beantragt ſind: die eine über den neunſtündigen Arbeitstag, die zweite über die Entlohnung der Überſtunden und die dritte über die Einſetzung eines Arbeiterausſchuffes in der vom Herrn Stadtv. Baake beantragten Form. Stadtu. Hirſch: Meine Herren, ich möchte Sie im Gegenſatz zum Herrn Bürgermeiſter bitten, dem Antrag des Herrn Kollegen Gredy keine Folge zu leiſten. Die Sache iſt meiner Meinung nach voll⸗ kommen ſpruchreif. Sachlich habe ich zunächſt dem Herrn Bürger⸗ meiſter nur wenig zu erwidern. Herr Bürgermeiſter beſtritt die von mir aufgeſtellte Behauptung, daß in neun Stunden mehr geleiſtet werden könne als in zehn Stunden. Ich möchte demgegenüber hinweiſen auf den Jahresbericht des ſtädtiſchen Gaswerks in Offenbach für das Jahr 1901. Es heißt da wörtlich: Als beſonders erwähnenswert und in ſozialer Hinſicht von Intereſſe ſei darauf hin⸗ gewieſen, daß trotz Einführung der Achtſtunden⸗ ſchicht bei den Feuerleuten, was ſeinerzeit auf Antrag der Direktion geſchah, und unter Bei⸗ behaltung der für die Zwölfſtundenſchicht ge⸗ zahlten Löhne, die Gaserzeugungskoſten pro 1000 ehm ſich nicht erhöht, ſondern gegen das Vorjahr noch vermindert haben. Es liegt dies insbeſondere an den durch den günſtigen Stand der Induſtrie im abgelaufenen Geſchäftsjahr erzielten höheren Preiſen für die Nebenprodukte, zum großen Teil aber auch daran, daß relativ die Leiſt ungsfähigkeit des einzelnen Mannes gegen das Vorjahr geſtiegen iſt. Meine Herren, ich hoffe, daß genau ſo gute Erfolge, wie die Stadt Offenbach aufzuweiſen hat, auch die Stadt Charlottenburg aufzuweiſen haben wird, wenn unſer Antrag auf Einführung des Neun⸗ ſtundentages angenommen iſt. Der Herr Bürgermeiſter hat einen Teil ſeiner Ausführnngen der von mir überreichten Beſchwerde von Straßenreinigungsarbeitern gewidmet. Ich will auf die einzelnen darin aufgeſtellten Behauptungen nicht eingehen. Die Beſchwerde iſt mir anonym zugegangen, ich habe die Beſchwerdeführer ſelbſt nicht geſprochen, kann alſo nicht unterſuchen, ob der Bericht des Herrn Bürgermeiſters oder ob der mir zugegangene Bericht richtig iſt. Vielleicht iſt es möglich, ſich noch in ſpäterer Zeit Aufklärung darüber zu verſchaffen. Aber, meine Herren, einer Behauptung möchte ich doch widerſprechen, die der Herr Bürgermeiſter auf⸗ geſtellt hat. Er meinte nämlich, daß, wenn ſolch Arbeiterausſchuß, wie ihn der Magiſtrat vorſchlägt, eingeſetzt iſt, dann in Zulunft derartige Beſchwerden in dem Ausſchuß vorgebracht werden und daß die Arbeiter ſich dann nicht mehr beſchwerdeführend an Stadtverordnete wenden würden. Ja, meine Herren, die Beſchwerden der Arbeiter bei den Stadtverord⸗ neten werden wohl erſt dann ein Ende nehmen, wenn kein Anlaß zu Beſchwerden mehr vorliegt. Aber durch den Ausſchuß wird das nicht beſeitigt; denn in dem Statut des Arbeiterausſchuſſes für die Gas⸗ anſtalt — nach dieſem Vorbild ſoll doch auch der neue Ausſchuß gebildet werden heißt es aus⸗ drücklich: „Beſchwerden über Vorgeſetzte gehören nicht vor den Arbeiterausſchuß.“ In dem Brief ſind aber eine ganze Reihe von Beſchwerden über Vor⸗ geſetzte erhoben. Alſo derartige Beſchwerden würden dann, wenn ein ſolcher Ausſchuß eingeſetzt iſt, kurzer Hand von dem Ausſchuß abgewieſen werden müſſen. 