—— 211 — ſchuß — eine Deputation würde zu ſchwerfällig ſein — zu beraten, ob es möglich ſein wird, der Sache näher zu treien. Ich muß auch von meinem Standpunkte aus ſagen: unmöglich iſt es nicht; ſelbſtverſtändlich nicht in dieſer allgemeinen Form, in der der Herr Handels⸗ miniſter in ſeinem Erlaß vom 2. Juli 1904 die Sache bepandelt. Als ob eine Stadt wie Charlottenburg ohne weiteres in der Lage wäre, ſolch eine Stelle einzurichten, die auch nur annähernd diejenigen Aus⸗ künfte geben könnte, von der der Herr Miniſter hier ſpricht. Denn der Herr Miniſter geht über den von dem Herrn Oberbürg ermeiſter gezogenen Kreis weit hinaus, er ſpricht von Mietsprozeſſen und andern, die mit Mietsprozeſſen im Zuſammenhange ſtehen, überhaupt von allen Prozeſſen, die über Mein und Dein handeln. Dazu kann aber der Magiſtrat unter keinen Umſtänden übergehen, und er wird ſich hüten auf ſeine Koſten die ſchwere Verantwortlichkeit zu übernehmen. Dabei kann natürlich von der vom Antragſteller erwähnten Konkurrenz abgeſehen werden. Denn davon kann gar keine Rede ſein, daß etwa die Rechtsanwaltſchaft ſich davor fürchtet; die Rechts⸗ anwaltſchaft ſteht ſo groß da, daß ſie ſich freuen würde, wenn ſie in der Lage wäre, hier mitwirken und helfen zu können. Der Handelsminiſter ſelbſt denkt ſich die Rechtsauskunftsſtelle als eine Ver⸗ einigung, die durch gleichmäßige Beteiligung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Aufſicht die 44 Gewähr für die völlige Unparteilichkeit ietet. Es wird ſich vielleicht die Frage aufwerfen laſſen, ob in dem einzuſetzenden Ausſchuß der Ma⸗ giſtrat erſucht wird, auch an die Juſtizaufſichtsbehörde, den Vorſtand der Anwaltskammer oder ſonſt eine Behörde heranzutreien, ob eine Verbindung zwiſchen der Anwaltſchaft und dieſer Rechtsberatungsſtelle möglich iſt, um füngere Anwälte zu veranlaſſen, ihre freie Zeit auf dieſer Rechtsberatungsſtelle zuzubringen. Doch ſei dem, wie ihm wolle; im Gegenſatz zu dem Herrn Overbürgermeiſter kann ich wiederholt erklären, daß von einer Konkurrenzbeſorgnis keine Rede ſein kann. Ich kann mir nicht denken, daß auch nur ein Rechtsanwalt ſich beſchweren würde, wenn eine ſolche Rechtsberatungsſtelle vorhanden wäre. Das Vor⸗ handenſein einer das ganze Rechtsgebiet umfafſenden Stelle würde für das Erwerbsleben der Rechtsanwälte nur vorteilhaft ſein, denn die Prozeſſe würden fich ungeahnt vermehren, und vieie Prozeſſe würden pro nihilo ſein und die Leute bloß aufregen. (Heiterkeit) Aber, wie geſagt, auch dieſer Gedanke der Mitwirkung der Rechtsanwaltſchaft würde im Schoße der Kommiſſion erwogen werden können. Meine Herren, Sie wiſſen ja übrigens, daß unſere Zivilprozeßordnung in der entgegenkommendſten Weiſe Maßregeln getroffen hat zu Gunften der Armen und Bedrängten, ſo weit es ſich um Zivilprozeſſe handelt. Sie wiſſen auch, daß die Rechtsanwälte gehalten ſind, auf Grund des Armenrechts einzu⸗ treten und ſogar Koſten zu übernehmen, und das geſchieht in der humanſten und weitgehendſten Weiſe. Dieſem Zwang, der hier vom Geſetz ausgeübt wird, unterliegen die Rechtsanwälte, die berufen ſind als notwendiges Organ der Rechtepflege mitzuwirken, aber nur in beſchränktem Umfange. Es bleibt ein weites Gebiet offen, auf dem der Rechtsanwalt ge⸗ ſetzlich nicht verpflichtet iſt mitzuwirken, und vieſe⸗ Gebiet iſt es wohl, das Herr Kollege Stein meint. Aber, meine Herren, es iſt furchtbar ſchwer, wie der