— — 26. —— Städten, die ſich in einem ähnlichen Konflikt mit der Regierung befinden wie Charlottenburg, zum Schaden gereichen kann. Aus der Vorlage iſt ein Grund für dieſe Verhandlungen nicht zu erſehen. Denn das kann man doch wohl unmöglich annehmen, daß der Verdacht gerechtfertigt iſt, der ſchon in Privatgeſprächen erhoben iſt, daß der Magiſtrat nur deswegen von der Beſchwerde Abſtand genommen hat, weil ſonſt vielleicht die Gefahr beſtehen würde, daß an den Feiern, die aus Anlaß des 200jährigen Beſtehens der Stadt Charlottenburg geplant find, die Regierung ſich nicht beteiligen würde. MWeine Herren, das Ergebnis der Verhandlungen, die zwiſchen der Regierung und dem Magiſtrat ſtatt⸗ gefunden haben, iſt Iynen in der Vorlagelmitgeteilt. Ich brauche hier auf Einzelheiten nicht; einzugehen. Ich möchte nur hervorheben, daß für die Konzeſſion, daß der evangeliſche Geiſtlichen in die Deputation hineinkommt, alſo dafür, daß der erſte Schritt zur Auslieferung der Schule an die Kirche unter⸗ nommen wird, der Stadt nur ſehr geringe Rechte eingeräumt werden. Das einzige, was meiner Meinung nach allenfalls noch inbetracht kommen könnte, iſt das, daß in Zukunft der Stadtſchulrat das Recht hat, die Schul⸗ räume zu beſichtigen, daß nicht mehr jeder beliebige Rektor ihn auffordern kann, ſich aus den Ränmen zu entfernen. Für dieſes Recht verläßt dann der Magiſtrat — hoffentlich wird ihm die Stadtverordnetenverſammlung auf dieſem Boden nicht folgen — den Standpunkt, den er im Oktober 1903 eingenommen hat. Ich be⸗ trachte die ganze Vorlage als nichts anderes wie ein Zu kreuzekriechen des Magiſtrats vor der Re⸗ gierung. Nicht mal das, meine Herren, was uns früher konzediert iſt, nicht mal das, was wir früher mit Leichtigkeit hätten⸗haben können, iſt uns, wenn Sie die Einzelheiten der Vorlage anſehen, diesmal konzediert worden. Wir haben alle Veranlaſſung, uns der Vorlage gegenüber ablehnend zu verhalten. Wir haben in der Debatte über den vorigen Punkt der Tagesordnung ſehr eingehend das Selbſtverwal⸗ tungsrecht verteidigen hören. Und hier nun, meine Herren, fordert uns derſelbe Magiſtrat, der ſonſt immer mitſchönen Worten für das Selbſtverwallungsrecht eintritt, auf, dieſes Selbſiverwaltungsrecht preis⸗ zugeben. Ich hoffe, daß die Stadtwerordnetenver⸗ ſammlung ihm auf dieſem Wege nicht folgen wird. Sehr gewundert habe ich mich über die Aus⸗ führungen des Herrn Referenten. Ich habe nach dem, was Herr Kollege Olto am 28. Oktober 1903 geſagt hat, es nicht für möglich gehalten, daß er heute einen ſo diametral entgegengeſetzten Standpunkt einnimmt. Daß Herr Kollege Otto ſeine Ausführungen vom 28. Oktober 1903 nicht auf die Dauer aufrecht erhalten würde, davon war ich ja feſt überzengt; aber daß der Umfall bei ihm diesmal ſo ſchnell kommen würde, meine Herren, das hätte ich nicht erwartet. Wenn man nicht einmal anderhalb Jahre hindurch an einer Meinung feſthalten lann, die auf ganz beſtimmlen prinzipiellen Erwägungen beruht, dann, meine Herren, weiß ich wirklich nicht, ob man da üverhaupt noch von einer beſtimmten Anſicht, von einer feſten An⸗ ſicht reden kann. Meine Herren, bedauerlich iſt die Magiſtrats⸗ vorlage um ſo mehr, weil ſie in demſelben Angen⸗ blick kommt, in dem unſere Nachbarſtadt Berlin einen Kampf mit der Regierung führt. Mit dieſer ſelben Regierung, mit der ſich Berlin im Kampf befindet, ſchließt jetzt die Stadt Charlottenburg einen faulen Frieden ab. Am 