30 verzichten, den wir in unſeren Schulen haben ſollen, und auf alle dieſe wichtigen Rechte, die wir jetzt in der Geſchäftsanweiſung gewonnen haben, — meine Herren, das wäre ein Beſchluß, der der friſchen Ent⸗ wickelung unſerer Schule den Todesſtoß verſetzen würde. Auf dieſem Standpunkt ſtehen, heißt: lieber in der Theorie ſterben, als in der Praxis leben; und auf dieſen Standpunkt, meine ich, können ſich Männer, die ein Gemeinweſen verwalten, nicht auf die Dauer ſtellen, ſondern ſie werden ſich ſagen müſſen, daß ſie den Weg zum Frieden, wenn er ge⸗ boten wird, einſchlagen müſſen, wenn auch nicht alles erreicht iſt, was wir vielleicht gewünſcht haben. Aber, meine Herren, woran liegt das, wenn wir nicht alles crreichen, was wir gewünſcht haben? Weil wir tein Schulgeſetz haben. Wir müſſen uns doch vor Augen halten, daß wir in dieſer traurigen Lage in unſerem preußiſchen Staate zur Zeit uns noch be⸗ finden. Wir können bei dieſer Sachlage uns nur darauf beſchränken, das Mögliche zu erreichen. Sorgen Sie dafür, daß wir ein Schulgeſetz erhalten! Ich fürchte freilich, unſer Abgeordnetenhaus in ſeiner jetzigen Zuſammenſetzung wird uns kein Schulgeſetz geben, mit dem wir zufrieden ſind. (Sehr richtig) Da können wir noch mehr zufrieden ſein mit denjenigen Rechten, die wir in der Geſchäftsanweiſung erhalten haben. Nach dem heutigen Stande der Dinge iſt das, was wir erreicht haben, und was in der Geſchäftsanweiſung niedergelegt iſt, das möglichſt Erreichbare. Deshalb bitte ich Sie im Intereſſe unſerer Schule, die Geſchäftsanweiſung zunächſt in einem Ausſchuß eingehend zu beraten, um dann unſerem Antrage zuzuſtimmen. Ich muß dann, meine Herren, noch zurückkomen auf einen Zeitungsartikel, der am 3. Januar im Berliner Tageblatt geſtanden hat unter der Spitzmarke „Ein zweiter Schulkonflikt“. Dieſer Artikel enthält ſo große tatſächliche Unrichtigkeiten, daß ich Ver⸗ anlaſſung nehmen möchte, mich kurz gegen ihn zu wenden. Es wird da z. B. davon geſprochen, daß in Charlottenburg der Kreisſchulinſpektor ein Geift⸗ licher ſei. Das iſt bekanntlich unrichtig. Der evangeliſche Kreisſchulinſpektor iſt kein Geifilicher. Es wird dann der Fall erwähnt. wonach der Herr Stadtſchulrat Dr. Neufert beim Betreten einer Schule vom Rektor gefragt wurde, ob er die Erlaubnis vom Kreieſchulinſpektor habe, die Schule zu beſichtigen. Und es wird dann fortgefahren, er ſei vom Betreten des Schulzimmers durch den Rektor gehindert worden. Das iſt eine tatſächliche Unrichtigkeit. Es wird ferner geſagt, daß der Oberpräſident ſelbſt direkt, unter Ausſchaltung von Zwiſchenperſonen, mit den Vertretern des Magiſtrats beraten habe, und daß die Stadt in wichtigen Punkten obgeſiegt habe. Es iſt tatſächlich unrichtig. daß der Herr Ober⸗ präſident mit uns verhandelt hat; es hat lediglich der Herr Regierungspräſident mit uns verhandelt; und es iſt nicht richtig, daß der Herr Regierungspräſident ausgeſchaltet worden ſei. Gerade den Bemühungen des Herrn Regierungspräfidenten haben wir, was ich mit Dank anerkennen muß, und was ich hier gern ausſpreche, es zu verdanken, daß wir diejenigen Rechte, die wir in der Geſchäftsanweiſung errungen haben, in der Tat durch die Schulabteilung der Königlichen Regierung zu Potsdam zugebilligt erhalten haben. Dann wird von einer Dienſtanweiſung geſprochen die zurückgezogen ſei. Mir iſt eine ſolche Dienſtanweiſung nicht bekannt. Und nun werden auf der Grundlage dieſer Dienſtanweiſung weitere Erörterungen in dieſem Artikel gepflogen, die zeigen, daß der Artikeſſchreiber gar keine Kenntnis von der wirklichen Sachlage hat. Er weiß nicht, daß es ſich hier lediglich um die Ab⸗ änderung eines Teils der Dienſtanweiſung für die Rektoren handelt; und von unſerer Geſchäfts⸗ anweiſung, die den Kern unſerer Vorlage bildet, hat er überhaupt keine Kenntnis. 