— — 20 — die ſtaatlichen Vertreter ſich ausſchließlich von dieſem Geſichtspunkte leiten laſſen werden, ſoweit ſie zur Vertretung des Staates in Schulangelegenheiten der Stadt Charlottenburg berufen ſind oder berufen werden. (Bravo!) Stadtv. Dr. v. Liszt: Meine Herren, gemeinſam mit einer Minorität meiner liberalen Freunde bean⸗ trage ich, daß wir die Vorlage nicht etwa einem Ausſchuſſe überweiſen, ſondern ſofort an dieſer Stelle und mit aller nur möglichen Beſtimmtheit ablehnen. (Sehr gut! — Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Es iſt, wenigſtens ſoweit meine Informationen rei⸗ chen — ausgeſchloſſen iſt es ja nicht, daß ſich die Sache geändert hat —, von ſeiten des Herrn Re⸗ gierungspräſidenten mit aller Beſtimmtheit geſagt worden, daß ein weiteres Entgegenkommen, als es uns jetzt geboten iſt, nicht zu erreichen iſt. Alle die ſchönen Dinge, die mein verehrter Freund und Kollege Otto angeführt hat, die wir im Ausſchuß genauer überlegen, genauer klarſtellen, die wir ver⸗ beſſern und verändern können, ſind, wenn ich recht unterrichtet bin, überhaupt nicht zur Debatte. Es wird all unſer Beraten, all unſer Beſchließen in der Sache durchaus nichts helfen. Meine Herren. es iſt ja allerdings ſehr bedauer⸗ lich, daß heute unſere Verſammlung hier ſo ein ganz anderes Bild uns darbietet, als das am 28. Okto⸗ ber des Jahres 1903 der Fall geweſen iſt. Damals vollſte begeiſterte Ubereinſtimmung zwiſchen Magi⸗ ſtrat auf der einen Seite, Stadtverordneten auf der andern Seite. Ich möchte nur ein Wort unſeres verehrten Herrn Oberbürgermeiſters aus jener Sitzung vorleſen — Sie finden es im ſtenographiſchen Be⸗ richt auf Seite 9 —; er ſagt: Und wir proteſtieren aus zweierlei Gründen: einmal, da uns nach unſerer Auffaſſung Rechte genommen fſind, die uns durch das Geſetz garantiert ſind, weil alſo ein Bruch durch die Geſetze gegebener Rechte durch jene Verfügung der Königlichen Regierung uns gegenüber ſtatt⸗ gehabt hat, und zweitens aus dem Geſichts⸗ punkt, daß wir die Schule ſreihalten wollen vom Einfluß der Kirche. Heute, meine Herren, haben wir von ſeiten des Herrn Referenten gehört, daß ja ein derartiges Freihalten der Schule von dem Einfluß der Kirche weiterhin gar nicht nötig iſt, daß, wenn ein Geiſt⸗ licher in unſere Schuldeputation eintritt, unſere ganze kulturelle Entwicklung ſchon ſo weit vorgeſchritten ſei, daß dieſer Eintritt weiter gar nichts mache. Es wurde als eine idiologiſche Auffaſſung hingeſtellt, wenn wir dem Eintreten des Geiſtlichen uns ent⸗ gegenſtellen wollen. Ja, meine Herren, wenn wir uns auf den Standpunkt früher geſtellt hätten, etwa ſchon am 28. Oktober 1903, oder wenn wir uns auf den Standpunkt geſtellt hätten ſchon im Jahre 1898, (ſehr richtig!) dann brauchten wir die heutige Debatte nicht. Da⸗ mals, im Jahre 1898, ſind uns ja von ſeiten der Regierung die ſogenannten erweiterten Befugniſſe der Schuldeputation angeboten worden, unter der Bedingung, daß wir einen Vertreter der evangeliſchen Kirche in die Schuldeputation hineinnehmen. Seit dem Jahre 1898 haben wir uns dagegen geſträubt, weil wir die Schule freihalten wollten von dem Einfluß der Kirche. Heute geben wir nach. Meine Herren, es iſt ja allerdings von großer Bedeutung, klar zu ſehen über die Tragweite der ganzen Vorlage, und wenn ich mich auch noch ſo