eintrat, wurde mir geſagt, das ſei ein Proviſorium, und es ſei zunächſt nichts daran zu ändern. — Ich möchte daher dieſe Gelegenheit wahrnehmen, um auch hier im Plenum, wo ja ſolche Detailfragen nicht zu weit behandelt werden dürfen, darauf hinzuweiſen und den Magiſtrat zu bitten, recht bald nach beſagter Richtung hin Abänderungen zu ſchaffen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Meine Herren, ich möchte mit dem letzten, was Herr Dr. Mommſen angeführt hat, gleich beginnen, um einer Legende, die vielleicht in ärztlichen Kreiſen ſich zu bilden im Begriff iſt, von vornherein entgegenzutreten. Die Haut⸗ kranken, Geſchlechtskranken und die Frauen, die ihrer Entbindung entgegengehen, ſind zunächſt nicht unter einem Dach vereinigt, ſondern in zwei vollſtändig von einander getrennten Pavillons untergebracht. Es iſt auch nicht für die beiden Stationen ein einheit⸗ licher Arzt vorhanden, der in beiden behandelt, ſondern es ſind zwei Arzte da, die ſich gleichſtehen: Dr. Edlich hat die Frauenſtation und Dr. Becker die Station für Hautkranke. Ein Arzt ſteht an der Spitze, der Direktor des Krankenhauſes Herr Pro⸗ feſſor Beſſel⸗Hagen, und das muß auch ſo ſein. Auch Herr Dr. Mommſen wird zugeben, daß das keine Bedenken hat, daß es vielmehr im Intereſſe der Verwaltung und der Organiſation der Anſtalt dringend erforderlich iſt. Im übrigen, m. H., möchte ich der Bitte der Herren Stadträte Samter und Boll mich anſchließen: warten Sie ruhig ab, wie ſich die Dinge entwickeln. Es iſt ein neuer Gedanke, der aufgekommen iſt, Säuglinge auch längere Zeit in der Anſtalt zu be⸗ halten und ſie nicht gleich in Pflege zu geben. Sie wünſchen mit uns, dieſem Gedanken einmal Folge zu geben und ihn in die Praris zu überſetzen. Das wollen wir tun im alten Krankenhaus. Wenn wir ſehen, daß ſich die Dinge günſtig geſtalten, und daß eine Erweiterung, die Errichtung einer neuen Anſtalt notwendig iſt, dann werden wir ſicher, da wir mit Ihnen denſelben Wunſch haben, auf dieſem Wege vorwärts gehen und Ihnen Vorſchläge machen. Aber vorläufig bitte ich, wie geſagt, die Entwicklung abzuwarten. Wir ſind durchaus — ich wiederhole das noch einmal und möchte es dem Herrn Dr. Spiegel beſonders ſagen — wir ſind durchaus der⸗ ſelben Anſicht wie Sie und ſtehen mit Ihnen auf demſelben Boden. Was das Waiſenhaus anbetrifft, ſo haben wir urſprünglich, als wir das neue Haus beinahe fertig hatten und nun überlegten, was aus dem alten Krankenhauſe werden ſoll, geglaubt, wir würden dort ein Gebäude übrig behalten, das für Kranke nicht mehr nötig ſein dürfte, und haben gedacht, das würde ſich für ein Waiſenhaus gut eignen. Wir haben dieſen Gedanken auch ausgeſprochen zu einer Zeit, als die Dinge noch im reifen waren. Bei näherer Betrachtung haben wir aber geſehen, daß wir alle Gebäude im alten Krankenhauſe für Krankenzwecke nötig haben, und daß wir die Idee, an dieſer Stelle ein Waiſenhaus zu errichten, nicht zur Ausführung bringen können. Wir haben jedoch die Idee der Errichtung eines Waiſenhauſes nicht einſchlafen laſſen, ſondern ſind dabei, zu erwägen, auf welchem andern Wege wir ein Waiſenhaus für uns ſchaffen können, um für diejenigen Kinder, die ſich entweder nicht für Familienpflege eignen oder für die eine zweckmäßige Familienpflege nicht zu beſorgen iſt, in einer Waiſen⸗ anſtalt Fürſorge zu treffen. Die Angelegenheit liegt der neugebildeten Deputation für