—— 210 —— wärts kommt. Und dafür haben wir ja geſorgt, wir wieder, wir Städte, durch unſere Schulen! Es wird unſere Sorge ſein, unſere Schulen und unſere Fort⸗ bildungsſchulen ſachgemäß und zweckmäßig auszu⸗ geſtalten, damit diejenigen Leute, welche ins Leben treten, ausgerüſtet ſind mit den nötigen Kenntniſſen über das Leben und die Einrichtungen im Siaate, über die Geſetze, mit denen ſie nachher zu tun haben, daß ſie ſich ſelbſt darüber informieren können. In unſeren Fortbildungsſchulen, für die wir ja auch den Zwang eingeführt haben, werden wir nach dieſer Richtung hin dem Wunſche des Herrn Miniſters ent⸗ gegenkommen. Wir werden unſere Schüler auch mit der Geſetzeskunde bekannt machen, die in ihre ge⸗ werblichen Berufsfächer fällt. Meine Herren, das ſind in der Hauptſache die Erwägungen, die der Magiſtrat angeſtellt hat, und aus denen heraus er zu einer Ablehnung des Antrages gekommen iſt, be⸗ ſondere Rechtsberatungsſtellen in unſerer Stadt ein⸗ zurichten. Auch auf unſeren Anteil an den 30 000 %, die der Herr Miniſter für den ganzen Staat zu dieſem Zwecke zur Verfügung geſtellt hat, werden wir verzichlen. Wir wollen unſeren Anteil an dieſen 30 000 ℳ nicht für uns einheimſen, wir glauben übrigens auch nicht, daß auf uns viel entfallen würde. Ich möchte Sie bitten, meine Herren, von dem Antrage, dieſe Frage in einer gemiſchten Deputation zu beſprechen, abzuſehen. Es ſteht in den nächſten Monaten durch die Beratung des Etats Ihnen und uns eine ſolche Fülle von Mehrarbeit in Ausſicht, daß es gut iſt, wenn uns die Zeit nicht noch mehr durch Sitzungen genommen wird. Ich glaube, es wird eine Ausſprache hier genügen, um die Dinge ſo zu klären, daß die Einrichtung einer gemiſchten Deputation nicht notwendig erſcheint. Vorſteher Roſenberg: Nach dieſer Antwort des Herrn Oberbürgermeiſters darf ich annehmen, daß die Interpellation des Stadtv. Stein vom 7. Sep⸗ tember damit erledigt iſt. Stadtv. Holz: Meine Herren Kollegen! Ich möchte vorausſchicken, daß der Antrag des Herrn Kollegen Stein in meiner Fraktion im allgemeinen einen ſympathiſchen Wiederhall gefunden hat. Aller⸗ dings war dem Antrage vonhauſe aus, wie er urſprüng⸗ lich geſtellt war, mit einer gewiſſen Mißſtimmung begegnet worden deshalb, weil man den Eindruck hatte, daß er in Überhaſt gewiſſermaßen a tempo ſich an den von dem Herrn Referenten mitgeteilten Erlaß des Handelsminiſters vom 2. Juli 1904 an⸗ leynt und eigentlich nur eine allgemeine Doktorfrage aufſtellt, ohne in irgendeiner vertieften Form das⸗ jenige mitzuteilen, was nölig iſt, um dieſer allgemein ſchwierigen Frage näherzutreten. Der Herr Antrag⸗ ſteller hat heute in ſeiner Begründung ſich bemüht, der Sache eine andere, wie ich anerkennen muß: beſſere Wendung zu geben, wenn er auch nicht in der Lage war, ſie ſo vertieft zur Darſtellung zu bringen, daß wir heute ſchon imſtande ſein würden, uns ſofort in ſeinem Sinne zu entſcheiden. Der Antragſteller hat nämlich urſprünglich ge⸗ fordert, es möchte eine Summe von 500 ℳ einge ſtellt werden für die probeweiſe Einrichtung einer Rechtsberatungsſtelle für die Bürger von Charlotten⸗ burg. Meine Herren, wenn der Herr Antragſteller ſich vergegenwärtigen möchte, wie das Allgemeine Landrecht, das heute noch über die Frage des Armen⸗ weſens einſchließlich der Beratung der Unbemittelten in Rechtsfragen in Geltung iſt, und wie es ausdrück⸗ daß es dem Staate zukommt, für