wicklung, das iſt richtig. kurz faſſe, auf Einzelheiten werde ich doch eingehen müſſen. Zunächſt: mag auch mein verehrter Herr Vor⸗ redner das als Inkonſequenz bezeichnen — zunächſt möchte ich für mich wenigſtens und mehrere meiner Freunde betonen: wir hätten gar nichts dagegen, gegebenenfalls einen Geiſtlichen irgendeiner Konfeſſion, der ſich als Schulmann bewährt hat, dem wir die entſprechenden Kenntniſſe zutrauen, als Sach⸗ verſtändigen in die Deputation mit hineinzuwählen. Das iſt aber etwas vollkommen anderes, als was hier uns vorgeſchlagen wird. Hier ſoll der Ver⸗ treter der Kirche als ſolcher Mitglied der Deputation ſein. Es iſt darauf hingewieſen worden, daß bereits die Inſtruktion aus dem Jahre 1811, und zwar in ihrem § 5 verlangt habe, daß ein Geiſtlicher in die Deputation hineinkomme, und auch in der Vorlage, die uns gemacht worden iſt, hat der Magiſtrat uns geſagt, eine gewiſſe Berechtigung für die Forderung der Regierung fände ſich in der Inſtruktion vom 26. Juni des Jahres 1811. Der Paragraph wurde bereits zitiert, ich muß ihn aber doch nochmal wiederholen: Die mit ſachverſtändigen Mitgliedern zu beſetzenden Stellen dürfen zwar nicht aus⸗ drücklich Geiſtlichen, ſondern können auch anderen würdigen und einſichtsvollen Männern über⸗ tragen werden, müſſen jedoch ſoviel als mög⸗ lich mit Geiſtlichen beſetzt werden. So geſagt im Jahre 1811. Ich möchte darauf hinweiſen, daß ein von uns allen außer⸗ ordentlich hochgeſchätztes Mitglied des Magiſtrats, Herr Stadtrat Jaſtrow — und das in voller Über⸗ einſtimmung mit dem bereits früher von mir erwähnten Preuß — dieſen Paragraphen der Inſtruktion von 1811 in folgender Weiſe interpretiert hat: Damals hat das Wort Geiſtlicher eine ganz andere Be⸗ deutung gehabt als heute; damals hat es eine ſpezielle pädagogiſche Ausbildung bezeichnet. Es find unter Geiſtlichen ſolche Perſonen zu verſtehen, die Fachmänner auf dem Gebiete der Schule ſind. Alſo, meine Herren, alle die Argumentierungen, die ſich auf dieſen § 5 der Inſtruktion von 1811 ſtützen, fallen vollſtändig hinweg, wenn das Wort Geiſtlicher eine andere Bedeutung hat. Und, meine Herren, hätte das Wort Geiſtlicher diejenige Bedeutung, die ihm heute beigelegt worden iſt, dann würde die Regierung nicht erſt bis heute gewartet haben, uns den Beſchluß abzuringen, ſondern ſie hätte, geſtützt auf das beſtehende Recht, von uns kategoriſch ver⸗ langt, daß wir unſerer geſetzlichen Verpflichtung nachkommen. Für uns handelt es ſich um eine hiſtoriſche Ent⸗ 0 Aber gerade weil es ſich für uns darum handelt, ſtehen wir vor der Frage: haben wir denn irgend einen Grund, die Zuſammen⸗ ſetzung der Deputation, die ſeit langen Jahren wirk⸗ lich ſegensreich gewirkt hat, zu ändern? Meine Herren, wenn ich mir die Frage ſo vorlege, ſo kann ich mich nicht bloß auf den rein taktiſchen, rein opportuniſtiſchen Standpunkt ſtellen, ſondern es handelt ſich hier wirklich um eine prinzipielle Frage. Ich will das ja nicht weiter vorführen. Es handelt ſich für uns darum, zu ſagen: die Kirche hat kein Recht darauf, in der Schuldeputation zu ſitzen, und dieſen Standpunkt, den wir ſeit 1898 feſtgehalten haben, heute aufzugeben, dazu ſehe ich auch nicht die leiſeſte Veranlaſſung. Es iſt mit einem gewiſſen Humor von ſeiten des Herrn Vorredners darauf hingewieſen worden, 7