Aus dieſen Gründen werden wir für den Antrag ſtimmen! (Bravo!) Stadtv. Gleim: Meine Herren, man kann ein ſehr großer Verehrer und Freund der Kunſt ſein und doch die beiden Anträge, die hier geſtellt ſind, für unannehmbar halten. Ich meinesteils habe eine ſehr große Liebe zur Kunſt; ich halte aber dieſe beiden Anträge doch für unannehmbar. Im Gegen⸗ ſatz zu den veiden Herren Vorrednern bin ich der Anſicht, daß die Kommunen nicht die Aufgabe haben, die Kunſt zu fördern. Das gehört nicht prinzipiell zu ihren Pflichten und Aufgaven. Es gehört vor allen Dingen nicht dazu die Pflicht, etwa für die Ausbildung in der Kunſt zu ſorgen. Dieſe Pflicht und auch die andere Pflicht, welche die Kunn⸗ förderung erheiſcht, liegen vielmehr dem Staate ob, und wir haben ja gerade in unſerer Stadt die ver⸗ ſchiedenſten Akademien, die der Pflege der Kunſt, der Ausbildung fur die Kunſt gewidmet ſind. Alſo davon kann meiner Anſicht nach nicht die Rede ſein. Der Antrag Nr. 1 iſt ſo unbeſtimmt, daß er auch hierauf ſogar bezogen werden kann. Es heißt da: es ſollen 20 000 ℳ für Kunſtzwecke bereit ge⸗ ſtellt werden. Darunter kann man alles rechnen; man kann Stipendien darunter rechnen, kurzum alles, was irgendwie die Kunſt fördern kann. Ich meine, dieſe Aufgabe iſt vor allen Dingen ausgeſchloſſen. Nun hat der Herr Antragſteller ſeinen Antrag dahin motwiert, er wolle dafür ſorgen, daß in Charlottenburg eine Galerie für Kunſtzwecke angebahnt würde. Der Herr Antragſteller hat geſagt: nament⸗ lich für den Ankauf von Kunſtwerken ſoll die Summe beſtimmt ſein. Meme Herren, auch die Einrichtung derartiger Sammlungen iſt meiner Anſicht nach nicht Aufgabe der Städte. Ich weiß ſehr wohl, daß ver⸗ ſchiedene Städte derartige Galerien haben; aber ich bin feſt überzeugt, wenn man der Sache auf den Grund geht, ſo hat man da nicht etwa in An⸗ erkennung einer derartigen Pflicht dieſe Anſtalten errichtet, ſondern weil ſchon Anſätze dazu da waren, vielleicht Stiftungen, wie es z. B. in Frankfurt a. M. der Fall iſt. Die Herren, die in früherer Zeit in Frankfurt a. M. geweſen ſind, werden ſich noch ent⸗ finnen, daß die Sammlungen als das Städelſche Kunſtinſtitut zu ſehen waren; es war eine Stiftung gemacht, dieſe iſt auf die Stadt übergegangen, und daran hat ſich die Galerie dann geſchloſſen. Ich bin feſt überzeugt, daß auch anderwärts, wo ähnliche Galerien beſtehen, ſie in ähnlicher Weiſe veranlaßt worden find. Nun mag es ja ſein, daß manche Städte ſich ern den Luxus gönnen und auch imſtande ſind, ch ſolche Kunſtinſtitute zu ſchaffen. Das kann ich mir namentlich da denken, wo überhaupt keine der⸗ artigen Kunſtſammlungen beſtehen. Wie man aber für Charlottenburg ſo etwas beantragen kann, das iſt mir vollſtändig unbegreiflich. Wir grenzen an Berlin; Berlin ſtellt die reichſten Sammlungen zu gebote, einmal für das Publikum, um ſich daran kunſtleriſch zu erfreuen, und andernteils als Anregung für Maler und Bildhauer. Wie unter dieſen Um⸗ ſtänden Charlottenburg zu einer ſolchen Sammlung ſich entſchließen ſoll, verſtehe ich nicht, und würde es für einen großen Fehler halten, wenn wir dafür Mittel bewilligen. Alſo ich bin, wie geſagt, der Anſicht, daß die Anträge ſchon deshalb prinzipiell abſolut unannehmbar ſind. Es könnte ſich höchſtens darum handeln, vielleicht 219. — ——— für