—— 209 —— beſchränkten Gebiete der rechtlichen Beſtimmungen durchaus vertraut und ſind daher in der Lage, den ſicherſten und richtigſten Rat erteilen zu können. Wollten wir dieſe Übung, wie wir ſie bisher haben, aufgeben, und wollten wir eine gemeinſame Rechts⸗ beratungeſtelle einrichten für diejenigen Angelegen⸗ heiten, in denen die Stadt zuſtändig iſt, dann, meine Herren, würde der Rat nicht immer ſo zweckmäßig ausfallen, die Auskunft nicht immer ſo richtig erteilt werden. Es ginge dann gar nicht, daß wir einen Büreaubeamten in ſolche Stelle hineinſetzen; es müßte ſchon ein ganz außerordentlicher Büreaubeamter ſein, der in allen dieſen mannigfaltigen geſetzlichen Be⸗ ſtimmungen ſo genau Beſcheid weiß, daß er ohne Zeitverluſt den richtigen Rat zu erteilen vermag, ſelbſt wenn er die Bücher zurhand hat meine Herren —, denn das macht es auch noch nicht! Es müßte ein Mann ſein, der mindeſtens die Bildung eines juriſtiſchen Aſſeſſors hat. Aber auch der würde noch nicht überall Beſcheid wiſſen, um den richtigen Rat erteilen zu können. Der müßte auch gleichzeitig noch die Qualifikation eines Regierungsaſſeſſors haben. Er müßte auch das Verwaltungsrecht kennen. Sie ſehen alſo, die Auswahl eines geeigneten Beamten wurde nicht nur große Schwierigkeiten bereiten, ſondern die Koſten für ſeine Beſoldung würden auch in erheblichem Maße den Etat belaſten, und die Ein⸗ richtung würde ſchließlich doch nicht den Zweck erfüllen, dem die jetzigen Verwaltungsſtellen mit ihrer Aus⸗ nan in beſſerem Maße und in zweckmäßigerer Weiſe ienen. Ich ſchließe dieſen Teil meiner Erwägungen damit, daß ich ſage: es iſt unnötig, eine beſondere Rechtsberatungsſtelle einzuführen für alle diejenigen Angelegenheiten, die die Stadt in ihrer Zuſtändigkeit, in ihrer Arbeit umſchließt. Nun weiß ich nicht, ob der Herr Antragſteller weitergehen will, ob er will, daß die Stadt auch eine Rechtsberatungsſtelle einrichten ſoll für ſolche Dinge, die nicht zu ihrer Zuſtändigkeit gehören. Zum Beiſpiel, wenn jemand ſeine Ehe ſcheiden laſſen will, ſoll er dann zu dem Rechtsberater der Stadt kommen und fragen, was er für Schritte tun muß? Oder wenn jemand ſeine Spargroſchen in Aktien anlegen will und nicht weiß, in welchen Aktien, ſoll ihm dann der Rechtsberater der Stadt dies ſagen? Oder wenn jemand eine Klage gegen ſeinen Nachbarn an⸗ ſtrengen will, weil er mit ihm in Mietsſtreitigkeiten liegt, ſoll wieder der Rechtsberater der Stadt ihm die nötigen Weiſungen geben? Das heißt alſo, ſoll die Stadt auch auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts, inſoweit es nicht zu ihrer Zuſtändigkeit gehört, eine Rechtsberatungsſtelle einrichten? — Meine Herren, ich ſehe aus den Bewegungen des Herrn Antragſtellers, daß er das nicht meint; aber, meine Herren, es iſt nicht hervorgeſucht, wenn ich darnach frage, denn mit dem, was der Herr Antragſteller hier in ſeinem Antrage berührt hat, hat ſich auch der Herr Miniſter für Handel und Gewerbe beſchäftigt, und der kommt auf den Gedanken, daß man dieſe Rechtsberatungsſtelle von Stadtwegen auch für bürger⸗ liche Rechtsſtreitigkeiten einrichten ſoll, alſo z. B. für Mietsſtreitigkeiten. Das iſt meines Erachtens ein ungeheuerlicher Gedanke, denn wir würden ja damit direkt den Rechtsanwälten Konkurrenz machen. Und, meine Herren, was würde dann das für ein Rat ſein! Es kommt doch nicht darauf an, daß Rat erteilt wird, ſondern es kommt darauf an, daß der Rat richtig iſt, der erteilt wird. Nun denken Sie ſich, daß der Mann, der an dieſer Stelle