— 140 — um die Gemeingefährlichkeit dieſer Hausagrarier zu kennzeichnen, und er hat weiter, meine Herren — und das iſt das Bedenkliche bei der Sache —, daraus mir und meinen Freunden nachweiſen wollen, daß in uns eine gewiſſe Wandlungsfähigkeit ſich gezeigt habe. Nun, Herr Kollege Hirſch, auch dieſer Schluß iſt nicht durch t: geng 0 ausgezeichnet. eiterkeit. Wir werden jederzeit die berechtigten Elemente des Hausbeſitzerſtandes als ſolche anſehen und werden jederzeit gegen allerlei Ubergriffe, gegen jedes Haus⸗ agrariertum irgendwelcher Art entſchieden Front machen. Meine Herren, das haben wir nicht nur, wie Herr Kollege Hirſch ja ſelbſt die Güte hatte an⸗ zuerkennen, in der Vergangenheit bewieſen, ſondern das haben wir auch in der eigenſten Gegenwart be⸗ wieſen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Beiſpiele!) — Die Beiſpiele kommen, warten Sie nur die Zeit ab! — Wenn Herr Kollege Hirſch hier eingeht auf das Aſyl für Obdachloſe und auf das Ledigenheim, ſo ſollte er auch gerechterweiſe die Namen der Männer nennen, die ſich gerade um die Inslebenrufung dieſer Einrichtungen verdient gemacht haben. Und da ſind es liberale Hausbeſitzer, die der Charlottenburger Stadtverordnetenverſammlung jetzt noch angehöreu, die an der Spitze dieſer Unternehmen ſtehen. (Zuruf: Wer?!) — Ich nenne nur den Namen unſeres ſtellvertretenden Vorſtehers. — Und dann find es liberale Stadtver⸗ ordnete, die gegen die Reſolution des Hausbeſitzer⸗ vereins, die Herr Kollege Hirſch ja nicht verleſen, aber inhaltlich uns doch verſetzt hat, auf das ent⸗ ſchiedenſte Stellung genommen haben und jederzeit Stellung nehmen werden. Wir dürfen uns alſo im Gegenſatz zu Herrn Hirſch das Verdienſt zuſchreiben, daß wir zu unterſcheiden wiſſen zwiſchen berechtigten Beſtrebungen des Grundbeſitzes und zwiſchen unbe⸗ rechtigten Beſtrebungen. Für Herrn Kollegen Hirſch exiſtieren nur Hausagrarier der gefährlichſten Art. Es iſt das ein Phantafiebild, das er ſich in ſeinem Kopfe zurecht macht und mit dem er ausſchließlich operiert. Wir ſtellen uns auf den Boden der ge⸗ rechten Beurteilung und ſagen: kommen Übergriffe vor, ſo werden ſie von uns bekämpft ohne Rückſicht darauf, ob jemand Haus⸗ oder Grundbeſitzer iſt. Aber das Berechtigte aus dieſer Bewegung wollen wir nicht ohne weiteres ausſcheiden. Und darum, meine Herren, dieſe Faſſung unſeres Antrages, der mir durch die Beleuchtung des Herrn Hirſch nicht unlieber geworden iſt, und den ich immer noch für das weitaus Beſſere und Dienlichere halte in dieſer Frage, als den Antrag des Ausſchuſſes. Stadtv. Hirſch: Meine Herren! Sobald mein Geiſt ſo geſchärft iſt, wie der des Herrn Kollegen Otto, wird es vielleicht auch mir einmal möglich ſein, mich zu einer ſolchen Auffaſſung in Bezug auf das Dreiklaſſenwahlſyſtem aufzuſchwingen, wie es Herr Kollege Otto und ſeine Freunde tun. Vor⸗ läufig bin ich froh, daß ich nicht in dieſen Spuren wandle. Denn, ganz offen geſagt: der Antrag, den Sie geſtellt haben, könnte ebenſogut von irgend einem Erzkonſervativen ausgegangen ſein; ſchlimmer wäre er dann auch nicht. Daß ich auf den Vorwurf der „ſchwarzen Seele“ erwidere, werden Sie wohl nicht verlangen. Einmal kann man das nicht genau feſtſtellen, und dann, glaube ich, hat das mit dem vorliegenden