— —— 181 — — einem dahingehenden Antrage vom Magiſtrat und der Stadtverordnetenverſammlung keine Schwierig⸗ keiten gemacht würden. nahme keine Sicherheit beſtehen, dann bliebe mir nichts anderes übrig, als als Referent eine Über⸗ weiſung der Vorlage an einen Ausſchuß von 9 Mit⸗ gliedern zu beantragen. (Bravo!) Stadtrat Boll: Meine Herren, wenn ich nach der Reihenfolge des Herrn Referenten gehe, dann habe ich zunächſt zu bemerken, daß wir mit Abſicht das Wort „Artikel“ gebraucht haben ſtatt „Para⸗ graph“. Alle Ausführungsbeſtimmungen zu dem Geſetz haben immer nur dieſe Bezeichnung. Das haben wir alſo abſichtlich getan, haben es auch bei dem Ortsſtatut für das Gewerbegericht ebenſo getan. Die Liſten haben wir auch bei dem Gewerbe⸗ gericht nicht. Meme Herren, es handelt ſich ja bei den Kaufleuten, wie ich in dem Statiſtiſchen Amt feſtgeſtellt habe, um höchſtens 3000 Perſonen, wenn man das Handelsgewerbe in allerweiteſtem Sinne auffaßt, und zwar auf beiden Seiten, von Kauf⸗ leuten wie von Handlungsgehilfen; es ſind auf beiden Seiten 3000 Perſonen. Alſo ich glaube, wenn wir bei den Gewerbegerichtswahlen ohne das auskommen, daß wir auch bei dieſen Wahlen, wo nur ein kleiner Teil bei den Wahlen faktiſch erſcheint, ſehr gut ohne Liſten auskommen können. Jedenfalls würde die Einführung des Liſtenſyſtems eine weitere Verzöge⸗ rung bedeuten; wir würden die Liſten nur feſtſtellen können durch Umfrage von Haus zu Haus, und das würde — abgeſehen von den Koſten — nach Meinung des Statiſtiſchen Amtes immerhin einen Zeitraum von drei Wochen in Anſpruch nehmen, während das Geſetz, wie Ihnen bekannt iſt, ſchon am 1. Januar in kraft treten ſoll. Was den Artikel wegen des Vorſitzenden angeht, ſo ſagt § 9 des Kaufmannsgerichtsgeſetzes: Beſteht am Sitze des Kaufmannsgerichtes ein auf Grund des § 1 oder des § 2 des Ge⸗ werbegerichtsgeſetzes errichtetes Gewerbegericht, ſo ſind in der Regel (Zurufe bei den Liberalen: In der Regel!) deſſen Vorfitzender und ſeine Stellvertreter, ſo⸗ weit auf ſie die im § 11 Abſ. 1 bezeichneten Vorausſetzungen zutreffen, zugleich zum Vor⸗ ſitzenden und zum ſtellvertretenden Vorſitzenden des Kaufmannsgerichts zu beſtellen. Ja, meine Herren, das iſt doch poſitiv; es heißt nicht: „ſoll“, ſondern: „ſind in der Regel“. Ich glaube, der Magiſtrat wird ſich kaum dem Odium ausſetzen, gegen das, was das Geſetz als Regel an⸗ ſetzt, zu verſtoßen. Das iſt, glaube ich, ziemlich ausgeſchloſſen. Was die Frage der Koſten anbetrifft, meine Herren, ſo ſind dieſe ja nach dem Gewerbegerichts⸗ geſetz zu erheben und ſind ſo minimal, daß z. B. bei 20 ℳ Objekt nur 1 ℳ zu erheben iſt, (Zuruf bei den Liberalen: Das iſt viel!) und daß bei dem höchſten Objekt, das man denken kann, 30 ℳ zu erheben ſind. Es handelt ſich hier nach unſerer Meinung bei dem Kaufmannsgericht um ganz andere Perſonenkreiſe, die viel beſſer ſituiert ſind, als beim Gewerbegericht. Beim Gewerbegericht haben wir Leute, die auf Tagelohn ſtehen, höchſtens auf Wochenlohn, die heute emlaſſen werden können, wenn ſie eben erſt eingeſtellt ſind. Eine ſolche Kün⸗ digung wird es im kaufmänniſchen Leben wohl kaum geben; es wird immer eine längere Kündigungsfriſt Sollte aber für dieſe An⸗ vorhanden ſein. Jedenfalls handelt es ſich um beſſer