lich hervorhebt, ihren Unterhalt nicht diejenigen einzutreten, die ſich ſelbſt verſchaffen können, zu der Sache ſteht, dann würde er dieſe Frage ſo, wie er ſie geſtellt hat nicht geſtellt haben. Da ich aber vorausſetzen muß, daß der Herr Antragſteller ſeinen Antrag, wie er unter Nr. 3 der Tagesordnung abgedruckt worden iſt, der von Ihnen gewählten Deputation auf den Weg geben will, ſo kann ich mir doch nicht verſagen, dieſe Unter⸗ ſcheidung beſonders hervorzuheben. Sie wiſſen, meine Herren, daß nur in dem alten römiſchen Recht die Rechtſprechung unentgeltlich geweſen iſt; ſpäter war das nicht mehr der Fall; wenigſtens nach dem kanoniſchen Recht war nur für die Armen die Rechtſprechung unentgeltlich; die Reichen mußten bezahlen. Wenn der Herr Antrag⸗ ſteller ſagt, es ſoll für die probeweiſe Emrichtung einer Rechtsberatungsſtelle für die Bürger Cyarlotten⸗ burgs eine Summe in den Etat eingeſtellt werden, ſo hört es überhaupt mit dieſer Unterſcheidung auf. Der Herr Antragſteller will, daß jedermann im Volke, mag er bemittelt ſein oder nicht, aufs Rathaus laufen darf, um ſich Rat zu holen. Stellen Sie ſich dieſe Völkerwanderung vor, die eintreten würde, wenn das zuläſſig ſein ſollte, daß jeder dieſerhalb umſonſt aufs Rathaus gehen kann! Aber, meine Herren, ich möchte doch den Herrn Antragſteller an die ungeheure Verantwortlichkeit er⸗ innern, die wir auf uns nehmen würden, wenn wir es wagen wollten, in dem umfaſſenden Sinne des Erlaſſes des Herrn Handelsminiſters ſofort, ſelbſt für die für den ganzen Staat ausgeſetzte Summe von 30000 ℳ, die ſogenannte Rechtsberatungsſtelle ins Leben treten zu laſſen. Ich muß ſagen: ergraute Männer der Wiſſenſchaft, hervorragende Richter und Rechtsanwälte würden vielleicht täglich in die größte Verlegenheit kommen, wenn in dieſer Rechtsberatungs⸗ ſtelle aus irgend einem Rechtsgebiet blindlings eine Frage aufgemorfen wird, die ſofort beantwortet werden ſoll. Sie wiſſen ja, meine Herren, wie ſchwierig es oft ſelbſt dem bedeutendſten Juriſten iſt, eine Frage zu beantworten, und ſtellen Sie ſich vor, welche unge⸗ geuren Konſequenzen daraus entſtehen können, wenn dort ein falſcher Rat erieilt wird! Es würde gerade das Gegemeil nervorgerufen werden von dem. was der Herr Handelsminiſter und der Herr Antragſteller bezwecken. Trotzdem bin ich der Meinung, daß die Sache nicht ſo ganz von der Hand gewieſen zu werden brauchl. Ich glaube, daß, wenn es möglich iſt, der Sache eine vertieftere Behandtung zu geben, wꝛs wir doch nur in einem Ausſchuß erlangen können, wir vielleicht zu einem Reſultat kommen würden, das auch den Herrn Antragſteller zufrieden ſtellen wird. Der Herr Antragſteller denkt ſich die Sache leicht: man geht auf die Polizei und bekommt ohne weiteres Auskunft, man ſchreibt an die Zeitung und bekommt Antwort, man kommt aufs Rathaus wie zu einem Automaten, und auf der anderen Seite kommt die Antwort heraus. Nein, meme Herren, ſo iſt die Sache unter keinen Umſtänden zu behandeln. Die Antwort muß auf das ſorgfältigſte geprüft werden. Man muß ſich vorſtellen: wird überhaupt ein ein⸗ zelner Mann in der Lage ſein, und wäre es ſelbſt der weiſeſte Mann, auf der Stelle eine befriedigende Antwort zu geben? Wie geſagt, meine Freunde waren, als ſie die akademiſche Frage des Kollegen Stein geleſen haben, durchaus geneigt, auf dieſen Weg zu treten. Sie waren und ſind auch jetzt noch bereit in einem Aus⸗