24 Trotz dieſer ſtarken Unrichtigkeiten, trotz der vorhandenen Unkenntnis der Sachlage, iſt die erſtann⸗ liche Auffaſſung aufgetreten, wie ich gehört habe, daß dieſer Artikel vom Magiſtrat oder von einem ſeiner Mitglieder herrühre. Es muß jedem, der in die Verhältniſſe eingeweiht iſt, von vornherein klar ſein, daß das eine vollſtändig ungerechtfertigte Auffaſſung iſt. Aber ich nehme Veranlaſſung, hier noch aus⸗ drücklich zu erklären, daß an dieſem Artikel, der ſtrotzt von einer groben Unkenntnis der weſentlichen Punkte der uns vorliegenden Frage, weder der Magiſtrat, noch eins ſeiner Mitglieder beteiligt iſt, daß dieſer Artikel weder vom Magiſtrat noch einem ſeiner Mitglieder geſchrieben oder inſpiriert iſt. Im übrigen bitte ich nochmals dringend im Intereſſe der ſtädtiſchen Verwaltung und im Intereſſe unſerer Schulen, die uns allen doch, meine Herren, dringend am Herzen liegen, auch denjenigen, die mit der Vorlage nicht einverſtanden ſind, die Sache heute nicht glatt abzulehnen, ſondern ſie zur eingehenden Prüfung und Beratung in einen Ausſchuß zu verweiſen. Stadtv. Holz: Meine Herren, wenn bei dieſer Frage auch in meiner Fraktion eine Differenz her⸗ vortritt, ſo erklärt ſich dieſe Differenz ſelbſtverſtänd⸗ lich aus der hohen Wichtigkeit und Bedeutſamkeit der Frage. Aus der Begeiſterung, mit der die Herren Redner vorhin geſprochen haben, werden Sie ohne weiteres den Schluß ziehen, daß es ſich um eine hochwichtige Angelegenheit handelt. Es wird ſich alſo niemand darüber wundern, wenn ich trotz der ſchönen und an ſich überzeugenden Ausführun⸗ gen des Herrn Kollegen Otto, des Referenten, doch auch im Sinne des Herrn Kollegen v. Liszt einen Standpunkt einnehme, der von dem ſeinigen voll⸗ ſtändig abweicht. Meine Herren, Sie erſehen ja auch aus dem Temperament, mit dem dieſe Frage beſprochen worden iſt, daß ſie im Gegenſatz zu der vorhin behandelten Frage, wo es ſich um das Eigen⸗ tum an den Schulgebäuden handelte, wirklich eine rein praktiſche Frage iſt, während die vorhin behan⸗ delte meines Erachtens — man kann wenigſtens kaum darüber ſtreiten — eine rein theoretiſche Recge iſt. Und dieſe praktiſche Frage wird heute in einer ganz andern Art und Weiſe behandelt, als ſie vor etwa Jahresfriſt in demſelben Hauſe behandelt wor⸗ den iſt, und zwar ſowohl von ſeiten des Magiſtrats als auch von ſeiten der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung. Ich erinnere Sie insbeſondere an die ausge⸗ zeichneten Ausführungen des Herrn Kollegen Buka in der Verhandlung vom 28. Oktober 1903. Ich nahm an, daß dieſe Ausführungen gewiſſermaßen der Schwanengeſang des Herrn Kollegen Buka ge⸗ weſen find, weil ich ihn ſeit der Zeit in der Ver⸗ ſammlung nicht mehr gehört habe. Aber dieſe Aus⸗ führungen, wie ſie hier an der Hand der Rechtsge⸗ ſchichte gemacht worden ſind, und die als unwider⸗ leglich ohne weiteres auch vom Magiſtrat beſtätigt worden ſind, überzeugten uns damals doch und über⸗ zeugen uns heute klar, daß, wenn wir uns auf die⸗ jenigen Verhandlungen einlaſſen wollten, welche uns die Vorlage des Magiſtrats entgegenbringt, wir ein Recht, das wir in der Hand haben, preisgeben, uns