——— 206 —— beweiſen, wie lebhaft die Omnibuſſe auch bei uns in Berlin benutzt werden. Aus dem ſtatiſtiſchen Jahr⸗ buch, das Berlin jüngſt veröffentlicht hat und das mir zugeſandt worden iſt. entnehme ich, daß von allen Bahnen, incl. Untergrundbahn, an Paſſagieren befördert worden ſind: 1901 330 Millionen, 1902 362 Millionen, 1903 397 Millionen; auf die Omnibus⸗ linien entfallen von dieſen 397 Millionen 85,9 Millionen Menſchen, alſo beinahe 22%¾. Während unſere Char⸗ lottenburger Straßenbahn z. B. im Jahre 1903 nur 15 736 000 befördert hat, haben die Omnibuslinien. wie geſagt, beinahe 86 Millionen alſo 15 gegen 86 Millionen! — befördert. Sie entnehmen daraus, daß die Omnibuslinien durchaus ein beliebtes Be⸗ förderungsmittel ſind, namentlich wenn es uns auch hier gelingen ſollte, Fünfpfennigſtrecken einrichten zu laſſen. 6 Nun hatte ich rein privatim mit einigen der maßgebenden Herren der Omnibusgeſellſchaften einmal Rückſprache genommen und geſagt, daß ich ihre Auf⸗ merkſamkeit darauf lenken möchte. daß hier in Charlotten⸗ burg unbedingt ein großer Bedarf an billigen Be⸗ förderungsmitieln namentlich in Straßen iſt, die nicht direlt von der Straßenbahn befahren werden, und daß ich ſie bitte, mal dieſe Sache in Erwägung zu ziehen; ich ſei der Meinung, daß es ein durchaus rentables Geſchäft ſein müßte. Der eine Herr ſagte mir zu, mit ſeinem Direktor darüber ſprechen zu wollen, und auch der zweite Herr verſprach Gleiches. Nach einigen Tagen ſagten ſie mir: ja, unſer Direktor hätte wohl große Luſt dazu, aber wir fürchten, daß uns die Ställe für Pferde und für die Wagen allzu tener kommen würden. Wenn ich in der Lage wäre, ihnen da billige Gelegenheiten nachzuweiſen und in dieſer Richtung ihnen dienlich zu ſein, dann würden ſie der Sache wohl näher treten. Na, dieſe Geſchichte habe ich natürlich für meine Perſon abgelehnt; denn ich wollte nicht den Anſchein erwecken, als ob ich da irgend einen Auftrag hätte, und belenne auch offen, daß meine Kenntniſſe der Platzverhältniſſe in dieſer Beziehung viel zu gering ſind. Aber ich meine, daß in unſern Bauämtern oder auch ſonſt anderweitig wohl die geeigneten Kräfte vorhanden ſind, um eventuell nach dieſer Richtung hin irgend etwas aus⸗ findig machen zu können. Alſo, meine Herren, ich möchte Sie nun bitten, mich darin zu unterſtützen, daß wir hier zunächſt einmal ganz präziſe die beſtimmte Anſicht ausſprechen, daß die vorhandenen Verkehrsmittel für den Bedarf Charlotienburgs nicht auereichen und daß es daher wünſchenswert und notwendig iſt, mit möglichſter Beſchleunigung in Erwägung zu ziehen, in welcher Weiſe eine Verbeſſerung derſelben und wie in der Stadt eine Vermehrung billiger Fahrgelegenheiten herbeigeführt werden kann. In welcher Weiſe das geſchieht, mag ja dem Magiſtrat und ſeiner Kommiſſion überlaſſen werden. Ich möchte nur, daß der Magiſtrat die Güle hat, dieſer Angelegenheit ein recht eingehendes Intereſſe zuzuwenden, das heißt, ſich zunächſt einmal ſt davon zu uberzeugen — und das kann ja jeder einzelne der Herren —, daß in der Tat die Be⸗ förderungsmittel. welche uns die Straßenbahn hier gewährt, nicht ausreichen, ſowie daß ſie den Wünſchen und dem Bedarf der Bevölkerung lange nicht genügen“ Ich möchte daher, daß der. Magiſtrat gleich mir zu der Anſchauung gelangt, daß dieſer Mangel eine direkte Benachteiligung