— 122 — eine Entſchuldigung dafür ſein, daß wir heute noch immer keine obligatoriſche Fortbildungsſchule haben — viel komplizierter als in einer in ſich abge⸗ ſchloſſenen Stadt. Da liegen die Bedenken, die Herr Marcus ſehr richtig hervorhob. Es iſt aller⸗ dings möglich, daß die jungen Lente, denen es hier nicht behagt, zur Schule gehen zu müſſen, einfach über die Grenze gehen, wo ſie nicht ſchulpffick tig ſind, und ſich ſo auch leichte Kreiſe dieſer Schulpflicht entziehen. Aber, meine Herren, es muß nun endlich mal eine der Städie in Groß⸗Berlin vorgehen. Wie lange haben wir denn ſchon gewartet, der eine auf den andern, daß er vorgehe, ohne daß eiwas dabei herausgekommen iſt! Warten wir noch länger, dann wird immer weiter nichts geſchehen. Es tut not, daß eine von den Städten endlich mal den Mut hat, auf dieſem Gebiete vorzugehen. Ich bin überzeugt, meine Herren, die andern kommen dann ſehr bald nach, und dann werden die Bedenken des Herrn Marcus zerſtreut ſein. Nun hat der Herr Referent verſchiedene Punkte aufgeführt, die ihn dazu gebracht haben, ſeinen Antrag auf Ausſchußberatung zu ſtellen, um dieſe Punkte im Ausſchuſſe nochmals durchzuſprechen. Ich möchte den Herrn Referenten bitten, freundlichſt mit mir hier im Pienum mal zu erwägen, ob dieſe Punkte wirklich ſo wichtig und ſo geariet ſind, daß ſie eine Ausſchußberatung notwendig machen. Zunächſt die unentgeltliche Hergabe von Lehr⸗ mitteln. Dieſer Punkt kann füglich, meine ich, ganz ausſcheiden; denn bis zum 1. Oktober können Sie, wenn Sie unſer Ortsſtatut annehmen, über die un⸗ entgeltliche Hergabe von Lehrmitteln geſondert im Ausſchuß beraten. Es ſteht Ihnen durchaus die Möglichkeit offen, heute einen Antrag zu ſtellen, über dieſen einen Punkt in einem Ausſchuß zu beraten, im übrigen aber das Orteſtatut anzunehmen. Am 1. Oktober ſoll die Schule erſt ins Leben treten; Sie haben den ganzen September hindurch Zeit, dieſe Frage zu klären und dazu Stellung zu nehmen. Alſo dieſer Punkt hindert die Beſchlußfaſſung über das Ortsſtatut am heutigen Tage nicht. Darin dürfte auch der Herr Referent mit mir einverſtanden jein. Der zweite Punkt, den er angeführt hat, iſt eben⸗ ſo indifferent für die heutige Beſchlußfaſſung über das Ortsſtatut; das iſt nämlich die kurze Lehrzeit, die er bemängelte. Wir haben geſagt, der Lehrling ſoll bis zum vollendeten 17. Jahre in der Schule bleiben. Der Herr Referent meint, daß die Grenze um ein halbes oder um ein Jahr hinausgelegt werden müſſe. Der Herr Schulrat hat meines Erachtens ſchon ſehr richtig darauf hingewieſen, daß das eine Frage iſt, die erſt nach drei Jahren an uns heran⸗ tritt. Zunächſt kommen die Jungen mit dem 15. Jahr in die Schule hinein, bleiben das 15., 16. und 17. Jahr dort; das ſind drei Jahre; erſt dann werden wir uns zu entſchließen haben, ob wir ſie noch ein viertes Jahr dabehalten wollen oder nicht. Dann aber haben wir auch Erfahrungen geſammelt, und darauf lege ich das allergrößte Gewicht. Auch im Ausſchuß können Sie uns darüber heute nichts ſagen. Wie wir uns auf dieſem Gebiete weiter verhalten müſſen, iſt eine Sache der Erfahrung. An Hand der Erfahrungen erſt werden wir erſehen können, ob wir nach dieſer Richtung noch weiter gehen ſollen oder nicht. (Sehr richtig!) Gerade nach dieſer Richtung hin iſt es, wie ich wieder⸗ hole, eine weiſe Beſchränkung vom Magiſtrat geweſen, daß er geſagt hat: wir wollen uns vorläufig mit dem Notwendigen begnügen, ausdehnen