ſituierte Perſönlichkeiten als beim Gewerbegericht. Das Gewerbegericht iſt nur für zuſtändig erklärt bei einem Gehalt bis zu 2000 ℳ, während beim Kauf⸗ mannsgericht die Handlungsgehilfen 5000 ℳ haben können: ſo weit iſt alſo das Kaufmannsgericht zu⸗ ſtändig. Ebenſo bei Berufungen: Berufungen ſind zuläſſig beim Gewerbegericht bei einem Objekt über 100 ℳ, beim Kaufmannsgericht erſt bei einem ſolchen über 300 ℳ. Alſo der Geſetzgeber hat ſehr wohl unterſchieden bei beiden Geſetzen. Nun kommt hinzu, daß nach § 27 des Gewerbe⸗ gerichtsgeſetzes, das hier auch in Frage kommt, der Kläger die Wahl hat, wo er klagen will. Es heißt in § 27 des Gewerbegerichtsgeſetzes: Zuſtändig iſt dasjenige Gewerbegericht, in deſſen Bezirk die ſtreitige Verpflichtung zu erfüllen iſt oder ſich die gewerbliche Niederlaſſung des Arbeitgebers befindet oder beide Parteien ihren Wohnſitz haben. Unter mehreren zuſtändigen Gewerbegerichten — alſo hier auch Kaufmannsgerichten — hat der Kläger die Wahl. Meine Herren, es iſt ſchon heute von denen, die praktiſch die Gewerbegerichtstätigkeit ausüben, vielfach bemerkt worden, daß, wo wir in ganz Groß⸗Berlin das einzige Gewerbegericht ſind, das keine Gebühren erhebt, von dieſem Paragraphen ſchon recht viel Gebrauch gemacht wird, daß alſo Charlottenburg her⸗ ausgegriffen wird, obgleich der Kläger gar nicht hier ſeinen Wohnfſitz hat, und obgleich es das Natürliche wäre, daß er da, wo er ſeinen Wohnſitz hat, auch klagt. Ich glaube alſo, wenn wir hier für das Kaufmannsgericht wieder dieſe Ausnahme machen, daß wir dann überlaufen werden. Dann möchte ich darauf aufmerkſam machen, daß nach § 5 des Geſetzes die Zuſtändigkeit des Kaufmannsgerichtes erheblich größer ſein kann und ſein wird als beim Gewerbegericht. Es handelt ſich nicht allein um Lohnſtreitigkeiten, ſondern auch um Entſchädigungsanſprüche, und die können doch ſehr hoch hinaufgehen, wenigſtens weit über die Schaden⸗ erſatzanſprüche, die aus dem Gewerbegerichtsgeſetz hergeleitet werden können. Nun betragen ſchon heute die Koſten für das Gewerbegericht rund 13300 ℳ. Dieſe Summe wird ſich aber ganz anders geſtalten, wenn wir erſt in das neue Haus hier übergeſiedelt ſein werden. Jetzt be⸗ wohnen wir ein altes Mietshaus; da iſt uns die an⸗ teilige Miete angerechnet mit 800 ℳ; ziehen wir aber in dieſes neue Haus hinein, dann wird die Miete ſich mindeſtens verfünffachen: das iſt das Mindeſte. Wir werden für das nächſte Jahr, wie ich durch Rückſprache mit dem Herrn Kämmerer feſtgeſtellt habe, in den Etat eine Summe von 25000 ℳ für das Gewerbegericht einſtellen müſſen. Wenn die Stadt dasſelbe leiſten ſoll bei dem Kaufmannsgericht, ſo werden Sie — — (Zurufe bei den Liberalen: Gegenleiſtung!) — Wie hoch die Gegenleiſtung iſt, kann ich Ihnen heute natürlich nicht ſagen; wir tappen hier ja voll⸗ 1. im Dunkeln; wir wiſſen ja gar nicht, wie ehr das Kaufmannsgericht in Anſpruch genommen werden wird. Jedenfalls wird es mehr in Anſpruch genommen werden als andere Kaufmannsgerichte in der Umgegend Berlins; aber wie geſagt, wir können nicht wiſſen, was für Koſten in Wirklichkeit ent⸗ ſtehen werden; eine beſtimmte Summe kann ich nicht nennen. Meine Herren, es handelt ſich doch bei allen dieſen Sachen, abgeſehen von Kleinigkeiten, für