eee 104 4. haben und einſetzen können, die nach der Civilprozeß⸗ ordnung erhoben werden können, die ja erheblich höher ſind, ſondern daß wir uns auf die ſehr ge⸗ ringen Gebühren beſchränken, die das Gewerbegericht vorſchreibt. Das find, wie Herr Stadtrat Boll ſchon vorgeleſen hat, und wie ich nochmals wiederholen möchte, folgende: bei Streitobjekten von einem Wert bis zu 20 ℳ einſchließlich wird gezahlt 1 ℳ, von mehr als 20 ℳ bis 50 ℳ 1,50 ℳ und von mehr als 50 ℳ, bis 100 % einſchließlich 3 ℳ; die ferneren Wertklaſſen ſteigen um je 100 ℳ, die Gebühren um je 3 ℳ,; die Höchſtgebühr beträgt 30 ℳ.! Da Rechtsanwaltskoſten nicht zu bezahlen ſind, weil ja auch hier wie vor dem Gewerbegericht berufsmäßig angeſtellte Rechtsanwälte nicht auftreten dürfen, ſo werden die Koſten in der Tat hier ſehr gering ſein. Ich glaube auch nicht — und darin unterſcheide ich mich von dem Herrn Kollegen Boll —, daß die Koſten uns finanziell etwas Erhebliches einbringen werden, und nicht aus dieſem Grunde etwa haben wir beſchloſſen, die Gebühren zu erheben, ſondern hauptſächlich, weil wir ſagen: es gehört zu dem Prinzip unſeres Staats, daß Gebühren im Prozeß erhoben werden, und zweitens, um frivolen Prozeſſen entgegenzutreten. Es iſt doch auch nicht zu verkennen, meine Herren, daß Herr Stadtrat Boll Recht hat, wenn er Sie auf die mehrfache Zuſtändigkeit hingewieſen hat, die bei den Kaufmannsgerichten möglich iſt. Man kann wählen zwiſchen demjenigen Kaufmanns⸗ gericht, in deſſen Bezirk die ſtreitige Verpflichtung zu erfüllen iſt — das Forum des Erfüllungsorts —, oder demjenigen Kaufmannsgericht, in dem ſich die gewerbliche Niederlaſſung des Arbeitgebers befindet, oder demjenigen Gericht, in welchem beide Parteien ihren Wohnfitz haben. Es kann nun bei der Kompliziertheit unſerer Verhältniſſe mit unſeren Nachbarſtädten in ſehr vielen Fällen eintreten, daß in dreifach verſchiedener Art ein Forum des Kauf⸗ mannsgerichts vorliegt, und daß der Kläger zwiſchen dieſen drei zuſtändigen Gerichten zu wählen hat. Ja, meine Herren, wenn wir die Gebührenfreiheit ſtatuieren, ſo iſt es ganz klar, daß wir mit einer Unſumme von Prozeſſen belaſtet werden, mit einer großen Mehrarbeit, (ſehr richtig! bei der Freien Vereinigung) die eigentlich Berlin oder Schöneberg oder Rirdorf ausüben müßte, und es will mir ſcheinen, daß das nicht angängig iſt. Wie ſollen wir uns davor ſchützen, meine Herren, daß dieſe Arbeit über uns kommt? Denn es iſt doch mit Sicherhelt zu er⸗ warten, daß, wenn der Kläger die Wahl hat, er nach demjenigen Orte geht, wo er Gebührenfreiheit für ſich in Anſpruch nehmen kann. (Sehr richtig!) Es kommt noch folgendes hinzu. Wenn Sie heute beſchließen würden: wir ſtatuieren Gebühren⸗ freiheit, ſo wird eine Anderung, alſo die Ein⸗ führung von Gebühren ſpäter ſehr ſchwer möglich ſein. Sehr viel leichter aber würde es möglich ſein, wenn eine der Gemeinden Berlin, Schöneberg und Rirdorf oder alle drei Gebührenfreiheit feſiſetzen, daß wir dann nachträglich durch einen Beſchluß dieſem Vorgehen folgten. Aber da wir heute noch nicht wiſſen, was die drei anderen Städte machen werden, ſo iſt es vorfichtiger, wenn wir jetzt be⸗ ſchließen: es ſollen die