256 Aus dieſem Grunde bin ich ja auch der Meinung, daß ein ſolcher Arbeiterausſchuß, wie er auf der Gasanſtalt beſteht, abſolut nicht ansreicht. Meine Herren, noch ein Wort zu dem Antrag des Herrn Kollegen Gredy. Herr Kollege Gredy hat mich nicht davon überzeugt, daß wir die Anträge wieder an den Ausſchuß zurückverweiſen ſollen. Es iſt in der Tat heute nicht viel Neues vorgebracht worden, weder von unſerer Seite, noch von ſeiten der Herren vom Magiſtrat, ſondern alles das, was heute vorgebracht iſt, iſt bereits bei der erſten Be⸗ ratung unſerer Anträge geſagt. Wir haben uns über dieſelben Dinge unterhalten, als der Magiſtrat uns ſeine Antwort mitteilte, und wir haben uns auch bereits früher darüber unterhalten. Die Anträge ſind ja garnicht neu. Als mein Freund Baake und ich im Jahre 1900 in die Stadtverordnetenwer⸗ ſammlung eintraten, haben wir ſchon ich weiß nicht, ob ganz dieſelben, ſicher aber ganz ähnliche Anträge geſtellt, die damals von der Verſammlung abgelehnt worden ſind. Wir haben dann unſere An⸗ träge am 11. Februar 1903 wiederum eingebracht. Der Magiſtrat hat uns am 18. Mai d. I., alſo % Jahre nachher, mitgeteilt, zu welchen Erwägungen er gekommen iſt, und dieſe Erwägungen ſind wieder einem Ausſchuß überwieſen worden, der recht viel Zeit gebraucht hat, um zu beſtimmten Entſchlüſſen zu kommen. Ich erinnere daran, daß die Ausſchuß⸗ ſitzungen ſehr häufig ausfallen mußten, weil nicht die zur Beſchlußfähigkeit erforderliche Anzahl von Kollegen zur Stelle war. Zweimal wurden die Mit⸗ glieder wieder abbeſtellt, weil ſchon von vornherein feſtſtand, daß überhaupt eine beſchlußfähige Zahl nicht zuſammenkommen würde, und ein anderes Mal haben, wenn ich nicht irre, drei Herren im Aus⸗ ſchuß geſeſſen und gewartet, ob nicht vielleicht noch jemand kommt. Das zeugt davon, daß im all gemeinen recht wenig Intereſſe dafür vorhanden iſt, da, wo es ſich um Arbeiterfragen handelt, wirklich eifrig zu arbeiten. Meine Herren, ich fürchte, daß, wenn wir jetzt die Angelegenheit wieder an den Aus⸗ ſchuß zurückverweiſen, dann überhaupt nichts heraus⸗ kommen wird. Der Antrag Gredy bedeutet nichts weiter als eine verblümte Ablehnung unſerer An⸗ träge. Meine Herren, dann ſagen Sie doch wenigſtens geradezu: wir wollen die Anträge nicht haben —, lehnen Sie ſie doch ganz offen ab! Das iſt jedenfalls richtiger gehandelt, als wenn Sie die Anträge wieder dem Ausſchuß überweiſen, zu deſſen Sitzungen ſchließlich doch nur diejenigen Herren kommen, die Intereſſe an den Arbeiterfragen bekunden, und der dann wiederum mit nur ſehr ſchwacher Mehrheit Be⸗ ſchlüſſe faßt. Der Herr Bürgermeiſter hat darauf hingewieſen, daß die Ausſchußanträge nur durch eine Zufalls⸗ majorität zuſtande gekommen find. Meine Herren, das muß ich beſtreiten. Für die Anträge haben von den anweſenden Mitgliedern geſchloſſen geſtimmt die Vertreter der liberalen Fraknion und die Vertreter der Sozialdemokraten, die Vertreter der beiden anderen Fraktionen haben dagegen geſtimmt. Das Stärkeverhältnis hier im Plenum entſpricht voll⸗ kommen dem Stärkeverhältnis der Fraktionen im Ausſchuß. Würden die Herren Vertreter der liberalen Fraktion ebenſo ſtimmen wie ihre Mitglieder im Ausſchuß — und man darf doch wohl annehmen, daß die Herren wenigſtens einmal in ihrem Leben ihre Vertreter nicht vor den Kopf ſtoßen (Heiterkeit) 461 — würden die Herren hier ebenſo ſtimmen, wie ihre