—— 154 ——— Punkt 4 der Tagesordnung: Vorlage betr. Enteignung von Straßenland der Straße 44 a0l. Stadtv. Heiſe: Meine Herren, in der Vorlage heißt es: die Hirſch⸗Walterſchen Erben ſind nicht ge⸗ neigt, das ihnen gehörige bebauungsplanmäßige Straßenland unentgeltlich abzutreten. Deshalb be⸗ antragt der Magiſtrat, hier das Enteignungsverfahren einzuleiten. Die Koſten, ſo wird in der Vorlage weiter geſagt, ſollen dem Ertraordinarium des Kanaliſationsetats zur Laſt gelegt werden. Außerdem finden Sie hier den Satz, wenn ich ihn noch einmal verleſen darf: „Die Koſten müſſen zunächſt vorſchuß⸗ weiſe beſtritten werden, da über den Umfang der Wiedereinziehung erſt bei der Straßenregulierung Näheres beſtimmt werden kann.“ Darin liegt eine Gefahr. Man kann den Kanaliſationsetat nicht mit Straßenerwerbungskoſten belaſten. Wir wiſſen doch alle, daß der Magiſtrat nur dort, wo die Straßen auf beiden Seiten bebaut werden, die Koſten in voller Höhe einziehen kann. Das iſt aber hier nicht der Fall; dieſe Straße kann nur einſeitig bebaut werden, und folglich können auch nur die Hälfte der Koſten zur Einziehung gelangen. Es iſt hier zwar geſagt: „Beſondere Bedenken beſtehen gegen die Einleitung des Enteignungsverfahrens nicht. Der Fall, daß die Stadtgemeinde im Enteignungsverfahren genötigt würde, außer dem Straßenland auch das Reſtgrund⸗ ſtück zu übernehmen, liegt nicht vor, da die verbleibende Fläche groß genug iſt, um zweckmäßig bebaut zu werden.“ Wenn aber auch die Gefahr nicht unmittel⸗ bar vorliegt, ſo iſt doch die Möglichkeit nicht ausgeſchloſſen. Meine Herren, denken Sie ſich doch einmal, daß die Kanaliſationsverwaltung angehalten wird — und durch unſern Beſchluß kann ſie dazu angehalten werden —, im Weichbilde der Stadt Straßenland und alle dazu gehörigen Flächen zu erwerben! Man ſollte doch annehmen, daß die Straßen und Plätze der Stadt, ſoweit dieſelben zur Entwäſſerung gebraucht werden, der Kanaliſationsver⸗ waltung unentgeltlich übereignet werden müßten. Ich habe nichts gegen die Annahme der Vorlage, wenn wir eine andere Form wählen und in dem von mir verleſenen Satz hinter den Worten: die Koſten müſſen zunächſt vorſchußweiſe be⸗ ſtritten werden, den Paſſus einſchalten: und bei Regulierung des betreffenden Straßen⸗ landes müſſen ſämtliche verausgabten Koſten incl. der Zinſen in voller Höhe dem Kanali⸗ ſationsetat wieder zurückerſtattet werden. — Ich habe noch zu erwähnen nergeſſen und will das noch nachholen, daß, wo vorſchußweiſe aus An⸗ leihemitteln Gelder entnommen werden, die Zinſen eo ipso nicht mit eingezogen werden können. — Ich bitte Sie alſo, meine Herren, die Magiſtratsvorlage mit der von mir vorgetragenen Anderung zu ge⸗ nehmigen. Stadtbaurat Bredtſchneider: Meine Herren, das Straßenland muß enteignet werden. Wir ſind ver⸗ traglich verpflichtet, für Weſtend die Kanaliſation zu ſchaffen und müſſen zu dieſem Zweck — wir müſſen — mit einem Kanal durch dieſes Straßenland hin⸗ durch. Der Beſitzer Hirſch⸗Walter hat ſich geweigert, das Straßenland unentgeltlich an uns aufzulaſſen; er hat ſich geweigert, uns die Benutzung der Straße zur Herſtellung des Kanals unter irgendwelchen Be⸗ dingungen zu geſtatten; er hat ſich geweigert, an uns das Straßenland freihändig zu verkaufen. Wenn wir unſern vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Nachfolgerin