Waiſenpflege vor; 191 2—— ſie wird in ihrer nächſten Sitzung über dieſe Frage beraten und wahrſcheinlich zu einem Vorſchlage kommen, den ſie dem Magiſtrat unterbreiten wird, ſo daß auch dieſe Frage dann einer Erledigung entgegenſieht. Stadtv. Dr. Zepler: Meine Herren, ich perſön⸗ lich neige in der Frage des Säuglingsheims mehr zu der Anſicht des Magiſtrats. Ich glaube, daß auch meine Parteigenoſſen mit mir darin übereinſtimmen werden. Es iſt ja ſelbſtverſtändlich, daß unſere Fraktion, ſollte eine Anſtalt wie das Säuglingsheim ſich wiſſenſchaftlich bewähren, dann dafür unter allen zu haben iſt. Aber die Sache iſt noch trittig. Was die Frage des Wöchnerinnenheims anbe⸗ langt, ſo ſind wir natürlich für Einrichtung eines ſolchen. Das halte ich auch für viel wichtiger als die Errichtung eines Säuglingsheims. Es iſt viel wichtiger zu wiſſen, wo eine arme Perſon, die keine Stellung, kein Unterkommen hat, ihre ſorgenvollen Stunden verbringen wird, wo ſie nach ſtattgehabter Entbindung ihre Ruhe und Erholung finden wird, als die Sorge um die Nachgeborenen. Die völlige Geſundung der Wöchnerinnen erfordert oft viele Wochen, ſelbſt Monate. Da iſt es ſehr wichtig, daß ein Unterkommen für ſolche Perſonen geſchaffen iſt, damit ſie wieder zu Kräften kommen und ſpäter ihre Eriſtenz finden. In manchen Fällen hängt gerade von dieſer Frage die Exiſtenz ab. Es finden Schritte der Verzweiflung ſtatt, manche werden gerade durch dieſe verzweifelte Lage zur Proſtitution geſtoßen. Ich will das nicht weiter ausführen. Ich halte es jeden⸗ falls für richtig, daß in erſter Reihe ein Wöchnerinnen⸗ heim geſchaffen wird. Was das Säuglingsheim anlangt, ſo ſind die Anſichten der Kinderärzte darüber noch nicht einig. Die ſchlechten Reſultate der Findelhäuſer ſind ja bekannt. In der letzten Zeit haben ſich durch die Hygiene und Aſepſis uſw. die Reſultate gebeſſert, aber derartig, daß man ſagen kann, unter allen Um⸗ ſtänden würde die Verpflegung in einem Säuglings⸗ heim die Privatpflege, wenn ſie wirklich gut iſt und von gewiſſenhaften Händen beſorgt wird, übertreffen, — derartig iſt die Beſſerung noch nicht. Wir haben in Berlin — ich weiß nicht, ob es ſchon erwähnt worden iſt, da ich nicht hier war eine Klinik von Dr. Finkelſtein, wo allerdings die vorzüglichſten Re⸗ ſultate mit ſolchem Säuglingsheim geſchaffen worden ſind. Hier ſind aber die peinlichſten Maßnahmen notwendig. Es iſt dafür geſorgt, daß in dieſem Heim zu gleicher Zeit Ammen ſich befinden, die unter Umſtänden die Ernährung der Kinder vor⸗ nehmen. Dann darf eine Wärterin nicht mehr als höchſtens vier Säuglinge verpflegen Es ſind die peinlichſten aſeptiſchen und anderen Maßnahmen not⸗ wendig, um dieſe vorzüglichen Reſultate zu erzielen. Das würde, wenn es in größerem Maßſtabe geſchaffen werden ſollte, ſehr viel Geld koſten. Unſere Fraktion würde ſich dagegen nicht ſtemmen; aber, wie geſagt, die Sache iſt noch nicht ſo reif, daß man ſchon ein Säuglingsheim von Stadt wegen gründen könnte. Ich glaube, wir überlaſſen es der Zukunft und ſorgen vor allen Dingen zunächſt dafür, daß die Säuglinge in gute Hände kommen, daß wir ſorgfältig in der Auswahl der Familien ſind und erhöhen eventuell den Satz für die Pflege, damit auf dieſe Weiſe eine Beſſerung geſchaffen werden kann. Vieles wird ſich noch beſſern, wenn unſere Milchſteriliſierungsanſtalt gegründet ſein wird. Dagegen iſt die Errichtung des