hältniſſen richten. Gewiß. Die allgemeinen volks⸗ wirtſchaftlichen Verhälmiſſe laſſen aber das i wiederholt nachgewieſen — eine Verkürzung der Arbeitszeit ſehr wohl zu, ohne daß darnm der Volke⸗ wohlſtand leidet. Und, meine Herren, vergeſſen wir doch eins nicht, daß wir als Kommune die Pflicht haben, anderen Arbeitgebern mit gutem Beiſpiel voranzugehen. Wir dürfen nicht ſagen: wir müſſen die volkswirtſchaftlichen Verhältniſſe ſo ſehr berück⸗ ſichtigen, daß nur ja nicht die privaten Arbeitgeber einen Schaden leiden durch unſer Vorgehen — ſondern im Gegenteil, wir müſſen die privaten Arbeit⸗ geber zwingen, unſerm Beiſpiel zu folgen. Die Ausführungen des Herrn Kollegen Becker über die Arbeiterausſchüſſe haben mich in höchſtem Grade in Erftaunen geſetz. Herr Kollege Becker iſt für Arbeiterausſchüſſe, aber nicht ohne Einſchränkung. Er meint, ſie können gut wirken, wenn nicht der Geiſt der Agitation von getragen wird und wenn ſie nicht durch Aufhetzung verdorben werden. Nun, meine Herren, dieſe Be⸗ fürchtung hört man ja ſehr oft; ſie iſt aber durch nichts begründet. Gewundert habe ich mich haupt⸗ fächlich darüber, daß Herr Kollege Becker ſich in ſeiner Beurteilung über die Arbeiterausſchüſſe in Widerſpruch ſetzt zu den Worten, die ſein oberſter Kriegsherr einmal ausgeſprochen hat. Der Kaiſer hat ſich ganz uneingeſchränkt im Jahre 1890 für Arbeiterausſchüſſe ausgeſprochen, damit den Arbeitern das Gefühl der Gleichberechtigung gewahrt wird. Herr Kollege Becker kann der neulichen Erklärung des Herrn Kriegsminiſters von Einem zufolge von Glück ſagen, daß er nicht mehr aktiver General iſt; ich glaube, er würde nach dieſer Rede ſofort entlaſſen werden. (Heiterkeit) (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt entſprechend dem Antrage des Stadtw. Gredy, die Mitteilung des Magiſtrats in den Ausſchuß zurückzuverweiſen.) Vorſteher Roſenberg: Es iſt folgende Anfrage eingegangen: Die Unterzeichneten fragen den Magiſtrat an, nach welchen Geſichtspunkten bei der Uberlaſſung der Vollsbadeanſtalten an Schwimm⸗ vereine behufs Veranſtaltung von Schwimm⸗ feſten und Abhaltung von Übungsſtunden ver⸗ fahren wird. und noch 6 Unterſchriften. Ich erlaube mir die Aufrage an den Herrn Oberbürgermeiſter zu richten, ob und wann der Magiſtrat dieſe Anfrage zu beantworten gedenkt. Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Ich bitte, die Sache den gewöhnlichen Weg gehen zu laſſen. Vorſteher Roſenberg: Ich werde dementſprechend verfahren. Punkt 4 der Tagesordnung: Anfrage des Stadtv. Protze und Gen. betr. Errichtung eines Gemeindefriedhofes. Druckſache 493. Anfrageſteller Stadto. Protze: Meine Herren, die Kirchhofsnot der Trinitatisgemeinde und im nächſten Jahre auch die der Epiphaniasgemeinde Dr. Zepler auswärts in ſie hinein⸗ h 258 — — kann ſo nicht weiter gehen. Hier muß die politiſche ſt Gemeinde einſchreiten, da die Kirchengemeinde ver⸗ Bei dem Bau der Kaiſer Wilhelm⸗Gedächtnis⸗ kirche iſt der Bezirk dieſer Kirche der Berliner Stadt⸗ ſynode einverleibt worden. Im Jahre 1896 wurde die Trinitatiskirche von der Luiſenkirche abgezweigt und auch der Berliner Stadtſynode einverleibt. Bei