29 Anſicht wie die Antragſteller, daß Überſtunden mög⸗ lichſt beſeitigt werden müſſen. Aber die Wege, die zur Erreichung dieſes Zieles führen ſollten, wichen erheblich ab. Der Vertreter des Magiſtrats meinte nämlich, daß man die Überſtunden am beſten dadurch beſeitigt, daß man von den Arbeitern eine Über⸗ ſtunde unentgeltlich verlangt. Die Antragſteller da⸗ gegen vertraten den Standpunkt, daß, wenn überhaupt die Uberſtunden abgeſchafft werden ſollen, das beſte Mittel hierzu darin beſteht, die Arbeitgeber, gleich⸗ viel ob es nun private Arbeitgeber oder Kommunen ſind, zu zwingen, für die Uberſtunden eine höhere Entlöhnung zu zahlen. In dieſer Anſchauung ſtehen die Antragſteller durchaus auf dem Boden aller ge⸗ werkſchaftlich organiſierten Arbeiter, die auf ihren Kongreſſen wiederholt eine höhere Bezahlung der Überſtunden gefordert haben, und zwar zu dem Zwecke, das Uberſtundenweſen mit der Zeit überhaupt zu beſeitigen. Eine weitere Debatte entſpann ſich darüber, ob, wenn Überſtunden ſeitens der Arbeiter gemacht werden, in Zukunft auch die erſte Stunde bezahlt werden ſoll oder nicht. Die Vertreter des Magiſtrats meinten, daß ja auch die Beamten Uberſtunden machen müßten und nicht dafür entſchädigt würden. Die Antragſteller erklärten ausdrücklich, daß ſie grund⸗ ſätzlich auch forderten, daß die Überſtunden der Be⸗ amten bezahlt werden; ſie betonten aber ferner, daß zwiſchen der Stellung der Beamten und der Stellung der ſtändigen Arbeiter ein gewaltiger Unterſchied iſt, und daß infolgedeſſen die Arbeiter noch vielmehr als die Beamten ein Recht hätten, die Bezahlung der luberſtunden zu verlangen. Der Ausſchuß ſtellte ſich ſchlietßlich gleichfalls mit 4 gegen 3 Stimmen auf den Standpunkt der Antragſteller. Den nächſten Antrag haben die Antragſteller zurückgezogen. Es handelte ſich darum, den täglichen M indeſtlohn der vollbeſchäftigten Arbeiter auf 4 ℳ feſtzuſetzen. Der Magiſtrat erklärte, daß bei der bevorſtehenden Regulierung des Normaletats auch die Löhne der Arbeiter einer Reviſion unterzogen werden würden. Die Antragſteller hatten infoige⸗ deſſen keine Veranlaſſung, auf ihrem Antrag zu beſtehen. Der letzte Antrag, der dahin ging, daß den zu militäriſchen Ubungen eingezogenen ſtändigen Arbeitern der volle Lohn abzüglich der Umterſtützung aus Reichsmitteln zu zahlen iſt, wurde nach kurzer Debatte abgelehnt. Meine Herren, ich habe alſo namens des Aus⸗ ſchuſſes Ihnen vorzuſchlagen, daß Sie Punkt b und der urſprünglichen Anträge annehmen. Punkt b lautet: Die tägliche Arbeitszeit ausſchließlich der Pauſen darf nicht länger als 9 Stunden dauern. Punkt c lautet: Uberſtunden⸗, Sonn⸗ und Feiertagsarbeit iſt nur inſoweit Baaſi, als ſie zur Aufrecht⸗ erhaltung des Betriebes und zur Abwendung von Gefahren getan werden muß und iſt dann um 25 % höher zu löhnen. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß die Stadt⸗ verordnetenverſammlung wenigſtens dieſe beiden An⸗ träge annehmen wird. Sie würde ſich damit auf denſelben Standpunkt ſtellen, den der Ausſchuß ein⸗ genommen hat. Ich hoffe weiter, daß dann auch der Magiſtrat den Anträgen zuſtimmen wird, damit für die Arbeiter wenigſtens etwas aus den urſprüng⸗ lichen Anträgen herauskommt. Vorſteher Roſenberg: Ich habe zu bemerken, daß Herr Stadtv. Baake und noch mehrere Herren den Antrag geſtellt haben: