— 196 in dieſem Jahre uns unterbreitet wird, den Magiſtrat meinerſeits bitten, auch für die Mittel rechtzeitig Vor⸗ ſorge zu treffen, damit mit der nötigen Beſchlenni⸗ gung an die Durchführung des Projekts gegangen werden kann. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, nur in einem Punkt ſcheine ich nicht ganz richtig verſtanden oder nicht deutlich genng geweſen zu ſein. Ich habe darauf hingewieſen, daß wir erſt den Bahnanſchluß fertig ſtellen müſſen. Alſo auch aus ſachlichen Gründen, nicht nur aus Mangel an Geldern wird der Bau der Markthalle eine Verzögerung erleiden. Die Her⸗ ſtellung des Bahnanſchluſſes wird allein ein Jahr lang dauern, und die Mittel dazu ſollen aus den zwei Millionen, wie ich vorhin angedeutet habe, ent⸗ nommen werden. Später werden die weiteren er⸗ forderlichen Mittel noch durch eine beſondere Anleihe aufgebracht werden müſfſen. Im übrigen wird auch die Aufbringung dieſer Mittel mit aller möglichen Beſchleunigung vor ſich gehen, weil auch auf anderen Gebieten die Bedürfniſſe nach neuen Auleihemitteln bereits ſo dringlich ſind, (Heiterkeit) daß der Magiſtrat bereits in ſeiner letzten Sitzung beſchloſſen hat, mit aller „Energie, Rührigkeit und Friſche 10 (erneute Heiterkeit) die Aufnahme einer neuen Anleihe vorzubereiten, über die Ihnen eine Vorlage demnächſt zugehen wird. (Die Beſprechung wird geſchloſſen) Vorſteher Roſenberg: Punkt 3 der Tagesordnung: Bericht über den Erſten Allgemeinen Deut⸗ ſchen Wohnungskongreß (Frankfurt a. M. 16.—19. Oktober d. I.) Berichterſtatter Stadtv. Kaufmann: Meine Herren, der vom 17. bis 19. Oktober in Frankfurt a. M. abgehaltene Erſte Allgemeine Deutſche Wohnungs⸗ longreß war von ca. 1000 Perſonen beſucht, die ſich aus allen Berufskreifen und Angehörigen aller poli⸗ tiſchen Parteien zufammenſetzten. Auch die Inte⸗ reffengruppe der organifierten Hausbeſitzer war zahl⸗ reich vertreten. Es kann heute nicht meine Aufgabe ſein, über die einzelnen Vorgänge des Kongreſſes und die dabei entwickelten Anſchanungen Bericht zu erſtatten oder gar Kritik daran zu üben. Ich werde mich darauf beſchränken, ein möglichſt zuſammen⸗ faſſendes Bild der ſchließlichen Eindrücke zu entwerfen, welche die Verhandlungen auf objektive Hörer zu hinterlaffſen geeignet waren. Wenn ich hierbei nun dennoch einzelne Ausführungen in extenso zitiere, ſo geſchieht dies in Anbetracht der Wichtigkeit derjenigen Stellen, von denen dieſe Ausführungen ausgingen. Am Vorabend der Tagung kamen nämlich die zum Kongreß entfandten Regierungsvertreter zum Wort und bekundeten das lebhafteſte Intereſſe, wel⸗ ches die Staatsregierungen der Wohnungsfrage ent⸗ gegenbringen. Der Vertreter des Reichsamts des Innern äußerte u. a. wörtlich: daß der Herr Staatsſekretär des Innern die Löſung der Wohnungsfrage als eine der wich⸗ tigſten, vielleicht als die wichtigſte Aufgabe unſerer Sozialpolitik anſehe. Der Vertreter des Reichsſchatzamtes bezeichnete die Wohnnngsfrage als eine Kulturaufgabe erſten Ranges und fügte wörtlich hinzu: Man kann mit Recht ſagen, daß die Woh⸗ nung das getreue Spiegelbild der menſchlich⸗ ſozialen Zuſtände darſtellt. Möge