—— 208 —— Strafe zahlen. Darum fragt er lieber nichts, wurſtelt weiter und denkt mit ſeinen Bekannten: das wird wohl ſo ſchlimm nicht ſein. Wenn er aber ein⸗ mal ablehnend beſchieden iſt, ſei es auf der Polizei oder an Magiſtrataftellen, dann hat er erſt recht Bange, noch einmal hinzugehen. Die Stellen des Magiſtrats, die Steuerbureaus und dergleichen ſind ja ſelbſtverſtändlich angewieſen, überall freundlich Auskunft zu erteilen, und ich kann auch nicht be⸗ haupten, daß irgendmo jemand abgewieſen iſt. Aber denken Sie ſich einmal einen vielbeſchäftigten mittleren Beamten, ſagen wir einmal auf dem Magiſtrat; zu dem kommen auf einmal drei, vier und wollen Aus⸗ kunft haben. Er ſitzt in voller Tätigkeit da. Ja, daß er da nicht mit der größten Liebenswürdigkeit aufſpringt und ſagt: jawohl, das finden Sie dort, jenes finden Sie dort, — das liegt doch auf der Hand. Ich glaube alſo, es iſt notwendig, daß eine ſolche Rechtsberatungsſtelle geſchaffen wird vom Magiſtrat, wo unter allen Umſtänden den Leuten Auskunft erteilt wird, ſei es, indem ihnen eine ganz beſtimmte Antwort gegeben oder daß ihnen geſagt wird: du findeſt Auskunft an dieſer Stelle. Es gibt noch eine dritte Stellr, meine Herr⸗ ſchaften, wo ſolchen Leuten Auskunft erteilt wird⸗ das iſt in den ſozialdemokratiſchen Sekretariaten. Ich weiß nicht, ob hier in Charlottenburg ein ſolches exiſtiert; ich weiß aber, daß in den weſtlichen Städten — ich bin längere Zeit am Rhein geweſen — der⸗ gleichen Auskunfteien ſich finden, und das iſt doch ein Beweis für die Notwendigkeit derſelben. Ich meine nun aber, daß für den Magiſtrat die Notwendigteit vorliegt, ſelbſt eine ſolche Sielle zu errichten, deshalb hatte ich dieſen Antrag geſtellt. Ob die Summe von 500 ℳ genügt, will ich dahingeſtellt ſein laſſen. Auf den Rat meiner Freunde habe ich dieſen Antrag etwas modifiziert, indem ich ſtatt der urſprünglichen Faſſung: „den Magiſtrat zu erſuchen, in den nächſten Etat eine Summe von 500 ℳ ein⸗ zuſtellen für die probeweiſe Errichtung ciner Rechts⸗ beratungsſtelle für die Bürger von Charlottenburg“ nunmehr den Antrag ſtelle: Den Magiſtrat zu erſuchen, in gemiſchter Deputation zu beraten, ob es ſich empfiehlt, eine Stelle einzurichten zur Erteilung münd⸗ licher Auskunft in Rechtsverhältniſſen für die unbemittelten Klaſſen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, bevor man ſich ein Urteil über die Frage bildet, ob allgemeine Rechtsberatungsſtellen überhanpt einge⸗ richtet werden ſollen, ob deren Einrichtung zweck⸗ mäßig iſt, und ob die Stadt damit vorgehen ſoll, wird man ſich zunächſt einmal die Sachlage anſehen müſſen, wie ſie tatſächlich bei uns beſteht, um das Bedürfnis zu prüfen für dieſen Ruf, der plötzlich erſchallt, man weiß eigentlich nicht recht, woher und aus welchem Grunde. Wir haben ſeit vielen Jahren in unſerer Verwaltung die Gepflogenheit, daß in denjenigen Geſchäftsſtellen, welche beſtimmte Ange⸗ legenheiten zu bearbeiten haben, über die geſetzlichen Beſtimmungen, die in das Fach dieſer Geſchäftsſtellen fallen, denjenigen Bürgern, die ein Intereſſe daran haben, Auskunft über dieſe Beſtimmungen nachzu⸗ ſuchen, eine ſolche Auskunft erteilt wird. Ich will Ihnen probeweiſe von jeder einzelnen Geſchäftsſtelle ein kleines Beiſpiel angeben, damit Sie ſich ein Bild machen von den Gegenſtänden, die unſere Bürger in unſeren Geſchäftsſtellen erfahren können. Wenn z. B. jemand als Unteroffizier, als