—— 247 Bedürfnisfrage nicht verneinen. Ich habe Ihnen nachgewieſen, in wie vielen Fällen das immerhin noch ſehr primitive Sekretariat, das hier von den Gewerk⸗ ſchaften errichtet iſt, von den Arbeitern in Anſpruch ge⸗ nommen wird. Das Bedürfnis beſteht einmal, und dies Bedürfnis wird zunehmen, je mehr die Bevölkerung Charlottenburgs zunehmen wird. Der Herr Berichterſtatter war ſich ſelbſt darüber klar, daß der Antrag des Ausſchuſſes kein Definitivum iſt, und daß etwas Beſſeres geſchaffen werden muß. Meine Herren, in dieſem Punkte ſtimme ich ihm vollkommen bei. Wir halten den Antrag nicht nur für kein Te⸗ finitivum, ſondern wir halten ihn überhaupt für nichts; er iſt abſolut nichtsſagend. Man würde da⸗ mit lediglich den Charlottenburger Bürgern Sand in die Augen ſtreuen; man würde ſo tun, als ob etwas geſchaffen iſt, während in Wirklichkeit nichts geſchaffen iſt. Meine Herren, Sie können nicht verlangen, daß wir das mitmachen. Wohl aber wollen wir Ihnen entgegenkommen und Ihnen das Beſſere, nach dem Sie ja zu ſtreben ſcheinen, hier gleich vorſchlagen. Wir haben das vorige Mal beantragt, die Auskunfts⸗ ſtelle des Charlottenburger Gewerksſchaftskartells finan⸗ ziell ſeitens der Stadt zu unterſtützen. In der De⸗ batte hat dann Herr Kollege Spiegel dieſen unſeren Vorſchlag aufgegriffen und ihn erweitert; er hat ſich dahin ausgeſprochen, daß man dann auch andere ge⸗ meinnützige Auskunftsſtellen unterſtützen müſſe. Ich habe Herrn Kollegen Spiegel gieich erwidert, daß wir dagegen ſelbſtverſtändlich nichts einzuwenden 11 0. natürlich muß es ſich wirklich um ſolche Auskunfts⸗ ſtellen handeln, die allen zur Verfügung ſtehen, nicht etwa um Auskunftsſtellen, die ſeitens eines Vereins errichtet ſind, und in denen nur Mitglieder des Vereins Auskunft bekommen. Ich habe nun die Anregung des Herrn Kollegen Spiegel aufgegriffen und will mir erlauben, im Namen meiner Freunde unſeren Antrag ſo abzuändern, wie Herr Kollege Spiegel in der vorigen Sitzung vorgeſchlagen hat. Mein neuer Antrag lautet demnach: Der Magiſtrat wird erſucht, der Stadt⸗ verordnetenverſammlung eine Vorlage betr. Be⸗ willigung von Mitteln zur Unterſtützung der in Charlottenburg beſtehenden gemeinnützigen Rechtsberatungs⸗ bezw. Auskunftsſtellen zu machen. Meine Herren, ich darf wohl annehmen, daß Herr Kollege Spiegel ſeine Anſchauung, die er bei der erſten Leſung vertreten hat, auch heute noch ver⸗ tritt. Ich darf auch ferner annehmen, daß er im Namen ſeiner Freunde geſprochen hat, ſodaß die An⸗ nahme dieſes Antrages gefichert erſcheint. Hoffentlich wird dann auch der Magiſtrat dem beitreten, und wenn das geſchieht, iſt in Wirklichkeit ein Schritt vorwärts getan, während mit dem Antrage des Aus⸗ ſchuſſes abſolut nichts erreicht iſt. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Riel: Herr Kollege Hirſch hat mich offenbar mißverſtanden. Ich habe nicht geſagt — ich kann das ganz beſonders dick unterſtreichen —, daß meines Erachtens dieſe Or⸗ ganiſation, wie ſie hier vorgeſchlagen iſt, geändert werden muß, ſondern ich habe nur geſagt, ſie könne vielleicht geändert werden. Daß das Ganze ein Ver⸗ ſuch iſt, habe ich allerdings daß es ein untauglicher Verſuch ſei. Herr Hirſch hat in meine Worte etwas hineingelegt, was ich keineswegs darin geſehen habe und ſehen will. Was die Sache ſelbſt anbetrifft, ſo kann ich nicht