—— 141 —— das preußiſche Wohnungsgeſetz; eine Interpellation, die von Ihrer Seite ausgegangen iſt, und die wir, allerdings nur aus Bosheit, mit unterzeichnet haben, um die ſchönen hausagrariſch⸗liberalen Reden mit anhören zu können. (Stadtv. Otto: Alſo doch ſchwarze Seele!) Meine Herren, nachdem Sie das getan haben, können Sie wahrhaflig nicht mehr beſtreiten, daß ſich bei Ihnen eine Wandlung vollzogen hat und daß ſich bei Ihnen auch hausagrariſche Tendenzen jetzt geltend machen. Alſo ich muß das, was ich gegen die liberale Fraktion geſagt habe, durchaus aufrecht erhalten. Van einem Phantaſiebilde kann abſolut keine Rede ſein. Ich betone nochmals ausdrücklich, daß die liberale Fraknion ſich mit ihrem Antrage in Wider⸗ ſpruch ſetzt zu ihrer eigenen Vergangenheit und auch zu der Tradition der Liberalen im Lande. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, durch die Einſetzung eines Ausſchuſſes wird im allgemeinen bekundet, daß eine Frage in Einzel⸗ heiten näher geklärt werden ſoll, und daß dann die Meinung der Mehrheit der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung aus dem Ausſchuß eben an das Plenum ſchon kommen ſoll, ſodaß ohne ſehr eingehende Beratung im Plenum die Anträge des Ausſchuſſes dann zur Annahme gelangen können, weil ja in dem Aus⸗ ſchuſſe die verſchiedenen Anſchauungen, die An⸗ ſchauungen der verſchiedenen Fraktionen, der ver⸗ ſchiedenen Abteilungen hier, gründlich erörtert werden, und weil ja dann in den Anträgen des Ausſchuſſes dieſe Anſchauungen ſich kiyſtalliſieren. Denn in den Kommifſionen iſt ja der Anteil der verſchiedenen Fraklionen ein proportionaler; wir wählen ja da wenigſtens nach dem zwar nicht geſchriebenen, aber tatſächlich geübten Proportionalwahlrecht. Ein Zu⸗ hörer unſerer Verhandlungen könnte alſo meinen, daß, wie ſo häufig bei Ausſchußanträgen, auch dieſes Mal die Anſchauung der großen Mehrheit der Ver⸗ ſammlung in dieſen Ausſchußanträgen niedergelegt iſt, und daß aus dieſen Gründen zwei große Fraktionen dieſer Verſammlung es unterlaſſen haben, ihre Stellung noch einmal klarzulegen, weil eben die Vertreter dieſer Fraktionen im Ausſchuß mitgewirkt, ihre Stellung dort klargelegt haben, und weil weſent⸗ lich die Anſchauung der großen Mehrheit auch in den Ausſchußanträgen niedergelegt iſt. Ob dieſe An⸗ nahme wirklich zutreffen wird, wird ja die Abſtim⸗ mung ergeben. Ich hoffe es, vermag ſonſt, wenn das nicht zuträfe, allerdings gar keinen Grund ein⸗ zuſehen, warum die Vertreter der beiden erwähnten Fraktionen im Plenum es verſäumt haben, eine etwa abweichende Anſchauung zu begründen. Ich nehme alſo an, daß diejenigen Fraktionen, die nicht ge⸗ ſprochen haben, mit der Abſtimmung ihrer Mandatare, ihrer Vertreter im Ausſchuß einverſtanden ſind, und daß ſomit die Ausſchußanträge auf eine beinahe einſtimmige Annahme hier rechnen können. Ich ſage: eine beinah einſtimmige, weil eine abweichende An⸗ ſchauung ja ſeitens der Vertreter der liberalen Fraktion vorgebracht worden iſt. Die liberale Fraktion — der Stadtv. Otto namens ſeiner Fraktion — empfiehlt Ihnen ſtatt der Ausſchußanträge einen Antrag: den Magiſtrat zu erſuchen, ſich mit den Ver⸗ tretern anderer Kommunen in Verbindung zu ſetzen behufs Abänderung des Gemeindewahl⸗ rechts bezüglich der öffentlichen Abſtimmung, des Dreiklaſſenwahlſyſtems, ſowie des