Schule für Juli, Auguſt, September und Oktober in Tätigkeit treten ſoll. Wir haben heute den 15. Juni. Würden wir die Vorlage einem Ausſchuß überweiſen, ſo würden wir früheſtens am 29. Juni über die Vorlage Bericht erſtattet erhalten, und, merne Herren, es würde dann ganz unmöglich ſein, noch alle die Vorbereitungen gründlich zu treffen, die nötig ſind, um die Vorlage in die Praxis zu überſetzen. Ich habe ja freilich eins vermißt in der Vorlage: die Genehmigung der Königlichen Regierung zu Potsdam zu dem nenen Unterneymen. Aber, meine Herren, wir mögen über die Königlichen Regierung in Potsdam denken, wie wir wollen, ich glaube, es denkt wohl niemand von uns daran, daß ſie einem derartigen Unternehmen der Stadt Charlottenburg die Zuſtimmung verſagen würde. Ich glaube alſo, auch dieſer Punkt kann uns nicht beſtimmen, elwa für eine Ausſchuß⸗ beratung einzutreten. Wohl aber iſt es die Dring⸗ lichkeit der ganzen Verhältniſſe, die uns veranlaſſen ſollte, der Vorlage ſofort zuzuſtimmen. Ich will nur noch einige Punkte herausheben. Vor allem, meine Herren, will ich herausheben den