der Deutſchen Bank nachkommen wollen, dann können wir es nicht anders machen, als wir müſſen das Straßenland enteignen. Nun ſchlagen wir Ihnen in unſerer Vorlage vor, die Koſten, welche die Enteignung verurſacht, auf Vorſchuß zu buchen und dieſe Koſten dann, wenn die Straße reguliert werden wird, wieder einzuziehen; d. h. wir werden den Anliegern an dieſer Straße, wenn ſie uns mit dem Antrage auf Regulierung dieſer Straße kommen, ſagen: wir weigern uns, eher zu regulieren, als bis ihr uns das Geld, welches wir für den Ankauf aus⸗ gegeben haben, wieder zurückerſtattet. Das iſt kein unbilliges Verlangen, nebenbei bemerkt. (Stadtv. Heiſe: Nein!) Wir können aber dieſes Verfahren nicht mit abſoluter Sicherheit in Ausſicht ſtellen; wir können nicht in die Zukunft ſehen und können nicht wiſſen, ob ſich das ſo machen wird, wie ich es eben beſchrieben habe. Es wäre denkbar, aber nicht wahrſcheinlich, daß wir ge⸗ zwungen find, für den Verkehr die Straße früher freizulegen und zu regulieren, als bis die Adjazenten mit einem ſolchen, von mir eben bezeichneten Antrage kommen. Für dieſen Fall würden wir nur die Hälfte der entſtehenden Koſten wieder einziehen können, und zwar nur im Anbaufall. Darauf haben wir in unſerer Vorlage hingewieſen. Wir wiſſen aber doch wohl, meine Herren, daß dieſer letzt genannte Fall, nament⸗ lich dort in jener Gegend, ganz ausgeſchloſſen iſt. Daher, glaube ich, brauchen wir uns darüber garnicht zu beunruhigen, ob die nicht wieder einziehbare Hälfte gedeckt werden kann. Herr Stadtv. Heiſe iſt wohl auch nicht beun⸗ ruhigt wegen des Ausfalls der Hälfte der Koſten, ſondern nur wegen des Zinsverluſtes. Wir haben in unſerer Vorlage geſagt: das Geld ſoll aus dem Vorſchußkonto gezahlt werden, aber die Zinſen, die ſolange entſtehen, bis wir das Geld wieder zurück⸗ bekommen können, ſoll der Kanaliſationsetat tragen. Nun, meine Herren, es handelt ſich effektiv nur um ein paar tauſend Mark, vielleicht jährlich um einen Zinsbetrag von 400 bis 1000 ℳ. Lange wird es nicht dauern, bis die Straße reguliert werden wird; denn ſie liegt ja zwiſchen der verlängerten Knobels⸗ dorff⸗ und Bismarckſtraße und iſt eine Querſtraße der letzteren. Alſo viele Jahre wird der Kanali⸗ ſationsetat mit dieſem Zinsverluſt nicht belaſtet werden. Herr Heiſe möchte aber auch für die Kanaliſations⸗ intereſſenten dieſe Zinſen retten und macht nun einen Vorſchlag, es müßte die Motivierung unſeres Antrages geändert oder ergänzt werden. Ich glaube, der Magiſtrai wird gegen das, was Herr Heiſe beabſichtigt, nichts einzuwenden haben, wenn Herr Stadtv. Heiſe die Freundlichkeit haben wollte, zu ſagen: die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung nimmt die Vorlage des Magiſtrats an; der Magiſtrat wird aber erſucht, wenn irgend möglich im Regulierungsfalle dieſer Straße von den Anliegern zu verlangen, daß ſie nicht allein das Kapital, ſondern auch die aufgelaufenen Zinſen wieder erſetzen. Das iſt, glaube ich, dasſelbe, was Herr Stadtv. Heiſe will, würde aber nach meiner Auf⸗ faſſung eher zum Ziele führen als ſein Vorſchlag, der mir im übrigen geſchäftsordnungsmäßig nicht mög⸗ lich erſcheint. Vorſteher Roſenberg: Ich bemerke, daß wir an den Motiven einer Vorlage überhaupt nichts ändern können. Sie müſſen alſo, Herr Stadtverordneter