Privilegs der Hausbeſitzer in ſeiner jetzigen Ausdehnung. Ja, was ſoll der Magiſtrat mit einem ſolchen An⸗ trage machen? Wenn ein ſolcher Antrag angenommen wird, dann hat der Magiſtrat ja gar keine Ahnung, welche Richtſchnur die Stadtverordnetenverſammlung dieſer Abänderung des Wahlrechts zu f. wünſcht! In dieſem Antrag iſt lediglich die Rede von einer Abänderung des Wahlrechts bezüglich der öffentlichen Abſtimmung, des Dreiklaſſenwahlſyſtems, ſowie des Privilegs der Hausbeſitzer in ſeiner jetzigen Aus⸗ dehnung. Ja, meine Herren, das erſte Erfordernis, das erſte Verlangen, was der Magiſtrat an uns ſtellen kann, wenn wir ein Erſuchen an ihn richten, vorzugehen behufs Abänderung der Städteordnung, — das erſte Verlangen, das der Magiſtrat an uns nicht nur ſtellen kann, ſondern geradezu ſtellen muß, das iſt doch das: in welcher Richtung wünſcht ihr denn unſer Vorgehen? Der Ausſchuß iſt der Mei⸗ nung geweſen, daß man dem Magiſtrat klar und deutlich angeben ſoll, welches die Meinung der Mehrheit der Stadtverordnetenverſammlung iſt, in welcher Richtung die Stadtverordneten⸗ verſammlung ein Vorgehen wünſcht. Freilich hat der Begründer dieſes Abänderungsantrages eine Begründung gegeben, die ſich im Weſen zum Teil mit unſern Wünſchen deckt. Im Weſen, ſagt auch Herr Stadtv. Otto, wünſche er eine Beſeitigung des Dreiklaſſenwahlſyſtems und ein allgemeines gleiches Wahlrecht. (Widerſpruch des Stadtv. Otto.) — Herr Stadtv. Otto ruft dazwiſchen: „Nein!“ Ich habe aus der Begründung des Herrn Stadtv. Otto nur gehört, daß er ſich nicht feſtlegen will auf das Reichswahlrecht in ſeiner jetzigen Geſtalt, ſondern daß er ein Proportionalwahlrecht vorziehe. Nun ein Proportionalwahlrecht iſt kein ungleiches Wahlrecht. Ein ungleiches Wahlrecht könnte man weit eher das Reichswahlrecht in ſeiner jetzigen Geſtalt nennen. Dieſes Wahlrecht erhält allerdings in ſeiner jetzigen Geſtalt erhebliche Ungleichheiten. Ich brauche nur daran zu erinnern, daß wir in Charlottenburg, die wir mit Teltow⸗Beeskow zuſammengeworfen ſind, nur 17 mal ſowenig Wahlrecht haben, wie etwa die Einwohner von Potsdam⸗Oſthavelland. (Zuruf des Stadtv. Otto.) Alſo der Antrag der Liberalen iſt in einer Weiſe von dem Stadtv. Otto erörtert worden, die, wie ich ja auch ſagte, nur zum Teil mit unſern Wünſchen ſich deckt, mit unſern Wünſchen übereinſtimmt. Daß ſie ſich nicht ganz damit deckt, geht ja ſchon daraus hervor, daß Herr Stadtv. Otto von einer Stabiliſie⸗ rung des Privilegs der Hausbeſitzer ſprach, während der Antrag des Ausſchuſſes rundweg eine Beſeitigung dieſes Privilegs fordert. Alſo keineswegs deckt ſich die Begründung mit unſern Wünſchen vollſtändig, auch nicht mit den Wünſchen der Mehrheit des Aus⸗ ſchuſſes. Aber die Begründung, die von einem Antragſteller dem Antrag gegeben wird, iſt eben nicht der Antrag, und der Antrag ſo, wie er hier vorliegt, enthält überhaupt keine Richtſchnuur. Was heißt z. B.: „Beſeitigung des Privilegs der Haus⸗ beſitzer in ſeiner jetzigen 4 4 In der jetzigen Ausdehnung iſt das Privileg z. B. ſo geſtaltet, daß, wenn zwei Leute zuſammen ein Haus beſitzen, ſie nicht wählbar ſind für die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung. Ja, man braucht keine ſehr ſchwarze Seele zu haben, um 28 die Vermutung zu kommen, daß möglicherweiſe nur dieſer — ich glaube, ich kann