Militäranwärter, in unſere Beamtenſchaft eintreten und ſich über die Bedingungen orientieren will, die in dieſer Beziehung beſtehen, dann braucht er nur nach unſerer Verwaltungsſtelle 1 zu gehen, da wird ihm in der entgegenkommendſten Weiſe geſagt, was er zu tun hat. Er bekommt die gedruckten Be⸗ ſtimmungen, die in dieſer Hinſicht vorliegen, ſo daß er ſich zuhauſe die Sache ordentlich überlegen kann, und er geht mit vollſtändig erhaltener Auskunft aus dieſer Stelle fort — Wenn ſich jemand in ſeinem Hauſe eine eiektriſche Leitung anlegen und wiſſen will, was er da zu tun hat, ſo braucht er nur in das Bureau der Stelle III zu gehen und ſich danach zu erkundigen; dort wird ihm geſagt, welche Wege er einzuſchlagen hat. — In derſelben Stelle wird den⸗ jenigen Frauen, deren Männer zum Militär ein⸗ gezogen werden, und die während der Ubung ihrer Männer eine Unterſtützung haben wollen, Auskunft erteilt, was ſie zu tun haben, um eine ſolche zu erlangen, auch werden Anträge, die ſie ſtellen, dort gleich zu Protokoll genommen. — Wenn eine Mutter oder ein Vater den Sohn vom Militär reklamieren will, der zur Ableiſtung ſeiner Dienſtzeit eingezogen wird, ſo wird ihm nier die notwendige Auskunft erteilt. — Wenn jemand ſeine Tochter trauen laſſen und wiſſen will, was er dazu für Papiere braucht, dann geyt er auf eins unſerer Standesämter und erkundigt ſich: da wird ihm Auskunft erteilt — Wenn ein Fleiſcher wiſſen will, was für Gebühren er zu zahlen hat, wenn er ſein aus⸗ geſchlachtetes Fieiſch unterſuchen laſſen will, ſo erhält er auf unſerem Fleiſchſchauamt die nötige Auskunft. — Wenn jemand in ſeinem Hauſe eine Krankheit gehabt hat — die Kinder ſind z. B. an Diphtherie erkrankt —, und er will nun ſeine Wohnung und jeine Möbel desinfizieren laſſen, ſo wird ihm in unſerer Desinfektionsanſtalt die erforderliche Auskunft erteilt, und es wird ihm ſofort ein Wagen hingeſchickt, der die Sachen von ihm abholt und in die Des⸗ infektionsanſtalt hinbringt. — Wenn jemand ſich erkundigen will, wie bei Wahlen die geſetzlichen Vor⸗ ſchriften liegen, über die Einſpruchsfrit und die Wahlberechtigung, ſo eiteilt ihm unſere Stelle IV, unſer ſtatiſtiſches Amt, die nölige Auskunft. — Wenn ein Arbeiter eine Klage gegen ſeinen Arbeitgeber ein⸗ reichen will, ſo wird ihm auf dem Gewerbegericht geſagt, wie er das zu tun hat. — In derſelben Stelle vI wird den Leuten z. B., die ſich um eine Konzeſſion zum Schankbetrieb bemühen wollen, mit⸗ geteilt, welche Schritte ſie beim Stadtausſchuß zu inn haben. Auch in Fragen der Arbeiterverſicherung, der Unfallverſicherung wird den Leuten dort Aus⸗ kunft erteilt, ja es werden ſogar Anträge ſofort zu Protokoll genommen. Meine Herren, ich bin erſt bei der Stelle vI angelangt; wir haben 15 Geſchäftsſtellen. Ich glaube, Sie haben ungefähr ein Bild davon be⸗ kommen, daß wir in der Tat in allen Angelegen⸗ heiten, die in das Arbeitsgebiet der Stadt fallen, Auskunft erhalten auf den zuſtändigen Magiſtrats⸗ bureaus über die geſetzlichen Beſtimmungen und über die Wege, die jemand einzuſchlagen hat, um das zu erreichen, was er erhofft und erwünſcht. Dieſe Ein⸗ richtung hat den ausgezeichneten Vorteil, daß ſie uns erſtens keine beſonderen Koſten verurſacht und daß ſie zweitens diejenigen Leute, welche Auskunft ver⸗ laugen, in die Lage ſetzt, den beſten und zweck⸗ mäßigſten Rat zu erhalten; denn die Beamten, die dort in den Geſchäftsſtellen arbeiten, find mit dem