Herr Oberbürgermeiſter richtig hervorgehoben hat, der Sache näherzutreten und das richtige Feld abzu⸗ ſtecken, auch abgeſehen von der von ihm befürchteten Konkurrenz. Der Herr Oberbürgermeiſter hat übrigens bereits geſagt, daß eine Reihe von Stellen ſchon da ſind, die in der liberalſten Weiſe Auskunft erteilen. Und der Herr Handelsminiſter ſpricht in dem Erlaß ſelbſt davon, daß die Gewerbeaufſichtsbeamten ange⸗ wieſen worden ſind, eine Sprechſtunde abzuhalten, in der den Arbeitern insbeſondere über alle ein⸗ ſchlägigen Fragen des Gewerberechts Auskunft ge⸗ geben werden ſoll. Ich kann mir wohl denken, daß in Anlehnung an dasjenige, was der Herr Ober⸗ bürgermeiſter ausgeführt hat, es möglich wäre, die Inſtruktionen dahin auszubauen, daß z. B. auf dem Gebiete des Verſicherungsweſens und ähnlichen Ge⸗ bieten den einzelnen Beamten eingeſchärft wird, nicht bloß liberal und liebenswürdig zu ſein — das iſt ſelbſtverſtändlich —, ſondern den Leuten auch Aus⸗ kunft zu geben, eventuell auch Schriftſätze zu bauen. Soweit ich weiß, geſchieht das auch auf dem Gebiete des Gewerbegerichtsweſens jetzt bereits in umfang⸗ reichſtem Maße. Aus dieſen Erwägungen, meine Herren, unter⸗ ſtütze ich namens meiner Frakrion den Antrag inſo⸗ weit, als wir nicht in eine gemiſchte Deputation, ſondern in einen Ausſchuß gehen und in dieſem Ausſchuß die Sache beraten wollen in dem Sinne, ob es möglich iſt, auf dem weiten noch freien Felde, auf dem die Armen und Bedrängten noch nicht die Hilfe des Staates und der Gemeinde erhalten, etwas für ſie zu tun. Ich möchte bei dieſer Gelegenheit nicht unerwähnt laſſen, meine Herren, daß auf dem letzten Armen⸗ pflegekongreß, der ſich ex professo mit der Sache beſchäftigen mußte und beſchäftigt hat, nach zwei ſehr eingehenden Referaten man ungefähr zu demſelben Reſullat gekommen iſt wie der Herr Oberbürger⸗ meiſter. Es ſind allgemein Sätze ausgeſprochen: es wäre wünſchenswert, es wäre zweckmäßig uſw.; aber man war an dieſem grünen Tiſche nicht in der Lage, einen beſtimmten Vorſchlag zu machen. Ich glaube alſo, daß wir heute auch nicht zum Ziele kommen werden; ich glaube auch aicht, daß wir morgen zum Ziele kommen werden; der Ausſchuß wird lange zu deraten haben, und insbeſondere wird dabei das zu⸗ grunde gelegt werden, was die einzelnen Vereine auf dieſem Gebiete bereits Hervorragendes geleiſtet haben. Sie wiſſen, meine Herren, daß gewiſſe katholiſche wie evangeliſche Kreiſe ſchon ſeit vielen Jahren, be⸗ ſonders aber auch Arbeiterſekretariate unzählige Ver⸗ eine gegründet haben, die über die Jurisprudenz des täglichen Lebens Auskunft geben, daß ſich dieſe Ver⸗ eine zentraliſiert haben zu ſog. Arbeiterſekretariaten und daß dieſe Einrichtungen Hervorragenges geleiſtet haben. Allerdings ſind dieſe Vereine parteipolitiſch gefärbt, denn es ſind eben faſt ausſchließlich religiöſe oder politiſche Vereine, die ſolche Auskunftsanſtalten errichtet haben. Wenn es möglich iſt, in dieſem Sinne einen Ausbau im Anſchluß an bereits vorhan⸗ dene Gemeindeeinrichtungen vorzunehmen, ſo würden wir ein ſchönes Ziel erreicht haben, und ich würde mich freuen, dann mit Herrn Kollegen Stein einer Meinung zu ſein. Aber ſo leicht, wie er ſich dies mit ſeinem Antrag gedacht hat, geht es nicht. Ich bitte alſo namens meiner Fraktion, den Antrag einem Ausſchuß von neun Mitgliedern zu überweiſen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, wir werden