ſich deshalb die leider vielfach noch fehlende Erkenntnis Bahn brechen, daß die Ausgabe für eine gute Wohnung mit die wichtigſte und nützlichſte iſt, daß die Erſparniſſe, die durch Mietung einer ſchlechten Wohnung anſcheinend erzielt werden, doch über kurz oder lang dem Schankwirt oder inhaltloſen Vergnügungen zugeführt, oder zum Arzt und Apotheker wandern. In ähnlichem Sinne ſprechen ſich die Re⸗ gierungsvertreter für Bayern, Baden, Heſſen und Württemberg aus. Die Verhandlungen ſelbſt erſtreckten ſich auf die Erörterung folgender Themata: a) Entwicklung der Wohnungsverhältniſſe in Deutſchland; b) Entwickelung, Stand und Einfluß der Reform⸗ maßregeln; () Aufgabe von Reich und Staat und andern öffentlich⸗rechtlichen Körperſchaften; d) der preußiſche Wohnungsgeſetzentwurf; e) Wohnungserſtellung und Kapitalbeſchaffung; 1) Förderung des Baues von Landarbeiter⸗ wohnungen. Dieſelben wurden unter Verwendung reichhaltigen ſtatiſtiſchen Materials durch Referenten eingeleitet. Die ſich daran knüpfenden Diskuſſionen, die ſich zeit⸗ weilig, namentlich infolge ungeſchickter Vertretung der organiſierten Hausbeſitzer, ſtürmiſch geſtalteten, mußten uferloſen Verlauf nehmen, weil zu Beginn der Ta⸗ gung durch Mehrheitsvotum jedwede Beſchlußfaſſung ausgeſchloſſen worden war. Es iſt daher begreiflich, daß in einer ſo ver⸗ ſchiedenartig zuſammengeſetzten Verſammlung poſitive Reſultate nicht gezeitigt werden kounten. Um ſo be⸗ greiflicher, als die Kongreßleitung — wohl infolge der Neuheit der Veranſtaltung — es unterlaſſen hatte, ſich zu vergewiſſern, weichen Zielen die von ihr beſtellten Referenten zuſteuerten. Dadurch kam c8, daß beiſpielsweiſe das erſte Referat, welches, auf ſtatiſtiſches Material größerer Städte geſtützt, eine allmähliche Beſſerung der Wohnungsziffern konſtatierte, falſche Folgerungen hervorrief und damit zeitweiſe den. Zweck der Zuſammenkunft in Frage zu ſtellen ſchien. Wenn auch greifbare Reſultate ſich nicht ergaben, ſo iſt die Bezeichnung von einem Schlag ins Waſſer, mit welcher man den Kongreßverlauf charakteriſiert hat, nicht zutreffend. Denn zweifellos haben die Verhandlungen in weite Kreiſe die Überzeugung ge⸗ tragen, daß eine Wohnungsreform allgemeiner als bisher anzuſtreben und das dafür gewählte Tempo zu beſchleunigen ſei. Man hatte den Eindruck, daß, wenn auch Wohnungsnot in dem Sinne mangelnder Räumlichkeiten als nicht vorhanden bezeichnet werden darf, um ſo unbeſtrittener von einem Wohnungselend geſprochen werden muß. Die Beſchaffenheit vieler Wohnungen ſowohl in Städten als auf dem Lande entſpreche nicht den Anforderungen, die eine ſozial wohlwollende Zeit an dieſelben zu ſtellen berechtigt iſt. In dieſer Hinſicht wurde darauf hingewieſen, daß gerade in den ſchlechteſten Wohnungen eine über⸗ mäßige Belegung derſelben zu betlagen ſei, und daß man dieſen UIbelſtand ſo lange nicht werde abſtellen können, bis man für die überſchüſſige Anzahl von Bewohnern anderweitig Unterkommen geſchaffen habe. Dieſer Punkt wurde von dem bekannten National⸗ ökonomen Herrn Profeſſor Brentano eingehend er⸗ örtert. Er bezeichnete das Schlafburſchenweſen als