die künſtleriſche Ausſchmückung des Rathauſes zu ſorgen. Meine Herren, aber das Rathaus iſt jetzt noch nicht fertig; wir haben reichlich Zeit, uns darüber noch zu unterhalten und eventuell Beſchluß zu fafſen. Ich weiß auch gar nicht, weshalb wir hier in dieſer Frage die Initiative des Magiſtrats aus⸗ ſchließen ſollen. Der Magiſtrat wird ſicher kommen; die Erfahrung haben wir doch alle, daß der Magiſtrat gerade nicht ängſtlich vor Ausgaben zurückſchreckt. (Widerſpruch am Magiſtratstiſch.) Sie können alſo ſicher ſein, daß derartige An⸗ träge kommen werden. Das iſt meiner Anſicht nach die einzige Möglichkeit, ſeitens der Städte die Kunſt zu fördern. Aber es geſchieht meiner Anſicht nach weit beſſer, wenn wir es in jedem einzelnen Falle (un. wo ſich ein derartiges Bedürfnis heraueſtellt. als wenn wir von vornherein Mittel in den Etat einſtellen, die wahrſcheinlich fortlaufend werden würden, und in denen ein Anerkenntnis gefunden werden könnte, daß wir eine ſtadtiſche Aufgabe darin ſehen, die Kunſt durch prinzipiellen Ankauf von Kunſtwerken zu unterſtützen. , Was die ſpezielle Faſſung der Anträge betrifft, ſo ſollen wir für das Rechnungsjahr 1905 einen Betrag von 20 000 ℳ zur Verwendung für Kunſt⸗ zwecke einſtellen. Ich habe vorhin ſchon erwähnt: „für Kunſtzwecke“ iſt ein ganz allgemeiner Ausdruck, aus dem man nichts und alles machen kann. Die Herren, die den Antrag annehmen wollen, müſſen meiner Anſicht nach dafür plädieren, daß dieſe Worte „für Kunſtzwecke“ durch andere erſetzt werden, damit zu erſehen iſt, was eigentlich damit ge⸗ wollt iſt. Nun weiß ich nicht, weshalb der Herr Antrag⸗ ſteller, wenn er, wie er jetzt ausgeführt bat, dieſe Summe verwendet wiſſen will zu einem Grundſtock für eine Galerie ſowohl von Gemälden wie von Skulpturen, nicht einen viel höheren Betrag ge⸗ nommen hat. 20 000 ℳ ſind dann gar nichts; dafür müßte man ſchon einen weit größeren Betrag nehmen. 5 Der zweite Antrag geht nun dahin, daß eine Deputation für Kunſtzwecke eingeſetzt werden ſoll. Auch dieſen Antrag halte ich für vollſtändig unan. nehmbar. Was ſoll dieſe Deputation machen? Soll ſie ſich lediglich — und das glaube ich ans den Ausführungen des Herrn Antragſtellers entnommen zu haben — damit befaſſen, wo ein Kunſtwerk für Charlottenburg angeſchafft oder hergeſtellt werden ſoll, ihr Gutachten abzugeben? So iſt es begründet worden. 8 2 (Stadtv. Holz: Nur in der äſthetiſchen, in der eigentlichen Kunſtfrage!) Auch ſelbſt dagegen habe ich große Bedenken. Eine Depuation, gewiſſermaßen ein Kunſtgericht zu bilden, hat ſeine ſehr großen Bedenken und Schatten⸗ ſeiten. Man weiß, daß ſich in derartigen feſten Organiſationen oder feſten Einrichtungen gar zu häufig Vorurteile bilden. Wir haben noch gar nicht die Gewißheit, daß in dieſer Deputation Leute ſitzen, die die nötigen Kunſtkenntniſſe haben, namentlich in Bezug auf das Techniſche und auf den nötigen Ge⸗ ſchmack. Es iſt mit dieſen Sachen ein gar eigenes Ding; es iſt die Frage: wodurch wird das richtigſte Urteil über die Bedeutung der einzelnen Kunſtwerke gewonnen. Man hat doch eigentümliche Erfahrungen gemacht. Es iſt z. B. — mir iſt das wenigſtens von verſchiedenen Seiten geſagt worden in Paris im Salon, in der periodiſch wiederkehrenden Kunſt⸗ ausſtellung, für die Beurteilung der einzelnen Bilder