zugeben, daß das Ganze dazu geſchaffen wird, geſagt, aber gwigen ollege um den Charlottenburger Bürgern Sand in die Augen zu ſtreuen. Dazu liegt auch gar keine Ver⸗ anlaſſung vor. Wir haben meines Erachtens den Charlottenburger Bürgern die Möglichkeit gegeben durch die Organiſation, die wir vom Magiſtrat wünſchen, daß jeder — ob unbemittelt oder bemittelt, leichviel — erfahren kann: wo hole ich mir in der ngelegenheit Rat. Weiter wollen wir nichts. Denn Sie dürfen nicht außer acht lafſen: würde von Amtswegen ein Rat erteilt von einer Organiſation, welche der Magiſtrat ſchafft, ſo übernimmt der Ma⸗ giſtrat die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit dieſes Rates. Wir wollten uns auf dieſes ſchwierige Ge⸗ biet zunächſt nicht begeben. Auch was die Begrenzung anbetrifft, kann ich die Ausführungen des Herrn Kollegen Hirſch nicht ugeben. Es ſteht hier ausdrücklich: „ſtädtiſche und ſualiche Dienſtſtellen“. Das heißt doch nicht bloß ſolche, von denen der .— Oberbürgermeiſter ge⸗ ſprochen hat, ſondern alle, welche in irgend einer Weiſe mit öffentlich⸗rechtlichen Angelegenheiten befaßt zu werden pflegen. Wir ſind der Überzeugung ge⸗ weſen, daß dieſe Möglichkeit, die jetzt unſeren Burgern gegeben werden ſoll, vollſtändig ausreicht. Die Be⸗ dürfnisfrage nach etwas Weiterem iſt gerade deswegen verneint worden, weil dasjenige, was Herr Kollege Hirſch — oder war es Herr Kollege Baake? ich weiß es nicht genau — aus der Überſicht der Ge⸗ werkſchaftsratserteilung vorgeleſen hat, überwiegend Dinge des öffentlichen Rechts waren und in einem verhältnismäßig kleinen Prozentſatz — und das hat auch Ihr Herr Vertreter im Ausſchuß bei der Kund⸗ ebung der letzten, ich glaube, aus dem Jahre 1903 ammenden Überſicht vorgetragen — privatrechtliche Verhältniſſe Gegenſtand der Ratserteilung geweſen ſind. Mit aus dieſem Grunde haben wir uns darauf beſchränkt, zunächſt für öffentliches Recht eine Aus⸗ kunftsſtelle zu ſchaffen. Stadtv. Dr. Spiegel: Meine Herren, ich möchte nur ganz kurz auf die ryetoriſche Frage des Herrn Kollegen Ouſg erwidern. Ich ſtehe ſelbſtverſtändlich heute ebenſo wie das vorige Mal auf dem Standpunkt, daß die Unterſtützung gemeinnütziger Rechtsberatungs⸗ ſtellen ſeitens der Stadt angebracht iſt, und heute um ſo mehr, als die Stadt ja darauf verzichtet, eine eigene Rechtsberatungsſtelle einzurichten. Ich hoffe auch, daß meine Freunde ſich dieſer Anſchanung an⸗ ſchließen werden. Wir haben darüber in der Fraktion keine beſondere Beratung gehabt, und ich kann des⸗ halb nur im eigenen Namen ſprechen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung lehnt den Antrag des Stadtv. Hirſch ab und nach dem Antrage des Ausſchuſſes, wie folgt: 1. Der Magiſtrat möge durch eine geeignete Organiſation dem Publikum die Auffindung der zur Beratung im Einzelfall berufenen ſtädtiſchen und ſtaatlichen Dienſtſtellen ſo erleichtern, daß von der Befugnis, dortſelbſt Auskunft einzu⸗ holen, mit Leichtigkeit ein ausgiebiger Gebrauch gemacht werden kann. Über eine hierdurch etwa erforderliche Vermehrung oder Schaffung von Dienſtſtellen möge eventuell der Stadtwverordneten⸗ verſammlung eine Vorlage gemacht werden. 2. Der Antrag des Stadtverordneten Stein und Gen. vom 7. 11. 04 und der Abänderungs⸗ antrag des Stadtverordneten Stein vom 23. 11. 04 ſind durch die Beſchlußfaſſung zu 1 erledigt.