Herrn Referenten zu kurz; er möchte ſie ein halbes Jahr länger haben. Meine Herren, darüber wird ſich ſprechen laſſen: darüber kann aber im Juli des nächſten Jahres ebenſogut geſprochen werden wie im Juli dieſes Jahres. (Sehr richtig!) Es würde dadurch noch nicht ein einziges Schul⸗ kind der gewünſchten längeren Schulpflicht entzogen werden; denn die Wirkung eines derartigen Beſchluſſes würde ſich erſt nach mehreren Jahren zeigen. UÜber den Tagesunterricht ſind hier auch Wünſche geäußert worden. Da möchte ich ſagen, daß be⸗ ſtimmte Entſchließungen über die zu wählenden Stun⸗ den noch nicht vorliegen. Wir wollen ebenſo, wie der Herr Referent es wünſcht, die Tagesſtunden be⸗ rückſichtigt wiſſen, und ich hoffe, es wird ſich ermög⸗ lichen laſſen. Ich glaube aber, der Herr Referent wird mit mir darin übereinſtimmen, daß wir dabei auf die Wünſche der Handwerksmeiſter tunlichſt Rück⸗ ſicht nehmen; ich habe von verſchiedenen Seiten Be⸗ teiligter ſchon mancherlei Willensäußerungen darüber gehört, ſodaß ich glaube, es wird ſich ganz gut machen laſſen. Der Spezeriſt wird ganz gern die Nach⸗ mittagsſtunden von 2 bis 4 dafür bewilligen; auch der Bäcker wird ſehr gern darein willigen, daß nicht die Abendſtunden genommen werden; und ſo werden ſich eine ganze Reihe finden, die ebenfalls wünſchen, daß Tagesſtunden gewählt werden. Der Grundſatz für die Auswahl wird immer ſein müſſen, daß nur ſolche Stunden für die obligatoriſche Fortbildungs⸗ ſchule gewählt werden, in denen die Schüler friſch ſind, in denen ſie mit ganzer Kraft arbeiten können, und ich hoffe, das wird ebenſo der Wunſch der Mehr⸗ zahl der Meiſter ſein. Ich hoffe, daß eine Verſtändi⸗ gung ſich erzielen laſſen wird. Nicht aber glaube ick, daß wir uns dahin einigen lönnen, auf die Sonntagsſchule ganz zu verzichten. Es iſt hier als Beiſpiel angeführt worden, die Saiſon⸗ arbeiter möchten nicht Sonntags zu Schule gezogen werden, ſondern an einem andern Tage. Der Schul⸗ verwaltung kommt es nur darauf an, daß diejenigen Jugendlichen, welche der Schulpflicht einmal unter⸗ worfen ſind, ihr auch 3 Jahre lang dauernd unter⸗ worfen bleiben, daß ſie nicht etwa ein halbes Jahr voll⸗ ſtändig ansſetzen; es würde dann ſehr ſchwierig ſein, dieſe jungen Leute wieder an die Schuldisziplin zu gewöhnen. Das iſt ja auch der Grund, weshalb wir nicht auf einmal ſämtliche Schüler vom 14. bis 17. Lebensjahre faſſen wollen und ſagen: ihr müßt jetzt ſogleich alle zu uns in die Fortbildungsſchule kommen. Ich glaube aber nicht, daß die Saiſon⸗ gewerbe, die ihre Lehrlinge doch manchmal recht weit von Charlottenburg hinausſchicken müſſen, um ihre Aufträge zu erledigen, die Lehrlinge an einem Wochen⸗ tage in günſtig gelegener Tageszeit zum Schulbeſuch zu ſchicken in der Lage ſind; aber Sonntags in den Morgenſtunden wird ſich eine Zeit dafür finden. Meine Herren, wir haben ja bereits Erfahrungen in dieſer Beziehung in unſerer jetzt beſtehenden fakul⸗ tativen Fortbildungsſchule gemacht. Die jungen Leute kommen in großen Scharen des Sonntags dahin, und die Reſultate ſind als günſtig zu bezeichnen. Warum ſollte es denn auf einmal anders werden? Wollen wir etwa die jungen Leute, welche jetzt gern Sonntags kommen, weil ſie an anderen Tagen nicht gut können, fortan Sonntags nicht mehr haben? Das wird auch der Herr Referent nicht wünſchen; er wird wollen, daß für die fakultative Fortbildungs⸗ ſchule der Sonntagvormittag ruhig weiter zur Ver⸗ fügung