ſteht, in ſämt⸗ richtiges Urteil bilden kann und in der lichen Sätteln gerecht ſein ſoll, im ganzen öffentlichen Recht nicht nur, ſondern auch im ganzen bürgerlichen Recht, und dann ſuchen Sie ſich mal einen ſolchen Mann und dann bezahlen Sie ihn ſo, wie er das fordern kann. Meine Herren, das würde ja ein großes zentraliſiertes Rechtsanwaltsbüreau werden, welches ſämtliche anderen Rechtsanwälte erübrigt! Alſo das iſt eine Idee, die nach meiner Anſicht, und ich kann auch ſagen nach Anſicht des Magiſmats, prakliſch nicht durchführbar iſt. Ich kann dem Herrn Antragſteller mitteilen, daß wir uns im Magiſtrat mit ſeiner Anregung, die er vor zwei Monaten gegeben hat, eingehend beſchäftigt haben, und daß ich heute in der Lage bin, ihm die Antwort des Magiſtrats darauf zu erteilen. Sie wäre, wenn er nicht den Antrag geſtellt hätte, bereits ſchriftlich Ihnen unterbreitet worden. Ich habe es vorgezogen, ſie mündlich zu erteilen, nach⸗ dem der Anirag vorlag und ich wußte, daß wir die Sache hier beſprechen würden. Der Magiſtrat hat es abgelehnt, beſondere Rechtsberatungsſtellen einzu⸗ richten, weil er ſie nicht für notwendig erachtet für diejenigen Sachen, die die Stadt bearbeitet — denn dafür ſind ſchon Stellen vorhanden —, und weil für die anderen die Stadt nicht zuſtändig iſt. Meine Herren, es wird den Städten jetzt eine Fülle von Aufgaben auferlegt, und der Staat iſt nicht gerade blöde in der Findung von neuen Aufgaben. Der Herr Handelsminiſter hat hier wieder eine Aufgabe gefunden, von der er meint, daß die Städte ſie aus⸗ gezeichnet löſen können, ſolche all zemeine Rechts⸗ deratungsſtelle. Der Magiſtrat iſt der Anſicht, daß die Stadt ſich hüten ſoll, in Dinge einzugreifen, die nicht ihre Sache ſind; ſie ſoll gewiß und gern Auf⸗ gaben übernehmen, die mit ihren allgemeinen Auf⸗ gaben in Zuſammenhang ſtehen und die ſie zweck⸗ mäßig, erfolgreich und ſegensreich behandeln kann; aber hier liegt nirgends die Verbindung mit einer beſtehenden Aufgabe, die die Stadt hat, vor. Wenn der Herr Miniſter für Handel und Gewerbe meint, daß es nötig iſt, daß die unbemittelte Bevölkerung aufgeklärt werden ſoll z. B. über die Wege, die ſie bei Mietsſtreitigkeiten zu gehen hat — nun, dann mag er mit dem Herrn Juſtizminiſter in Verbindung treten und dann mögen die Amtsgerichte angewieſen werden, nach dieſer Richtung hin Auskünfte zu er⸗ teilen, mie ja übrigens eine andere ſtaatliche Behörde, die Polizeibehörde, das ſchon tut. Der Herr Vor⸗ redner hat ausgeführt: Wenn jemand z. B. wiſſen will, was er für Marken für ſein Dienſtmädchen zn kleben hat, dann geht er auf das zuſtändige Polizei⸗ revier und erfährt dort genau, wie die geſetzlichen Beſtimmungen ſind und was er zu beachten hat. Bei den Gerichten geſchieht das nicht; dort werden nur Anträge aufgenommen, es wird aber keine Aus⸗ kunft erteilt. Sie ſehen alſo, meine Herren, daß der Staat, der die Dinge anregt und dieſe Aufgabe auf die Gemeinden übertragen will, ſelbſt nicht in der Sache vorgeht. Mag doch der Staat einmal erſt in feinen Reſſorts die Dinge behandeln, wie er ſie hier von uns behandelt wiſſen will! Im übrigen, meine Herren, iſt der Magiſtrat der Anſicht, daß dieſe Dinge durch das Leben ſelbſt geregelt werden. Es iſt nicht gut, wenn der Bürger überall bevormundet wird und wenn überall, von Stadt⸗ oder Staatswegen, eine Stelle beſteht, die ihm ſagt, was er zu tun hat. Es iſt viel beſſer, wenn der Bürger ſelbſtändig gemacht wird, damit er aus eigener Klugheit und aus eigener Erwägu 10 ein vor⸗