, 2,, Vorſteher Roſenberg: Punkt 4 der Tagesordnung: Antrag des Stadtv. Holz und (GGen. betr. Bereitſtellung von Mitteln für %. und Bildung einer Deputation für mſt⸗ zwecke. Druckſache 455. Der Antrag lautet: Die Stadtverordnetenverſammluug beſchließt, den Magiſtrat zu erſuchen: 1. in Kap. XIV des Haushalmungsplans (Ver⸗ ſchiedene Einnahmen und Ausgaben) für das Rechnungsjahr 1905 einen Betrag von 20 000 ℳ zur Verwendung für Kunſtzwecke einzuſtellen; 2. der Siadtverordnetenverſammlung alsbald eine Vorlage betr. die Errichtung einer ſtädtiſchen Deputation für Kunſtzwecke zu machen. Antragſteller Stadtv. Holz: Meine Herren, wenn wir die heutige Tagesordnung ins Auge faſſen, werden wir nicht umhin können, eine freudige Genug⸗ tuung darüber zum Ausdruck zu bringen, daß ein großer Teil derſelben ſich mit der Sozialpolitik befaßt. Wenn man daraus die Signatur von Charlottenburg entnehmen will, muß man ſagen: es handelt ſich um eine ganz geſunde Stadt. Geſund muß ſie ſein, ſonſt würden ſolche Anregungen, wie wir ſie eben gehört haben, und eine Anregung, wie ich ſie jetzt im Verein mit einer Anzahl von Freunden bringe, überhaupt nicht vorgebracht und eingehend beraten werden. Ich würde mich freuen, wenn es mir gelingen ſollte, Ihre Aufmerkſamkeit auf dieſen Gegenſtand ſo zu lenken, daß dasjenige Ziel erreicht wird, welches die Antragſteller wünſchen. Meine Herren, davon, daß es zu den Aufgaben der Stadt gehört, nicht bloß für das körperliche Wohl, ſondern auch für das moraliſche Gedeihen der Bürger Sorge zu tragen, ſpricht ja nicht bloß die heutige Tagesordnung; darüber ſind wir alle einig. Sie wiſſen, daß dieſer Gedanke, daß wir für das geiſtige Wohl unſerer Mitbürger zu ſorgen haben, ſich durch alle Verhandlungen hindurchzieht. Ich frage alſo. meine Herren: Iſt es nicht natürlich, wenn wir einen Schritt weiter gehen und wenn wir das moraliſche Wohl der Mitglieder unſerer Stadt dadurch heben wollen, daß wir ihrem geiſtigen Auge, ihrer Seele dasjenige Maß an Nahrung zuführen, was not⸗ wendig n um den Bildungshunger, den Hunger nach Kunſt ſo zu ſtillen, wie er geſtillt werden muß? Meine Herren, die Kunſt iſt die ſinnliche Dar⸗ ſtellung des Schönen, der Stoff ſoll durch die Form vertilgt werden. Hierin liegt nach dem klaſſiſchen Ausſpruch von Schiller das Geheimnis des Meiſters, Gehen wir von dieſem Standpunkt aus an die Kunſt⸗ werke von Charlottenburg, an die Stadt Charlotten⸗ burg heran, ſo werden wir zu dem Ergebnis kommen. zu dem wir alle längſt gekommen ſind, daß zwar die Stadt Charlottenburg eine wirklich ſchöne Stadt iſt — ſchön dadurch, daß die alten Reſte der Gartenſtadt Charlottenburg noch vorhanden ſind, daß der eine oder andere ſich einen wunderbaren Palaſt gebant hat —, daß aber Charlottenburg auf den Namen einer Kunſtſtadt im wahren Sinne des Wories, etwa wie Nürnberg oder Straßburg oder ſonſt eine ſchöne ſüddeutſche Stadt, nicht im geringſten Anſpruch er⸗ heben kann. Es fehlt jede Einheitlichkeit, es fehlt jede Dispoſition. Es muß jede Einheitlichkeit, jede Dispoſition fehlen, weil die Stadt bei dem rapiden Anwachſen weder die Zeit noch die Möglichkeit gehabt hat, ſich diejenigen Mittel und Wege zu verſchaffen, die erforderlich ſind, um das Defizit zu decken, welches