dieſer Abtrennung iſt der Trinitatiskirchengemeinde noch 6 Jahre lang das Beerdigungsrecht auf dem Luiſenkirchhof gewährt. Dieſe Tatſache war der Stadtſynode bekannt. Die Stadtſynode hat aber trotzdem nicht dafür geſorgt, daß die Trinitatiskirche nach Ablauf dieſer Friſt einen Kirchhof bekommen hat. Die Trinitatiskirche hat ſich ſelbſt viel Mühe gegeben, geeignete Terrains zu finden, ſie hat auch verſchiedene Vorſchläge gemacht, z. B. für ein ſchönes Terrain hier ganz in der Nähe auf Weſtend, das zu billigem Preiſe zu haben war; aber die Synode hat dieſes Terrain abgelehnt. In der Sitzung der Stadtſynode wurde einfach der Kirchhof in Stahns⸗ dorf beſchloſſen, das wäre der einzig richtige Ort. Jeder wird ſich fragen: wo liegt Stahnsdorf, und wie kommt man dahin? Stahnsdorf liegt hinter Schöneberg, Teltow, und wenn man zu Fuß von hier hingeht, hat man 3 Stunden zu gehen; will man fahren, muß man bis Wannſee mit der Bahn fahren, und von da hat man auch noch 1ũ9 Stunden zu gehen. Und was für Wege! Chauſſeen gibt es dort nicht, man muß Landwege gehen. Wenn jemand im Winter dorthin muß, dann möchte ich ihm raten, ſich lieber gleich ein Paar Reſerveſtiefel mitzunehmen; denn einen Stiefel verliert er mindeſtens in dem Schmutz, der bleibt ihm ſicherlich ſtecken. In der letzten Sitzung der Stadtſynode ſtand die Beſchlußfaſſung über die Kirchhofsfrage bei der Trinitatisgemeinde auf der Tagesordnung. Meine Herren, die Trinitatisgemeinde hatte noch ein An⸗ gebot von der Dorotheenſtädtiſchen Gemeinde, einen Kirchhof für eine Pachtſumme von 14 000 %. pro Jahr zu bekommen; die Pacht ſollte auf kürzere Zeit erfolgen oder als Erbpacht bis auf 99 Jahre ausgedehnf werden. Die von der Stadtſynode an⸗ geſtellten Berechnungen ergaben aber, daß es ohne einen kleinen Zuſchuß ihrerſeits nicht abgehen würde, und das hat ſie veranlaßt, das Angebot abzulehnen. Auch die Lostrennung von Berlin wurde in der Stadtſynode beſprochen, und es wurde geſagt, daß es Berlin nie einfallen würde, Charlottenburg wieder abzutrennen, denn das wäre ja eine melkende Kuh. Die Stadtſynode erhält jährlich einen Zuſchuß an Kirchenſteuern durch Charlottenburg von 400000 i., und ſie zahlt an die Trinitatisgemeinde vielleicht 30 bis 35 000 ℳ, ſodaß ihr ein Nettoüberſchuß aus Charlottenburg von 370 000 ℳ ungefähr verbleibt. Im Jahre 1902 wurde die Kreisſynode Friedrichs⸗ werder geteilt, und zwar in Friedrichswerder 1 und 1I. Zu Friedrichswerder II kamen die Trinitatiskirche, ebenſo Schöneberg, Mariendorf, die Zwölf⸗Apoſtel⸗ und die Lutherkirche. In der Sitzung der Stadt⸗ ſynode, wo über den Stahnsdorfer Kirchhof Beſchluß gefaßt werden ſollte, wurde vorher noch ein be⸗ ſonderer Kirchhof für die Chriſtusgemeinde beſchloſſen. Dieſe hat alſo noch ſchnell einen Friedhof erhalten, trotzdem die Stadtſynode gleich hinterher beſchloſſen hat, den Stahnsdorfer Kirchhof anzulegen und gleich bei der Polizei vorſtellig zu werden, daß in einem Umkreis von ſo und ſo viel Metern von Berlin die Genehmigung für die Anlage eines neuen Friedhofs verweigert werden möchte. Meine Herren, was der Chriſtusgemeinde kurz vorher zugeſtanden iſt, das ſagt.