geſtellt wird. Und dann, meine ich, iſt es 120 ——— doch ein kleiner Schritt des Entgegenkommens, daß wir auf diejenigen Gewerbe, bei denen es beſonders ſchwierig iſt, einen Wochentag zur Verfüzung zu be⸗ kommen, entſprechend Rückſicht nehmen und ihren Lehrlingen 2 Sonntagsſtunden bewilligen. Wir ge⸗ horchen hier der Not, nicht dem eigenen Triebe. Meine Herren, ich möchte Sie bitten, zu erwägen, ob wir nicht ohne eine Ausſchußberatung durchkommen. Ich möchte Sie gewiß nicht in der Außerung Ihrer Wüniche beſchränken; ich glaube aber, es läßt ſich ein Weg finden, der für beide gangbar iſt. Faſſen Sie doch eine Reſolntion, in welcher Sie den Magiſtrat erſuchen, üter diejenigen Punkte, welche Ihnen be⸗ ſonders am Herzen liegen, mit Ihnen beſonders zu beraten! Inzwiſch en kann ja unſer Ortsſtatut ruhig an den Bezirksausſchuß abgegeben werden, wenn es Ihre Zuſtimmung finden ſollte, ſodaß wir Michaelis ſchon mit der Einführung der obligatoriſchen Fort⸗ bildungsſchule in den von uns vorgeſchlagenen engen Grenzen beginnen können. Sollte das nicht möglich ein, — dann müßten wir wahrſcheinlich bis Oſtern nächſten Jahres warten. Ich bitte, zu erwägen, welches das kleinere IIbel iſt. Stadtv. Marens: Unter meinen engeren Freunden befinden ſich ſo viele, welche ſeit Jahren die Ein⸗ führung des obligatoriſchen Fortbildungsſchulunter⸗ richtes dringend wünſchen und durch Tat und Wort und Schrift vielſeitig nach außen hin dafür einge⸗ treten ſind, daß Sie ſich denken können, daß wir alle ganz außerordentlich erfreut und dem Magiſtrat direkt dankbar ſind, daß er uns heute dieſe Vorlage gemacht hat. Ich erlaube mir, daran zu erinnern, daß vom hieſigen Verein für Handel und Induſtrie ſchon vor zwei Jahren eine Verſammlung einberufen worden iſt, in der dieſes Thema von einem ſach⸗ verſtändigen Referenten ſehr eingehend beſprochen wurde, und daß damals ſowohl der Herr Ober⸗ bürgermeiſter wie der Herr Bürgermeiſter und mehrere der Herren Kollegen anweſend waren. Sie können daraus entnehmen, wie lebhaft wir die Einführung dieſes obligatoriſchen Fortbildungsſchulunterrichtes gewünſcht haben. Wenn wir trotzdem jetzt den Wunſch ausſprechen, die Vorlage noch einmal einem Ausſchuß zu über⸗ weiſen — wobei wir uns natürlicherweiſe klar ſind, daß dadurch auch eine Verzögerung um ein halbes Jahr herbeigeführt wird —, ſo wollen Sie über⸗ zeugt ſein, daß wir das nur ſehr ungern tun und ebenſo wie der Herr Stadtſchulrat nur dem äußeren Zwange, nicht dem inneren Triebe gehorchen. Zu⸗ nächſt weiſe ich darauf hin, daß allerdings die anderen Vororte um Berlin ſich jetzt ebenfalls lebhaft mit der gleichen Frage beſchärtigen und ſehr bald uns folgen werden; aber Berlin ſelbſt iſt zu einem De⸗ finitivum noch nicht gelangt; es ſoll ſogar in der Berliner Stadtverordnetenverſammlung eine garnicht unbedeutende Gegenſtrömung gegen die Einführung überhaupt vorhanden ſein. Dies iſt nicht ſo unwichtig, wie man vielleicht auf den erſten Blick annehmen könnte; denn es äußert eine Wirkung auf die Jugend ſelbſt. Darüber wollen wir uns doch klar ſein, daß Jungen von 14, 15, 16 Jahren, welche nun die Schule eben glücklich hinter ſich haben, im ganzen nicht ſehr er⸗ baut ſind, daß ſie nun noch einmal plötzlich wieder eine Schule beſuchen müſſen; ſie werden ſich möglichſt zu drücken ſuchen. Wenn wir alſo nun ſo und ſo viel früher beginnen als Berlin, dann ſagen ſich die Jungen einfach: da ſuche ich mir lieber eine