—— 255 — das er für dieſe Arbeiten zur Verfügung hatte, nicht auskommen konnte, und darauf hat er den Lohn von 3,50 u auf 2,50 ℳ herabgeſetzt. Alſo in der weiten Periode ihrer Beſchäftigung haben die Leute ür 2,50 ℳ gearbeitet, und da es 2— um arme Teufel handelt, ſo mußten ſie mit dieſem koloſſalen Lohnabzug wohl oder übel zufrieden ſein und auch für 2,50 ℳ arbeiten. Immerhin meine ich, daß dieſe Verlängerung der Arbeitszeit von 7 Stunden auf 10 Stunden, ohne daß eine Bezahlung für die uberſtunden geleiſtet wird, etwas Unbilliges enthält, und daß hier mit allem Nachdruck betont werden muß, daß Überſtunden von der Stadt ebenſowenig wie von einem Unternehmer unbezahlt verlangt werden können. Ich wundere mich außerordentlich und habe dieſe Verwunderung auch ſchon im Ausſchuß aus⸗ eſprochen, daß der Magiſtrat ſich ſo ſehr dagegen ſinmunt, mit dieſem alten Zopf, mit dieſer Char⸗ lottenburger Spezialität der nicht bezahlten erſten uberſtunde zu brechen. Es gibt in dieſem Saale auch nicht einen Unternehmer, der es ſeinen Ar⸗ beitern anbieten würde, eine Stunde Überzeit gratis zu leiſten. Jede Überſtunde wird in jedem Privat⸗ betriebe bezahlt, und darum ſollte auch von der Stadt kein Unterſchied länger gemacht werden zwiſchen ſtändigen und nichtſtändigen Arbeitern. Wenn man die Überſtunden beſeitigen will, ſo iſt das ſicherſte Mittel, ſie mit einem höheren Lohne zu bezahlen als die übrigen Arbeitsſtunden. Denn dadurch, daß ein höherer Lohn für die Über⸗ ſtunden gezahlt werden muß, wird der Unternehmer, wird die Stadtgemeinde in dieſem Falle als Unter⸗ nehmer gezwungen, die Arbeit ſo einzurichten, daß 15 in der regelmäßigen Arbeitszeit erledigt werden ann. Meine Herren, Herr Stadtv. Gredy hat den Vorſchlag gemacht, wir ſollen die Angelegenheit nochmals an den Ausſchuß zurückverweiſen. Er hat hinzugefügt: wenn er nur ſeinem Gefühle folgen ſollte, würde er geneigt ſein, dem Ausſchuß zuzu⸗ ſtimmen. Ich bitte ihn dringend, ſeinem Gefühl ſchon heute zu folgen und ſich durch die Furcht vor einer Etatsbelaſtung nicht abſchrecken zu laſſen. Wenn man ſeinem Gefühl, d. h. ſeinem Herzen folgt, ſo kann man ja, wie ich zugeben will, Fehler machen; aber in dieſem Falle beſteht die Gefahr wirklich nicht. Er hat weiter darauf hingewieſen, daß wir nicht alle Arbeiterkategorien über einen und den⸗ ſelben Kamm ſcheren ſollen. Meine Herren, es ge⸗ ſchieht ja ſchon heute, daß wir für beſonders ſchwere und anſtrengende Arbeit — ich habe mich vorhin verſprochen — z. B. bei der Gasanſtalt für Ar⸗ beiter, die am Ofen ſtehen, eine Achtſtundenſchicht eingeführt haben. Wir verlangen auch gar nicht, daß alle Arbeiter 1 . ſein ſollen, 9 Stunden zu arbeiten; im Gegenteil, wenn gewiſſe Arbeiter⸗ kategorien ſchon jetzt weniger als 9 Stunden ar⸗ beiten, ſo ſind wir gewiß damit einverſtanden und glauben auch nicht, daß daran gerüttelt werden könnte. Im allgemeinen möchte ich bitten, ſich durch die Schwarzſeherei des Herrn Magiſtratsvertreters, der mit großen Zahlen operiert hat, nicht abſchrecken zu laſſen und das zu tun, was Charlottenburg tun muß. Der Herr Magiſtratsvertreter 94 ſich darauf berufen, daß außer Charlottenburg noch keine deutſche Stadt weniger als 9 Stunden Arbeitszeit hätte. Ich will darüber nicht