niedrigen Gebühren des Ge⸗ werbegerichts eingeführt werden. Ich glaube, daß wir dadurch in weniger ſchwierige Verhältniſſe kommen werden. e, Und weiter, meine Herren: das iſt doch wohl klar, daß die Schichten der Bevölkerung, welche vor Kaufmannsgerichten Recht nehmen können, im großen Ganzen, von einzelnen Ausnahmen abgeſehen, finanziell beſſer geſtellt ſind als diejenigen Schichten, welche vor dem Gewerbegericht Recht nehmen. Beim Gewerbegericht kommen doch hauptſächlich Arbeiter und Handwerker in Frage, während beim Kauf⸗ mannsgericht Angeſtellte von Kaufleuten in Frage kommen, die beſſer beſoldet werden. Anderſeits iſt es doch auch gerechtfertigt, daß derjenige, der einen Prozeß verliert und Anlaß gegeben hat zu der ganzen Arbeit, die ein Prozeß erfordert, und zu der Umſtändlichkeit, die der Gegner durch das Hin⸗ laufen zum Gericht hat, auch etwas dafür zahlt, eine Gebühr dafür entrichtet. Kommt ein Fall vor, in dem der Mann dazu nicht fähig iſt, ſo haben wir ja das Recht der Niederſchlagung der Gebühr. Der Vorſitzende des Gewerbegerichts hat ja dieſe Befugnis, in jedem Fall, beiſpielsweiſe bei Zahlungsunfähigkeit, zu ſagen: ich ſchlage die Gebühr nieder, weil ſie un⸗ einziehbar iſt. Dieſes Moment iſt alſo auch gegeben. Weshalb ſoll nun aber ein Mann, der zahlen kann, von der Gebühr befreit werden! Ich ſehe in der Tat bei dem beſtehenden Zuſtand, wie er auf dieſem Gebiet in Preußen und im ganzen Reich geſetzlich geregelt iſt, keine Veranlaſſung dazu, hier eine ganz beſondere Ausnahme zu konſtruieren und zu ſagen: dieſe Gerichtsbarkeit ſoll vollſtändig gebührenfrei ſein. Ich möchte Sie daher bitten, ſich heute ſchon zu entſchließen und, wenn Sie ſich entſchließen, gleich⸗ zeitig über die Gebührenfrage im Sinne der Ma⸗ giſtratsvorlage Entſcheidung treffen zu wollen. Vorſteher Roſenberg: Es hat ſich niemand weiter zum Wort gemeldet. Bevor ich die Debatte ſchließe, möchte ich Herrn Stadto. Dr. Crüger, damit etwaige Zweifel beſeitigt werden, fragen, ob er den Antrag auf Ausſchußberatung aufrechterhält. Stadtv. Dr. Crüger: Nein; da ich den anderen Antrag hier geſtellt habe, muß ich wohl den Ausſchuß⸗ antrag fallen laſſen. Vorſteher Roſenberg: Nein, Sie können den Aus⸗ ſchußantrag auch ſtellen. Wir würden zunächſt über dieſen abſtimmen und dann über den Abänderungs⸗ antrag. (Stadtv. Dr. Crüger: Ich verzichte auf den Ausſchuß⸗ antrag!) Stadtv. Gredy: Ich ſtelle den Antrag auf Aus⸗ ſchußberatung. (Die Beratung wird geſchloſſen) Berichterſtatter Stadtv. Dr. Crüger (Schlußwort): Meine Herren, ich werde mich auch auf die verſchie⸗ denen Schönheitsfehler nicht weiter einlaſſen; ſie ſtehen ja jetzt nicht zur Diskuſſion. Es handelt ſich ganz allein darum, ob wir für Gebührenfreiheit uns aus⸗ ſprechen wollen oder dagegen. Meine Herren, die Sie gegen die Gebührenfreiheit ſind, laſſen Sie ſich nicht gruſelig machen durch die Ausführungen der Herren Vorredner vom Magiſtratstiſch, insbeſondere durch die Ausführungen des Herrn Stadtrats Boll, der Ihnen geſagt hat: jetzt koſte das Gewerbegericht 13 000, im neuen Hauſe werde es 25 000 ℳ koſten, und wenn das Kaufmannsgericht noch dazu komme, 50 000 ℳ. Die 50 000 ℳ ſtehen gar nicht in