Die Stadtverordnetenverſammlung wolle beſchließen, für ſämtliche ſtädtiſchen Betriebe, ſoweit die Zahl der ähnlich beſchäftigten Arbeiter 50 überſteigt, Arbeiterausſchüſſe einzuſetzen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich werde dann gleich auf die Frage der Arbeiteraus⸗ ſchüſſe eingehen, die ich hier nur in Verbindung mit der Beſchwerde, die Herr Stadtv. Hirſch vorgetragen hat, berühren zu ſollen glaubte, weil die Frage ja in dem Ausſchuß ſehr eingehend in einer vollen Sitzung erörtert worden iſt und dort zu einem Er⸗ gebnis geführt hat, welches die Stellung des Magiſtrats unterſtützte. Es wird nicht ganz leicht ſein, dieſe Frage hier im Plenum noch einmal zu erörtern; aber da ſie aufgerollt iſt, wird es natürlich geſchehen müſſen, ſo gut es möglich iſt. Aus einer Zuſammenſtellung, die im März 1902 bei der damaligen Etatsberatung aufgeſtellt worden iſt, iſt dem Ausſchuß mitgeteilt worden, daß damals 950 ſtändige Arbeiter in der ſtädtiſchen Verwaltung beſchäftigt waren, die ſich nun außerordentlich ungleichmäßig auf die einzelnen Betriebe verteilen. Es iſt die Gasanſtalt an dieſer Summe beteiligt mit 534 Arbeitern. Dieſe Zahl ſcheidet hier von vorn⸗ herein aus, weil für dieſe Arbeiter bereits ein Arbeiterausſchuß beſteht. Bleiben übrig ungefähr 430 Arbeiter. Von dieſen entfallen auf die Straßen⸗ reinigungsverwaltung 110 — damals, jetzt mögen es etwas mehr ſein. Für dieſe iſt der Magiſtrat ebenfalls bereit, Arbeiterausſchüſſe einzurichten, ſo daß nunmehr übrig blieben 320 Arbeiter ungefähr, die durch derartige Ausſchüſſe nicht vertreten ſind. Dieſe 320 Arbeiter entfallen — zunächſt will ich die größeren Summen nennen, die meiner Anſicht nach überhaupt nur diskutierbar ſind — mit 116 Arbeitern auf die Verwaltung des Krankenhauſes und des Bürgerhauſes. Der Magiſtrat hat eingehend ſchon in ſeinen ſchriftlichen Berichten und auch mündlich Ihnen auseinandergeſetzt, weshalb er für dieſe Arbeiter die Einrichtung eines Arbeiterausſchuſſes nicht für tunlich erachtet. Erſtensmal ſetzt ſich dieſe Zahl von 116 Arbeitern aus den verſchiedenſten Kategorien von Arbeitern zuſammen: zunächſt ſind es männliche und weibliche Arbeiter, Warteperſonal, Dienſtperſonal uſw. Auch örtlich ſind ſie verteilt auf das Krankenhaus einerſeits und das Bürgerhaus anderſeits. Sodann aber iſt dies Perſonal faſt aus⸗ nahmslos ein außerordentlich ambulantes. Man mag es beklagen, daß das der Fall iſt, die Tatſache beſteht jedenfalls. Es iſt ein⸗Perſonal, das, wie ich in der Lage war, auch dem Ausſchuß mitzuteilen, mit 100 von 116 im erſten Arbeitsjahr, mit 7 im 2., mit 5 im 3. und je dreimal mit 1 im 6., 7 und 8. Jahr in der Verwaltung beſchäftigt war. Nun, meine Herren, daraus iſt erſichtlich, wie außerordent⸗ lich fluktuierend dies Perſonal iſt, und es erſcheint ſchon aus dieſem Grunde gar nicht möglich, in einem Arbeiterausſchuß einen ſtetigen Zuſammenſchluß der Arbeiter zu erreichen. Im übrigen aber, und das kommt ſchließlich noch; hinzu, ſind es meiſtenteils ganz oder doch mehr oder weniger junge Arbeiter, die in Naturalſtation im Krankenhaus ſind und die infolgedeſſen ganz anders beurteilt werden müſſen als die älteren erfahrenen Arbeiter bei den anderen Verwaltungen. Was bei jenen an ſich recht ſein mag, iſt deshalb hier nicht ohne weiteres auch billig.