auf dieſem Gebiet vorhanden iſt. Meine Herren, Charlottenburg ſteht in dem Rufe — wir haben ja oft darüber geſprochen —, eine beſonders reiche Stadt zu ſein; man ſagt, es wäre die reichſte oder faſt die reichſte Stadt. Sehen wir uns mal im burgerlichen Leben um! Jeder Mann aus dem Volke, jeder Privatmann hält es für ſelbſtwerſtändlich, ſein Heim zu ſchmücken, faſt möchte ich ſagen, der ärmſte Mann tut es. Jeder Mann aus dem Volke hat ſeinen Etat dafür. Und die Stadt Charlottenburg, dieſe reiche Stadt ſoll nicht in ihren Stadtſäckel greifen und ſagen: wir wollen einmal 20, 30, 40 000 Mark für ſolche edlen Zwecke ausgeben! Meine Herren, das iſt mir unbegreiflich. Ich halte es für dringend notwendig, daß wir an der Hand derartiger Er⸗ wägungen zu dem Schluß kommen, in den Stadtſäckel zu greifen und eine beſtimmte Summe herauszunehmen. Ich hatte urſprünglich den Gedanken, eine viel größere Summe in Vorſchlag zu bringen. Aber, meine Herren, daß wir irgend eine Summe herausnehmen müſſen, das unterliegt nach meinem Dafürhalten gar keinem Zweifel. Schon das Vorhandenſein einer ſelbſt noch ſo geringfügigen Summe für dieſe Zwecke würde zweifellos anregend und befruchtend wirken; es würde das Bewußtſein, daß wir Mittel zur Erwerbung von Kunſtwerken für die Stadt beſitzen, uns veranlaſſen, auch ſolche Kunſtwerke anzuſchaffen. Wenn aber dieſe Mittel nicht vorhanden ſind, können wir das nicht tun. Ich glaube auch, daß es über dieſe Frage bei uns allen wohl kaum einen Zweifel geben wird, daß wir alle darin einig ſein werden. Schwieriger natürlich wird die Frage des Ob und Wie der Einſetzung einer Kunſtdeputation ſein. Aber auch dieſe Frage, meine Herren, würde ich bitten, mit mir zu bejahen. Fragen der Aeſthetik und Fragen der reinen Kunſt laſſen ſich niemals in einer großen Verſammlung beantworten, und mag die Verſammlung auch aus noch ſo erleſenen Geiſtern beſtehen, wie denn überhaupt Fragen der Kunſt niemals per majora entſchieden werden können. Für ſolche Fragen muß man ſich an Sachverſtändige wenden, und wenn wir auch hier in unſerer Stadt⸗ verordnetenverſammlung auf dem einen oder anderen Gebiete der Kunſt Sachverſtändige haben, ſo reicht das deshalb nicht aus, weil nur eine wirkliche Kunſt⸗ deputation, eine durch Tradition und durch Gewohn⸗ heit dauernd und erfahren gewordene Einrichtung dasjenige leiſten kann, was notwendig iſt, um eine einheitliche Kunſtgeſtaltung, ein ſchönes Bild der Stadt herbeizuführen. Würden wir ſchon im Beſitze einer ſolchen Einrichtung geweſen ſein, meine Herren, ſo würden wir z. B. die lange Leidensgeſchichte der Charlottenburger Brücke, dieſes nicht ſehr angenehme Kapitel unſerer Chronik, gar nicht erlebt haben. Schon lange, bevor ich in die Stadtverordneten⸗ verſammlung eingetreten bin, hat ſie ſich mit der Charlottenburger Brücke befaßt, und wir ſind heute noch nicht damit zu Ende gekommen. (Zuruf.) — Meine Herren, es wird mir hier eingeworfen, das hänge mit der Kunſtdeputation, mit der Kunſt nicht zuſammen, wenn ich recht verſtanden habe. Gewiß hängt das damit zuſammen! Wir wollen uns doch erſt einmal klar machen: was fällt überhaupt in den Bereich dieſer Kunſtdeputation, was wird das Anwendungsgebiet dieſer Deputation ſein? Die Kunſt⸗