unſerer Stadt, ihrer Ein⸗ wohner und namentlich auch der Hausbeſitzer herbei⸗ führt und daß es deshalb abſolnt notwendig iſt, irgend welche neuen Maßnahmen zu treffen, um dieſen Zuſtand zu verbeſſern. Es empfiehlt ſich daher, in iigend einer Weiſe mit den in Frage kommenden Inſtiiuten, vielleicht ſogar auch mit Privatunternehmern, in Verkehr zu treten, um entſprechend dem beſtehenden Bedarfe irgendwelch andere Einrichtungen hier herbei⸗ zuführen. Wie ich vorhin ſchon ſagte, habe ich zunächſt an Omnibuſſe, eveniuell auch Automobile gedacht. In⸗ deſſen, auf irgend welche Details der ganzen Sache will ich nicht eingehen, ſo wenig wie auch darauf, von dieſer oder jener Linie zu ſprechen. Das mögen nachher die Sachverſtändigen, die ihr Intereſſe wahr⸗ zunehmen haben, ſelbſt mit dem Magiſtrat ausmachen; die werden das auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen beſſer arrangieren, als es von hier aus geſchehen fann. Aber irgend etwas muß geſchehen, um eine ſtärkere und billigere Fahrgelegenheit in Charlotten⸗ burg zu ſchaffen, und deshalb bitte ich Sie, meinem Antrage zuzuſtimmen. Stadtu. Dr. Riel: Meine Herren, ich glaube den Ausführungen des Herrn Referenten in allen Punkten beitreten zu ſollen. Auch mir ſind die ver⸗ ſchiedenſten Klagen ausgeſprochen worden über dieſe Erhöhung der Fahrpreiſe, darüber, daß die Bahnen der Regel nach, natürlich immer dann, wenn man es ſehr eilig hat, abſolut voll ſind, ſo daß an ein Mitkommen gar nicht zu denken iſt. Ich möchte noch auf eins hinweiſen, was der Herr Berichterſtatter übergangen hat, das iſt der Nachtbetrieb. Vielleicht könnte auch dem eine gewiſſe Aufmerkſamkeit zugewendet werden. Die Verbindung nachts hierher iſt eine ſeyr ſchlechte. Wir haben die letzten Wagen um 1 Uhr, die Stadtbahn fährt um ½¼2 Uhr zum letzten Mal hierher, und dann iſt es aus. Ich glaube, der Magiſtrat wird auch nach dieſer Richtung hin tätig ſein können. UÜber das Wie will ich mich auch nicht verbreiten, ob das nun mit Automobilen geſchieht ober mit Pferdebetrieb, vielleicht läßt ſich daran denken, daß man oberirdiſche elektriſche Leitung anwendet. Doch das ſind Sachen, die wir wohl ſpäter zu verhandeln haben. Ich bitte jedenfalls, den Antrag des Herrn Antragſtellers an⸗ zunehmen. Stadtv. Dörre: Meine Herren, auch meine Freunde ſind der Ueberzeugung, daß die Verkehrs⸗ verhältniſſe hier in Charlottenburg mangelhaft ſind und daß ſie tatſächlich nicht ausreichen. Wir ſtehen aber auf einem andern Standpunkie; wir ſagen: wenn neue Verkehrsmittel geſchafft werden müſſen, ſo hat die Stadt das größte Intereſſe daran, dieſe einzurichten. Die Stadt kann ganz gut, wo es ſich um neue Verkehrseinrichtungen handelt, z. B. Auto⸗ mobile anſchaffen und den Verkehrsbetrieb in eigene Regie nehmen. Wir werden uns dann natürlich vor⸗ behalten, wenn der Magiſtrat uns in dieſer Beziehung eine Vorlage zugehen läßt, die nötigen Anträge zu tellen. Heute iſt es ja überfläſſig, darüber noch Näheres auszuführen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt mit großer Mehrheit nach dem Antrage des Stadw. Marcus und Genoſſen in der vom Antragſteller modifizierten Faſſung wie folgt: Der Magiſtrat wird erſucht, mit geeigneten Unternehmern in Verbindung zu treten, um die Errichtung von Omnibus⸗, (Automobil)⸗ Linien auf Eharlottenburger Gebiet herbeizu⸗ führen.)