Leibe erfahren und vor kurzem erſt an Schöneberg eſehen. 2 9 Ich bitte Sie alſo, dieſer Vorlage des Magiſtrats Ihre Zuſtimmung nicht verſagen zu wollen. Stadtv. Scharnberg: Meine Herren, ich hätte nicht Veranlaſſung genommen, zu dieſer Sache zu ſprechen, wenn uns nicht in letzter Stunde ein Gerücht zugegangen wäre, daß der Fuhrunternehmer Fricke minderwertiges Arbeitsmaterial beſchäftigen ſoll. Ich weiß es ja nicht; ich halte mich deshalb für ver⸗ pflichtet, die Sache vorzubringen; vielleicht iſt der Magiſtrat in der angenehmen Lage, uns darüber Auskunft geben zu können. Soviel ich weiß, und ſoviel ich mitgewirkt habe in der Straßenreinigungs⸗ deputation, muß ich ja erklären: wenn irgend ein Verlangen an den Herrn Fuhrunternehmer Fricke geſtellt worden iſt, ſo iſt er auf ſchnellſtem Wege dem Wunſche nachgekommen. Aber das kann uns doch meiner Anſicht nach nicht abhalten, dies hier zur Sprache zu bringen; es wäre doch immerhin möglich, daß Herr Fuhrunternehmer Fricke ſein Arbeitsperſonal in gewiſſer Beziehung ausnutzt; ins⸗ beſondere wurde geſagt, daß er viele Polen beſchäftigt. Wir haben ja durchans nichts dagegen; wie Sie wiſſen, ſind wir in gewiſſer Beziehung international; aber wir bekämpfen es, daß — das wird Ihnen be⸗ kannt ſein — verſchiedene Unternehmer es ſich zum Prinzip machen, ſich Leute nutzbar zu machen, die nach Charlottenburg oder überhaupt nach einer Groß⸗ ſtadt kommen, die das erſte Beſte nehmen, weil ſie gerade erſt ankommen und nicht wiſſen, wohin ſie ſich wenden ſollen, die kein Unterkommen finden; ſie nutzen ſie aus, bis die Leute auch zu der Erkenntnis gekommen ſind, daß ſie anderweitig mehr verdienen können. Es wäre ja möglich, daß das bei Herrn Fuhrunternehmer Fricke auch der Fall wäre. Ich ſelber nehme es ja nicht an; aber vielleicht iſt der Magiſtrat in der Lage, hierüber Aufſchluß zu geben. Stadtrat Meyer: Meine Herren, der Herr Stadtv. Scharnberg hat ungefähr ausgeführt, er wüßte es nicht poſitiv, aber in letzter Stunde wäre das Gerücht ihm zugetragen worden, daß der bisherige Fuhrunternehmer, der ſeitens des Magiſtrats in der Vorlage ſehr gelobt wird, minderwertiges Perſonal anſtelle, und dann, daß Fricke auch ſogenanntes polniſches Geſindel, das hierher gezogen ſei, in erſter Linie hier beſchäftige. Herr Stadtv. Scharnberg iſt ein ſehr fleißiges, eifriges Mitglied der Feuerlöſch⸗ und Straßenreinigungsdeputation; er wird mir be⸗ ſtätigen, daß er in der ganzen Zeit nur ein einziges mal mit einer Beſchwerde gekommen iſt, die ihm —— 187 — — von anderer Seite zugetragen war, daß Fricke ſein Perſonal, gegen das ſonſt gar nichts zu ſagen ſei, des Sonntags überlaſte. Es ſind ſofort von mir Recherchen angeſtellt worden, und umgehend hat Fricke, nachdem ich die Beſchwerde für berechtigt an⸗ erkannt hatte, die Angelegenheit in einer auch für Herrn Stadtv. Scharnberg befriedigenden Weiſe gelöſt Ich kenne nun faſt ſämtliche Kutſcher von Fricke, teilweiſe perſönlich, teilweiſe von Anſehen; ich wüßte nicht, einen einzigen polniſchen Kutſcher zu kennen! Im übrigen möchte ich Herrn Stadv. Scharn⸗ berg ſagen: es beſteht ein Magiſtratsbeſchluß, worin ſämtlichen Unternehmern aufgegeben iſt, in erſter Linie nur deutſche Arbeiter zu nehmen, ſodaß das „polniſche Geſindel“ hier gar nicht feſten Fuß bei den ſtädtiſchen Arbeiten finden kann. Ich glaube alſo, daß Herr Stadtv. Scharnberg befriedigt ſein wird, daß er um ſo mehr befriedigt ſein wird, weil er mich perſönlich kennt und weiß, daß, wenn ich feſtſtellen konnte, daß der Fuhrunter⸗ nehmer Fricke minderwertiges Perſonal beſchäftigte, ich dies nicht weiter zulaſſen würde. Ich bitte Sie alſo, ſich mit dieſer Auskunft begnügen zu wollen. Vorſteher Roſenberg: Es iſt hier das Wort: „polniſches Geſindel“ gefallen. Ich möchte darauf aufmerlſam machen, daß ich dieſen Ausdruck als zu⸗ läſſig nicht bezeichnen kann. Stadtrat Meyer: Ich nehme ſehr gern den Aus⸗ druck zurück. Ich wollte ſagen: minderwertiges pol⸗ niſches Arbeitsmaterial. (Die Beſprechung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Die Stadtverordnetenverſammlung erklärt ſich damit einverſtanden, daß die Fuhrleiſtungen für die Straßenreinigung, Straßenbeſprengung und Parkverwaltung, ſowie für das „euerwehr⸗ weſen auf die Zeit vom 1. April 1905 bis 31. März 1908 unter Abſtandnahme von einer Ausſchreibung dem Fuhrherrn Paul Fricke hierſelbſt Straße 15, nach Maßgabe ſeines Angebots vom 10. September 1904 übertragen werden.) Vorſteher Roſenberg: Gegen Punkt 130 der Tagesordnung, lfde. Nr. 22 der Vorſchlagsliſte, iſt Einſpruch erhoben worden. Ich ſchließe die öffentliche Sitzung. (Schluß der Sitzung § Uhr.) Druck von Adolf Gerb Eharlotendurg.