können wir uas ſpäter in jedem Augenblick, wo wir es wollen, wir müſſen uns zunächſt aber beſchränken. Und beſchräuken, meine Herren, müſſen wir uns — das möchte ich gleich hier einfügen —aus den verſchieden⸗ ſten Gründen. Erſtens haben wir keine Lehrer, die an Fortbildungsſchulen vorgebildet ſind. Es iſt nicht gut, wenn wir dieſen Lehrern gleich eine Überfülle von Schülermaterial in die Hand geben; ſie kommen dabei ins Gedränge. Es iſt gut, wenn wir den Lehrern zunächſt nur eine kleinere Zahl von Schülern überweiſen, daß ſie erſt mal Ubung in dieſem Unter⸗ richt erlangen, in dieſem Unterricht, der ja von dem der Gemeindeſck ule, den ſie allein nur kennen, weſent⸗ lich verſchieden iſt, ſich erſt hingewöhnen und hinein⸗ leben. Auch die Unterbringung der Schüler in den Klaſſen iſt eine ſchwierige Frage, in der erſt Er⸗ fahrungen zu ſammeln ſind. Wir wollen teilweiſe in unſerer Handwerker⸗ und Kunſtgewerbeſchule dieſen Unterricht erteilen laſſen, werden aber auch auf Ge⸗ meindeſchulen zurückgreifen müſſen. Wie ſich das im einzelnen alles regeln wird, z. B. auch mit den Sub⸗ ſellien, das müſſen wir abwarten. Die Subſellien ſind in den Klaſſen für kleinere Kinder eingerichtet; es ſind aber meiſtens große Jungen, die in der Fortbildungsſchule auf ihnen Platz nehmen ſollen. Kurz, das ſind alles Fragen, die es ſehr wünſchens⸗ wert machen, daß wir nicht zu viel Schüler auf ein⸗ mal in die neue Schule hineinbringen. Deshalb, meine ich, ſollte der Herr Referent uns dankbar ſein, daß wir nicht gleich die übergroße Anzahl der unge⸗ lernten Arbeiter — das iſt der dritte Punkt, auf den er gekommen iſt — hineinbeziehen, ſondern uns ſagen: wir wollen uns erſt unſer Haus einrichten; wenn es fertig und alles in Ordnung iſt, dann können wir jeden Augenblick ein Stockwerk aufſetzen oder einen Flügel anbauen, wenn es not tut. Was nun die Unterrichtszeit — das war der nächſte Punkt — anbetrifft, ſo muß auch hier erſt die Erfahrung lehren, welche Zeiten wir nehmen werden. Es iſt ja zweifellos, daß es das Beſte wäre, wenn nicht am Abend und nicht Sonntags unterrichtet würde. Am Abend nicht zu unterrichten, iſt durchaus unſer Wille. Wir haben ja auch in § 4 ausdrücklich geſagt: die Unterrichtszeit iſt möglichſt in die Tagesſtunden zu legen. Es wird von uns anerkannt, daß es ein Krebsſchaden alles Fortbildungs⸗ ſchulunterrichts iſt, daß er in den Abendſtunden er⸗ teilt wird, wo die Jungen müde und matt ſind. Aber, meine Herren, es kommt doch nicht nur das Intereſſe der Lehrer in Betracht, ſondern neben dem Intereſſe der Lernenden auch das des Hand⸗ werks. Auch das müſſen wir nicht vergeſſen: wir greifen ſehr ſtark in den Handwerksbetrieb ein, und es iſt unſere Pflicht, daran zu denken, es dem Handwerk ſo bequem wie möglich zu machen — allerdings nicht auf Koſten der Lehrlinge. Wir wollen aber das Handwerk, wenn irgend möglich, nicht finanziell ſchädigen, und da werden wir nicht umhin können, auch mal die Abendſtunde zum Unter⸗ richt zu nehmen, und namentlich auch den Sonntag hierzu zu verwenden. Der Herr Schulrat hat ſehr richtig darauf hingewieſen, daß die Saiſonarbeiter — ich glaube, das iſt auch eine weiſe Beſchränkung, die der Magiſtrat beobachtet hat —, daß dieſe Maurer und Zimmerer im Sommer in der Woche von den Schulen ganz wegbleiben können, dafür aber wenigſtens des Sonntags hineingehen ſollen, um aus dem Zwang der Schule nicht ganz und gar herauszukommen und den Zuſammenhang mit ihr