Nun, meine Herren, wie ſteht es mit der Reme⸗ dur einer ſolchen Verfügung, die wir für ungeſetzlich halten? Es iſt von dem erſten Herrn Interpellanten bereit ausgeführt, daß darüber Einigkeit beſteht, daß es Rechtsmittel gegen die Verfügung des Herrn Miniſters nicht gibt. Eine Rechtskontrolle fehlt gegen⸗ über dieſer Beſtimmung der Staatsaufſichtsbehörde. Wir haben ſie nirgends; ſie iſt nirgends in unſeren Geſetzen vorgeſehen. Daß das ſo iſt, iſt auch im Preußiſchen Städtetage unter Zuſtimmung ſämtlicher Vertreter der preußiſchen Staädte ausdrücklich aner⸗ kannt worden. Das iſt die Rechtslage. — Nun, meine Herren, wie iſt die tatſächliche Lage? wie war ſie früher und wie iſt ſie jetzt? Wenn früher Anträge geſtellt wurden auf Über⸗ laſſung von Aulen oder Turnhallen oder anderen Schulräumen, dann hat bisher in Charlottenburg die Schuldeputation über dieſe Anträge entſchieden. So iſt es auch jetzt. An dieſem tatſächlichen Zuſtand iſt durch die Verfügungen des Herrn Miniſters und des Regierungspräſidenten nichts geändert. Denn der Herr Regierungspräſident hat und damit hat er, was anzuerkennen iſt, der Stadtgemeinde entgegen⸗ fommen wollen — diejenige Genehmigung, die er nun als Schulaufſichtsbehörde nach dem Erlaß des Miniſters anszuſprechen hatte, übertragen auf das⸗ jenige Organ der Verwaltung, welches in Charlotten⸗ burg in dieſen Dingen zu beſchließen hatte, nämlich auf die Schuldeputation. Einig ſind alſo die Kgl. Regierung und der Magiſtrat, daß die Genehmigung zur Verwendung von Schulräumen zu andern als Unterrichtszwecken zu erteilen iſt durch die Schul⸗ deputation. Wir befinden uns nur in Differenz in⸗ bezug auf die Beurteilung, in weſſen Namen und für wen die Schuldeputation ihres Amtes jetzt waltet. Der Miniſter und der Regierungspräſident ſind der Anſicht, daß die Schuldeputation im Namen des Staates die Genehmigung erteilt; der Magiſtrat iſt der Anſicht, daß nach wie vor die Schuldeputation im Namen des Magiſtrats dieſe Genehmigung erteilt. Der Regierungspräſident hat dann ferner in ſeiner Verfügung geſagt, daß in Stadtkreiſen die Schuldeputation vor ihrer Entſcheidung dem Herrn Kreisſchulinſpektor Gelegenheit zur Außerung geben ſolle. Auch wegen dieſer Beſtimmung iſt tatſächlich teine Anderung gegen den früheren Zuſtand not⸗ wendig; denn die Anträge auf Überlaſſung von Schulräumen werden in der Schuldeputationsſitzung verhandelt, und da zu den Sitzungen der Schul⸗ deputation der Kreisſchulinſpektor nach wie vor ge⸗ laden wird, ſo iſt dem nach wie vor Gelegenheit ge⸗ boten, bei der Verhandlung über die Anträge ſich darüber zu äußern. Es iſt alſo infolge dieſer Re⸗ gierungsverfügung irgend eine Neuerung unſererſeits zu veranlaſſen, nicht nötig. Auf Grund dieſer Erwägungen hat der Magi⸗ ſtrat nun folgenden Beſchluß gefaßt, den ich Ihnen ſeinem Wortlaute nach verleſen will: Es wird nicht verkannt, daß die der Kgl. Staatsregierung zuſtehende Schulaufſicht ſich auch auf die Verwendung oder Uberlaſſung der für Elementarſchulen hergeſtellten oder be⸗ ſtimmten Gebäude, Grundſtücke, Räume durch die Gemeinden zu anderen Zwecken als zu denen des öffentlichen Elementarunterrichtes erſtreckt. Es wird aber dagegen Widerſpruch erhoben, daß