28. Oktober 1903 hat Herr Kollege Buka, der die Interpellation begründete, mit vollem Recht ausgeführt, daß die Rechte der Selbſtverwaltung nicht mehr eriſtieren, daß die Regierung dieſe Rechte, die nahezu ein Jahrhundert lang unangefochten be⸗ ſtanden haben, die für Geſetz gehalten wurden, mit einem Federſtrich wegdiskutiert und weginterpretiert hat aus alledem, was man bisher für Geſetz und Recht gehalten hat. Meine Herren, kein Geringerer als der Herr Oberbürgermeiſter war es, der ſich in allen Punkten den Ausführungen des Herrn Inter⸗ pellanten anſchloß, und der ſeine Rede, die weit über die Mauern Charlottenburgs hinaus Aufſehen erregt hat, mit den trefflichen Worten ſchloß: Wir erhoffen vom Herrn Miniſter, daß'er dieſe Gerechtigkeit im preußiſchen Staate nicht ver⸗ läßt, und wir hoffen ferner, daß er uns nicht, wie die Regierung in Potsdam, durch Ent⸗ ziehung aller Mitwirkung der Selbſtverwaltung an der Entwicklung unſerer Schule ſtrafen will deshalb, weil wir in klarer Erkenntnis der dem Staatsleben drohenden Gefahren nicht den An⸗ fang machen wollen damit, daß unſere Schule der Kirche ausgeliefert wird. und heute, nach kaum mehr als einem Jahre, da be⸗ kommen wir eine von demſelben Herrn Oberbürgermeiſter unterzeichnete Vorlage, die einen vollkommenen Gegenſatz zu ſeinen Worten vom Oktober 1903 bildet, die tat⸗ ſächlich das, was er damals verhüten wollte, erſtrebt, nämlich den erſten Schritt zur Auslieferung der Schule an die Kirche zu unternehmen, und die ferner auch das Selbſtverwallungsrecht, das der Herr Ober⸗ bürgermeiſter damals noch ſo warm verteidigt hat, preisgibt. Nun, meine Herren, iſt von dem Herrn Be⸗ richterſtatter eine Ansſchußberatung beantragt worden. Ich kann namens meiner Freunde erklären, daß wir gegen die Ausſchußberatung ſtimmen werden, und zwar haben wir den Antrag geſtellt, namentlich über den Antrag auf Ausſchußberatung abzuſtimmen als Zeichen, welche Bedeutung wir dieſem Antrage beimeſſen. Wir wollen eben verhüten, daß überhaupt hinter verſchloſſenen Türen eine derartige Vorlage verhandelt wird. Eine Kommiſſionsberatung iſt voll⸗ kommen überflüſſig. An Einzelheiten kann doch nichts geändert werden. Das hat Herr Kollege von Liszt bereits ausgeführt. Es handelt ſich lediglich darum, ob wir die Blamage, die uns der Magiſtrat zumutet, mitmachen wollen, oder ob wir Rückgrat bewahren wollen. Ich meine, meine Herren, über dieſe Frage iſt man fich klar, dazu bedarf es keiner Ausſchußbe⸗ ratung. Allerdings verſtehe ich es, daß diejenigen Herren, die ſich genieren, ihren Umfall hier offen vor aller Welt zu dekumentieren, und die lieber hinter verſchloſſenen Türen den Kotau vor der Regierung machen wollen, eine Ausſchußberatung belieben. Aber wir haben keine Veranlaſſung, ihnen auf dieſem Wege zu folgen oder auch nur die Hand dazu zu bieten. Meine Herren, ich ſchließe mit dem Hinweis darauf, daß der 28. Oktober 1903, in dem die Stadt⸗ verordnetenverſammlung in noch nie dageweſener Ein⸗ mütigkeit gegen das Vorgehen der Regierung proteſtiert hat, als ein Ruhmesblatt in der Geſchichte der Stadt Charlottenburg verzeichnet iſt. Sorgen wir dafür, daß das Ergebnis der heutigen Debatte dieſes Ruhmes⸗ blatt nicht in ſein Gegenteil verkehrt! Ich kann Sie nur bitten, die Vorlage ohne jede Kommiſſionsbe⸗ (Bravol) Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Meine Herren, ich bin dem Herrn Referenten für die nüchterne und ratung abzulehnen.