——— 288. bei dem Verein beſchäftigt wird, der ſich der Unfall⸗ verletzten annimmt. wo Herr Kollege Samter im Vorſtand iſt. — Schön, er iſt dem Verein hinge⸗ ſchickt worden, kam zurück und ſagte: der bietet mir eine Mark, davon kann ich nicht leben, damit kann ich nichts machen. — Wir haben dann den Prozeß des Mannes geführt. Das Reichsverſicherungsamt hat klipp und kar erklärt: der Unfall hat gar nichts mit ſeiner Sehkraft zu tun, Schulze iſt ſchon vorher ſo hochgradig kurzſichtig geweſen. Dadurch iſt es gekommen, meine Herren, daß 2 Jahre und 2 Monate darüber hingegangen ſind und er ſo lange bei uns beſchäftigt war. Ich war mir der großen Verantwortung wohl bewußt, habe es auch dem Herrn Oberbügermeiſter nicht verhehlt, die wir damit übernahmen, daß ein ſo hochgradig kurzſichtiger Arbeiter auf der Straße bei dieſem Ver⸗ kehr beſchäftigt wurde, und deshalb war es für mich förmlich eine Erlöſung, als der Termin abgelaufen war, bis zu weichem er bei der Straßenreinigung beſchäftigt werden konnte. So liegt die Sache. Nun ſagen Sie, meine Herren, der Magiſtrat ſoll ſehen, den Mann weiter zu beſchäftigen. Als ſtändiger Arbeiter kann er nicht angenommen werden, das werden Sie ſelbſt zugeben, weil er nicht geſund iſt. Eine ſtändige Hilfsarbeiterklaſſe gibt es nicht. Es iſt ja möglich, daß er ein paar Monate in der Baumſchule in der Parkverwaltung beſchäftigt werden kann, auch in der Tiefbauverwaltung vielleicht ein paar Monate. Ich habe ſchon dem Schulze geſagt, er ſoll ſich an unſere Fuhrunternehmer wenden, vicl⸗ leicht kann er da als Stallknecht ankommen. Wir find doch nicht dazu da, weil wir aus Mitleid den Mann, der ſonſt nach 2, 3 Monaten ruhig entlaſſen worden wäre, weiter beſchäftigt haben, nun auch dauernd für deſſen Zukunft zu ſorgen. Im Sommer nehmen wir Dutzende von Hilfsarbeitern an, die wir nach einigen Monaten wieder entlaſſen. Weil wir alſo aus Mutgefühl den Mann länger beſchäftigt haben, folgern Sie nun daraus, da wir ihn 2/ Jahre lang durchgeſchleppt haben, daß wir ihn auch weiter dauernd beſchäftigen müſſen! Ich perſönlich intereſſiere mich für den Mann und habe ſein Un⸗ glück ſehr wohl empfunden; der Herr Oberbürger⸗ meiſter intereſſiert ſich für ihn auch, und wir werden ſehen, was ſich tun läßt. Aber beſtimmte Hoffnungen kann auch ich nicht machen. Stadtv. Dr. Zepler: Meine Herrren, ich muß mich in etwas rektifizieren. Ich bin berichtet worden, der betreffende Schulze litte an Weitſichtigkeit; jetzt höre ich eben von Herrn Stadtrat Meyer, es handle ſich um Schwachſichtigkeit. Das kann doch nicht ſo einfach durch ein Glas korrigiert werden wie Weit⸗ ſichtigkeit, alſo Refraktionsſtörungen. Dadurch liegt die Sache in der Tat etwas anders. Nach der Dar⸗ ſtellung des Herrn Stadrat Meyer muß ich wohl zugeben, der Magiſtrat hat getan, was ſich unter dieſen Umſtänden tun ließ. Ich kann mich deswegen auf den Standpunkt des Petitionsausſchuſſes ſtellen, möchte aber doch anheimgeben, das Wohlwollen für den Arbeiter nicht aufzugeben, ſondern weiter zu ver⸗ folgen. Bedenken Sie, der Mann hat immerhin bei einer Beſchäftigung im Dienſte der Stadt Unfall erlitten, wenn auch ſein Augenleiden nicht darauf zurückzuführen iſt. Es bleibt doch immer in den Anſchauungen des Betreffenden ein Stachel zurück, er wird nicht zu überzeugen ſein, daß das damit nichts zu tun hat, und er wird ſicher denken, das Leiden ſei ſeitdem ſchlimmer geworden, die Stadt habe Schuld daran, und jetzt werde er abgeſtoßen. Deshalb möchte ich Sie bitten, Ihr ſoziales Intereſſe dem Manne weiter zuzuwenden, und wenn es irgend geht, Beſchäftigung für ihn zu finden. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Sellin (Schlußwort): Meine Herren, die Urkunden der Arzte beweiſen es ja, daß der Mann nicht durch den Unfall erwerbs⸗ unfähig geworden iſt. Wie aber ſolche Gutachten mitunter zu ſtande kommen, darüber hat jeder, namentlich der im öffentlichen Leben ſteht und viel damit zu tun gehabt hat, Erfahrungen ſchon genug geſammelt. Ich habe die volle uberzeugung, daß der Mann eine Unfallrente ſchließlich doch bekommen hälte, wenn nicht ſein Befürworter, der ihn beim Reichsverficherungsamt verteidigt hat, ſelbſt einen groben Fehler gemacht hätte. Das Schriftſtück iſt mir zu Geſicht gekommen, wo die Berufsgenoſſen⸗ ſchaft in ihrem Recht war. Solche Sachen paſſieren im menſchlichen Leben ja öfter. Der Herr Oberbürgermeiſter ſagte, der Mann wäre völlig erblindet. Aber, Herr Oberbürgermeiſter, der Mann hat, nachdem der Unfall 1902 ſich ereig⸗ nete, bis in den Auguſt 1904 als Straßenarbeiter gearbeitet, es iſt ihm kein Malheur pafſiert, und er hat keinen Schaden erlitten. Ich meine alſo, es kann doch mit ſeiner Sehkraft nicht allzu ſchlimm geweſen ſein. Im Ausſchuß iſt das alles erwogen worden, und der Ausſchuß iſt zu der ÜUberzeugung gekommen, dem Magiſtrat zu empfehlen, dem Mann doch irgend wo anders eine Beſchäftigung zu verſchaffen. Ich glaube, der Magiſtrat wird auch ſein Möglichſtes darin tun. Ich bitte Sie, den Antrag des Petitons⸗ ausſchuſſes anzunehmen. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Petitionsausſchuſſes wie folgt: Die Verſammlung bedauert, die Petition des Schulze wegen Einſtellung als Straßenarbeiter nicht befürworten zu können und geht darüber zur Tagesordnung über. Die Verſammlung erſucht aber den Magiſtrat um Erwägung, ob Schulze in irgend einer anderen Stelle be⸗ ſchäftigt werden kann.) Vorſteher Roſenberg: IX. Petition des Hausbeſitzers Hugo Bal⸗ dermann hier, betr. Asphaltierung der Augsburgerſtraße. Berichterſtatter Stadtv. Kaufmann: Der Haus⸗ beſitzer Hugo Baldermann, Augsburgerſtraße 41, pe⸗ titioniert um Asphaltierung des Reſtes der Augs⸗ burgerſtraße. Meine Herren, es iſt in der Augs⸗ burgerſtraße bis jetzt ein kleiner Teil noch nicht asphaltiert. Die Koſten der Asphaltierung würden ſich auf etwa 46 000 ℳ ſtellen. Der Petent hebt hervor, und der Petitionsausſchuß ſchloß ſich dem an, daß gerade dies eine unasphaltierte Stück der Augsburgerſtraße tatſächlich zu einer Benachteiligung der betreffenden Hausbeſitzer führe. Mieter, die jetzt die ganze Gegend dorl bis auf einen kleinen Teil asphaltiert finden, werden leicht dazu veranlaßt, 2 Minuten weiter zu gehen und in asphaltierten Straßen ihre Wohnung zu ſuchen. Aus dieſem Grunde glaubte der Petitionsausſchuß dieſe Vorlage dem Magiſtrat zur Berückſichtigung empfehlen zu ſollen, umſomehr als einzelne Mitglieder des Aus⸗