der Herr Miniſter durch den Erlaß vom 12 17. November 1903 aus jener Schulaufſicht das Recht in Anſpruch nimmt, die Einholung der vorgängigen Genehmigung zu dieſer Ver⸗ wendung ſeitens der Gemeinden bei der Schul⸗ aufſichtsbehörde vorzuſchreiben. Dieſer Widerſpruch iſt durch die Hand der Kgl. Regierung bei dem Herrn Miniſter unter rechtlicher Begründung einzureichen und dabei zu betonen, daß der Magiſtrat dieſe Verwen⸗ dungsbefugnis, unbeſchadet der ſtaatlichen Schul⸗ aufſicht, für ſich in Anſpruch nimmt. Im übrigen kann es bei dem tatſächlichen Zuſtand, wonach die Schuldeputation der bis⸗ herigen Übung gemäß über die Verwendung der Schulräume befindet, ſein Bewenden haben, da der Magiſtrat die Schuldeputation als ſein Organ betrachtet. Bei den Verhandlungen in der Schuldeputationsfitzung, zu der der Kreis⸗ ſchulinſpektor geladen wird, erhält dieſer Ge⸗ legenheit zur Außerung. Da ein Rechtsmittel, wie feſtſteht, gegen die Verfügung des Herrn Miniſters, die * unſerer Anſicht zu Unrecht ergangen iſt, nicht beſteht⸗ wir ſehen weder einen Rechtsweg auf dem zivilrechtlichen Gebiete, noch einen Rechtsweg auf dem verwaltungs⸗ rechtlichen Gebiete —, weil ferner die Anſicht des Magiſtrats dahin geht, daß eine Beſchwerde an den Herrn Miniſter über ſeine Verfügung keinen Erfolg haben wird, ſo haben wir geglaubt, daß uns nichts anderes übrig bleibt, als unſeren Widerſpruch gegen die Rechtsauffaſſung des Herrn Miniſters ihm zu erkennen zu geben und dabei zu betonen, daß wir nach wie vor der Anſicht ſind, daß dies Recht der Genehmigung ein Recht der Stadtgemeinden iſt. Wir haben auf dieſe Weiſe unſeren Rechtsſtandpunkt für⸗ jetzt und für die Zukunft gewahrt, Mehr war uns bei der Sach⸗ und Rechtslage zu tun nicht möglich. Wenn der zweite Herr Interpellant gefragt hat, weshalb der Beſchluß des Magiſtrats nicht früher gefaßt iſt, ſo iſt das leicht erklärlich. Der Erlaß des Herrn Miniſters betraf eine Materie, die anfangs außerordentlich ſtreitig war; erſt allmählich haben ſich die Anfichten über die Rechtslage geklärt. Es war dem Magiſtrat von Charlottenburg ſchon früh be⸗ kannt, daß der Preußiſche Städtetag dieſe Materie auf ſeine Tagesordnung ſetzen würde, und es war deshalb im Magiſtrat die Anſicht vertreten, daß es angemeſſen ſei, erſt die Verhandlungen des Preußi⸗ ſchen Städtetages abzuwarten, bevor man in dieſer Sache, in der Eile nicht dringend geboten war, einen Sonderbeſchluß faßte. Nun hat der Preußiſche Städtetag im Dezember getagt, und hat ſich einmütig zu der Anficht bekannt, zu der der Magiſtrat bereits vorher durch Rechtsgutachten, die er von ſeinen Ju⸗ riſten erfordert hatte, gelangt war, und es iſt dann mit derjenigen Beſchleunigung, die nach der Ge⸗ ſchäftslage, in deren Vordergrund die Beratung des Etats ſtand, möglich war, der Beſchluß des Magi⸗ ſtrats gefaßt worden, ſo wie ich mir eben erlaubt habe, ihn Ihnen zu verleſen. Aus ihm geht hervor, daß im weſentlichen der Magiſtrat ſich auf demſelben Boden befindet wie diejenigen Herren, die heute im 4 4 der Stadtverordnetenverſammlung geſprochen aben. (Bravo!) Vorſteher Roſenberg: Es iſt von mehr als 5 Herren die Beſprechung des Gegenſtandes der An⸗ fragen beantragt worden. 41