An⸗ trag auch abſolut nichts zu tun. Ich möchte mich nur wenden gegen die Art, in der Herr Kollege Otto hier plötzlich ſeine liberalen Freunde als die Vorkämpfer für alle ſozialpolitiſchen Einrichtungen anpreiſt. Zunächſt gibt es keinen einzigen Liberalen hier in der Verſammlung, der etwa irgendwelchen Anteil hätte an dem Plan der Errichtung eines Aſyls für Obdachloſe. Alle Herren, die die Ge⸗ ſchichte der Stadtverordnetenverſammlung verfolgt haben, werden wiſſen, daß es Herr Kollege Buka geweſen iſt — ein von den Liberalen vielleicht ebenſo gehaßter Mann wie ich —, der ſchon ſeit langen Jahren für die Errichtung eines Aſyls für Obdach⸗ loſe eingetreten iſt. Und in Bezug auf die Tätigkeit des Herrn Stadtv.⸗Vorſt.⸗Stellvertreters ſowdit ſie ſich auf die Errichtung von Ledigenheimen bezieht, habe ich nur das Eine zu erwidern, daß Herr Kollege Kaufmann hier lediglich dieſelbe Stellung eingenommen hat wie wir, daß auch er ſich bemüht hat, hierfür tätig zu ſein. (Zuruf.) — Erlauben Sie, habe ich denn überhaupt — das iſt nicht mein Phantaſiebild, ſondern ein Phantafie⸗ bild des Herrn Kollegen Otto — habe ich denn überhaupt jemals gegen die Hausbeſitzer irgend⸗ welche Angriffe gerichtet? Nein, meine Herren, meine Angriffe richten ſich gegen das Haus agrarier⸗ tum, und wenn Herr Kollege Otto das nicht unter⸗ ſcheiden kann, ſo tut er mir leid. (Heiterkeit.) Ich will nicht in denſelben Ton verfallen wie er, ſonſt würde ich vielleicht darauf antworten, daß ſeine geiſtigen Kräfte dazu nicht ausreichen, um dieſen Unterſchied zu erkennen. — Es wäre ja auch Wahn⸗ ſinn von mir, wenn ich nicht zwiſchen Hausagrarier und Hausbeſitzer unterſcheiden und wenn ich in der Weiſe, wie Herr Kollege Otto mir das angedichtet hat, Front machen würde gegen alle Hausbeſitzer. Meine Herren, dann müßte ich ja auch gegen die ſozialdemokratiſchen Hausbeſitzer Front machen, und die ſozialdemokratiſchen Hausbefitzer haben doch bis⸗ her ſteis gezeigt, daß ſie keine hausagrariſchen Ten⸗ denzen verfolgen. Was ich gegen die Hausbeſitzer geſagt habe, iſt lediglich, daß die bevorrechtete Stellung, die ihnen die Städteordnung einräumt, durchaus un⸗ begründet iſt. (Sehr richtig!) Dieſen Standpunkt muß jeder gerecht denkende Menſch einnehmen. Dieſen Standpunkt — das er⸗ kläre ich ausdrücklich — nehmen auch die Liberalen anderswo ein. Selbſt in Berlin iſt die liberale Fraktion noch nicht auf dem Standpunkte angelangt, auf dem Sie heute vielleicht infolge einiger Wahl⸗ ſiege angelangt ſind. Ich habe vorher geſagt, daß die liberale Fraktion einmal Schulter an Schulter mit uns gegen hausagrariſche Beſtrebungen gekämpft hat. Das hat auch Herr Kollege Otto nicht beſtritten. Entſchieden muß ich aber beſtreiten, daß die Liberalen jetzt noch denſelben Standpunkt einnehmen wie früher. Meine Herren, das können Sie garnicht, nachdem Sie, die Sie früher bei den Wahlen ſtets die Hausagrarier bekämpft haben, bei den letzten Wahlen ſelbſt Kan⸗ didaten aus dem Haus⸗ und Grundbefitzerverein ge⸗ ſucht und auch bekommen haben, (Zuruf: Hausbefitzer!) nachdem ſich ſelbſt in Ihrer Mitte hausagrariſche Beſtrebungen geltend machen. Ohol bei den Liberalen.) — Ich erinnere nur an die vor einigen Monaten eingereichte Interpellation, die ſich richten ſollte gegen