ſtreiten; mir hat aber vor kurzem noch ein Freund aus Stuttgart geſagt, daß die Stuttgarter ſtädtiſchen Arbeiter den achtſtündigen Arbeitstag hätten. (Zuruf des Bürgermeiſters Matting.) — Ich kann nicht kontrollieren, ob dieſe Angabe richtig iſt. Wenn es aber wahr wäre, daß alle anderen Städte zu längerer Arbeitszeit ihre Ar⸗ beiter verpflichten, nun, dann ergreifen wir einmal die Gelegenheit, in Deutſchland voranzugehen, dann ſeien wir in Charlottenburg die erſten auf der Bahn ſozialpolitiſchen Fortſchritts! (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich nehme an, daß Sie dem Antrag Gredy folgen werden; in⸗ folgedeſſen will ich mich auf ſachliche Erörterungen nicht mehr einlaſſen. Ich habe nur ein Intereſſe daran, Herrn Stadtv. Baake zu erwidern auf die Bemerkung, daß ich mich von einem Widerſpruch in den andern begeben hätte. Das iſt ſicherlich nicht richtig; das Stenogramm wird das ausweiſen. Ich habe die Zahlen, die ich gegeben habe, zu⸗ nächſt als ganz überſchlägliche Zahlen egeben und habe ausdrücklich geſagt, daß ich mir vollſtändig vor⸗ behalte, wieviel nun wirklich von der Zahl von 120 000 bis 130 000 ℳ notwendig werden würde, um die ausfallende Arbeit zu gece. Ich habe angenommen, daß das ungefähr 50% ſein würden, das ſind ca. 60 000 ℳ, und habe weiter angenommen, daß dazu noch ca. 60 000 ℳ für die ſtändigen Ar⸗ beiter an Lohnaufbeſſerung kommen. Das macht zuſammen 120 000 bis 130 000 ℳs, um die der nächſte Etat belaſtet werden müßte. Auch der zweite Widerſpruch, wenn es einer iſt, fällt nicht ins Gewicht; denn ſicherlich iſt es ganz etwas anderes, wenn der betreffende Vorarbeiter und Vorgeſetzte erſt einen Arbeiter veranlaſſen muß, bis in die zweite Stunde hinein zu arbeiten, um ihm zur Bezahlung der erſten Stunde zu verhelfen, als wenn er ihn nur eine Viertelſtunde in die erſte Stunde hinein arbeiten zu laſſen braucht, um ihm dieſe Stunde zu bezahlen. Das ſind doch ganz andere Verhältniſſe. Etwas Neues hat Herr Stadtv. Baake dann in die Debatte hineingebracht. Das iſt die Beſtimmung, daß die Hilfsarbeiter und Arbeiterinnen in den Büreaus durch die neue Feſtſetzung die Verpflichtung bekommen haben, nach Bedarf, wenn nämlich für die Beamten der Büreaus Überſtunden angeordnet werden, ebenfalls Überſtunden auch über 7 Stunden hinaus bis zu 10 Stunden zu leiſten für den Tagelohn von 3,50 ℳ, ohne ein beſonderes Entgelt zu bekommen. Daß das allerdings eine Ausnahme ſein ſoll, hat Herr Stadtv. Baake nicht mitgeteilt. Dieſe Anord⸗ nung wird in der Tat nur als eine Ausnahme an⸗ gewendet. In den Fällen, wo auch die Beamten, z. B. während der Steuerveranlagungsperiode uſw., über ihre 7 Stunden hinaus arbeiten müſſen, müſſen die Büreauhilfsarbeiter zugegen ſein, weil ſie ja Hand in Hand arbeiten. Daher erſchien es dem Magiſtrat angemeſſen, in dieſen Ausnahmefällen einen zehn⸗ ſtündigen Arbeitstag auch für die Büreauhilfsarbeiter feſtzuſetzen. Es ergibt ſich dann immer noch eine Bezahlung von 35 Pf. für die Stunde, während die regelmäßige Bezahlung 50 Pfg. iſt; ich glaube nicht, daß dieſe Lohnſätze werden bemängelt werden können. Vorſteher Roſenberg: Meine Herren, ich mache bekannt, daß in der von der Geſchäftsordnung vor⸗ geſchriebenen Form drei namentliche Abſtimmungen